Stand der Technik und Trends der Radarfernerkundung

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Uwe Sörgel 1 Stand der Technik und Trends der Radarfernerkundung Uwe Sörgel, IPI, Hannover ZUSAMMENFASSUNG In diesem Aufsatz soll zum einen der aktuelle Stand der Radarfernerkundung aufgezeigt sowie auf aktuelle Entwicklungen hinsichtlich Sensorik und Auswertung eingegangen werden. Zum anderen sollen die einschlägigen Arbeiten am Institut für Photogrammetrie und GeoInformation (IPI) der Universität Hannover vorgestellt sowie die für die Zukunft geplanten wissenschaftlichen Themen dargelegt werden. Zunächst erfolgt ein Überblick der Radarfernerkundung mit Fokus auf dem bildgebenden Radar mit synthetischer Apertur (SAR). anach wird die Problematik der Erfassung von Siedlungsgebieten mit SAR betrachtet - ein Thema, dass durch die zunehmende Verstädterung an Bedeutung gewinnt. Rückschlüsse auf die Natur von Flächen und Objekten auf der Erdoberfläche erlaubt die Analyse der polarimetrischen Streumatrix. Schließlich werden Verfahren vorgestellt, mit denen durch interferometrische Verarbeitung von SAR-Bildern Geländemodelle erzeugt oder Geländebewegungen erfasst werden können. 1. EINLEITUNG In der Fernerkundung kommen zunehmend luftgestützte oder satellitengetragene Radarsysteme zum Einsatz, die das Spektrum der Millimeter- und Zentimeterwellen abdecken (sogenannter Mikrowellenbereich). ie Radarinformation stellt eine wertvolle Ergänzung zu passiven Sensoren dar, die den sichtbaren oder infraroten Spektralbereich nutzen (Fig. 1). a der Sensor im Allgemeinen die Szene aktiv beleuchtet, ist er unabhängig von der Tageszeit. In den langwelligen Frequenzbändern (Zentimeterbereich) ist die Signaldämpfung durch Witterungseinflüsse gering. Figure 1: Spektralbereiche der Fernerkundung, Mikrowellenbereich: etwa 1mm 1m Wellenlänge ie Nutzung des Mikrowellenbereiches zur Erdbeobachtung bietet sich für eine Reihe unterschiedlicher Zwecke an, die mit verschiedenen Techniken angegangen werden. ie wichtigsten darunter sind: Radiometer: Passive Messinstrumente, die vor allem zur Bestimmung des Flüssigwasser- und ampfgehalts der Atmosphäre eingesetzt werden. Altimeter: aktive Instrumente, die in Nadirrichtung kurze Pulse aussenden und die Signallaufzeit auswerten. Altimeter liefern wichtige aten zur Erzeugung globaler Karten der Verformung des

Uwe Sörgel 2 Meeresspiegels, die etwa durch Schwankungen des Erdschwerefeldes oder Meeresströmungen verursacht werden. Scatterometer: aktive Beleuchtung der Meeresoberfläche in Schrägsicht. Wellen beeinflussen die Intensität des zurückgestreuten Signals, was Rückschlüsse auf die Windverhältnisse ermöglicht. Bildgebende Verfahren: ie größte Bedeutung in der Fernerkundung haben die Verfahren zur bildgebenden Erfassung der Landoberflächen der Erde erlangt, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. Im Gegensatz zu optischen Sensoren, die eher chemische Objektmerkmale erfassen (meist den reflektierten Anteil des einfallenden Sonnenlichts) messen Radarsensoren eher physikalische Größen. Neben der Objektgeometrie bestimmen vor allem die Leitfähigkeit des Materials, die häufig vom Wassergehalt bestimmt ist, sowie die Oberflächenrauhigkeit das gemessene Signal. 2. RAAR MIT SYNTHETISCHER APERTUR Aufgrund von Beugung ist die Winkelauflösung eines Sensorsystems θ näherungsweise durch das Verhältnis von Signalwellenlänge λ zur Austrittsöffnung des Sensors (optisch: Linsendurchmesser, Radar: Antennengröße) gegeben. ie um einige Größenordnungen längere Wellenlänge im Mikrowellenbereich führt daher prinzipiell zu einer deutlich schlechteren Winkelauflösung verglichen mit einem optischen Sensor, bei gleicher Öffnung und Abstand R zur Szene (Gleichung 1). ennoch ist mit speziellen Techniken eine bildhafte Erfassung der Erdoberfläche durch Radar mit hoher geometrischer Auflösung möglich. amit trotz der geringen Winkelauflösung Objekte unterschiedlicher Entfernung unterscheidbar sind, erfolgt die Beleuchtung in Schrägsicht (Fig. 2a) und die Objekttrennung anhand der Laufzeit des abgetasteten zurückreflektierten Signals. as Auflösungsvermögen in Entfernungsrichtung δ r ist durch die Pulsdauer τ gegeben (Gl. 2, c = Lichtgeschwindigkeit). iese Pulsdauer ist näherungsweise indirekt proportional zur Signalbandbreite B. ie Auflösung δ r kann somit durch Erhöhung der Bandbreite verbessert werden und ist prinzipiell unabhängig vom Abstand R zwischen Sensor und Szene. aher sind solche Messungen auch aus großer Entfernung möglich (z.b. Satellit Envisat). λ θ R c τ c δ r = 2 2 B δ a 2 mit τ B 1 (1) (2) (3) k-1 v Sensorweg θ λ δ r v k+1 k h h R Azimut Boden δgr δ a_real L a) Radar mit realer Apertur b) Wiederholte Erfassung entlang Flugweg Figure 2: Radar mit realer Apertur (RAR) und Mehrfacherfassung für SAR-Auswertung

Uwe Sörgel 3 ie andere Koordinate des Bildes (parallel zum Flugweg) nennt man Azimut. Beim Standardradar entspricht die Azimutauflösung dem beugungsbegrenzten Fall und somit der Breite des Antennenabdrucks auf dem Boden. Eine hohe Auflösung in Azimutrichtung wird durch Zusammenfassung vieler Einzelmessungen (Fig. 2b) zu einer synthetischen langen Antenne erreicht (Synthetic Aperture Radar, SAR). adurch können Objekte bis zur Größe der halben Antennenausdehnung in Azimut getrennt werden (Gl. 3). ie SAR-Prozessierung fußt auf der opplerverschiebung des Sendesignals, die durch die Relativbewegung zwischen Sensor und Objekt entsteht. Hierfür ist es allerdings erforderlich, dass die Beleuchtung der Szene quer zur Flugrichtung erfolgt und neben der Amplitude auch die Signalphase gemessen wird. Insbesondere SAR-Satellitensysteme sind in der Lage, in kurzer Zeit große Flächen zu erfassen. ie klassische Nutzung solcher SAR-Bilder liegt in der Kartierung des Geländes. Im Allgemeinen können Siedlungsbereiche, Wälder, Grasflächen, landwirtschaftliche Nutzflächen und Wasserflächen gut voneinander getrennt werden. as IPI hat umfangreiche Erfahrung im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Untersuchung von SAR-aten unterschiedlichen Typs. So bewerteten Lohmann et al., 2004, die Eignung von SAR-Bildern zur Erkennung linienhafter Objekte (z.b. Strassen) zu Kartierungszwecken im Vergleich mit optischen Bildern. ie prinzipbedingte SAR-Schrägsicht hat bei bewegtem Gelände und in Städten nachteilige Auswirkungen. In Fig. 3 ist die Problematik schematisch dargestellt. Vereinfacht kann man SAR als Entfernungsmessung mit hoher Auflösung in Entfernung- und Azimutrichtung aber geringer Auflösung in Elevation (Kreise konstanter Entfernung mit variiertem Beleuchtungswinkel θ) auffassen. Zum Sensor geneigte Flächen werden daher verkürzt abgebildet (Foreshortening). Im Extremfall kommt es zu Umklappeffekten, die zu vertauschter Reihenfolge und unerwünschter Signalüberlagerung führen (Layover). er Layover-Effekt ist besonders im Hochgebirge sowie in Städten (vertikale Gebäudewände) von Bedeutung. Hinter erhabenen Objekten werden Flächen verdeckt, dort ist das SAR-Bild schwarz und beinhaltet nur Rauschen. Figure 3: Auswirkung der Schrägsicht auf die SAR-Abbildung

Uwe Sörgel 4 3. ERFASSUNG VON SIELUNGEN MIT SAR Wegen den genannten ungünstigen Auswirkungen der erforderlichen Schrägsicht bietet sich SAR weniger für die Routineerfassung von Städten an. Zum Zwecke der Kartenfortführung etwa, eignen sich sicherlich solche Sensoren besser, die die Szene in Nadirsicht erfassen, wie es bei Luftbildern oder LIAR der Fall ist. ie Tatsache, dass dennoch die Beobachtung städtischer Strukturen mit Radar an Bedeutung gewinnt liegt unter anderem an folgenden Punkten: SAR ist unabhängig von der Tageszeit (aktiver Sensor) und vom Wetter (Wellenlänge) o Bei zeitkritischen Ereignissen (Naturkatastrophen, politischen Krisen) kann SAR daher das Mittel der Wahl sein, um aktuelle aten zu gewinnen, nämlich gerade dann, wenn andere Sensoren nicht tauglich sind. zum Beispiel wegen Regen, Nebel oder Rauch. o ie Erfassung interessierender Szenen zu vorgegebenen Zeitpunkten oder mit regelmäßigen zeitlichen Abständen kann sichergestellt werden, was etwa zur Überwachung von langsamen Bodendeformationen vorteilhaft ist. er technische Fortschritt hat zu einer signifikanten Verbesserung der geometrischen Auflösung von SAR-Sensoren geführt, in etwa um eine Größenordnung in der letzten ekade. Erzielten ERS-1/2 oder auch Envisat eine Auflösung auf dem Boden von circa 25 m, so erreichen moderne Satelliten im feinsten Modus 1-2 m (z.b. TerraSAR-X, eutschland, geplanter Start: Herbst 2006). Moderne Flugzeugsensoren stoßen in den ezimeterbereich vor. In solchen Bildern wird nunmehr eine mit Radar bislang unerreichbare etailfülle sichtbar [Soergel et al., 2006b]. Ein Beispiel für die neue Qualität der Abbildung von Gebäuden zeigt Fig. 4. Erste Untersuchungen hinsichtlich des Potentials zur Objekterkennung sind vielversprechend [Michaelsen et al., 2006]. Waren bislang nur wenige Sensoren verfügbar, so wurden und werden zur Zeit eine Reihe von Satellitensystemen in die Umlaufbahn gebracht. Anfang 2006 startete der japanische L- Band-Sensor aichi. Schon jetzt ist klar, dass der bereits genannte TerraSAR-X im Jahr 2009 durch TanEM-X ergänzt werden soll. er kanadische Radarsat 2 soll in Kürze folgen. Auch im militärischen Bereich gibt es entsprechende Anstrengungen: eutschland und Italien werden in Kürze über jeweils einen Schwarm hoch auflösender SAR- Satellitensensoren verfügen (SAR-Lupe bzw. CosmoSkymed). ie Zunahme an Sensoren wird sich mit Sicherheit günstig auf die Verfügbarkeit von SAR-aten auswirken und die Reaktionszeit verringern bis von einem gegebenen Ort Bilder erfasst werden können. a) Luftbild b) SAR-Bild (1998, 1m) c) SAR-Bild (2003, 20 cm) Figure 4: Fortschritt bei der geometrischen Auflösung, SAR-Bilder: FGAN ( b) Sensor AER-II, c) Sensor PAMIR, beides Experimentalsensoren, die von Flugzeugen getragen werden)

Uwe Sörgel 5 ie negativen Effekte durch Layover und Verdeckung lassen sich häufig durch eine mehrfache Beleuchtung aus verschiedenen Richtungen kompensieren. Eine Kombination nur weniger, mit bedacht geplanter SAR-Messungen kann beispielsweise genügen, um den Großteil der achflächen einer typischen europäischen Großstadt zu erfassen [Soergel et al., 2005]. Eng bebaute Bereiche mit Hochhauskomplexen hingegen bleiben auch bei einer Multiaspektauswertung problematisch. Ein weiteres vielversprechendes Arbeitsfeld mit großem Forschungsbedarf ist die Stützung der Auswertung einzelner SAR-Bilder durch komplementäre Informationsquellen, seien es GIS-aten oder Fernerkundungsbilder anderer Spektralbereiche. ie genannten Themen, Analyse von Multiaspekt-Bildern und Fusion mit anderen aten, sollen einen Schwerpunkt der künftigen Arbeiten am IPI bilden. es Weiteren bietet SAR die Möglichkeit zur Auswertung der Phase sowie der Polarisation des Signals. Erstere kann genutzt werden, um durch Interferometrie Höhenmodelle zu gewinnen und die Auswertung der Signalpolarisation erlaubt Rückschlüsse auf die Natur der zugrunde liegenden Streuprozesse und damit auf diverse Oberflächeneigenschaften. Einige der genannten Aspekte werden im Weiteren eingehender behandelt. 4. SAR-POLARIMETRIE Unter der Polarisation einer elektromagnetischen Welle versteht man die Ebene, in der der Vektor der elektrischen Feldstärke schwingt. Reflexionen an Grenzflächen können zu einer Richtungsänderung führen. ies macht man sich bei der Radarfernerkundung zunutze, wobei üblicherweise horizontal oder vertikal polarisierte Wellen betrachtet werden. Während in der Vergangenheit aus technischen Gründen häufig nur eine Polarisation verwendet wurde (z.b. ERS), arbeiten moderne Systeme meist mit zwei Polarisationen (Envisat) oder sogar vollpolarimetrisch (aichi, Japan, 2006). Bei monostatischem Radar (Sender und Empfänger sind identisch) müssen für einen vollständig polarisierten atensatz 3 Bilder praktisch gleichzeitig erfasst werden: die beiden Co-Komponenten HH und VV und eine der beiden Kreuzkomponenten HV oder VH (erster Index: Empfangs-, zweiter: Sendepolarisation). a) Luftbild b) Polarimetrische SAR-aten Figure 5: Beispiel für die Erfassung mit polarimetrischen SAR-aten (Quelle: LR), Flugplatz Oberpfaffenhofen

Uwe Sörgel 6 Man kann die Streumatrix zerlegen und daraus Aussagen ableiten entweder hinsichtlich diskreter Einzelziele oder, was in der Fernerkundung die Regel ist, anhand statistischer Analyse, über Flächenziele, wie etwa Äcker oder Wälder. In Fig. 5 rechts ist ein polarimetrischer SAR-atensatz in der Pauli-Zerlegung in RGB-arstellung zu sehen. ie Hauptanwendung polarimetrischer SAR- aten ist die Klassifikation der Bodenbedeckung. as IPI führt in diesem Feld wissenschaftliche Untersuchungen durch, beispielsweise zur Erkennung von Ackerpflanzen anhand Zeitreihen polarimetrischer SAR-Bilder des europäischen Satelliten Envisat [Tavakkoli & Lohmann, 2006]. 5. SAR-INTERFEROMETRIE (INSAR) ie SAR-Interferometrie fußt auf einer Auswertung der Signalphase meist zweier SAR-Bilder. Große Bedeutung hat die sogenannte InSAR-Technik zur Erzeugung von Höhenmodellen aus zwei quer zur Flugrichtung versetzt aufgenommenen SAR-Bildern erlangt (Fig. 6a). er Versatz führt zu einer Weglängendifferenz, die sich in einem Phasenunterschied zwischen den Bildern äußert. Als ein Teilschritt einer ganzen Verarbeitungskette ist im Allgemeinen eine Phasenfortsetzung zur Beseitigung von Mehrdeutigkeiten erforderlich (Fig. 6b,c). anach hängt der relative Höhenunterschied benachbarter Bildelemente des Interferogramms näherungsweise linear von der Phasendifferenz ab. Abhängig von der verwendeten Wellenlänge erhält man in Vegetationsbereichen ein GM (langwelliges Signal, z.b. P-Band: 70 cm) oder ein OM (kurzwellig, z.b. X-Band: 3 cm). SAR 2 B B V SAR 1 θ ξ B H r + r H r h a) Aufnahmegeometrie b) Phasenbild c) GM/OM Figure 6: SAR-Interferometrie ( b) und c) aten der ERS-Tandemmission, Quelle: ESA) x Mittels der InSAR-Technik wurden von raumgestützten Sensoren praktisch bereits von der gesamten Landoberfläche der Erde solche Höhenmodelle unterschiedlicher Auflösung und Qualität erzeugt. as IPI war unter anderem mit Genauigkeitsuntersuchungen von OM der SRTM- Shuttlemission befasst, deren Maschenweite bei circa 30 m liegt. Für ein 50 x 50 km großes Testgebiet nördlich von Hannover ergab sich eine Standardabweichung der Höhenwerte von etwa 3 m [Koch et al., 2002]. In Zukunft ist eine Verbesserung der geometrischen Auflösung von OM zu erwarten, die aus Satellitendaten erzeugt werden (TerraSAR-X, TanEM-X). as IPI wird auch hier Untersuchungen bezüglich deren Genauigkeit und Zuverlässigkeit durchführen. es Weiteren wird die Fragestellung untersucht, inwieweit aus solchen aten sowie noch besser aufgelösten OM luftgestützter Sensoren eine Objekterkennung, etwa von Gebäuden und Brücken [Soergel et al., 2006a], möglich ist.

Uwe Sörgel 7 6. IFFERENTIELLE INTERFEROMETRIE Bei der differentiellen Interferometrie (InSAR) interessiert man sich für jenen Anteil der interferometrischen ifferenzphase, der von der Bewegung der Erdoberfläche radial zum Sensor herrührt. Um den Topographieanteil der gemessenen Phase davon zu trennen, verwendet man entweder ein externes GM, dann braucht man mindestens zwei SAR-Bilder (in der Regel Satellitendaten), oder man erzeugt ein InSAR-GM hierzu, dann sind drei SAR-Bilder erforderlich [Crosetto et al., 2005]. Wenn man zur Analyse ganzer Bildstapel von Zeitreihenbildern übergeht, lassen sich atmosphärische Einflüsse auf die Phasenmessung kompensieren. Beim klassischen InSAR erhält man flächenhaft Bewegungsdaten, solche aten sind mittlerweile eine Standardquelle zur Überwachung von Vulkanen und Gletschern geworden. Weitere Einsatzgebiete sind Erdrutsche und Bodenabsenkungen etwa aufgrund Grundwasserentnahme oder Bergbautätigkeit. In Fig. 7 ist als Beispiel eine Auswertung von Absenkungen im Ruhrgebiet dargestellt [Spreckels, 2002], an der das IPI beteiligt war. In Vertikalrichtung entspricht ein Phasenzyklus für ERS-aten etwa 2,8 cm Bodenbewegung zwischen den beiden Aufnahmen. Man sieht in der Abbildung, dass bis zu 6 cm Bewegung in der Fläche korrekt rekonstruiert werden konnten, danach traten Abweichungen aufgrund von nicht richtig aufgelösten Mehrdeutigkeiten auf. Figure 7: Absenkung aufgrund Bergbaus im Ruhrgebiet [Spreckels, 2002], Ab 6 cm Absenkung Fehler aufgrund von Mehrdeutigkeit Eine alternative Methode zum klassischen InSAR stellt die sogenannte Point Scatterer -Methode (PS, auch: Permanent Scatterer ) dar [Ferretti et al., 2002]. abei werden nur besonders stabile Streuobjekte betrachtet, wie sie etwa an Gebäuden auftreten, die immer wieder in den Bildern identifiziert werden können. Man umgeht somit das Problem der zeitlichen ekorrelation aufgrund von Vegetationseinflüssen, allerdings erhält man nur eine entsprechend ausgedünnte Matrix von

Uwe Sörgel 8 Messwerten. iese Methode eignet sich vor allem für städtische Gebiete, wo in der Regel solche zeitstabilen Punktstreukörper in hoher ichte auftreten. ie Auswertung von Zeitreihen von SAR-Bildern mit Methoden der differentiellen Interferometrie soll in Zukunft einen Schwerpunkt der Radaraktivitäten am IPI bilden. 7. LITERATUR Crosetto M, Crippa B, Biescas E, Monserrat O, Agudo M, Fernandez P: Land eformation Monitoring Using SAR Interferometry", PFG, No. 6, 2005, pp. 497-510. Ferretti A, Prati C, Rocca F: Permanent scatterers in SAR interferometry", IEEE Transactions on Geoscience and Remote Sensing, Vol 39, No. 1, 2001, pp. 8-20. Koch A, Heipke C, Lohmann P: Bewertung von SRTM igitalen Geländemodellen Methodik und Ergebnisse", PFG 6/2002, pp. 389-398 Lohmann P, Jacobsen K, Pakzad K, Koch A: "Comparative Information Extraction from SAR and optical Imagery", IntArchPhRS. Vol. XXXV, Part B3. Istanbul, 2004, pp. 535-540. Michaelsen E, Soergel U, Thoennessen U : "Perceptual Grouping for Automatic etection of Man- Made Structures in high-resolution SAR ata". Pattern Recognition Letters, Elsevier B.V., Special Issue Pattern Recognition in Remote Sensing, Vol. 27, No. 4, 2006, pp. 218-225. Soergel U, Gross H, Thiele A, Thoennessen U: Extraction of bridges over water in high-resolution InSAR data. Photogrammetrisc Computer Vision, IntArchPhRS, 2006a in ruck. Soergel U, Thoennessen U, Brenner A, Stilla U: "High resolution SAR data: new opportunities and challenges for the analysis of urban areas". IEE Proceedings on Radar, Sonar & Navigation, Vol. 153, No. 3, 2006b, pp. 294-300. Soergel U, Schulz K, Thoennessen U, Stilla U: "Integration of 3 ata in SAR Mission Planning and Image Interpretation in Urban Areas". Information Fusion, Elsevier B.V., Vol. 6, No. 4, 2005, pp. 301-310. Spreckels V (2002), "Untersuchung operationeller Aufnahmesysteme zur großflächigen Erfassung von igitalen Geländemodellen und topographischen Veränderungen über Abbaubereichen der eutschen Steinkohle AG (SK AG)", Publikationen der GPF, Band 11, pp. 67-82. Tavakkoli Sabour S.M, Lohmann P: Multi-temporal Classification of ASAR Images in agricultural Areas, IntArchPhRS. Vol. XXXVII, Part B7. Enschede, 2006, 7 S., C.