Knappheit von Rohstoffen und Urban Mining

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Transkript:

Abendveranstaltung zur VÖZ Vorstandssitzung Rainers Hotel Vienna, 4. September 2012 Knappheit von Rohstoffen und Urban Mining Helmut RECHBERGER Institut für Wassergüte, Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement 1

Knappheit von Rohstoffen: Reserven und Ressourcen McKelvey-Diagramm nachgewiesen gemessen identifiziert indiziert geschlussfolgert hypothetisch unentdeckt spekulativ unwirtschaftlich wirtschaftlich submarginal marginal Reserven Grenzreserven Ressourcen Zunehmender Grad an Wirtschaftlichkeit Zunehmender Grad an geologischer Sicherheit 2

Knappheit von Rohstoffen: Statische Reichweite (RW S ) RW S [a] = Reserven [t] / Produktion [t/a] Tantal Reserven [t] Tantal Produktion [t/a] Tantal Statische Reichweite [a] 3

Kritikalität von Rohstoffen Definition der EU: Kritikalität = f (Versorgungsrisiko, umweltpolitisches Risiko, wirtschaftlicher Bedeutung) 4

Kritikalität von Rohstoffen nach IW Consult & Reller Kriterien zur Einschätzung der Kritikalität Growth is resource intensive Large price fluctuations Limited availability Significance for emerging technologies Regional concentration of deposits Country risks associated with many raw material producing countries Raw materials are subject to strategic industrial policies Market dominance of only a few corporate producers Increasing marginal costs of exploration Increasing material diversity in products Limited potentials for substitution Ergebnis: Yttrium, Niobium, Neodym, Scandium, Germanium, Wolfram, Kobalt, Palladium, Platin, Magnesium, Lithium, Zinn, Indium, Molybdän, Graphit 5

Andere Rohstoffe: Kies Kiesbilanz der Schweiz [t/e.a] Quelle: Baccini & Bader 1996 Quelle: BMWA 6

Knappheit am hinteren Ende 20 15 Input an festen Gütern in den Konsum Masse [t/e.a] 10 5 Mittlere Verweilzeit Output an festen Gütern aus dem Konsum (Abfälle) 0 1960 1980 2000 2020 2040 2060 2080 Jahr 7

Der österreichische Rohstoffplan Österreichischer Rohstoffplan Geogene Rohstoffe Anthropogene Rohstoffe 8

Die österreichische Kupferbilanz Systemgrenze "Kupferhaushalt Österreich" importierte Abfälle, Aschen, Rückstände 1 exportierte Rohprodukte Flüsse [kg Cu/(E.a)] Lager [kg Cu/E] importierte Rohprodukte Produktionsabfälle RP1 0,13 Recyclingmaterial 7,8 10 exportierte Produkte 13 19 importierte Rohstoffe 4,9 Rohprodukte 2,3 Produktionsabfälle GP 3,0 Konsumabfälle 5,1 Rohstoffproduktion Güterproduktion Abfallwirtschaft exportierte Abfälle 0,6 Erze 0 Produkte 5,5 Produktionsabfälle RP2 Reststoffe 0 1 Lithosphäre + Bergbau Konsum Halden* + Deponien importierte Produkte 5,3 L E 160-270 +6 60 +1 exportierte Erze 0 * Lager Halden nicht bestimmt Quelle: Döberl et al. 2005 9

Die globale Kupferbilanz Kupferproduktion Kathoden Kupfer Produkte Abfall Güterproduktion 300.000 Konsum 11.000 11.500 3.800 +7.700 Entsorgung 11.000 Erz Neuschrott 540 Schlacke Gangart Altschrott II 680 150 1.200 1.400 Altschrott I deponierte Abfälle 1.700 Lithosphäre 580.000-11.000 Deponien Halden 85.000 +3.100 Flüsse: 1.000 t/a Lager: 1.000 t Systemgrenze Kupfer global 1994 Quelle: Graedel et al. 2002 (ergänzt) 10

Urban Mining ca. 400 t/e Quelle: Wittmer, 2007 Separate Sammlung von Kunststoffen (LVP): 18 kg/e.a Altmetall: 15 kg/e.a Altholz: 23 kg/e.a Quelle: BAWP 2011 Vergleich zwischen UL und Reserven Kupfer: 300 Mio. t 580 Mio. t Eisen: 14 800 Mio. t 77000 Mio. t Zink: 205 Mio. t 200 Mio. t Quelle:, 2004; Rauch 2009, USGS 2011 11

Urban Mining Urbane Lager (Masse) Lagerforschung Neubau Umbau 1940 1960 1980 2000 2020 2040 2060 2080 2100 Jahr 12

Neubau: Gebäudepass Projekt EKON: 1. Prinzipielles Vorgehen zur Erstellung eines materiellen Gebäudepasses 80.000 70.000 60.000 Masse [kg] Massiv Holzmassiv 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 2. In der heutigen Praxis unmöglich: Lösung muss sein Building Information Modeling 0 Kunststoffe Dämmstoffe Stahl Gipskarton Estrich, Putz, Spachtelung Glas keramische Werkstoffe Holz Kupfer Aluminium Quelle: Autodesk 13

Lagerforschung als Teil des CDL Anthropogene Ressourcen 3 Ansätze, angewandt auf einzelne Abrissobjekte: 1. Auswertung vorhandener Informationsquellen (Pläne, Daten der Fernerkundung, Normen,.) 2. Begehung des Objektes (Aufnahme, Beprobung, ) 3. Indirekte Analyse durch sel. Rückbau/Recycling Anlage Auswertung und Verschmelzung der Ansätze Untersuchung inwieweit Ergebnisse zur Entwicklung eines Ressourcenkatasters nützlich sind 14

Kritikalität im Bauwesen 5 Kriterien Verfügbarkeit Selbstversorgung Recyclingfähigkeit Substituierbarkeit Scale up 15

Recyclingfähigkeit Aufbau Leichtbaufassade innen Dicke [m] 90+% recyclebar Gipskartonplatten (GKP) 2 Lagen 0,025 Mineralwolle 0,040 Alu C Profile für GKP zw. Mineralwolle GKP 2 Lagen 0,025 Da mpfs perre 0,000 Mineralwolle 0,125 Alu C Profile für GKP zw. Mineralwolle Stahlunterkonstruktion für Fassadenplatten zw. Mineralwolle Zementbauplatte 0,025 Hinterlüftung 0,030 Fassadenplatten: 1. Aluminumverbundplatten 0,015 2. Zementfaserplatten außen Wandstärke 0,285 16

Recyclingfähigkeit Primärenergieaufwand [TJ/FE] 14 12 10 8 6 4 2 0 LBF 0% Errichtung 2 3 4 Zyklen 17

Recyclingfähigkeit Primärenergieaufwand [TJ/FE] 14 12 10 8 6 4 2 0 LBF 0% LBF 98% Errichtung 2 3 4 Zyklen 18

Recyclingfähigkeit Primärenergieaufwand [TJ/FE] 14 12 10 8 6 4 2 0 LBF 0% LBF 98% Beton 0% Errichtung 2 3 4 Zyklen 19

Recyclingfähigkeit Primärenergieaufwand [TJ/FE] 14 12 10 8 6 4 2 0 LBF 0% LBF 98% LBF opt. Beton 0% Errichtung 2 3 4 Zyklen 20

Scale up: gibt es eine österreichische Holzbilanz? P 21

Zusammenfassung Kritikalität: wichtig sich damit auseinander zu setzen, Systemverständnis (K = f (X 1, X 2, X 3,., X n )) Maßnahme zur Reduktion der Kritikalität: Urban Mining Für die Umsetzung von UM fehlen heute noch wesentliche Voraussetzungen, Forschung (z.b. volkswirtschaftliche Material- und Stoffbilanzen) Hauptproblem: schwierig (z.b. Zusammenarbeit vieler Akteure) und Nutzen mittel- bis langfristig 22

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