Schlussbericht Noëmi Helfenstein Projekt 38: Zwischen Mensch, Roboter und virtuellen Welten: Translationale Forschung in der pädiatrischen Rehabilitation Supervisor: PD Dr. Huub van Hedel Rehabilitation Center Affoltern am Albis University Children s Hospital Zurich
Die Woche vom 17.-22. März durfte ich zusammen mit einer Kollegin im Rehabilitationscenter für Kinder und Jugendliche in Affoltern am Albis verbringen. Wir erhielten dort viele spannende Einblicke in die Neurorehabilitation. Eine eigentliche Forschungsfragestellung hatten wir nicht. Nichtsdestotrotz habe ich sehr viel Neues gelernt in dieser Woche. Gerne möchte ich zu Beginn das Center vorstellen. Es ist Teil des Universitätsspitals Zürich, liegt allerdings etwas ausserhalb in Affoltern am Albis und wird von Wald und Wiesen umgeben. Das Center hat 6 Stockwerke, die von A bis F nach Tiernamen benannt sind. Im Center untergebracht sind ein Restaurant, die Schule für die Patienten und eine Station für die jüngeren Kinder mit schweren neurologischen Einschränkungen, welche besondere Pflege benötigen. Die meisten der Patienten sind von einer zerebralen Lähmung betroffen, welche häufig durch einen Sauerstoffmangel vor, während oder nach der Geburt entsteht. Des weitern werden im Center auch Kinder betreut, welche durch einen Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben. Im Center befindet sich ebenfalls ein Flur für ältere Kinder und junge Erwachsene. Daneben findet man im Center einen Flur mit den Therapiegeräten Lokomat, Erigo und Armeo, welche ich später etwas genauer beschreiben werde. Im selben Flur befindet sich das Büro des Forschungsteams. Dieses besteht aus mehren Experten, welche neue Methoden und Therapiegeräte entwickeln. Im obersten Stockwerk sind die Büros der Ärztinnen und Ärzte. Das ganze Center funktioniert wie ein Gehirn. Alle Stöcke und Abteilungen im Center repräsentieren verschiedene Regionen, welche zusammen arbeiten: Die Ärzte erstellen einen Therapieplan für die Patienten, das Forschungsteam stellt die geforderte Geräte bereit und entwickelt gegebenenfalls neue, und die Therapeuten schliesslich begleiten die Patienten auf ihrem Weg der Rehabilitation. Der Verlauf der Rehabilitation ist von Kind zu Kind verschieden und läuft unterschiedlich schnell und erfolgreich. Grundsätzlich kann man die Therapie aber in drei verschiedene Schritte unterteilen: In einem ersten Schritt geht es darum, die Körperfunktionen wiederaufzubauen. An zweiter Stelle steht die Verbesserung der Aktivität des Patienten, gefolgt von der Wiedereingliederung des Kindes in sein gewohntes Umfeld. Zwei Faktoren haben besonderen Einfluss auf den Verlauf der Rehabilitation: Zum einen die persönliche Motivation und Einstellung des Patienten, zum anderen das Umfeld, welches den Patienten umgibt. Dieses ist sehr wichtig für den Erfolg der Therapie. Das Ziel des Rehabilitationscenters ist es, Kindern, welche an Einschränkungen aufgrund von neurologischen Verletzungen leiden, zu helfen, ihren Weg zurück in ihren Alltag zu finden. Das Forschungsteam unterstützt diese Zielsetzung durch verschiedene Projekte, welche in drei Hauptgebiete einzuteilen sind: 1. Verbesserung der objektiven Erfassung der Funktionen und Aktivitäten der Patienten, 2. Evaluation der Effektivität von bestehenden Therapieinterventionen und Neuentwicklungen von neuen Therapiegeräten, 3. Untersuchung der Mechanismen, welchen der funktionellen Verbesserung der Patienten unterliegen (sogenannte neuronale Plastizität). Dies geschieht zum Beispiel mit Methoden wie der Magnetresonanz oder des High-Density EEG.
Nun möchte ich etwas genauer auf die obengenannten Therapiegeräte Lokomat, Erigo und Armeo eingehen. Es handelt sich hierbei um drei Roboter, welche eine Ergänzung zur gemeinen Therapie darstellen. Hocoma Lokomat Die Therapie mit dem Lokomat ist eine effektive Methode zur Verbesserung der Gehfähigkeit, welche nach neurologischen Erkrankungen und Unfällen stark bis ganz eingeschränkt sein kann. Das Lokomat-System unterstützt die Gehbewegungen des Patienten durch eine automatische Gangorthese auf einem Laufband. Die Lokomattherapie ermöglicht längere und intensivere Therapiesitzungen im Vergleich zum manuellen Laufbandtraining. Das System verfügt über eine Reportfunktion, welche es ermöglicht, alle Fortschritte des Patienten genau zu messen. Das Lokomat-System ist seit 2001 auf dem Mark. Es basiert auf Forschungsergebnissen aus dem Universitätsspital Balgrist. Hocoma Erigo Der Roboter Erigo bietet für Kinder mit kognitiven oder physikalischen Einschränkungen die Möglichkeit, ihre Beine zu bewegen und den Kreislauf in Gang zu halten. Mit dem Erigo-System erhalten die Kinder ein Gefühl des Gehens. In der ersten Phase der Genesung macht sich der Erigo vor allem die hohe Plastizität des Gehirns der Patienten zu Nutze. Die Funktion des Erigos ist gleich derer eines Kipptisches, der Erigo unterstützt jedoch zusätzlich die Gehbewegungen durch einen installierten Roboter, welcher die Beine des Patienten bewegt. Durch diese Bewegung wird der Kreislauf des Patienten verbessert und in Gang gehalten. Ein gewöhnlicher Kipptisch ermöglichte es dem Patienten lediglich in eine waagrechte Lage zu gelangen, nicht aber seine Beine zu bewegen, was zu Kreislaufproblemen führen kann: Der Blutdruck sinkt, das Gehirn erhält zu wenig Blut und der Patient ist der Gefahr ausgesetzt, einen Kreislaufkollaps zu erleiden. Auf Dauer bestünde das Risiko für langfristige Gehirnverletzungen. Die meisten Patienten im Rehabilitationscenter reagieren positiv auf die Therapie mit dem Erigo, weil dieser durch den eingebauten Roboter auch die Gehfähigkeiten verbessert. Die Therapie mit dem Erigo ist oft eine Vorbereitung für eine spätere Therapie mit dem Lokomat. Hocoma Armeo Spring Pediatric Der Armeo Spring Pediatric wurde speziell für kleine Kinder mit Bewegungsbeeinträchtigungen in den Armen und Händen aufgrund von neurologischen Verletzungen und Erkrankungen entwickelt. Der Roboter unterstützt die Therapie mit intensiven, motivationsfördernden, spielähnlichen Übungen. Das Armeo-System beinhaltet ein spezielles Feedbacktool, um den Patienten zu ermutigen und zu motivieren. Des weitern zeigt dieses Tool alle restlichen motorischen Funktionen auf. Sogar mittelschwer bis schwer eingeschränkte Kinder können von der hochintensiven Bewegungstherapie profitieren. Dank der optimalen Integration von Arm, Hand und Handgelenk ist es möglich, die ganze Bewegungskette zu therapieren.
Lokomat Armeo Eriog
Wie also nur unschwer zu erkennen ist, haben wir sehr viel Neues gesehen, erlebt und gelernt in dieser Woche. Ich habe die Woche im Rehabilitationscenter sehr genossen und würde es jederzeit wieder machen. Einen riesengrossen Dank aussprechen möchte unserem Supervisor PD Dr. Huub van Hedel, welcher uns mit seiner umwerfenden Freundlichkeit bereits am ersten Tag empfangen und anschliessen mit vielen wertvollen Informationen durch die Woche begleitet hat. Danken möchte ich auch dem gesamten Team, welches uns auf all unsere Fragen eine Antwort gegeben hat und uns während der gesamten Woche ins Team miteinbezogen hat. Und last but not least möchte ich mich bei all den jungen Patientinnen und Patienten bedanken, welche uns bei ihren Therapiesitzungen zusehen liessen. Nicht selten ergaben sich interessante Gespräche zischen Laufband und Gangorthese.