Game Developer Platforms: State of the art Simon Poll und Tobias Ott Simon-Poll@web.de, tobiasott@gmx.de Abstrakt. Von den ersten Computerspielen in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts bis heute hat die Technik der Spiele enorme Fortschritte gemacht, dennoch hat sich wenig am grundlegenden Prinzip von Videospielen geändert. Die meisten Computerspiele dienen lediglich dem Zeitvertreib. Aber es gibt einen stetig wachsenden Sektor an Videospielen, die dazu dienen sollen, dem Nutzer etwas beizubringen. Das Schlagwort Edutainment beschreibt Spiele, die sowohl der Unterhaltung als auch dem Lernen dienen sollen. Hier ist die Zielgruppe meist Kinder im schulpflichtigen Alter. Aber auch für ältere Personen gibt es sogenannte Serious Games. Hierbei handelt es sich um Software auf Basis von Computerspielen, die zur Aus- und Weiterbildung bestimmter Personengruppen dienen sollen. Um diese Programme zu entwickeln besteht die Möglichkeit auf bereits bestehende Spiele- Entwicklungs-Plattformen zurückzugreifen. Im Folgenden soll ein Überblick über bestehende Systeme gegeben werden. Einleitung Bevor Piloten ins Cockpit eines für sie neuen Flugzeugmusters gelassen werden, erhalten sie eine ausführliche Einweisung mit Hilfe von Flugsimulatoren. Dies dient zum einen der Sicherheit von Pilot und Passagieren, aber auch der Kostenfaktor spielt hier eine große Rolle. Was bei Piloten schon seit vielen Jahren üblich ist wird nun auch z.b. für Panzerfahrer eingesetzt (Rheinmetall AG. 2008). Hierbei handelt es sich zwar ähnlich wie bei den Flugsimulatoren um hoch technisierte Anwendungen, die nicht auf einem Heim-PC oder ähnlichem laufen, nichts desto trotz kann man hier von Serious Games sprechen. Auch Baggerfahrer, Kranführer und sonstige Bediener von schweren und vor allem teuren Baumaschinen können zuerst mit Hilfe von Simulatoren ausgebildet werden, bevor sie diese Maschine in der Realität steuern sollen. Der Anwendungsbereich für Serious Games ist aber noch um einiges größer, daher werden im Folgenden, nachdem ein kurzer Überblick über die Motivation zu der Arbeit gegeben wurde, verschiedene Werkzeuge betrachtet, die für Entwickler der Spieleindustrie gedacht sind. Es sollen drei erfolgreiche Plattformen betrachtet werden, hier stellt sich allerdings die Frage, woran man den Erfolg einer Plattform messen soll. Ist die Plattform, die sich am besten verkauft am erfolgreichsten, oder die mit der die erfolgreichsten Spiele entwickelt wurden?
2 Simon Poll und Tobias Ott Motivation Als die ersten Videospiele in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts auf den Markt gekommen sind konnte noch niemand absehen, welches (wirtschaftliche) Potential in diesem Segment steckt. Heute setzt die Spieleindustrie jährlich mehr Geld um, als die großen Filmkonzerne in Hollywood. Dies zeigt, wie beliebt Videospiele sind. Auf der anderen Seite lässt sich in den letzten Jahren zunehmend feststellen, dass bei Jugendlichen die Schule zugunsten von Computerspielen immer mehr vernachlässigt wird. Das konventionelle Lernen ist vielen zu langweilig. Daher gibt es einen Trend das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, Serious Games, einer Kombination von Computerspielen und Lernsoftware, oder allgemeiner, Computerspiele, bei denen der Spieler etwas lernt. Diese Software ist nicht nur auf den schulischen Bereich beschränkt, auch wenn dieser den vielleicht populärsten Bereich darstellt. Auch in der Erwachsenen Aus- und Weiterbildung können Serious Games eingesetzt werden, sei es z.b. in Form von Simulatoren für irgendwelche Geräte oder als Wirtschaftssimulation. Der Markt hierfür ist noch längst nicht gesättigt und es besteht auch in Zukunft weiterhin ein Bedarf neue Software für bestimmte Szenarien zu entwickeln. Hier macht es Sinn auf bereits bestehende Entwicklungsplattformen zuzugreifen, welche speziell für die Erstellung von Computerspielen gedacht sind. Entwicklungssoftware Eine weit verbreitete Plattform zur Erstellung von Computerspielen ist 3D GameStudio der Firma Conitec Datensysteme GmbH (Conitec Datensysteme GmbH. 2008). Hierbei handelt es um ein Komplettpaket, welches Spiele-Engine mit Entwicklungsplattform kombiniert. Ein großer Vorteil von 3D GameStudio ist, dass man ohne große Programmierkenntnisse bereits einfache Spiele erstellen kann, was vor allem dann interessant ist, wenn kein großes Kapital zur Verfügung steht und dennoch eine Lernsoftware ohne die Zuhilfenahme von Programmieren erstellt werden soll. Ein Beispiel für eine Serious Game Anwendung, die mit dem 3D GameStudio entwickelt wurde, ist die 3D Fahrschule, hierbei handelt es sich um eine Software zum üben für Fahrschüler. Insgesamt gibt es 5 Editionen von 3D GameStudio. Diese reichen von der kostenlosen lite-c gratis Variante bis zur Pro Variante. Die Pro Edition kostet als normale Einzelplatzlizenz 849,00 inkl. MwSt. Allerdings besteht die Möglichkeit für Entwicklerteams oder zu Unterrichtszwecken Lizenzen zu günstigeren Konditionen zu erhalten, dies beginnt mit 250,00 zzgl. MwSt. pro Lizenz und geht bis auf 20,00 zzgl. MwSt. bei der Abnahme von mindestens 300 Lizenzen. Für die anderen Editionen gibt es ein ähnliches Rabattsystem. In der aktuellen Version wird bei den beiden lite-c Varianten allerdings die Spieleengine der Vorgängerversion eingesetzt, wohingegen in den drei teureren Varianten die aktuellste Spieleengine verwendet wird. Auch sonst unterscheiden sich die unterschiedlichen Varianten durch die Funktionen, die in dem jeweiligen Paket enthalten sind. Die Pro Variante bietet als einzige eine Physikengine, welche neben der Festkörperphysik zusätzlich auch die Physik von Flüssigkeiten
Game Developer Platforms: State of the art 3 beherrscht. Ein großer Vorteil ist auch, dass 3D-Modelle einerseits direkt erstellt werden können, aber auch vorhandene 3D-Modelle können importiert werden, wozu ein 3D-Modelleditor und Importer zur Verfügung steht (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: 3D-Modelleditor Ab der 3D Gamestudio Variante Extra steht ein graphischer Leveleditor zur Verfügung (siehe Abbildung 2). Eines der wichtigsten Tools ist allerdings der sogenannte Game Template Manager (siehe Abbildung 3). Dieser ermöglicht es dem Entwickler ein Spiel zu entwickeln, ohne auch nur eine Zeile Code zu programmieren. Hierfür kann der Entwickler zunächst ein Genre auswählen und aus unterschiedlichen Templates zusätzliche Optionen hinzufügen. Dabei wird Quellcode erzeugt, der jederzeit manuell verändert werden kann, was aber nicht zwingend erforderlich ist. Folgende Systemanforderungen müssen für 3D GameStudio erfüllt sein: - Windows ME / 2000 / XP / Vista mit DirectX 9.0c oder besser - Pentium III 500 MHz - 512 MB RAM - 3D Grafikkarte (mind. 32MB) - Soundkarte
4 Simon Poll und Tobias Ott Abbildung 2: 3D Leveleditor Abbildung 3: Game Template Manager
Game Developer Platforms: State of the art 5 Eine weitere weit verbreitete Plattform zur Spielentwicklung ist die Torque Game Engine von GarageGames, Inc. Es gibt wie bei 3D GameStudio unterschiedliche Systeme für die verschiedenen Anforderungen. So ist der Torque Game Builder eine einfach zu bedienende Variante zur Erstellung von einfachen 2D Spielen, ohne große Programmierkenntnisse (siehe Abbildung 4). Diese Version ist bereits ab $100,00 erhältlich. Für professionelle Entwickler steht die Torque Game Engine zur Verfügung, welche ab einem Preis von $150,00, sowie die Torque Game Engine Advanced welche ab $295,00 erhältlich ist. Für die kommerzielle Nutzung ist allerdings ein höherer Preis zu bezahlen, dieser beläuft sich jeweils auf $495,00 für den Game Builder, $749,00 für die Game Engine und $1495,00 für die Game Engine Advanced. Für Bildungszwecke gibt es ein gesondertes Rabattsystem welches sich nach der Abnahme der Lizenzen berechnet. Um den vollen Funktionsumfang für 3D Spiele nutzen zu können wird die Game Engine Advanced benötigt. Folgende Merkmale sind in der Game Engine Advanced enthalten: - 3D Toolset, ein WYSIWYG Editor zur einfachen Erstellung von Missionen und Benutzeroberflächen - GeoTerrain und Atlas Terrain, zwei Editoren zur Erstellung von Landschaften - CustomMaterials, für verschiedene Oberflächenmaterialien - Doorway, dient dazu Übergänge von Innenszenarien in Außenszenarien erstellen zu können - Puppeteer, zur Animation der 3D-Modelle - Torque Lighting System, zur Erstellung von Beleuchtungseffekten - TorqueNet, für die Erstellung von Multiplayer Spielen Game Engine Advanced stellt folgende Anforderungen an das System: - C++ Compiler - Windows 2000/XP, Mac OS X(10.4/10.5), Linux - Pentium III 1000 MHz - 512 MB RAM - OpenGL (oder DirektX) compatible Grafikkarte - Soundkarte Einer der größten Vorteile der Torque Game Engine ist, die einfache Portierbarkeit auf andere Systeme, so gibt es Erweiterungen, die es ermöglichen die Spiele auf Xbox 360 oder Nintendo Wii zu portieren.
6 Simon Poll und Tobias Ott Abbildung 4: Torque Game Builder Abbildung 5: Torque Game Engine Advanced
Game Developer Platforms: State of the art 7 Im Bereich der Open Source Software gibt es kaum spezielle Plattformen zur Spielentwicklung und wenn, dann handelt es sich meist um sehr einfache Programme, die lediglich zur Erstellung von 2D-Spielen geeignet sind, oder die zumindest nicht annähernd den Komfort der beiden oben genannten Systeme bieten. Eine Ausnahme stellt die 3D Engine Irrlicht dar (Gebhardt, Nikolaus. 2008). Sie bietet einen ähnlichen Umfang an Funktionen wie die kommerziellen Werkzeuge, hat aber den Vorteil, dass es unter Umständen einfacher ist, auf Grund der Open Source Lizenz, durch individuelle Erweiterungen, auf die speziellen Bedürfnisse eines Entwicklers einzugehen. Durch die optionalen Tools IrrEdit (siehe Abbildung 7) und IrrKlang bekommt der Entwickler zusätzliche Werkzeuge in die Hand, mit welchen er auf einfache Art und Weise die Welten, mit IrrEdit, und den Sound, mit IrrKlang, generieren kann. Die Zahl der möglichen Erweiterungen ist auf Grund des Open Source Charakters und der relativ großen Nutzergemeinde ständig am wachsen. Irrlicht ist ein plattformunabhängiges Werkzeug, und besitzt nach eigener Aussage alle state-of-the-art Merkmale, die auch kommerzielle Systeme bieten. Dazu gehören z.b. Unterstützung von 6 APIs für das 3D Rendering, darunter OpenGL und Direct3D oder eine große Materialbibliothek, welche nach Bedarf erweitert werden kann. Auch eine Funktion zum Importieren fremder Formate wie Maya oder 3DStudio bei 3D-Modellen oder Photoshop und Paintbrush bei Texturen ist vorhanden. Die Liste der unterstützten Formate ist lang. Dem Entwickler steht im Gegensatz zu einigen anderen Open Source Projekten auch eine graphische Benutzeroberfläche zur Verfügung (siehe Abbildung 6). Zur Bearbeitung kann der Nutzer z.b. Microsofts VisualStudio oder Metrowerks Codewarrior verwenden. Abbildung 6: Irrlicht 3D Engine
8 Simon Poll und Tobias Ott Abbildung 7: IrrEdit Welteditor Vergleich Torque Game Engine 3D GameStudio Irrlicht Advanced Preis/Lizenz 0,00-849,00 $295,00 - $1495,00 kostenlos 3D Rendering DirectX 9 DirectX 9 u.a. Open GL, Direct 3D, eigene Renderer Programmiersprache C-Skript C++ C++, alle.net- Sprachen Ein direkter Vergleich ist in vielen Punkten schwierig, da jedes System andere Merkmale besitzt. Man kann jedoch die Vorteile der einzelnen Systeme etwas hervorheben um die Auswahl zu erleichtern. 3D GameStudio bietet beispielsweise den Vorteil, dass es sehr einfach ist, ein Spiel zu erstellen, und auch die verwendete Programmiersprache wurde speziell auf die Bedürfnisse zur Spieleentwicklung angepasst. Somit ist es einfach die Programmiersprache zu erlernen. Torque Game Engine Advanced bietet den Vorteil, dass es einfach ist entwickelte Spiele auf verschiedene Plattformen zu übertragen. Die Verwendung der Programmiersprache C++ kann man unter Umständen auch als Vorteil ansehen, da es eine weit verbreitete Sprache ist, und man sich so nicht erst lange einarbeiten muss, um mit der Torque Game Enigne zurecht zu kommen. Die Vorteile von Irrlicht liegen klar auf der Hand. Zum einen ist es kostenlos, was vor allem für nicht-kommerzielle Zwecke von enormen Vorteil ist, da nicht zu erwarten ist, dass die Kosten der Software beim
Game Developer Platforms: State of the art 9 Verkauf wieder reingeholt werden können. Andererseits sind die meisten Kosten, welche bei einem größeren Projekt Anfallen die Arbeitslöhne für die Entwickler, so dass es bei großen Projekten kaum mehr ins Gewicht fällt, ob die Software nun kostenlos war, oder ob sie 1000,00 gekostet hat. Der entscheidende Vorteil von Irrlicht ist die Vielfältigkeit welche Aufgrund seines Open Source Charakters gegeben ist. Fazit Die kommerziellen Systeme bieten oft den Vorteil, dass es sehr einfach ist ein simples Spiel zu generieren, was unter Umständen im Bereich der Serious Games ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein kann, da so auch nicht-programmierer ein eigenes Programm entwickeln können. Fachleute können somit eine Software zu ihrem Fachgebiet entwickeln, ohne langwierige Einarbeitungszeit. Auch der Support ist bei den kommerziellen Systemen besser abgesichert, das heißt der Kunde hat das Recht auf den Support (muss dies aber unter Umständen zusätzlich bezahlen). Bei den freien Systemen existieren zwar immer sogenannte Communities, welche auch immer bemüht sind bei Fehlern weiterzuhelfen, aber als Nutzer hat man keinen Anspruch auf solche Hilfe. Das heißt, wenn sich niemand findet der einem helfen kann, ist man mit seinem Problem alleine. Dennoch bietet dieses System der Community auch viele Vorteile gegenüber den kommerziellen Produkten. Die Open Source Lizenzen ermöglichen es dem erfahrenen Anwender das Programm selbst zu erweitern, und diese Erweiterungen auch anderen zur Verfügung zu stellen. Dadurch sind die freien Programme oft mindestens genauso umfangreich wie die Kommerziellen und meistens sind sie flexibler, was die Anzahl der unterstützten Formate angeht. Referenzen Conitec Datensysteme GmbH. 2008. 3D GameStudio. http://www.3dgamestudio.com. 15.Juni 2008 Rheinmetall AG. 2008. http://www.rheinmetall-detec.de. 15. Juni 2008 Besier 3D-Edutainment. 2008. 3D-Fahrschule. http://www.3dfahrschule.de. 16. Juni 2008 Gamasutra. 2008. http://www.gamasutra.com. 14.Juni 2008 GarageGames. 2008. Torque Game Engine, Torque Game Engine Advanced, Torque Game Builder. http://www.garagegames.com/makegames/. 15. Juni 2008 Gebhardt, Nikolaus. 2008. Irrlicht Lightningfast Realtime 3D Engine. http://irrlicht.sourceforge.net/. 15. Juni 2008