Ertrinken, Tod im Wasser Dr. med. Diana Boy Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock 17.11.2014
Rechtsmedizin Wintersemester 2014/2015 Art der Prüfung/ Prüfungstermin: MC-Klausur, Frühjahr 2015 (Sommersemester) Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung: Teilnahme an der Hauptvorlesung (Wintersemester) Teilnahme an den 3 Seminaren Leichenschau, Todesbescheinigung, Klinische Rechtsmedizin/Forensische Bildgebung (Sommersemester) Leichenschaukurs im Krematorium (Sommersemester) Veranstaltungen im Sommersemester mittels Laufzettel bestätigen lassen (Ausgabe beim 1. Seminar bzw. Download über das Studiendekanat)
Literaturempfehlung Wolfgang Keil: BASICS Rechtsmedizin Urban & Fischer 2009 ISBN: 978-3-437-41391-9 (ca. 19,99 ) ergänzend Vorlesungsskripte ab 2015 zum Download auf der Homepage des Institutes für Rechtsmedizin (Kein Anspruch auf Vollständigkeit!)
Für Ärzte in Weiterbildung, Fachärzte mit wenig Leichenschaupraxis, Polizisten und Juristen
Fall der Woche
Komplexer Suizid = Kombination verschiedener Suizidmethoden, die auch einzeln zum Tod führen können. geplant (primär) ungeplant (sekundär)
Geplanter komplexer Suizid simultane Anwendung Minimierung/Ausschluss des Versagens der Einzelmethode gängige, bewährte Methoden kombiniert Medikamenteneinnahme, Erhängen, Erschießen, Sturz aus der Höhe ungewöhnliche Kombis: Erschießen beim Autofahren, gleichzeitiges Schießen mit zwei Waffen, Selbstverbrennen und Sturz aus der Höhe lebende Fackel
Ungeplanter komplexer Suizid Anwendung nacheinander Erstmethode: oft Verletzungen durch Schneiden, v. a. Pulsaderschnitte Methodenwechsel weil Erstmethode versagt hat zu schmerzhaft war zu langsam zum Tod führt Folgemethode: oft Erhängen oder Sturz in die Tiefe
Fremdbeibringung vs. Selbstbeibringung aus: Madea, Praxis Rechtsmedizin. 2.Aufl, 2007, S. 280; nach König u Pollack 1987
Wasser ein das menschliche Leben gefährdendes Medium die Atemwege blockierend den Körper forttreibend / fortreißend / zerschmetternd den Körper kühlend ständig Bewegung und damit Leistung fordernd Angst / Panik erzeugend
unter kriminalistischen Aspekten Tötungsinstrument Verbringungsort Transportmedium Spurenbeseitiger
Systematik
Tod im Wasser Ertrinken sog. Badetod Reflexmechanismen in Wasser plötzlicher Tod im Wasser aus natürlicher Ursache plötzlicher Tod im Wasser aus Wasser-unabhängiger nicht-natürlicher Ursache Tod beim Tauchen
Tod im Wasser meist Unfall seltener Suizid Tötungsdelikt als Rarität häufigste Todesursache: ERTRINKEN
Klassisches Ertrinken - Phasen Inspiration Apnoe mit CO 2 - Anstieg Dyspnoe (Hustenstadium) Krampfstadium Atemlähmung Dauer: 3-5 Minuten
Ertrinken - Äußerer Befund Schaumpilz Schaumpilz
Ertrinken - Äußerer Befund feinblasig und stabil
Schaumpilz feinblasig stabil
Ertrinken - Schaumpilz Verquirlung von - Luft - Wasser - Ödemflüssigkeit - hypersezerniertes Bronchialsekret
Ertrinken Innere Befunde Schaum in den Atemwegen
Ertrinken Innere Befunde
Ertrinken Innere Befunde
Ertrinken Innere Befunde
Ertrinken Innere Befunde Emphysema aquosum
Emphysema aquosum
Ertrinken Innere Befunde aufgehobenes Retraktionsvermögen
Pathophysiologie beim Ertrinken
Ertrinken - Innere Befunde Weißlicher Schaum Wässrige Phase feste Nahrungsbestandteile Wydler-Zeichen Dreischichtung des verwässerten Mageninhaltes (WYDLER)
Ertrinken - Innere Befunde Magenschleimhautrisse (SEHRT)
Ertrinken Innere Befunde Paltauf sche Flecke
Ertrinken Innere Befunde - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen
Fremdmaterial in den Atemwegen
Ertrinken Innere Befunde - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen
Ertrinken Innere Befunde - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen - Ödema aquosum
Oedema aquosum
Ertrinken Innere Befunde - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen - Oedema aquosum - Blutfülle innerer Organe (Leber, Nieren) - Ausnahme: Milz (Entspeicherung) - flüssiges Leichenblut - akute Dilatation des rechten Herzens
sog. Badetod wasserinduzierte vagale Reflexe
sog. Badetod - Pathophysiologie Reflektorische Depression von Herz- und Lungenfunktion: EBBECKE- oder dive -Reflex (Gesichtshaut) Reizung N. laryngeus superior (Kehlkopfeingang) occulocardialer Reflex (ASCHNER) Kretschmer-HERING-Reflex (Nasenschleimhaut) GOLTZ`scher Reflex (Plexus solaris) Laryngospasmus Kälteurtikaria Alkohol verstärkt Vaguseffekte
sog. Badetod - Pathophysiologie EBBECKE-Reflex kaltes Wasser Gesichtshaut N. trigeminus Schluckreflex, Bradykardie, Apnoe ASCHNER-Reflex Druck auf Bulbus reflektorische Bradykardie HERING-Reflex thermische Reizung der Nasenschleimhaut reflektorische Bradykardie
Plötzlicher Tod im Wasser aus natürlicher Ursache Herz-Kreislauferkrankungen Epilepsie
Plötzlicher natürlicher Tod Tod beim Ausflug im 1. Schuljahr
Tod im Wasser aus wasserunabhängiger nicht-natürlicher Ursache v. a. Suizide (Tabl.intox., Pulsaderschnitte, Strom, ) in gefüllter Badewanne realisiert
Fehlen von Strommarken
Tod beim Tauchen Der Tauchunfall Erschöpfung Hypothermie Hindernisse, Strömungen Panik vorbestehende Erkrankungen fehlender Druckausgleich Tiefenrausch Gasembolien Vereisung Erhöhter Gasverbrauch
Leichenveränderungen im Wasser o o o o o natürliche Veränderungen Veränderungen durch Wassertiere Treibverletzungen Bergungsverletzungen sonstige Veränderung
Zeichen für Aufenthalt im Wasser Waschhautbildung
Zeichen für Aufenthalt im Wasser Waschhautbildung
Zeichen für Aufenthalt im Wasser
Leichenveränderungen / Wasserzeit Waschhautbildung o Fingerspitzen o Ausdehnung auf Hohlhand o Oberhaut elfenbeinartig o Oberhautablösung (Beginn) o Oberhautablösung (vollständig, auch Fingernägel) sonstige Befunde o Postmortale Hautdefekte (Flohkrebse) o Leichnam aufgebläht o Leichnam verfärbt 3 Stunden 6 Stunden 3 Tage 6 Tage 3 Wochen 9 Stunden 9 Tage 12 Tage
Fäulnis CASPER 1(Luft) : 2(Wasser) : 8(Erde)
Gasdunsung
heißes Badewasser
Veränderungen durch Wasser oder wassernahe Tiere
Algenbewuchs
Treibverletzungen
Treibverletzungen bei starker Strömung vollständige Entkleidung möglich ebenso Aufprall an Brückenpfeilern, Felsbrocken, Treibgut Hängen bleiben in Schleusentoren, an Wehren Eingeklemmt werden zwischen Wasserfahrzeugen und feststehenden Objekten
Treibverletzungen Abschliffverletzungen
Schiffsschraubenverletzungen
Fettwachs (Adipocire) Adeps =Fett cera oder cire = Wachs - eigentlich höhere Fettsäuren - Fettsäurekonservierung oder postmortale Fetthärtung weisslich-graue, schmierige Masse pastöse, wachsähnliche Konsistenz fest bis bröckelig hart Trocknung bis mörtelartig hart - Fettwachsröhren um die Röhrenknochen bei durch Fäulnis zerstörter Muskulatur Erhalt von Verletzungen, Strangmarken, Narben, Tätowierungen!!
Entstehung von Fettwachs anaerobe Fäulnisflora führt nach autolytischer Verflüssigung des Fettgewebes zur hydrolytischen Spaltung der Triglyceride in Glycerin und langkettige Fettsäuren Verseifung durch Esterasen Niedermolekulare Bestandteile wie Ketone, Aldehyde, Buttersäure bestimmen den Geruch Fettwachs -Bildung über die Zeit Begünstigend wirken: Sauerstoffmangel, Feuchtigkeit, Masse des Fettgewebes, hohe Temperatur Bei Wasserleichen nach 3-6 Monaten Totale Gipsleiche nach 1 Jahr Im feuchten Erdgrab nicht vor Ablauf mehrerer Monate
Zusammenfassung was sollte man wissen
Ertrinken - Äußerer Befund Schaumpilz i
Ertrinken - Innere Befunde Schaum in den Atemwegen
Ertrinken - Innere Befunde Emphysema aquosum
und für die Klausur Wydler : 3-Schichtung Mageninhalt Svechnikov: Keilbeinhöhlenflüssigkeit Paltauf: subpleurale, verwaschene Blutungen Sehrt: Magenschleimhautrisse
Trinken statt Ertrinken! Aber bitte keine alkoholischen Getränke beim Baden oder Surfen oder Segeln oder Tauchen oder Rudern oder Angeln oder! Bei vielen Ertrinkungsunfällen spielt die alkoholische Beeinflussung eine große Rolle!!!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kontakt Institut für Rechtsmedizin Dr. med. Diana Boy tel. 0381 4949938