BAUEN MIT STROH. EcoCocon ein standardisiertes Strohbauelement im Vergleich

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Transkript:

BAUEN MIT STROH EcoCocon ein standardisiertes Strohbauelement im Vergleich Abschlussarbeit - gekürzte Fassung Eidg. Berufsprüfung BaubiologIn 2016 Petra Eggenberger

Inhaltsverzeichnis Vorwort... Motivation... Ziel der Abschlussarbeit... Adressaten... 6 6 7 7 1. Einleitung Strohbauten ein grosses Potenzial zur Erfüllung der Klimaschutzziele... 2. Vorurteile und Bedenken... 3. Geschichte des Strohballenbaus... 4. Die Philosophie des Strohballenbaus... 5. Vom Rohstoff Stroh zum Baustrohballen... 5.1 Stroharten und Beschaffenheit... 5.2 Die Pressung der Strohballen... 5.3 Durchschnittliche Abmessungen von Strohballen... 5.4 Qualitätssicherung der Strohballen... 5.5 Der zertifizierte Strohballen... 5.6 Primärenergiegehalt von Strohballen... 5.7 CO2-Gehalt von Strohballen und Strohballenwänden... 8 10 12 14 15 15 16 17 17 18 19 20 1. Abb. BAUEN MIT STROH EcoCocon ein standardisiertes Strohbauelement im Vergleich Abschlussarbeit Eidg. Berufsprüfung BaubiologIn 2016 Bildungsstelle Baubiologie Binzstrasse 23 8045 Zürich Verfasserin Petra Eggenberger 1. Expert Jürg Grob 2. Expertin Madeleine Prévôt Brunner 6. Bauphysikalische Aspekte... 6.1 Wärmeschutz... 6.1.1 Wärmeleitfähigkeit... 6.1.2 Wärmedurchgangskoeffizient... 6.1.3 Wärmespeicherung... 6.1.4 Wärmebrücken... 6.2 Feuchteschutz... 6.2.1 Aufsteigende Feuchtigkeit... 6.2.2 Spritzwasserschutz... 6.2.3 Witterungsschutz... 6.2.4 Tauwasserschutz infolge Wasserdampfdiffusion... 6.3 Wind- und Luftdichtigkeit... 6.4 Brandschutz... 6.5 Schallschutz... 7. Statische Aspekte... 7.1 Schlankheit... 7.2 Stauchung... 7.3 Kriechen... 7.4 Spannungsabbau... 7.5 Horizontallast... 21 21 21 22 22 22 23 23 23 23 24 25 25 25 26 26 26 26 27 27 2 3

1. Abb. 8. Strohballensysteme für Wandkonstruktionen... 8.1 Lasttragende Systeme... 8.1.1 Lasttragende Systeme ohne Vorspannung... 8.1.2 Lasttragende Systeme mit Vorspannung... 8.1.3 Lasttragende Systeme mit Jumbo-Grossballen... 8.1.4 Lasttragende Gewölbekonstruktionen... 8.1.5 Vor- und Nachteile der lasttragenden Wand... 8.2 Hybridbausysteme... 8.3 Nicht lasttragende Systeme... 8.3.1 Skelettbausysteme nicht lasttragend... 8.3.1.1 Aussenskelett einseitig, aussenliegende Stützen... 8.3.1.2 Doppelskelett beidseitig, aussenliegende Stützen... 8.3.1.3 Ballenbündiges Skelett... 8.3.1.4 Fugenorientiertes ballenbündiges Skelett... 8.3.1.5 Innenskelett... 8.3.2 Rahmensysteme nicht lasttragend... 8.3.2.1 Hochkant liegend verfüllte Rahmensysteme... 8.3.2.2 Stehend verfüllte Rahmensysteme... 8.3.3 Vor- und Nachteile Skelettbausystemen und Rahmensystemen... 8.3.4 Vorgefertigte Wände und Modulbau... 8.3.5 Scheibentragwerke... 8.4 Bekleidung der Wandoberflächen... 8.5 Überblick und Zusammenfassung der verschiedenen Wandsysteme... 8.5.1 Primärenergiegehalt der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen... 8.5.2 U-Wert der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen... 8.5.3 Arbeitsaufwand der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen... 28 29 29 29 30 31 31 31 32 32 33 33 33 33 34 34 34 35 35 36 37 37 39 39 40 41 10. Gegenüberstellung zweier Wandkonstruktionen EcoCocon-Modul versus Strohballen-Holzrahmenbau... 10.1 Vergleich bauphysikalische Werte und Tragwerksplanung... 10.2 Vergleich Planung, Ausführung und Kosten... 10.3 Zusammenfassung EcoCocon-Modul versus Strohballen-Holzrahmenbau... 11. Schlussfolgerung... 12. Abschliessende Gedanken Strohbauten... 13. Zusammenfassung/Abstract... 14. Abkürzungsverzeichnis und Glossar... 15. Quellenverzeichnis... 15.1 Bildverzeichnis... 16. Anhang... 16.1 Urhebererklärung... 16.2 Statistik Bauernverband Schweiz _ Pflanzenanbau - Import... 16.2 Interview mit Roland Auderset von Prana House GmbH... 16.3 Ausführungspläne Projekt Kilchberg (ARBA-Bioplan)... 16.4 Ausführungspläne Projekt Kilchberg (Walter Küng AG)... 57 57 60 61 63 63 65 66 67 68 70 70 71 73 78 85 9. Das System EcoCocon... 9.1 Das Projekt Kilchberg zweistöckiger Anbau an ein EFH... 9.2 Das Verfahren mit der Prana House GmbH... 9.3 Die Verkaufsargumente und -strategie des Produkts EcoCocon... 9.4 Die UAB EcoCocon... 9.5 Standardmodule von EcoCocon... 9.6 Vorgang und Produktion der Elemente... 9.7 Bauphysikalische Werte... 9.8 Tragwerksplanung... 9.9 Primärenergiegehalt und CO 2 -Bilanzen... 9.10 Montage vor Ort... 9.11 Leitungsführung und Details... 9.12 Patente, Zertifikate und Garantie... 9.13 Kosten... 42 43 44 45 5 46 49 52 53 53 53 55 55 56 2. Abb. 4 5

Vorwort Im Frühling 2014 nahm ich die Arbeit als Architektin im Architekturbüro ARBA-Bioplan auf. Ich bekam die Möglichkeit, einen zweistöckigen Anbau an ein bestehendes EFH in Kilchberg zu projektieren. Während der Vorprojektphase stieg ich ins Projekt ein. Alfred Rüegg hatte dazumal bereits den Anbau entworfen und die Bauherrschaft überzeugt, Stroh als Dämmmaterial zu verwenden. Wir verfolgten das Ziel, die Aussenwände des Anbaus mit einer nicht lasttragenden Strohballenkonstruktion zu realisieren bis zu dem Zeitpunkt, als wir auf die Elemente von EcoCocon aufmerksam wurden. Zu Beginn der Ausführungsplanung kontaktierte uns Roland Auderset von der Prana House GmbH. Voller Enthusiasmus präsentierte er uns das System EcoCocon. Als wir die erste Skepsis überwunden hatten, die Strohelemente von Litauen zu importieren, entschieden wir uns, dem System von EcoCocon, das in der Schweiz erst jetzt langsam bekannt wird, eine Chance zu geben. An dieser Stelle möchte ich mich bei der Bauherrschaft von Kilchberg herzlich bedanken, dass sie mit uns diesen Schritt wagen und das Projekt als Fallbeispiel in dieser Arbeit publiziert werden kann. Aufgrund von nicht erwünschtem Architekturpilgern werden die Namen der Bauherrschaft sowie die genaue Adresse des Objekts nicht erwähnt, dies gilt auch für die Pläne im Anhang, die bewusst ohne Plankopf abgedruckt sind. Ebenso bedanke ich mich bei der ARBA-Bioplan, besonders bei Alfred Rüegg, für die tolle Begleitung in diesem Bauprojekt. Ein grosses Dankeschön geht auch an Prana House GmbH und Walter Küng AG für die zur Verfügung gestellten Unterlagen und die Interviews. Meinem privaten Umfeld möchte ich danken, dass Ihr mich unterstützt und angetrieben habt. Dank der guten Unterstützung konnte ich die Projektarbeit termingerecht einreichen. Ziel der Abschlussarbeit Diverse Fachbücher erläutern einiges über die Bauweisen mit Stroh und ziehen Vergleiche zu den bekannten verschiedenen Strohkonstruktionen jedoch wurden bis anhin vorgefertigte Strohelemente wie jene von EcoCocon kaum berücksichtigt. Das Ziel der Abschlussarbeit ist, einen Vergleich zu ziehen zwischen Holzrahmenbausystemen, die mit Strohballen ausgedämmt werden, und dem System von EcoCocon. Der Vergleich soll Aufschluss über die Vor- und Nachteile zwischen dem Holzrahmenbausystem und den vorfabrizierten EcoCocon-Elementen sowie dessen Anwendungsbereichen schliessen. Das EcoCocon-Element, dessen Herstellungsprozess, der Vorgang auf der Baustelle, biophysikalische Faktoren, die Ökobilanz, Kosten und das mögliche Potenzial, sich in der schweizerischen Baubranche zu etablieren, werden im Kapitel EcoCocon anhand eines Fallbeispiels beschrieben und analysiert. Der lasttragende Strohballenbau wird kurz erwähnt, aber nicht zum Vergleich herangezogen. Adressaten In erster Linie soll die Abschlussarbeit mir dienen, meine Erfahrungen beim Projekt Kilchberg und das erlernte Fachwissen festzuhalten und zu dokumentieren. Darüber hinaus richtet sich die Arbeit an eine Leserschaft, welche sich über die verschiedenen Strohbauarten informieren möchte. An Handwerker, Planer oder interessierte Bauherrschaften. Es wird jedoch vorausgesetzt, dass die Leserschaft zu einem gewissen Grad ein konstruktives Verständnis hat und die gängigen Fachwörter der Architektur, der Baukonstruktion, Bauphysik und die wichtigsten Normen und Vorschriften der Baukunst kennt. Motivation Stroh begleitet mich seit meiner Kindheit in verschiedenen Formen. Damals, als wir im Garten Hasen hatten und ihre Ställe mit losem Stroh ausstreuten. Bei den Pferden auf dem benachbarten Bauernhof beim Helfen, die Strohballen vom Feld zu holen. Und heute als Architektin bei der Projektierung des zweistöckigen Anbaus in Kilchberg. Die Faszination am Bauen mit Holz, Stroh und Lehm führte mich in die ARBA-Bioplan, das Architekturbüro mit langjähriger Erfahrung in Baubiologie, und zum Lehrgang der Schweizerischen Interessengemeinschaft Baubiologie. Das Wissen, welches ich durch die Ausbildung erlangt habe, kann ich hervorragend in meinem Berufsalltag integrieren. Die Erkenntnis durch das Projekt in Kilchberg, dass es durchaus auch baubiologische Kontruktionen und Systeme gibt, die das Potenzial haben, sich in der Schweizer Bauwelt zu etablieren, gibt mir einen kraftvollen Motivationsschub für meine zukünftige Tätigkeit als Baubiologin. Das Projekt in Kilchberg ist seit dem Frühling 2014 bei mir in Planung und sollte im Sommer 2015 ausgeführt werden. Öffentliche Tiefbauarbeiten in der Quartierstrasse bewegten uns, die Ausführung auf den Sommer 2016 zu verschieben. Im Zeitraum der Erarbeitung der Abschlussarbeit bin ich mit den letzten Ausführungsdetails beschäftigt und mit der Bauleitung des Kellergeschosses und der Kanalisation. Mitte Juni wird sich der warme Duft von Stroh auf dem Bauplatz in Kilchberg verbreiten, wenn die EcoCocon-Elemente aufgerichtet werden. Eine zweite Anfrage einer Bauherrschaft, welche explizit einen lokalen, regionalen Strohballenbau wünscht, inspirierte mich, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Strohbaukonstruktionen in meiner Abschlussarbeit zu untersuchen. 6 7

3. Abb. Es braucht Mut gegen den Stromm zu schwimmen 1. Einleitung Strohbauten - ein grosses Potenzial zur Erfüllung der Klimaschutzziele Niedrigenergie-, Minergie- oder Passivhäuser sind heute tägliche Begriffe und sind Reaktion auf das geforderte und wachsende Energiebewusstsein. Dank verschärften gesetzlichen Mindestanforderungen und Förderprogrammen kann einiges an Energie gespart werden. Aber nicht nur das Energiesparen liegt im Interesse der Umwelt, sondern auch die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Im Rahmen der internationalen Klimapolitik wurden 1997 durch die Staatengemeinschaft im Kyoto-Protokoll verbindliche Reduktionsziele vereinbart. In der sogenannten ersten Verpflichtungsperiode zwischen 2008 und 2012 sollte die Schweiz ihre CO 2 -Emissionen im Schnitt um 8% gegenüber den Werten von 1990 senken. Doch dieses Ziel wurde nur durch den Zukauf von ausländischen Emissionsminderungszertifikaten erreicht. Seit 2010 gibt es in der Schweiz das CO 2 -Gesetz. Ein Bundesdesetz über die Reduktion der CO 2 -Emission mit dem Ziel, einen Beitrag zu leisten, den globalen Temperaturanstieg auf weniger als 2 C zu beschränken. Eines der Reduktionsziele ist, die Treibhausgas-emissionen im Inland bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um gesamthaft 20% zu senken. Noch bis heute verursacht jedoch der Gebäudesektor 40% der Schweizer CO 2 -Emissionen. Die Emissionen aus Gebäuden sollen bis ins Jahr 2020 um mindestens 40% unter das Niveau von 1990 gesenkt werden. Die CO 2 -Emissionen und der Energieverbrauch bei der Herstellung der Baumaterialien, der Transport zur Baustelle, die Erstellung wie auch der Rückbau und die Entsorgung haben nur eine untergeordnete Bedeutung. Die definierten Ziele beinhalten nur die Reduktionen während der Benutzerphase eines Gebäudes. Im März 2016 hat unser Bundesrat dem Pariser Klimaschutz-Abkommen zugestimmt. Diesbezüglich hat sich die Schweiz das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50% unter das Niveau von 1990 zu senken. Obwohl dieses Abkommen und diese Gesetze einen positiven Hintergrund haben, drängen sich bei mir einige Fragen auf. Wie sollen unter solchen Bedingungen die fokussierten Reduktionsziele eingehalten werden? Wie kann ein praktischer, nachvollziehbarer Beitrag geleistet werden, ohne dass man der Bevölkerung mit noch höheren Abgaben und Moralpredigten des Verzichts auf die Füsse tritt? Es scheint, als ob schädliche CO 2 -Gase durch Börsenhandel von Zertifikaten und höhere CO 2 -Abgaben plötzlich weniger schädlicher seien. Obwohl die Baubranche nach nachhaltigem Bauen schreit, trifft man vorwiegend Baustellen an mit Betonaussenwänden, an die expandiertes Polystyrol hingepappt wird. Wie kann es möglich sein, dass solche Baumaterialien als nachhaltig betitelt werden, obwohl unter Fachleuten bekannt ist, dass Beton und Polystyrol bei der CO 2 -Bilanz schlechter abschneiden und der Primärenergiegehalt viel höher liegt als bei naturbelassenen Baustoffen? Die Schweizer Politik und die Wirtschaft sind so unzertrennlich wie die Fische und das Meer. Aus Angst vor einer Minimierung des Wirtschaftswachstums badet man lieber im schmutzigen Wasser weiter, als unsere Baulobby zu animieren, gegen den Strom zu schwimmen und Materialien und Systeme zu vermarkten, die nicht nur grün gewaschen wurden, sondern die effektiv einiges weniger unsere Umwelt belasten. Über finanzielle Anreize werden Käufer und Bauherren gesteuert. Erst wenn vermehrt Alternativen geboten werden, die mit dem Preis und der Qualität der konventionellen Baukunst mithalten können, sehe ich eine Chance, dass die Baubranche einen praktischen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Es braucht weitere Öffentlichkeitsarbeit, Wissensvermittlung, Mut und Erfahrungen, sodass das Bewusstsein und die Rückbesinnung zu simplen naheliegenden Baukonstruktionen abseits des Angebots der konventionellen Baulobby fruchten können. Im Strohballenbau und im System EcoCocon verbirgt sich ein grosses Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Bauens leisten zu können. Stroh als Baustoff ist ein jährlich wachsender Rohstoff, der in seiner Herstellung nur wenig Energie und Ressourcen verbraucht und lokal verfügbar und preisgünstig ist. Das Naturprodukt verursacht bei seiner Herstellung deutlich weniger CO 2, als es bindet. Mit Stroh hat man keine Entsorgungsprobleme Ende seiner Nutzung kann es wieder in den natürlichen Kreislauf rückgeführt werden. Durch die hohe Wärmedämmung von Stroh und die Speicherung von CO 2 können Bauweisen mit Stroh wesentlich zu einer Reduktion der Treibhausgase im Bauwesen beitragen. Strohbauten sind ein praktischer, natürlicher und nachvollziehbarer Beitrag, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Nebst den ökologischen Aspekten ist das baubiologische Verhalten von Strohbauten zu betonen. Über die gesamte Nutzdauer kann ein gesundes Innenraumklima geschaffen werden. Jeder Architekt und Bauführer trägt die Verantwortung mit, wie sich die Gebaute- Umwelt auf das natürliche Ökosystem auswirkt. Meiner Meinung nach endet die ethische Verantwortung eines Architekten nicht mit der Schlussrechnung! Die folgenden Kapitel dieser Arbeit versuchen, die Leserschaft zu ermuntern, Stroh als Wärmedämmung zu anerkennen, zu propagieren oder sogar selbst einen Strohbau zu realisieren. Das System EcoCocon kann diesen Schritt erleichtern. In einem ersten Teil dieser Arbeit wird über die Geschichte, die allgemeinen Eigenschaften und die gängigsten Wandsysteme des Strohballenbaus berichtet. In einem zweiten Teil wird das nach modernen Kriterien entwickelte System von EcoCocon beschrieben, analysiert und mit einem Holzrahmenbausystem verglichen. Das Schlusskapitel soll der Leserschaft nochmals das allgemeine Potenzial von Strohbauten im Vergleich zu konventionellen Bauten aufzeigen. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und hoffe, dass Sie sich von dieser Arbeit inspirieren lassen. 8 9

2. Vorurteile und Bedenken Als ich mit der Ausführungsplanung für das Projekt in Kilchberg begann, wurde mir bewusst, dass in den Köpfen der Schweizer Bevölkerung noch immer grosse Bedenken gegenüber dem Strohbau herrschen. Auf meine Ausführungen hin reagierten die Bauherrschaft und mein privates Umfeld oft mit Skepsis. Bedenken und unterschwellige Ängste kamen ans Tageslicht, denen es mit guten Argumenten den Nährboden zu entziehen galt. Diese Reaktionen beruhen meist auf Unwissen oder Angst vor etwas Neuem. Die nächsten Abschnitte versuchen nun, die gängigsten Bedenken aus dem Weg zu räumen. Der Favorit unter den Bedenken ist die angenommen erhöhte Brandgefahr. Viele Menschen fürchten sich, in einem Haus mit Wänden aus Stroh zu leben, da sie der Meinung sind, dass eine solche Konstruktion viel brandgefährdeter sei. Es ist unbestritten, dass loses Stroh leicht brennt. Während der Produktion und der Rohbauphase auf der Baustelle muss striktes Rauchverbot eingehalten werden, und die Bauarbeiter sollten vielleicht über die Mittagszeit nicht direkt neben oder im Rohbau grillieren. Besitzen jedoch alle Beteiligten etwas Verstand, sollte dies kein Hindernis sein für einen Strohbau. Eine verputzte Strohwand hat einen ausreichenden Feuerwiderstand. Bevor das Haus durch einen Brandfall einstürzen würde, wäre die Inneneinrichtung für den Bewohner die grössere Gefahr. 5. Abb. Sockeldetail -Schutz mit Rabitzgitter Das Haus wird auch nicht von Kleinnagern aufgefressen. Stroh ist kein Nahrungsmittel für Mäuse, denn sie können es nicht richtig verdauen. Es ist aber ein geeigneter Nistplatz. Betreffende Bauteile müssen vor dem Eindringen von Kleinnagetieren geschützt werden, dies ist im Strohbau wie im konventionellen Bau notwendig. Ein 4 Jahre altes Strohhaus wurde für eine Testreihe wieder rückgebaut. Es wurde jeder Strohballen einzeln untersucht, und es konnte kein Schädlingsbefall festgestellt werden. Dass man neben jedem Strohbauplatz eine Herde grösserer Vierbeiner hat wie Esel, die gerne mal ab und zu einen Biss Stroh nehmen, ist eher unwahrscheinlich. Gewisse Termitenarten können Stroh verdauen, bevorzugen jedoch Holz als Nahrungsmittel. In historischen Strohballenbauten fand man von Termiten zerfressene Holztüren und Fensterrahmen, das Stroh daneben blieb jedoch unberührt. Schimmelpilz ist für viele Bauherren ebenfalls eine grosse Bedrohung. Wenn die baukonstruktive Ausführung richtig gemacht wird und man auf gewisse Faktoren Rücksicht nimmt, ist das Schimmelpilzwachstum keine Bedrohung. Es ist wichtig, dass die Strohballen trocken eingebaut werden. Die Bedingungen für die Produktion und die Lagerung der Strohballen müssen eingehalten werden. 6. Abb. Ballen vor Feuchtigkeit schützen Stauballergiker sollten, wenn sie nichtsdestotrotz am Bau eines Strohhauses beteiligt sind, eine Atemschutzmaske tragen. Der Staub, der während der Bauphase entsteht, kann bei staubempfindlichen Menschen unangenehme Reaktionen auslösen. Sobald die Strohballenwände oder Strohpanels jedoch verputzt sind, ist auch diese Gefährdung kein Problem mehr. 8-12. Abb. In einem Bauprozess kann es immer zu unvorhersehbaren und unglücklichen Momenten kommen. Das Bauen mit Stroh ist jedoch nicht risikoreicher als andere Konstruktionsarten. 7. Abb. Für Stauballergiker ist das tragen einer Staubmaske von Vorteil 10 11

19. Abb. Eine mit Pferdekraft betriebene Strohballenpresse aus der Anfangszeit 20. Abb. Haus Burke 1903 in Nebraska das Das älteste heute noch stehende lasttragende Strohballenhaus. 21. Abb. Burrit Mansion 1938 in Alabama. Der erste Holzständerbau ist heute ein Museum 22. Abb. 1992, New Mexiko. Die erste offizielle Bauerlaubnis für ein bankfinanziertes und von einer Baufirma errichtetes Strohballenhaus in Holzständer-Bauweise. 23. Abb. Haus Feuillette 1921. Ältestes Strohballenhaus in Frankreich 3. Geschichte des Strohballenbaus Es ist zu vermuten, dass der Mensch Stroh seit dem Anbau von Getreide für verschiedene Zwecke bei der Erstellung von Unterkünften nutzte. Stroh ist somit ein altbekannter, bewährter, traditioneller Baustoff. Als Zuschlagstoff im Lehmmörtel oder als Strohdach wird Stroh schon seit Jahrtausenden verwendet. Der Strohballenbau, von dem man in der Schweiz seit einigen Jahren vermehrt zu hören und zu sehen bekommt, ist im Vergleich zum Baustoff Stroh noch relativ jung. Der Geburtsort des Strohballenbaus liegt im mittleren Westen der USA im holzarmen Bundesstaat Nebraska. Die Motivation, das Stroh zu pressen, ergab sich aus einer Notlage heraus. In den riesigen Getreideanbaugebieten von Nebraska gab es so viel Stroh, dass dafür schlichtweg kein Lagerplatz zu finden war und auch die Handhabung dieser riesigen Mengen an losem Stroh war sehr mühselig. Um 1870 kamen die ersten Strohballenpressen zum Einsatz, welche quaderförmige Gebinde produzierten, die man wunderbar stapeln konnte. Anfangs wurden die Ballen noch mit Handpressen gefertigt, später mit Ballenpressen, welche von Pferden und Dampfmaschinen angetrieben wurden. Wohl gedacht als saisonales Provisorium, wurden die Ballen auf dem Feld von den Arbeitern aufeinandergestapelt wie Stroh-Ziegelsteine. Innerhalb weniger Tage wurden mit dieser einfachen Bauweise Unterstände errichtet. Diese einfachen Hütten weigerten sich jedoch, Ende der Saison wieder einzustürzen, und hielten die nächtliche Kälte hervorragend ab. Die zwei wichtigsten Materialeigenschaften des Strohballenbaus, also das sehr gute Wärmedämmvermögen und die stabil-elastische statische Eigenschaft, wurden somit bekannt. Die Grossgrundstückbesitzer erkannten bald, dass in den ärmlichen Häusern ihrer Mitarbeiter im Winter und im Sommer das bessere Innenraumklima herrschte als in ihren Herrenhäusern aus Stein. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Strohballenbauten schriftlich dokumentiert. Ohne Holzkonstruktionen wurden die ersten Strohballenbauten ausgeführt. Das Dach lag direkt auf den Strohballenwänden. Diese Bauweise wird in der Literatur als Nebraska-Technik bezeichnet und ist der Vorreiter der heutigen bekannten lasttragenden Strohballenbau-Bauweise. Die noch heute bewohnbaren ältesten Häuser in den USA entstanden zwischen 1900 und 1914. Etwas später gab es in Europa ebenfalls Strohballenhäuser. Das älteste Strohballenhaus wurde 1921 in Frankreich errichtet ein zweigeschossiger Holzständerbau mit Strohballenausfachung, welcher heute im Besitz der dritten Generation ist. In den Jahren um 1935 wurde der Strohballenbau durch die zunehmende Entwicklung des industriellen Bauens und gegen Ende der Weltwirtschaftskrise unpopulär. Erst durch die Ölkrise in den 70ern entdeckte die alternative Szene der USA den Baustoff Stroh neu. In den Medien der USA und Kanadas wurden zahlreiche Strohballenbauten publiziert. Es entstanden zahlreiche kleine, fantasievolle, organische, witzige Strohballenbauten, die oft gemeinschaftlich erbaut wurden. Der lasttragende Strohballenbau und ebenso die Ausfachung von Holzkonstruktionen mit Strohballen wurden propagiert. Diverse Untersuchungen zu Brandverhalten, Dämmwirkung, Feuchteverhalten und Druckbelastbarkeit wurden schon dazumal in den USA von Universitäten durchgeführt. Der Strohtrend verbreitete sich bald weltweit. Tausende wurden von der Strohbau-Epidemie angesteckt und schlossen sich zu einem welt-weiten Netzwerk zusammen. Wissen und Erfahrungen wurden familiär ausgetauscht. Weltweit existieren heute mehr als 10 000 Strohballenhäuser. Mit dem Aufkommen der Niedrigenergiehäuser und Passivhäuser in den 90ern wurden Strohballenbauten auch in Europa attraktiv. Endlich ist ein ökologisches Energiekonzept mit ökologischen, extrem kostengünstigen Materialien möglich geworden. In den letzten Jahren wurde der Strohballenbau optimiert und professionalisiert. Vom kleinen alternativen Selbstbauer-Strohhaus zum professionellen lasttragenden und nicht lasttragenden Strohballenbau bis hin zu vorfabrizierten und standardisierten Strohmodulen. Wie in andern Fachgebieten hinkt die Schweiz ihren Nachbarländern hinterher. Bis auf einige Architekturbüros wie z.b. Atelier Werner Schmidt und Degen- Hettenbach & Partner welche sich schon seit gut 15 Jahren trauen, Strohballenhäuser zu realisieren, ist in der Schweiz noch einiges an Nachholbedarf vorhanden. 13. Abb. EFH in Disentis von Werner Schmidt 2001. Erster lasttragender Strohballenbau mit Jumboballen in der Schweiz. 14. Abb. EFH in Disentis im Rohbau 16. Abb. MFH in Therwil von Degen hettenbach & Partner 2011. Grösster nicht lasttragender Strohballenbau der Schweiz. 17. Abb. MFH in Therwil im Rohbau 24. Abb. Heute ist das Haus Feuillette ein Museum und für die éffentlichkeit zugänglich. 15. Abb. EFH in Disentis im Rohbau 18. Abb. MFH in Therwil im Rohbau 12 13

25. Abb. Workshop in Wangelin DE 26. Abb. 2011 Projekt-Workshops AT/EU 4. Die Philosophie des Strohballenbaus Das Revival des Strohballenbaus der 70er ist nicht nur den guten Eigenschaften des Strohs zuzuschreiben. Die soziale Interaktion während der Ausführungsphase spielte meist eine wichtige Rolle und ist noch heute weit verbreitet. Das Bauen mit Strohballen eignet sich ideal für den Selbstbau. Wenn die Strohballen auf der Baustelle aufeinandergestapelt werden oder in die Holzständer gefüllt werden, können nicht nur qualifizierte Handwerker mitarbeiten. Das Bauen mit Strohballen wird zu einem Event. Familienmitglieder, Freunde oder sogar die Nachbarn können sich gut am Bauprozess beteiligen, was bei anderen Baustellen weniger der Fall ist. Für alle Beteiligten wird der Hausbau zu einem Erlebnis, das einen verbindet und das man nicht so schnell vergisst. Für die Bauherrschaft entsteht eine starke Identifikation mit den eigenen vier Wänden. Man hat selbst Hand angelegt, geschwitzt und gelacht für das eigene Heim das fertige Haus wird umso mehr geschätzt. Nicht selten werden Workshops auf Strohballenbaustellen durchgeführt, wo nicht nur Bekannte mitmachen, sondern auch Fremde teilnehmen. Die weltweiten Strohballengemeinschaften, die heute noch immer Zuwachs finden, horten ihr Fachwissen nicht für sich. Es liegt im gemeinsamen Interesse, dass das Fachwissen auf der ganzen Welt verbreitet wird, damit noch mehr Strohballenbauten errichtet werden können. Die Bauherren, Handwerker und Planer, welche solche Bauten realisieren, setzen sich für eine lebenswerte Zukunft ein. Denn es ist und bleibt eine Bauart, die unsere Umwelt nur einen Bruchteil so stark belastet wie konventionelle Bauten. Das laufend wachsende Fachwissen wird bis heute gerne geteilt. Wieweit diese Philosophie bei vorgefertigten Strohmodulen wie beim System EcoCocon noch mitgetragen wird, wird uns die Zukunft zeigen. 5. Vom Rohstoff Stroh zum Baustrohballen Um Stroh überhaupt als Baustoff in Betracht zu ziehen, gilt es, seine Verfügbarkeit zu hinterfragen. Stroh ist ein Nebenprodukt der Getreideernte, die in der Landwirtschaft mindestens einmal jährlich anfällt. Die Ertragsmenge ist von kurz- und langfristigen Faktoren abhängig und kann stark variieren. Massgebend für die Ertragsmenge ist die Grösse der Anbaufläche, das unterschiedliche Jahresklima, standortabhängige klimatische Bedingungen und Bodenbeschaffenheiten, die Art des Anbaus und die Züchtung und dessen Zielsetzung. Gemäss den Statistiken des Schweizer Bauernverbandes wurden im Jahr 2014 rund 491 000 Tonnen Stroh produziert, 285 973 Tonnen importiert und 429 Tonnen exportiert 1. Als Einstreu für Ställe, welches später mit dem Mist aus dem Stall als Naturdünger verwendet wird, als Substrat für Bodenauflockerung oder als Futterzusatz wird das Stroh in der Schweiz verwendet. Durch die Zunahme der tiergerechten Haltung wächst der Strohverbrauch in der Schweiz. Das Schweizer Alpingebiet und die Umzonung von Landwirtschaftszone in Bauzone schränkt die Anbaufläche in der Schweiz massiv ein, sodass die Tendenz, Stroh zu importieren, steigt. Bei unseren Nachbarländern Deutschland, Österreich und Frankreich sieht es schon einiges optimistischer aus für den Strohballen-bau. In Deutschland hat ein Drittel des gesamten Strohertrags keinen Verwendungszweck in der Landwirtschaft und Zelluloseweiterverarbeitung. Im besten Fall wird der Restbestand in Biomasse-heizwerken oder Kleinheizanlagen für die Energiegewinnung genutzt und sonst einfach verbrannt ohne Energienutzung. In Deutschland könnten jährlich 700 000 Häuser mit Stroh gedämmt werden. Aus meiner Sicht ist es völlig akzeptabel, wenn in einem so kleinem Land wie der Schweiz der Begriff der regionalen Rohstoffbeschaffung etwas über die Landesgrenze ausgedehnt wird. 5.1 Stroharten und Beschaffenheit Die gedroschenen und getrockneten Halme von Getreide wie zum Beispiel Weizen, Gerste, Hirse, Roggen, Hafer und Dinkel werden als Stroh betitelt. Es gibt aber auch Stroh von Faserpflanzen wie zum Beispiel Reis, Flachs und Hanf, welche ausserhalb von Europa aufgrund ihrer Reissfestigkeit und grossen Verfügbarkeit oft verwendet werden. Holzigere Stroharten sind idealer für dichte Ballen. In Mitteleuropa wird hauptsächlich Weizen-, Dinkel- und Roggenstroh im Baubereich verwendet. Hafer- und Gerstenstroh wird aufgrund seiner geringeren Halmstabilität selten im Strohballenbau eingesetzt. Stroh ist ein nachwachsender Rohstoff, der durch den Vorgang der Fotosynthese 2 entsteht und aus Zellulose, Lignin und Kieselerde besteht. Der hohe Silikatgehalt der Halme und eine mikroskopisch feine, hydrophobische 3 wachsartige Aussenschicht lässt Stroh sehr langsam verrotten. Die rohrförmige Struktur der Halme bewirkt eine hohe Elastizität und Reissfestigkeit. Die in den Holräumen eingeschlossene Luft ist für das gute Wärmedämmvermögen verantwortlich. Bei den verschiedenen Stroharten können kleinere Unterschiede betreffend Wärmeleitfähigkeit, Feuchteaufnahme und Haltbarkeit festgestellt werden. Diese sind jedoch vernachlässigbar. Die natürliche Beschaffenheit der Halme, vor allem die Länge, sollte durch Anbau, Ernte und weitere Verarbeitungen so wenig wie möglich beschädigt oder verändert werden. 27. Abb. 2011 Projekt-Workshops AT/EU 29. Abb. 2016 Weiterbildung Fachkraft Strohballenbau (FASBA) 31. Abb. 2016 Weiterbildung Fachkraft Strohballenbau (FASBA) 28. Abb. 2016 Ausbildung Fachkraft Strohballenbau (FASBA) 1 Siehe 16.1 Anhang 2 Siehe 14. Glossar 3 Siehe 14. Glossar 32. Abb. Querschnitt durch ein Strohhalm 30. Abb. Weiterbildung 2016 Fachkraft Strohballenbau (FASBA) 31. Abb. 2016 Fachkraft Strohballenbau - Architekt Dirk Scharmer 14 15

Gleichmässiger Schwad gutes Resultat Kurbel fest gut gepresst! Enger Kanal Ballen genial! Pick - Up voll - Ballen toll! 5.2 Die Pressung der Strohballen Bei der Strohernte sind nicht nur die herrschenden Witterungsbedingungen zu berücksichtigen, sondern auch der Tageszeitpunkt. Morgentau sollte wie Regen vermieden werden. Durch anhaltende Feuchtigkeit können im Stroh Fäulnis, Schimmel und unerwünschte Mikroorganismen entstehen. Wenn die Getreidekörner hart und trocken sind und die Halme gelb und spröde, werden diese durch den Mähdrescher geerntet. Dazu werden die Halme kurz oberhalb des Feldbodens geschnitten, durch das Mähwerk abgeschnitten und zum Dreschwerk transportiert. Nach dem Durchlauf des Dreschwerks werden die Halme auf einen Hordenschüttler gefördert, welcher die letzten Körner von den Strohhalmen abschüttelt. Das Korn wird im Korntank aufgefangen und das Stroh fällt hinter dem Drescher zu Boden. Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Mähdreschern: Tangential- und Axialmähdrescher. Der Tangentialdrescher eignet sich für Baustrohballen besser, da die Halmstruktur intakter bleibt und sich dies für die Ballenfestigkeit positiv auswirkt. Zur Herstellung der rechteckigen Ballen werden die Strohhügel auf dem Feldboden von der Ballenpresse aufgenommen und in ca. 5 10 cm dicke Lagen gepresst. Diese Lagen werden aneinandergeschichtet, bis die gewünschte Ballenlänge erreicht ist. Gebunden werden die Ballen mit 2 3 Polypropylen-Schnüren, mit Sisalschnüren oder auch mit Draht oder Metallbändern. In der Landwirtschaft wird grundsätzlich zwischen Rundballen und Quaderballen unterschieden, um Transport, Lagerung und weitere Anwendungen zu vereinfachen. Für den Strohballenbau sind die Quaderballen, von denen es Kleinballen und Grossballen gibt, interessant. Zunehmend werden jedoch aus arbeitstechnischen Gründen keine Kleinballen mehr produziert. Diese werden dann oftmals extra für den Strohballenbau auf dem Feld mit einer Kolbenpresse produziert oder zu einem späteren Zeitpunkt umgepresst. 5.3 Durchschnittliche Abmessungen von Strohballen Der Presskanal der Strohballenpresse definiert die Höhe und Breite der Ballen und ist nicht veränderbar und hängt vom Typ der Presse ab. Die Länge der Ballen ist jedoch variabel und kann auch später noch auf das gewünschte Mass abgeschnürt werden. In der Tabelle finden sich die gängigen Masse. Je nach Maschine sind jedoch Abweichungen möglich. Bezeichnung Kleinballen Mittelballen Grossballen Höhe in cm 32 bis 35 50 70 Breite in cm 45 bis 50 80 120 Länge in cm 50 bis 120 70 bis 240 100 bis 300 Pressdichte kg/m3 80 bis 120 180 bis 200 80 bis 200 5.4 Qualitätssicherung der Strohballen Es ist ein Irrtum, dass man mit jedem Strohballen ein Haus bauen kann. Die Ballen müssen mit definier-ten Qualitäten eingekauft oder am besten explizit für den Bauzweck hin gepresst werden. Der Architekt hat dem Landwirt genaue Kriterien bekanntzugeben. Es empfiehlt sich, die Strohballen nach Gewicht zu kaufen und nicht nach Stückzahl. Die Chance für gut gepresste Ballen wird dadurch erhöht. Folgende Eigenschaften sollten Baustrohballen aufweisen: Intakte, lange Halmstruktur Es sind Tangentialmähdrescher für die Ernte zu bevorzugen. Goldgelbe Farbe und kein moderiger Geruch Der Ballen ist ungeeignet, wenn er sich feucht anfühlt. Bindung unter Spannung aus Kunststoff oder Draht Naturgarne sind ökologisch einwandfrei, hielten den Lastversuchen aber nicht stand und zeigten sich als ungeeignet. Halmausrichtung überwiegend quer zur Bindung Feste Struktur und geringe Rundungen an Kanten Spart massiv viel Nacharbeit beim Einbau ein. Das Entfernen von überstehen den Halmen und das Nachverdichten ist weniger arbeitsintensiv. Wenn der Ballen flach auf dem Boden liegt, sollte man mit dem ganzen Körper gewicht auf dem Ballen stehen können, ohne dass dieser einsinkt. Beikrautanteil kleiner als 0,5 M.-% Das Stroh sollte möglichst keinen Beikrautanteil haben. Die Beikräuter sind meist feuchter und weniger fest und sind somit verrottungs- und schädlingsanfälliger. Restkornanteil kleiner als 0,4 M.-% Moderne Mähdrescher können beinahe alle Ähren ernten, was für den Baus trohballen einen grossen Vorteil ist. Für Nagetiere und Bakterien sind die trocke nen Halme wenig attraktiv, umso mehr die Kornreste. 35. Abb. 34. Abb. 33. Abb. 16 17

36. Abb. Feuchtegehalt zwischen 5 und 15 M.-% Die Feuchte ist ein entscheidendes Kriterium für die Haltbarkeit der Strohbal len. Die Ballen müssen im Trockenen produziert, gelagert und verarbeitet werden. Ein Sensor eines Hygrometers wird in die Ballenmitte geführt. Die relative Luftfeuchtigkeit im Ballen sollte 75% nicht übersteigen. Bei der Ernte ist es wichtig, dass die Halme nicht zu nah am Boden abgeschnitten werden So wird sicher vermieden, dass der unterste Teil des Halms, der teilweise noch grün ist, in den Ballen kommt. Falls der Feuchtegehalt noch zu hoch ist, kön nen die Ballen auch an einem trockenen Ort weiter austrocknen. Werden die Ballen zum Schutz vor Regen mit Folie abgedeckt, ist auf die Kondenswasser bildung zu achten. Auf dem Bauplatz sollten die Ballen nicht direkt auf das Erdeich gelegt werden. Dichte min. 90 kg/m3 für Strohballenausfachungen Dichte min. 110 kg/m3 für lasttragende Konstruktionen Die Art der Pressung hängt stark von der Ballenpresse ab, somit ist es nicht verwunderlich, dass es verschiedene Strohballenqualitäten gibt. 5.5 Der zertifizierte Strohballen Werden die erwähnten Eigenschaften beachtet, so leisten die herkömmlichen Strohballen hervorragende Dienste. Dennoch stellt seit 2006 der Fachverband Strohballenbau Deutschland e.v. (FASBA) in Kooperationen den zertifizierten Wärmedämmstoff «Baustroh» zur Verfügung. Das Deutsche Institut für Bautechnik hat den Baustoff geprüft und die bauaufsichtliche Zulassung genehmigt. Um den Strohballenbau weiter zu professionalisieren und diese Bauart weiterhin moderat zu verbreiten, führt der Weg nicht an der Zertifizierung in der EU vorbei. Die EU-Bauordnungen wurden vereinheitlicht. Es dürfen in vorgefertigten Bauelementen nur noch zertifizierte Baustoffe eingesetzt werden, sodass die Haftungsfrage geklärt ist. Es ist umstritten, wie sinnvoll die mühevolle und kostenintensive Zertifizierung eines Strohballens zum Wärmedämmstoff Baustroh ist. Es gibt jedoch einige Argumente, welche dafür sprechen. Die Standardisierung, die Qualität und die Verfügbarkeit verbessern sich. Die Aufnahme in Kalkulationsprogramme und Förderbeiträge werden angestrebt, und baubehördliche Hürden können besser beseitigt werden. Ebenso kann das Sicherheitsbedürfnis von bestimmten Bauherrschaften in Bezug auf Bauschäden und Mängel besser garantiert werden. Es gibt in Deutschland die Möglichkeit, zertifizierte Ballen zu kaufen oder direkt die eigenen Ballen auf dem Bauplatz zertifizieren zu lassen. 5.6. Primärenergiegehalt von Strohballen Unter dem Begriff Primärenergiegehalt (PEI) versteht sich die Energie, die es braucht, um einen Baustoff zu produzieren. Je nach Baustoff ist der Energieeinsatz für dessen Herstellung unterschiedlich hoch. Alle Vor- und Herstellungsprozesse bis zum auslieferfertigen Produkt werden im Primärenergiegehalt berücksichtigt. Es wird jedoch nur die Energie aus nicht erneuerbaren Energiequellen berücksichtigt. Der Transport der Baustoffe bis zur Baustelle und der Einbau bleibt ebenfalls unberücksichtigt. Der PEI beschreibt also die Menge an nicht erneuerbarer Energie, die benötigt wird, um einen Baustoff herzustellen. Je intensiver die Verarbeitung eines Baustoffes ist, umso mehr Energie wird benötigt. Naturnahe Baustoffe wie Lehm, Holz und eben Stroh brauchen deutlich weniger Herstellungsenergie als industriell verarbeitete Baustoffe wie Kunststoff, Metalle oder Zement. Die Annahme, dass Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen allgemein weniger Primärenergie benötigen als solche aus fossilen oder mineralischen Stoffen ist aber nicht immer zutreffend. Die Primärenergie des Getreideanbaus wird in die Berechnung nicht mit einbezogen, da man davon ausgeht, dass das Stroh ein Nebenprodukt der Getreideerzeugung ist. In die Rechnung mit einbezogen wird das Pressen der Ballen, der Primärgehalt des Ballengarns sowie Lade- und Transportvorgänge, ebenso die Art der Maschinen und ein Anteil der Energie, die es für diesen Herstellungsaufwand braucht. Betrachtet man die Rechenwerte im Vergleich zu anderen Baustoffen, wird deutlich, dass Stroh einen sehr geringen Primärenergiegehalt aufweist, Mineral- und Glaswollen brauchen etwa das 100-Fache der Energie einer Strohdämmung. Rechenwert für den PEI von Strohballen: Kleinballen: 63 kwh/t Quaderballen: 50 kwh/t (höhere Effizienz der moderneren Maschinen) 38. Abb. Vergleich des PEI der nötig ist, um verschiedene Dämmstoffe für einen Quadratmeter Wanfläche in Passivhausqualität herzustellen. PEI von Dämmstoffen einem U-wert von 0.11 (W/m 2 K) 37. Abb. 39. Abb. Anteile der Prozesselemente am PEI bei Quaderballen. 1. WDVS KS EPS 2. WDVS KS LDF 3. WDVS KS Stroh 4. WDVS KLH Stroh 5. Leicht Zellulose 6. Leicht Steinw. 7. Leicht Stroh OSB 8. Leicht Stroh Lehm 9. Lasttr. Stroh Lehm Holzweichfaserplatte EPS-Dämmung Hanfplatte Steinwoll-Klemmfilz Zellulosefasern HD-Ballen 40. Abb. PEI unterschiedlichen Wandkönstruktionen bei einem U-wert von 0.11 (W/m 2 K) 18 19

5.7 CO 2 -Gehalt von Strohballen und Strohballenwänden Der Baustoff Stroh ist CO 2 -neutral und somit eine gute Option für das nachhaltige Bauen. Wie jede Pflanze nimmt Stroh während des Wachstums mithilfe der Fotosynthese CO 2 aus der Luft auf. In der Struktur der Pflanze wird Kohlenstoff eingelagert, der Sauerstoff wird wiederum der Luft abgegeben. Lässt man die Pflanze verrotten, oxidiert der eingelagerte Kohlenstoff mit dem Sauerstoff aus der Luft. Die gleiche Menge an CO 2, wie die Pflanze in ihrem Wachstum aufgenommen hat, entsteht wieder. Ein Strohhaus wird also zum Kohlenstoffspeicher. Wenn Stroh als Dämmmaterial eingesetzt wird, dann wird der eingelagerte Kohlenstoff nicht durch den Prozess der Verbrennung oder der Verrottung an die Atmosphäre entlassen. Es liegen Zahlen vor, dass Stroh einen Kohlenstoffgehalt von 42% hat. Während der Nutzdauer eines Strohhauses kann die Atmosphäre um 1,5 kg CO 2 pro Kilo Stroh entlastet werden. Korrekterweise muss diese Gutschrift am Ende der Nutzungsdauer des Strohhauses wieder abgezogen werden. Nach dem Abbruch eines Strohhauses wird das Stroh verbrannt oder verrottet und ist somit wie ein fossiler Brennstoff, der Kohlenstoff abgibt, zu bewerten. 6. Bauphysikalische Aspekte Welchen Anforderungen muss eine Gebäudehülle gewachsen sein? Wenn man ein Strohballenhaus planen möchte, ist es Wichtig, die bauphysikalischen Eckdaten zu kennen. Die Bauphysik befasst sich mit dem gebauten Lebensraum oder, anders ausgedrückt, mit unserer dritten Haut, dem Gebäude. Jeder Mensch besitzt das Grundbedürfnis, einen sicheren Schlafplatz in einer gewohnten Umgebung zu haben. Der Ort soll uns Schutz und Sicherheit geben. Die Bauphysik befasst sich mit den Faktoren, welche ein Gebäude komfortabel und behaglich machen mit Wärmeschutz, Feuchteschutz, Winddichtigkeit, Schallschutz, Hitzeschutz und Brandschutz. Die folgenden Unterkapitel nehmen kurz Stellung zu den bauphysikalischen Werten bei Strohkonstruktionen. Einfamilienhaus 200m 2 Aussenwand (1.5Kg Co 2 /kg Stroh) 42. Abb. 6.1 Wärmeschutz Es gibt drei Arten, wie Wärme transportiert wird. Die Wärmeleitung (Transmission) beim Wärmedurchlass durch Materialien, die Wärmeströmung (Konvektion) und die Wärmestrahlung (Radiation) beim Wärme-übergang an den Grenzflächen. Das bedeutet, der Wärmetransport durch einen Strohballen setzt sich aus Transmissions-, Konvektions- und Strahlungsanteil zusammen. Die Wärmeleitung erfolgt überwiegend durch den Mantel des Halmes. Der Wärmetransport durch Strahlung und Konvektion erfolgt durch die Luft zwischen und innerhalb der Halme. Wird die Ballendichte verändert, ändert sich sowohl der Anteil der Übertragungsarten am Wärmetransport als auch deren Summe. Für den Wärmeschutz sind in der Bauphysik zwei Kennwerte besonders relevant: Wärmeleitfähigkeit: λ-wert - Wärmedurchgang: U-Wert. Wärmeleitung 1. Konvektion 2. Transmission 3. Strahlung Wachrechte Halmorientierung 41. Abb. 6.1.1 Wärmeleitfähigkeit Unter der Wärmeleitfähigkeit versteht sich der Transport von Wärme durch einen Baustoff. In der Regel gilt, je dichter der Stoff, umso besser leitet er Wärme, je leichter der Stoff, umso geringer ist die Wärme-leitung und umso besser die Wärmedämmung. Die Wärmeleitfähigkeit wird mit der Wärmeleitzahl Lambda (λ) bezeichnet. Die Wärmeleitfähigkeit λ (W/(m K)) eines Stoffes bezeichnet die Wärme (J), die pro Sekunde durch 1 m2 Wandfläche eines 1 m dicken Materials bei einem Temperaturunterschied von einem Grad Kelvin übertragen wird. Je kleiner λ, umso besser ist die Wärmedämmung eines Baustoffes. Die Wärmeleitfähigkeit von Strohballen ist abhängig von der Ausrichtung der Strohhalme, des Feuchtegehalts und der Dichte des Strohs. Dies erklärt die unterschiedlichen Angaben in der Literatur. Mit steigender Ballendichte nimmt die Wärmeleitfähigkeit zunächst ab, stagniert und steigt schliesslich. Gemäss den Strohbaurichtlinien des FASBA gelten folgende Rechenwerte für die Wärmeleitfähigkeit von Stroh: In Halmrichtung λ = 0,080 W/(m K) / Senkrecht zur Halmrichtung λ = 0,052 W/(m K) Die Wärmeleitfähigkeit ist höher, wenn der Wärmestrom parallel zu den Strohhalmen verläuft. Verläuft der Wärmestrom senkrecht zu den Halmen, ist die Wärmeleitfähigkeit geringer und somit die Wärmedämmung optimaler. Senkrechte Halmorientierung 43. Abb. 20 21

6.1.2 Wärmedurchgangskoeffizient Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) bezeichnet den Wärmestrom in Watt bei einem Temperaturunterschied von einem Grad Kelvin durch 1 m2 Bauteilfläche. Für die meisten bauphysikalischen Problemstellungen genügt es, einen stationären Zustand zu analysieren, obwohl das Aussen- und Innenklima stetig schwankt. Für die Berechnung des Wärmetransports durch eine Wand- oder Dachkonstruktion geht man von gleichbleibenden Aussen- und Innentemperaturen aus. Der U-Wert ist konstruktionsabhängig. Strohballen, hochkant stehend, HolzRahmenkonstruktion Wärmeschutz U = 0,151 W/m²K MuKEn14 Umbau*: U<0,25 W/m²K sehr gut mangelhaft sehr gut Feuchteschutz Tauwasser: 1,19 kg/m² Feuchtegehalt Holz: +0,1% Trocknet 78 Tage Hitzeschutz mangelhaft mangelhaft Außenwand, U=0,151 W/m²K erstellt am 10.5.2016 Temperaturamplitudendämpfung: >100 Phasenverschiebung: nicht relevant Wärmekapazität innen: 96 kj/m²k sehr gut 6.2 Feuchteschutz Der wohl wichtigste Schutz bei Stroh ist der Feuchteschutz. Grundsätzlich müssen Bauteile vor Feuchtigkeitseinwirkungen geschützt werden, da sonst Schäden an der Bausubstanz entstehen können. Zu hohe Feuchtigkeit kann durch Kondensation im Innern, aufsteigende Feuchte aus dem Erdreich oder durch Schlagregen auf der Aussenseite entstehen. 6.2.1 Aufsteigende Feuchtigkeit Es ist empfehlenswert, Strohbauten vom Terrain loszulösen und auf einen Sockel, einen Hohlkörper unter dem Hochbau, zu stellen. Das kann ein Streifenfundament sein oder direkt ein Kellergeschoss. Eine horizontale Sperre, in der Regel aus Bitumen oder Kunststoff-Abdichtungsfolien, verhindert den Feuchtetransport vom Baugrund in die aufgehenden Wände. Spritzwasserbereich ohne Ballen 8 360 30 44. Abb. Berechnung - www.u-wert.net 60 960 1 Claytec Lehmoberputz grob mit Stroh (30 mm) 2 Stroh (360 mm) 3 2 1 3 Pavaplan (8 mm) 6.1.3 Wärmespeicherung Die Wärmedämmung ist bei leichten Baustoffen besser, dafür ist die Wärmespeicherung Dämmwirkung umso schlechter. einzelner Jeder Schichten Baustoff und Vergleich hat eine mit Richtwerten spezifische Wärmespeicherfähigkeit c. Die Wärmekapazität Für die folgende Abbildung von wurden Getreidestroh die Wärmedurchgangswiderstände beträgt c (d.h. = die 2,0 Dämmwirkung) kj/(kg der K). einzelnen Im Vergleich Schichten in zu einer Millimeter Dämmstoff umgerechnet. Die Skala bezieht sich auf einen Dämmstoff der Wärmeleitfähigkeit 0,040 W/mK. massiven Baukonstruktion hat eine Leichtbaukonstruktion ausgedämmt mit Stroh eine Äquivalente erheblich geringere Wärmespeicherfähigkeit. Umso entscheidender ist die Dämmstoffdicke Oberflächengestaltung im Innern eines Strohhauses. Sei es im Winter die Wärme, die man Stroh, Fichte (WLS 040) speichern 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 mm möchte, oder im Sommer die Nachtkühle, es ist von Vorteil, Lehmputze, Lehmsteine oder Bodenbeläge zu verwenden, die eine gute Wärmespeicherung haben. DIN 4108 WärmeschutzVO 95 6.1.4 Wärmebrücken MuKEn14 Umbau U=0,25 U=0,2 MuKEn14 Neubau 3-Liter-Haus U=0,15 außen innen Passivhaus U=0,1 Im Strohbau ist es sehr wichtig, dass keine Bereiche entstehen, wo die Wärme schneller nach aussen transportiert wird als durch die angrenzenden Wandflächen. Wärmebrücken führen zu Tauwasserbildung. Fällt das Tauwasser in der Wärmedämmung also im Raumluft: 20,0 C / 50% Dicke: 39,8 cm Stroh Außenluft: an, kann dies -5,0 C zu / 80% Schimmelpilzbildung sd-wert: 2,4 m und Verrottung Gewicht: führen. 105 Die kg/m² Details, wie zum Oberflächentemp.: 18,8 C Wärmekapazität: 154 kj/m²k Beispiel bei Fenstern, Türen, Anschlusspunkten von Holz-konstruktionen etc., müssen bereits in der Planung durchdacht sein. *Vergleich mit dem Grenzwert gemäß MuKEn14 Art. 1.7 Abs. 2 für Umbauten oder Umnutzungen für opake Bauteile gegen Aussenklima oder weniger als 2 m im Erdreich. Seite 1 -Option (ab 2,99 /Monat zzgl. MwSt). 6.2.2 Spritzwasserschutz Ein Spritzwasserschutz sollte bei jeder Wandkonstruktion ausgeführt werden, mindestens 30 cm hoch über dem waagrechten Niveau (der Erde, Flachdach etc.) reicht. Es ist von Vorteil, wenn die Stroh-konstruktion erst ab dieser Höhe beginnt. Der Spritzwasserschutz kann jedoch auch durch einen wasserfesten Putz oder eine Platte oder ein Blech realisiert werden. Ein Kies- oder Schotterkoffer um das Gebäude kann die Spritzwassergefahr minimieren. Harte, glatte Flächen wie zum Beispiel Plattenbeläge sollten nicht direkt an das Gebäude anschliessen. 6.2.3 Witterungsschutz Wie jede Aussenwandkonstruktion müssen Strohaussenwände von Regen, Hagel und Wind geschützt werden, um eine lange Nutzdauer ohne Schäden zu garantieren. Dies kann am besten durch eine Verschalung erreicht werden. Wenn Fassadenputze rissfest ausgeführt werden und ein dampf diffusions-offener Verputz gewählt wird, kann dies auch eine Möglichkeit sein. Spritzwasserbereich mit geschützten Ballen Spritzwasserwirkung verringer durch Kieskoffer 45. Abb. Wärmebrücken bei Bauteilen 51. Abb. Feuchte-Einflüsse Spritzwasserwirkung hoh bei Platten 46. -50.Abb. 22 23

6.2.4 Tauwasserschutz infolge Wasserdampfdiffusion Sind die Aussentemperaturen tiefer als im beheizten Innenraum, entsteht ein Dampfdruckgefälle zwischen aussen und innen. Der Wasserdampf in der Innenraumluft sucht sich einen Weg durch das trennende Bauteil. Es besteht die Gefahr, dass Kondenswasser im Bauteilinnern entsteht. Jeder Baustoff weist einen gewissen Dampfdiffusionswiderstand auf. Die Dampfdiffusionszahl (µ-wert) drückt aus, wie stark der Baustoff die Diffusion von Wasserdampf verhindert. Der µ-wert von Stroh liegt bei 2,0. In unserem Klima gilt die Faustregel, dass der Diffusionswiderstand der einzelnen Wandschichten nach aussen abnehmen soll. Allfällige Feuchte im Stroh soll nach innen und nach aussen diffundieren können. Hygroskopische Materialien wie Stroh haben durch ihre natürliche Beschaffenheit Lufteinschlüsse und eine gewisse kapillare Feuchtigkeit. Daher besitzt auch das trockene Stroh immer noch eine gewisse Restfeuchte die Gleichgewichtsfeuchte. Die Gleichgewichtsfeuchte ist der Wassergehalt, der sich in einem Baustoff nach längerer Lagerung in einem Raum mit konstanter relativer Luftfeuchtigkeit ergibt. Nimmt der Baustoff Feuchtigkeit aus der Luft auf, nimmt seine Gleichgewichtsfeuchte entsprechend zu und umgekehrt. Dieser Vorgang wird als Sorption und Absorption genannt. Die Sorption ist die Fähigkeit eines Stoffes, eindiffundierte Wassermoleküle an den Porenwänden des Stoffes anzulagern. Für die Abgabe von Feuchtigkeit wird der Begriff Desorption verwendet. Der Feuchtegehalt von Strohballen ist aufgrund ihrer Inhomogenität nur schwer zu ermitteln. Durch Vergleiche des Gewichts vor und nach der Trocknungsphase ist eine genaue Ermittlung möglich. Um ein gesundes Innenraumklima zu garantieren, sollten baubiologische Konstruktionen möglichst dampfdiffusionsoffen sein. Der Strohbau bietet sich sehr gut an für dampfdiffusionsoffene Konstruktionen und sollte möglichst in dieser Form ausgeführt werden. Konstruktionen mit Stroh sollten Feuchtigkeit, Wasserdampf aus der Raumluft, zunächst aufnehmen und nach und nach wieder abgeben können. Lehmputze im Innern sind eine sehr gute Variante, um diesen Effekt zu unterstützen, und haben den netten Nebeneffekt, schlechte Gerüche ebenfalls zu regulieren. Für eine gesunde Innenraumluft und das Vermeiden von zu viel Luftfeuchtigkeit im Innern hilft regelmässiges manuelles Lüften oder der Einbau einer Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung. Räume mit hoher Luftfeuchtigkeit wie z.b. Badezimmer sollten nach Möglichkeit nicht an Strohwände angrenzen. Ist dies nicht der Fall, sollte der Raum mit einem feuchtigkeitsregulierenden Lüftungsgerät ausgestattet werden. Die Wandverkleidung sollte im Bereich der Wasserstelle wasserdicht ausgeführt werden. Sorptionsisothermen bei 23 O C 6.3 Wind- und Luftdichtigkeit Nicht nur Passivhäuser, sondern möglichst jede Aussenhülle sollte luftdicht sein. Ist dies nicht der Fall, verringert sich die Wärmedämmung. Eine luftdichte Aussenhülle trägt ebenso zur Behaglichkeit eines Wohnraums bei. Die Luftdichtheit ist durch den Lehminnenputz gegeben, sofern er rissfrei aufgetragen wird; besonders die Übergänge zu den Holzbauteilen (Fenster, Türen, Holzwerk) müssen sehr sorgfältig ausgeführt werden. Bei hinterlüfteten Fassaden kann auch ein dampfdiffusionsoffenes Windpapier angebracht werden. 6.4 Brandschutz Loses Stroh ist leicht entflammbar. Dieses Brandrisiko sollte man bei der Erstellung nicht unterschätzen; loses Stroh auf dem Bauplatz sollte immer zusammengenommen werden. Lange herauskragende Halme sollten zurückgeschnitten werden. Die Strohballen sind hingegen sehr stark komprimiert und besitzen deswegen einen geringeren Sauerstoffgehalt, was ein schlechteres Brandverhalten erklärt. In der Schweiz gibt es für die Gebäudehülle bei einem EFH keine Brandschutzvorschriften. Möchte man ein Mehrfamilienhaus oder einen öffentlichen Bau realisieren, kommt man allerdings nicht an den Brand-schutzvorschriften vorbei. Die FASBA hat im Jahr 2008 in Deutschland mehrere professionelle Brandtests durchgeführt. Die Tests haben ergeben, dass eine Holzständerkonstruktion mit Strohdämmballen, beidseitig mit 1 cm Lehmputz, einen Feuerwiderstand von 30 Minuten (F30) nachweisen kann. Von der Brennbarkeit her fällt Baustroh unter die Kategorie «normal brennbar», was in der Schweiz dem Brennbarkeitsgrad 4 entspricht. Eine lasttragende Strohballenkonstruktion unter Gebrauchslast, beidseitig mit 3 5 cm Lehmputz verputzt, konnte ebenfalls F30 erreichen. Im Jahr 2014 konnte an einem belasteten Holzskelett mit Strohballenausfüllung und beidseitiger Beschichtung von 8 mm Leicht-Kalkputz ein 90-minütiger Brandschutztest erfolgreich durchgeführt werden (F90). Die hohe Brandwiderstandsdauer beruht einerseits auf dem Putz und andererseits auf der Dichte der Strohballen. Der Putz bildet einen Sauerstoffabschluss, was die Ausbreitung des Feuers hemmt. Ist die Putzschicht gerissen oder bekommt der Putz während der Beflammung Risse, bildet sich dahinter auf der Strohoberfläche eine Schicht verkohlter Halme. Diese Schicht ist bis zu einem bestimmten Zeitraum wiederum eine Feuerbarriere Sauerstoff kann nicht weiter in die Konstruktion eindringen. Die Strohdämmung muss eine Dichte von min. 90 kg/m3 haben. Liegt die Dichte darunter, ist die Dämmung zu wenig kompakt und enthält zu viel Sauerstoff, der das Feuer verhängnisvoll unterstützen kann. 53. Abb. Aussenbekleidung System EcoCocon - Windpapier auf der Strohebene. 54. Abb. Branduntersuchung 55. Abb. Branduntersuchung 52. Abb. Sorptionsisothermen der untersuchten Pflanzen 6.5 Schallschutz In der Schweiz gelten die Richtlinien der SIA-Norm 181 Schallschutz im Hochbau. Für den Schallschutz ist das Luftschalldämmmass R W massgebend: Rw (db) = direkter Schallübertrag durch ein Bauteil, R W (db) = indirekter Schallübertrag (mit Flanken übertrag). Der Unterschied von R W zu Rw kann bis zu 12 db betragen. Die Strohballen haben eine gute Federwirkung und entsprechende Werte bei Schallmessungen. Ausserdem wird im Strohballen Schall absorbiert. Im Vergleich zu einschaligen Bauteilen haben beidseitig verputzte Strohballenwände eine höhere Schalldämmwirkung. Die FASBA-Strohballenbau-Richtlinien halten folgende Werte fest: Beispielwand: Holzständer 6 cm/30 cm mit beidseitiger 2-cm-Holzfaserdämmplatte als Putzträger, ausgedämmt mit 36 cm Stroh, mit 1 cm Putz innen und 2 cm Putz aussen. Für diese Beispielwand wurde ein Schalldämmmass Rw,R = 44 db gemessen und rechnerisch ermittelt. In sehr lärmintensiven Gegenden (direkt neben Flugplätzen, Autobahnen etc.) ist der Strohballenbau nur bedingt geeignet, zusätzlichen Schallschutzmassnahmen sind erforderlich. 56. Abb. Schallfaktoren 24 25

57. Abb.Elastizitätsmodul, Spannung, Stauchung 7. Statische Aspekte Über die statische Verhaltensweise von Strohballen gibt es nur wenige Unterlagen, das Interesse am Baustoff Stroh war in Europa lange Zeit nicht vorhanden. Zu den gängigen statischen Aspekten wie Schlankheit, Stauchung etc. gibt es jedoch einige Erfahrungsrichtwerte. Die folgenden Unterkapitel nehmen nur kurz Stellung, da der Fokus der Arbeit auf der nicht lasttragenden Bauweise liegt, wobei statische Eigenschaften von Stroh eine untergeordnete Relevanz haben. 7.1 Schlankheit Das Verhältnis zwischen Wandhöhe und Wanddicke wird als Schlankheit definiert. Dies ist ein Mass für die Stabilität der Wand gegen Ausbeulen. Die Wand wird mit zunehmender Schlankheit instabiler. Gerade für den lasttragenden Strohballenbau ist dies von grosser Bedeutung. In der Fachliteratur wird ein maximales Verhältnis von Wandhöhe zu Wandbreite von 6:1 empfohlen. Das bedeutet, eine Wandhöhe ergibt sich bei flach liegenden Ballen folgendermassen: Höhe der Ballen 6 = Wandhöhe abzüglich der Stauchung der (Vor-)Komprimierung. 7.2 Stauchung Wird ein Bauteil mit einer Kraft belastet, tritt eine Stauchung ein. Die Widerstandsfähigkeit eines Bauteils gegen Verformung wird mit dem Mass des Elastizitätsmoduls definiert. Der E-Modul stellt das Verhältnis der durch eine Belastung entstehenden Spannung zur resultierenden Verformung dar. Ein hoher E-Modul eines Baustoffes ergibt eine umso steifere Wand. Die Ballendichte und die Halmausrichtung eines Strohballens ist für den E-Modul entscheidend. Je dichter der Ballen ist und die Halmausrichtung hochkant liegend, umso höher der E-Modul. Bei flach liegenden Ballen liegen die Halme übereinander, die bei Belastung zusammengedrückt werden. Bei hochkant liegenden Ballen liegen die Halme nebeneinander, sind dadurch stabiler, neigen aber zum Ausknicken. Aus diesem Grund sind Konstruktionen empfehlenswert, bei denen die Wandelemente seitlich einspannt werden. Im Vergleich zu einem einzelnen Ballen ist der E-Modul einer Strohballenwand deutlich höher, und Quaderballen haben einen höheren E-Modul als Kleinballen. Wird eine Strohballen-wand verputzt, erhöht sich der E-Modul deutlich, die Wand wird steifer und somit verbessert sich ihre Tragwirkung. Wird eine Wand aus hochkant liegenden Kleinballen unverputzt mit 40 kn/m2 belastet, tritt eine Stauchung von 9% ein im verputzten Zustand nur noch 0,5%. 7.4 Spannungsabbau Die Strohballen einer lasttragenden Wand werden beim Auflegen des Daches gestaucht. Wenn im Winter Schnee auf das Dach fällt, würde sich eine weitere Stauchung erneut ergeben. Um dies zu verhindern, werden bei lasttragenden Konstruktionen die Strohballen mit erhöhten Lasten vorgespannt. Wird nach dem Aufbringen einer Last auf einen Strohballen die Stauchung konstant gehalten, stellt sich im Strohballen ein Spannungsabbau ein, der auch Relaxation genannt wird. Aufgrund der Relaxation muss die Vorspannung höher sein als die maximale auftretende Last. Je nach Ballenart und Laststärke muss mit einem Spannungsabbau von 25 Tagen bis 6 Wochen gerechnet werden. 7.5 Horizontallast Horizontallasten treten infolge von Windbelastungen auf. Die Wände eines Mauerwerkbaus sind im Vergleich zu Holzleichtbauten ausreichend widerstandsfähig gegen Horizontallasten. Im Holzleichtbau müssen die Horizontallasten durch Aussteifungen (Diagonalstreben, Plattenmaterial etc.) in die Fundamente abgeleitet werden. Verputzte Strohballenwände können die Horizontallasten besser aufnehmen. Jedoch wird die statische Eigenschaft des Putzes in Europa bei Berechnungen nicht berücksichtigt und erlaubt. Somit sind im Strohballenbau zusätzliche Aussteifungen notwendig. 59. Abb. Spannungsabbau bei Wänden ais flachliegenden, unverputzten kleinballen mit einer Dichte von 95 kg/m 3 bei einer Startspannung von 40kN/m 2 60. Abb. Spannungs-Stauchungs-Diagramm von eingespannten Wandelementen aus flach und hochkant liegenden Kleinballen. Die Einzelballen wurden im Test ebenso seitlich eingespannt. 58. Abb. Elastomechanisches Verhalten flach und hochkant liegender Ballen 7.3 Kriechen Ein Baustoff reagiert auf eine Belastung zuerst mit einer Stauchung. Wird die Spannung nach der ersten Belastung weiter konstant gehalten, treten weitere Verformungen auf, man nennt dies «kriechen». Das bedeutet, dass die Gesamtstauchung einer Strohballenwand sich aus der Anfangsstauchung, wenn die Last das erste Mal aufgebracht wird, und der Kriechverformung zusammensetzt. Erfahrungen berichten, dass bei Kleinballen, die flach liegen, der Kriechprozess nach ca. 15 Wochen abgeschlossen ist bei hochkant liegenden Ballen ca. nach 44 Wochen. Bei Grossballen ist der Kriechprozess durch die erhöhte Dichte schneller abgeschlossen. 61. Abb. Spannungs-Stauchungs-Diagramm von eines Wandelements, das mit Lehmverputz ist. aus flach und hochkant liegenden Kleinballen. 62. Abb. Kriechverhalten von falch liegenden und hochkantliegnden Kleinballen bei einer Spannung von 40 bzw. 20 kn/m 2 26 27

8. Strohballensysteme für Wandkonstruktionen Die preisgünstigen Strohballen können in verschiedenen Konstruktionen eingesetzt werden, für Aussen- und Innenwände, Böden, Decken und Dächer. Es ist möglich, alle Bauteile mit Strohballen zu dämmen, dies ist jedoch nicht immer erstrebenswert und je nach Situation auch nicht sinnvoll. Der Fokus dieser Abschlussarbeit liegt auf der Aussenwand. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, auch auf Decken- und Dachelemente, die mit Strohballen ausgedämmt werden, die genauen Anschlussdetails und die genauen Faktoren des Verputzvorganges einzugehen. Zahlreiche Strohballenbauer und Interessierte auf der ganzen Welt haben voller Enthusiasmus grundlegende Techniken für die Aussenwand mit Strohballen entwickelt, die stetig weiter optimiert werden. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Systeme für die Strohballenaussenwand: das lasttragende System, das Hybridsystem und die nicht lasttragende Systeme. Jede dieser Konstruktionsarten kann wiederum in unterschiedlichen Ausbildungen ausgeführt werden. Die folgenden Unterkapitel erläutern die verschiedenen Konstruktionsarten und deren Ausbildungen. 8.1 Lasttragende Systeme Bei der lasttragenden Aussenwand werden die Lasten des Daches und die Lasten der Geschossdecken ohne zusätzliche Stützen in die Fundamente geleitet. Somit übernehmen die Strohballen statische, raumdefinierende und wärmedämmende Funktionen. Als Wandverkleidung bietet sich innen wie aussen ein mehrlagiger Putz an. Das Anbringen einer Verschalung erfordert eine Unterkonstruktion, was bei last-tragenden Wänden einen zusätzlichen Aufwand erfordert, da diese Unterkonstruktion nicht vorhanden ist. 64. Abb. Lasttragend ohne Vorspannung 65. Abb. 8.1.1 Lasttragende Systeme ohne Vorspannung Die Strohballen werden wie Mauersteine im Verbund aufeinander verlegt und mit sogenannten Ballen-nägeln verbunden. Die Ballennägel sind Holz-, Stahl- oder Bambusstangen, die durch 2 3 Ballenlagen vertikal hindurchgeschlagen werden. Unterhalb des Deckenrandes wird zuerst ein massiver Ringbalken angebracht, um die Dachlasten gleichmässig auf die Strohballen zu leiten. Für Fenster werden Holzboxen in die Wand eingelegt. Die Setzung der Strohballen durch das Eigengewicht und das Auflasten des Daches dauert ca. zwei Monate. Erst dann kann die Wand verputzt werden. Für die Statik ist sowohl die Qualität der Ballen von Bedeutung (Pressdichte, Kompaktheit, Feuchtigkeit) sowie das elektromechanische Verhalten der Strohballen. 66. Abb. Offenes System 63. Abb. 8.1.2 Lasttragende Systeme mit Vorspannung Diese Methode ist mittlerweile die meist praktizierte für lasttragende Wände aus Strohballen. Bei lasttragenden Wänden ist es wichtig, dass die Ballen stark verdichtet sind. Um die natürliche Setzung der Ballen zu beschleunigen und damit der Setzungsprozess vor der Inbetriebnahme des Gebäudes beendet ist, sodass keine Bauschäden entstehen können durch nachträgliche Setzung, werden die Ballen vorgespannt. Nach dem Aufstapeln der Strohballen wird die Wand oben durch einen Ringbalken abgeschlossen. Der Ringbalken übernimmt gleich mehrere Funktionen. Die Dachlast wird über den Ringbalken gleichmässig auf die Wand abgeleitet. Idealerweise ist der Ringbalken gleich breit wie die Strohballenwand und sollte biegesteif ausgebildet sein. Der Ringbalken stabilisiert die oberste Ballenlage und damit auch die ganze Wand gegen Ausbeulen und verstärkt die aussteifende Wirkung der Wand-decken. Der Ringbalken wird ca. alle 40 60 cm mit einem Zugelement mit dem Fundament verbunden. Die Zugelemente werden stets verkürzt 67. Abb. System Stoh unlimited 28 29

68. Abb. Mögliche Methode in den USA für einen lasttragede Wand 69. Abb. Baustelle Disentis Werner Schmidt 70. Abb. Baustelle Disentis Werner Schmidt und die Setzung an verschiedenen Punkten im Gebäude vermerkt. Wird an gewissen Stellen die gewünschte Senkung noch nicht erreicht, können zusätzlich Lasten auf dem Ringanker aufgelagert werden und weiterhelfen. Durch die Verkürzung der Zugelemente werden die Ballen in der Wand vorgespannt, im optimalsten Fall so stark wie die Last des Daches inklusive möglicher Schneelasten, sodass nach dem Aufrichten des Dachstuhls die Zugelemente entfernt werden können und die Strohballenwand noch genug Vorspannung hat, dass weitere Setzungen ausge-schlossen werden können. Erst wenn das Dach effektiv auf der Strohballenwand liegt, kann mit der eigentlichen Verdichtung der Strohballen gerechnet werden. Oberhalb von Fenstern und Türelementen, aus Holz gefertigte Kastenelemente, die in die Strohballenwand integriert werden, sollte ein entsprechen der Freiraum gelassen werden, welcher nach der Endung der Setzung ausgestopft werden kann. Die Zugelemente, welche die Abspannung gegen das Fundament ermöglichen, können Gewindestangen oder Spanngurte sein. Die Gewindestangen werden durch die Ballenmitte geführt und bleiben in der Wand, oder die Stangen werden an der Innen- und Aussenseite der Wand angebracht. Bei der Abspannung mit Gewindestangen durch die Ballenmitte müssen die Ballen über die Stangen eingefädelt werden, um diese stapeln zu können. Dieser Arbeitsschritt ist relativ zeitintensiv und mühselig. Ein weiterer Nachteil der Gewindestangen ist, dass sich bei schlechten Bedingungen Tauwasser entlang der Gewindestangen bilden und dies zu Schimmelbildung führen kann. Aufgrund dieser Nachteile werden heute ausschliesslich Spanngurten als Zugelemente eingesetzt. Die Gurten werden ausserhalb der Strohballenwand gespannt und werden je nachdem nicht entfernt, sondern mitverputzt. Je nach Vorspannungsgrad muss eine Wartezeit ca. 4 8 Wochen in Kauf genommen werden, bis die Setzung abgeschlossen ist, bevor man mit den Verputzarbeiten beginnen kann. Der Putz trägt weitgehend zur Horizontalaussteifung des Gebäudes bei. 8.1.3 Lasttragende Systeme mit Jumbo-Grossballen In der Schweiz wurde der lasttragende Strohballenbau durch Werner Schmidt bekannt. Durch seine unendliche Motivation und Faszination für den lasttragenden Strohballenbau konnte Werner Schmidt in der Schweiz seit 2002 schon einige Bauten realisieren und wird heute sogar von der ETH Zürich nicht mehr als Spinner gesehen, sondern anerkannt. Werner Schmidt verwendet meist Jumbo-Grossballen mit den Massen von ca. 50 80 cm in der Höhe, 60 120 cm in der Breite und Längen bis zu 240 cm. Diese Grossballen eignen sich für den lasttragenden Strohballenbau besonders gut. Durch die grösseren Dimensionen der Ballen wird mehr Auflagefläche zur Verteilung der Lasten geboten; die Ballen werden in der Herstellung viel stärker komprimiert und verformen sich unter Last viel weniger. Mit den Grossballen sind auch mehrstöckige Gebäude möglich und der Dämmwert ist fast unschlagbar. Die lasttragenden Wände von Werner Schmidt erreichen ohne Problem die Anforderungen eines Passivhauses mit einem U-Wert von 0,1 oder weniger. Der erste lasttragende Strohballenbau mit Jumbo-Grossballen wurde von Werner Schmidt im Jahr 2002 in Disentis, auf 1300 m ü.m., realisiert. Ein zweistöckiges Einfamilienhaus, das ohne Heizung betrieben wird. Die lasttragende Wand erreicht einen U-Wert von 0,04 und das Dach, ebenfalls mit Strohballen gedämmt, einen U-Wert von 0,07. 8.1.4 Lasttragende Gewölbekonstruktionen Tonnengewölbe und Kuppelgewölbe aus Strohballen zu bauen, kann einen besonderen ästhetischen Reiz haben. Beginnt das Gewölbe direkt über dem Sockel, so bestimmt das Gewölbe mehrere raumdefinierende Elemente gleichzeitig. Das Dach und die Aussenwand werden durch das Gewölbe definiert, dies kann auch von wirtschaftlichem Interesse sein. Für lasttragende Strohballengewölbe wird eine Schneidevorrichtung benötigt, welche die Strohballen konisch zuschneiden kann, sodass die Ballen ohne Mörtel und ohne dass offene Fugen entstehen bogenförmig verlegt werden können. 8.1.5 Vor- und Nachteile der lasttragenden Wand Der lasttragende Strohballenbau ist sicher ein geeignetes System für Gegenden, in denen es wenig Holz und kaum Feuchtigkeit gibt. Vor allem für kleinere Gebäude, die nicht mehrgeschossig sind, kann das lasttragende System in trockenen Gegenden ein sehr kostenattraktives System sein. Die homogenen Strohwände lassen nur wenige Wärmebrücken zu und können sehr formflexibel sein. Die Bautechnik sieht einfach aus, ist aber sehr fehleranfällig je nach Bauprojekt ist die Zusammenarbeit mit einem Statiker nicht umgänglich. Ein grundsätzlicher Nachteil vor allem in unseren Breitengraden ist, dass das Dach erst errichtet werden kann, wenn die Wände fertig aufgebaut sind. So ist eine extreme Witterungs-abhängigkeit vorausgesetzt, denn eine Vorfertigung ist nicht möglich. Eine weitere Herausforderung stellen die fehlenden Befestigungsmöglichkeiten für Installationen, Windpapiere und die Fassade dar. Durch die Setzung, welche nicht immer genau zu berechnen ist, sind grössere Masstoleranzen in Kauf zu nehmen. Gewisse Bauteile können erst nach der endgültigen Setzung ausgemessen und gefertigt werden, was die Dauer des Innenausbaus verlängert und somit die ganze Bauzeit. Ebenso stellt sich die Frage nach dem Aufwand, einen Strohballen in der bestehenden Wand zu ersetzen, falls es zu Wasser-schaden oder dergleichen kommt. Für mehrgeschossige Bauten sind Kleinballen für den lasttragenden Strohballenbau nicht geeignet. Die Belastbarkeit von Kleinballen ist zu gering, somit müssen Jumbo-Grossballen eingesetzt werden. Die Grossballen mit ihrem Eigengewicht von ca. 200 kg sind nicht mehr selbstbaufreundlich. Die romantisch anmutende Workshop-Atmosphäre wird durch den nötigen Einsatz von Kran und Baumaschinen nicht mehr möglich. Der Bau mit Jumboballen muss von der Planung bis zur Ausführung professionell ausgeführt werden, was sich in den Kosten widerspiegelt. Ein zweites Gegenargument für lasttragende Systeme mit Grossballen ist der Platzbedarf. Mit Grossballen verdoppelt sich im Schnitt die Wandstärke, was einen starken Widerspruch zu den stetig steigenden Landpreisen ist. Die Hauptaufgabe der Schweizer Architekten liegt in der Verdichtung von urbanem Raum und nicht in der Zersiedlung. In der Schweiz sehe ich für das lasttragende System nur vereinzelt in ländlichen Regionen Potenzial. Im städtischen Raum sprechen zu viele Argumente dagegen, dass das lasttragende System eine Chance hat, sich zu etablieren. 8.2 Hybridbausysteme Bei der Hybridbauweise übernehmen lasttragende Aussenwände einen Teil der Lasten. Additive Elemente übernehmen den zweiten Teil der Lasten. Das können zusätzliche Stützen sein oder tragende Innenwände. Viele in den Lehrbüchern genannte Bauobjekte, die als lasttragendes System klassifiziert werden, sind streng genommen Hybridsysteme. 71. Abb. 72. Abb. 30 31

73.-77. Abb. 2015 Kretas Kretas Griechenland - nicht lastttragende Stohballenbaustelle 8.3 Nicht lasttragende Systeme Bei nicht lasttragenden Wänden übernehmen die Strohballen keine statische Funktion, sondern additive Tragsysteme. Die zusätzlichen Tragkonstruktionen, die normalerweise aus Holzprofilen bestehen, übernehmen die Lasten. Die Strohballen fungieren in erster Line als Wärmedämmung und häufig als Wandabschluss. Je nach eingesetztem Tragsystem lassen sich Skelettkonstruktionen, Rahmen-konstruktionen und Scheibentragwerke unterscheiden. Die Strohballen werden entweder zwischen die tragenden Elemente als Ausfachung oder als durchgehende Scheibe vor oder hinter die Tragkonstruktion angebracht. Um nachträgliche Setzungen der Ballen zu vermeiden, werden die Ballen mit Spanngurten, Wagenhebern oder anderen Hilfsmitteln vorkomprimiert, ähnlich wie bei der lasttragenden Wand, jedoch ist die Vorkomprimierung nur so stark wie die Komprimierung, die es durch das Eigengewicht der Strohballen geben würde. Bei allen Konstruktionsarten müssen die Strohballen mit der Tragkonstruktion verbunden werden, um das Ablösen oder Herausfallen aus der Tragkonstruktion auszuschliessen. Ein grosser Vorteil der nicht lasttragenden Systeme ist, im Vergleich zu den lasttragenden Konstruktionen, dass das Dach vor dem Einbau der Ballen aufgerichtet werden kann. Somit ist der Bauprozess weniger witterungsabhängig, was eine enorme Entspannung für den Bauprozess ist, vor allem in unseren Breitegraden. 8.3.1 Skelettbausysteme nicht lasttragend Skelettbausysteme zählen zu den nicht lasttragenden Systemen. Die quadratischen Stützen sind in der Regel aus Holz oder Bambus, jedoch auch Materialien wie Beton oder Stahl sind erdenklich. Die Lage der Stützen zu den Strohballen ist schon in der Planungsphase von grosser Bedeutung. Je nach Situation und gewünschten Parametern eigenen sich gewisse Stützenanordnungen besser als andere. Die verschiedenen Ausbildungsarten sind auch nicht alle gleich arbeits- und materialintensiv. In der Tendenz sind Aussenwände mit Skelettbaukonstruktionen, die nachträglich mit Strohballen gedämmt werden, relativ uneben und weniger kompakt. Die folgenden Textabschnitte erläutern fünf verschiedene Skelettbausysteme. Es wird auf Einbau und Lage der Ballen, Tragkonstruktion und allgemeine Vor- und Nachteile eingegangen. Bei den meisten Skelettbausystemen können Druckstreben, Kopf- oder Wind-rispenbänder zur horizontalen Aussteifung verwendet werden oder je nach Stützenraster Plattenmaterial. Die Aussteifung ist bei allen Ausbildungsarten durch Innenwände möglich. Als Wandverkleidung bietet sich innen wie aussen ein mehrlagiger Putz an. Das Anbringen von Verschalungen ist je nach Konstruk-tions art einfacher zu realisieren, da bereits eine Unterkonstruktion vorhanden ist. 8.3.1.1 Aussenskelett einseitige, aussenliegende Stützen Die Stützen können auf der Innenseite oder auf der Aussenseite der Ballen angeordnet werden. In beiden Fällen werden die Strohballen im Verbund verlegt, sodass keine durchgehenden vertikalen Fugen entstehen. Ähnlich wie bei lasttragenden Systemen werden die Strohballen frei vermauert. Zwischen den Stützen und der Ballenwand sind Verbindungselemente erforderlich. Nach ein paar Lagen Strohballen werden horizontal liegende Bohlen, welche mit den Stützen verbunden sind, angebracht. Je nach Stützenabstand können die Ballen auch an die Stützen gebunden werden. Die Ballen können flach oder hochkant liegend verlegt werden und bilden einen durchgehenden Dämmperimeter. Aufgrund des besseren U-Wertes sind jedoch hochkant liegende Ballen empfehlenswerter. Auf die Ballenlänge ist lediglich bei Fenster- und Türöffnungen zu achten. Der Vorgang des Vermauerns der Strohballen kann relativ schnell ausgeführt werden. Bei grösserem Stützenabstand kann die Strohballenwand sehr schwabbelig sein, was das geradlinige Verputzen fast unmöglich und sehr zeitintensiv macht. Stehen die Ständer an der kalten Aussenseite der Wand, hat dies den Nachteil, dass die Dämmebene zwangsläufig durch konstruktive Elemente durchdrungen wird. 8.3.1.2 Doppelskelett beidseitig, aussenliegende Stützen Die Stützen sind beidseitig an der Strohballenwand angeordnet. Die Ballen können in allen Orientierungen zwischen den Ständern im Verbund eingebaut werden. Bei geringerem Stützenabstand sind horizontale Bohlen nicht notwendig und die Horizontalaussteifung kann durch Plattenmaterial erfolgen. Ebenso eignet sich eine Wetterverschalung gegen aussen und innen das Beplanken mit Plattenmaterial besser als das Verputzen der Wände. 8.3.1.3 Ballenbündiges Skelett Die Strohballen werden an die lasttragenden Stützen bündig zur Ballenebene verlegt. In der Fachliteratur wird auch oft die Bezeichnung Ständerkonstruktionen verwendet. Die Stützen können auf der Innen- oder Aussenseite der Wand angebracht werden. Mit einer Kettensäge wird eine Aussparung in die Ballen geschnitten, um die Ballen eben an die Stütze zu bringen. Für die Reduzierung der Aussenwandstärke oder das Anbringen von Regalen und Hängeschränken im Innern kann diese Methode von Bedeutung sein. Das Auskerben der Ballen ist jedoch recht arbeitsintensiv, und je nach Stützenabstand wird die Wand wenig kompakt. Beim Auskerben dürfen jedoch keine Ballenbindungen durchgetrennt werden. Somit ist der Einsatz von hochkant liegenden Ballen ausgeschlossen. Das Verlegen im Bund ist möglich je nach Stützenabstand mit zusätzlicher Anbindung an den Ständer. Stehende Ballen sind evtl. möglich, jedoch nur durch eine zusätzliche Anbindung der Strohballen an die Stützen. 79. Abb. 80. Abb. 81. Abb. 78. Abb. 8.3.1.4 Fugenorientiertes ballenbündiges Skelett Das fugenorientierte ballenbündige Skelett ist eine Variante, um trotzdem hochkant liegende Strohballen zu verbauen. Das Skelett kann auf der Innen- oder Aussenseite der Ballen angeordnet sein. Die für eine Skelettkonstruktion relativ dicht stehenden Stützen orientieren sich nach dem Abstand der Quaderballengrösse. Die Ballen werden seitlich ausgespart und satt an die Stütze gebracht. Um die Strohballen in ihrer Lage zu sichern, wird eine zusätzliche Lattung durch den Ballen gestossen und mit den Stützen verbunden. Diese Lattung kann gerade für die Wetterschalung auf der Aussenseite benötigt werden. Die Aussteifung mit Diagonalstreben auf der Stützenseite ist wegen der Ballenschnüre nicht möglich. Windrispenbänder oder Plattenmaterial leisten hier gute Dienste. 82. Abb. 32 33

8.3.1.5 Innenskelett Die lasttragenden Stützen liegen innerhalb der Strohballen. Die Ballen werden wiederum für die Auf-nahme der Stützen ausgespart. Das Aussparen ist auch hier nur zwischen den Ballenbindungen möglich, somit ist es ausgeschlossen, die Ballen hochkant liegend zu verlegen. Zwischen den Stützen ist des Verlegen im Bund möglich. Das Aussparen der Ballen ist sehr zeitintensiv. Die horizontale Aussteifung ist nur durch biegesteife Anschlüsse oder durch Innenwände möglich. 8.3.2.2 Stehend verfüllte Rahmensysteme Im Vergleich zu den hochkant liegend verfüllten Rahmensystemen ist die Masshaltigkeit der Länge der Ballen bei den stehend verfüllten Rahmensystemen weniger wichtig. Pro Rahmen werden zwei stehende Ballen nebeneinander eingefüllt. In der Breite sind die Strohballen meist masshaltiger als in der Länge. Somit passen die Ballen zuverlässiger in die Rahmen. Im ungünstigen Fall müssen nur zwei Strohballen angepasst werden, wenn die Ballenmasse nicht mit den gewünschten Raumhöhen übereinstimmen. 83. Abb. 8.3.2 Rahmensysteme nicht lasttragend Bei Rahmensystemen werden in der Regel ballenbreite Stützenelemente aus Bohlen, I-Träger oder gedämmte Hohlprofile verwendet. In der Literatur wird diese Bauweise auch als Holzrahmenkonstruk-tionen «infill» genannt. Die Rasterabstände der rechteckigen Stützen richten sich nach den Ballenbreiten. Die Strohballen werden zwischen die Stützen hochkant liegend oder stehend eingefüllt. Somit wird der Ballen rein vom U-Wert am optimalsten eingebaut. Die Strohballen werden beim Rahmensystem nie im Verbund verlegt. Der geringe Rasterabstand der Rahmensysteme bietet an, die horizontale Aussteifung mit Plattenmaterial oder Diagonalschalungen vorzunehmen. Mehrlagige Putze, ebenso Verschalungen eignen sich für die Wandbekleidungen. 84. Abb. 85. Abb. Therwil MFH 8.3.2.1 Hochkant liegend verfüllte Rahmensysteme Die Ballenlänge und das Rastermass der Stützen müssen aufeinander abgestimmt werden. Bei diesem System ist somit die Masshaltigkeit der Ballen besonders wichtig. Ist die Masshaltigkeit der Ballen nicht exakt gegeben, müssen diese neu abgebunden werden. Das bedeutet, bei einer Wandhöhe von 2,75 m müssten pro Rahmen sechs Ballen gekürzt werden. 8.3.3 Vor- und Nachteile von nicht lasttragenden Skelettbausystemen und Rahmensystemen Im Vergleich zu lasttragenden Systemen werden nicht lasttragende Systeme in waldreichen Regionen mit winterlichen Schneefällen oft bevorzugt. Bei nicht lasttragenden Systemen gibt es meist weniger Fehlerquellen als bei lasttragenden Systemen, da der Vorgang der Setzung der Strohballen viel weniger ins Gewicht fällt. Die Statik von kleineren Gebäuden kann bei nicht lasttragenden Systemen meist direkt vom Holzbauer intern gelöst werden. Bei lasttragenden Systemen ist die Zusammenarbeit mit einem Statiker unumgänglich. Ebenso sind die Bewilligungen für ein nicht lasttragendes System leichter zu erwerben. Ein weiterer Vorteil von nicht lasttragenden Systemen ist die grössere Gestaltungsfreiheit. Zum Beispiel sind grössere Fensteröffnungen möglich, und für Installationsebenen und Plattenverkleidungen sind bereits Unterkonstruktionen vorhanden oder leichter zu errichten. Ein sehr wichtiger Vorteil von nicht lasttragenden Systemen ist auch die flexiblere Wetterabhängigkeit. Doch was sind die Vorteile von Skelettbausystemen und Rahmensystemen? Bei Skelettbausystemen ist ein grosser Vorteil, dass eine durchgehende wärmebrückenfreie Dämmebene möglich ist. Die Strohballen müssen in ihrer Masshaltigkeit viel weniger exakt sein als bei Rahmenbausystemen. Der Skelettbau ist für Selbstbauer sehr geeignet, obwohl die Befestigung der Ballen an die Konstruktion sehr zeitaufwendig ist. Ein weiterer Nachteil der Skelettbausysteme ist, dass die Wand viel weniger kompakt ist. Öffnungen für Fenster und Türelemente werden mit Holzboxen realisiert, die direkt auf den Strohballen liegen. Das exakte Positio-nieren und Fixieren dieser Boxen ist eine Herausforderung. Die Elemente können sich leicht bewegen und Wärmebrücken und Risse im Putz entstehen vermehrt. Die Wände sind in der Tendenz viel unebener und das Ausbilden von scharfen Ecken ist fast nicht möglich, das Verputzen der Wände gleicht mehr einem Lehmmassage-Event als einem zügigen, professionellen Verputzen. Es ist Voraussetzung, dass der Bauherrschaft die charakteristische Formästhetik der abgebunden Ecken und Unebenheiten der Strohballenwände gefällt. Bei Skelettbauten ist eine Vorfertigung ausgeschlossen. Bei Rahmenbausystemen ist eine Vorfertigung möglich, aber auch das leichte Einfüllen der Ballen in den Rahmen auf dem Bauplatz durch die Baufamilie. Die Errichtung von Installationsebenen und Befestigungen der Fassadenverschalungen und Ausbauplatten ist durch die beidseitig vorhandenen Befestigungsmöglichkeiten einfach zu realisieren. Ein Nachteil der Rahmenbauweise ist, dass die Holzständer in der Tendenz Wärmebrücken sind. Möchte man passivhaustaugliche Dämmständer verwenden, ist dies relativ arbeits- und kostenintensiv. 87. Abb. 86. Abb. 88. Abb. 34 35

90. Abb. Vorgefertigte Wandmodule 91. Abb. Elemente von Pailletech 8.3.4 Vorgefertigte Wände und Modulbau In der Praxis werden zunehmend vorgefertigte Holzrahmenkonstruktionen erstellt. Aus Kostengründen werden heute vielfach Boden, Wand- und Dachelemente bereits in der Zimmerei vorgefertigt. Gelingt es einem Architekten, einen innovativen Holzbauer für die Ausführung zu begeistern, können die Arbeiten sehr gut von diesem ausgeführt werden. Die Vorzüge einer gut ausgerüsteten Werkhalle sind für eine Strohballenkonstruktion Gold wert. Wenn die Bauherrschaft keinen Selbstbau wünscht, kann einiges an Arbeitszeit durch die Vorfertigung eingespart werden. Das Herstellen der Holzrahmen und deren Befüllung mit Strohballen ist einfacher in horizontaler Ausrichtung als auf dem Bauplatz in vertikaler Ausrichtung. Die Herstellung der Holz-Stroh-Elemente ist wetterunabhängig und anfällige Tiefbauarbeiten können zeitgleich zur Herstellung der Elemente auf dem Bauplatz durchgeführt werden, was die Gesamtbauzeit auf dem Bauplatz massiv verkürz und somit weitere Kosten einspart. Bei vorfabrizierten Holzrahmenkonstruktionen wird oftmals eine erste Grundputzschicht im Werk aufgebracht. Dies hat den Vorteil, dass die erste Putzschicht nach der Aufrichtung mit dem Kran auf dem Bauplatz bereits trocken ist und die weiteren Putzarbeiten direkt aufgenommen werden können. Zudem ist die Strohfüllung etwas besser vor Witterungseinflüssen während der Aufrichtung geschützt. Bei verputzten vorgefertigten Elementen ist jedoch keine Installationsebene mehr möglich und die Funktion der Winddichtigkeit übernimmt der Putz, somit sind diese Elemente nur bedingt für den Passivstandard zulässig. Wie beim Holzbau sind auf dem Markt bereits Strohbauelemente im Modulbaustandard erhältlich. Es gibt diverse Unternehmer, die nur standardisierte Strohelemente vermarkten. Der grösste Vorteil liegt sicher im geringen Planungsaufwand für den Architekten und einer fixen Preisgestaltung. Das Kapitel 9 befasst sich ausschliesslich mit dem standardisierten Strohelement von EcoCocon. 8.3.5 Scheibentragwerke Unter diese Klassifizierung fallen alle Konstruktionen, bei denen die Strohballen lediglich als Wärmedämmung dienen. Eine Scheibe, z.b. ein bestehendes Mauerwerk, ein Vollholzelement, übernimmt die Statik und den Raumabschluss. Die Scheibe wird auf der Innenseite angeordnet und übernimmt zusätzlich die Luftdichtheitsebene und die Horizontalaussteifung. Die Strohballen werden im Verbund verlegt. Allenfalls werden die Ballen miteinander vernagelt. Um die Ablösung und Verformung der Strohballen zu vermeiden, müssen diese an die tragende Scheibe befestigt werden. Dieses System wird ausschliesslich bei energetischen Sanierungen von Altbauten angewendet. Somit könnte man diese Methode auch als Wärmeverbundsystem bezeichnen. Möchte man die Wand verschalen, ist eine zusätzliche Unterkonstruktion notwendig, somit bietet sich das Verputzen besser an. 95. Abb. 97. Abb. 92. Abb. Elemente von Modcell 96. Abb. 93. Abb. Elemente von Modcell 89. Abb. 8.4 Bekleidung der Wandoberflächen Grundsätzlich gilt bei allen Wandsystemen, dass sich ein Lehmputz für die innere Wandbekleidung aufgrund seines guten Sorptionsverhaltens eignet. Die Wandoberfläche kann gerade, flach oder auch sehr organisch, plastisch ausgeführt werden. Das kreative Potenzial ist praktisch unbeschränkt, jedoch meist ein massiver Kostenpunkt. Als Erstes müssen überstehende Halme mit einer Eckenschere oder einer Motorsäge zurückgeschnitten werden. Der Verputz wird in der Regel in drei Lagen direkt auf das Stroh aufgetragen. Das Aufbringen des Grundputzes im Spritzverfahren mit einer Hochdruckpumpe spart massiv Zeit ein. Um eine rissfreie Ausführung zu garantieren, wird meist eine Netzeinbettung (Glasfaser, Jute-Hanfgewebe, Rabitzgitter) vollzogen. Über Konstruktionshölzer wird ein Putzträger (Schilfrohrmatte, Holzfaserfilze) angebracht. Lehmfassadenputze sollten nur bei genügend grossen Dachüberständen eingesetzt werden auf der Wetterseite ist davon abzuraten. Ebenso ist davon abzuraten, die erste Putzschicht aus Lehm und die letzte Putzschicht aus Kalk zu realisieren. Erfahrungswerte zeigen auf, dass die zwei Materialien nicht das gleiche Feuchtigkeitsaufnahmeverhalten haben und sich die Schichten auf Dauer voneinander ablösen können. Erfahrungen mit reinem Kalkputz zeigen sich als sehr empfehlenswert. Bei den Verputzarbeiten der Wände muss darauf geachtet werden, dass die Feuchtig-keit vom Putz und die angefeuchtete 96. Abb. Lehmputzaufbau System EcoCocon 94. Abb. Elemente von EcoCocon 36 37

Strohschicht optimal austrocken können. Der Putz sollte möglichst diffusionsoffen sein und nicht zu viel organische Zusatzstoffe beinhalten. Bei dicken Putzen ist es wichtig, dass diese schichtweise aufgetragen werden und dass die einzelnen Schichten genügend austrocken können, bevor die nächste Schicht aufgetragen wird. Bei schlechten Bedingungen kann die Feuchtigkeit nicht schnell genug entweichen und die Gefahr der Schimmelbildung droht. Entfeuchtungsgeräte können hier eine grosse Hilfe sein. Der Auftrag der Putzschichten sollte möglichst oder zumindest unter Beihilfe von Fachpersonen ausgeführt werden. Mineralische oder pflanzliche Anstriche, die offenporig sind, soll-ten verwendet werden auf keinen Fall kunststoffvergütete Farben! Die Befestigung von sehr schweren Gegenständen an der Wand ist nur möglich, wenn unter der Putzschicht eine Unterkonstruktion aus Holz eingeplant wird. 8.5 Überblick und Zusammenfassung der verschiedenen Wandsysteme Die folgenden Statistiken geben eine Gesamtübersicht zu den oben beschriebenen Konstruktionssystemen. Die Statistiken wurden im Rahmen einer Dissertation an der Universität Kassel von Benjamin Krick erarbeitet. Nebst der Ballenorientierung und Bekleidungsvarianten wird auf den Primärenergiegehalt, den Wärmedurchgangskoeffizienten und auf den Arbeitsaufwand bei den verschiedenen Wandsystemen eingegangen. Es wäre falsch, eine absolute Aussage über die beste Konstruktionsart zu machen. Jedes Bauvorhaben hat individuelle Faktoren und Bedürfnisse und richtet sich nach unterschiedlichen Parametern aus es gilt, das Pro und Kontra einer jeden Konstruktion im Kontext der Parameter des Bauprojekts zu hinterfragen und zu definieren. 8.5.1 Primärenergiegehalt der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen Verglichen werden in der Statistik Strohballenkonstruktionen mit Lehmputz innen und Schalung aussen. Der Primärenergiegehalt von Skelettbausystemen ist durch den geringeren Holzanteil niedriger als bei Rahmenbausystemen. Ausser beim Gewölbe fällt der Primärenergiegehalt der lasttragenden Konstruk-tionen unerwartet hoch aus. Aufgrund des benötigten Ringankers, der Aussteifungselemente und der Stahlteile für die Vorrichtungen der Vorspannungen ist der Anteil der PEI deutlich höher als bei nicht lasttragenden Systemen. 97. Abb. Putzträger Baustelle Therwil 98. Abb. Putzträger Baustelle Therwil 99. Abb. PEI-Gehalt von verschiedenen Strohballenkonstuktionen 38 39

8.5.2 U-Wert der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen Die folgende Abbildung visualisiert den U-Wert der verschiedenen Konstruktionen. Die Zahl hinter der Bezeichnung der Konstruktion ist die Dämmstärke. Je nach Dicke der Dämmstärke wird der Strohballen Hochkant oder flach liegend verbaut. Bei allen 48cm Dämmschichten liegen die Ballen flach. Der Wärmestrom verläuft parallel zur Faser: in Halmrichtung λ = 0,080 W/(m K). Bei Dämmstärken von 36 cm und 70 cm liegen die Ballen hochkant oder stehen, der Wärmestrom verläuft senkrecht zu den Stroh-halmen: senkrecht zur Halmrichtung λ = 0,052 W/(m K). Es wird deutlich, dass Rahmenkonstruktionen aufgrund des höheren Holzanteils schlechtere U-Werte zeigen. Skelettbausysteme mit hochkant liegenden Ballen zeigen trotz geringerer Dämmstärke einen besseren U-Wert. Um in der Schweiz den Passivstandard zu erreichen, muss ein U-Wert gegen Aussenklima von 0,1 W/m2 erreicht werden. Die einzige Konstruktion, die diesen Wert erreicht ohne eine zusätzliche Dämmschicht zum Beispiel aus Holzfaserdämmplatten ist das fugenorientierte ballenbündige Skelett mit Quaderballen und einer Dämmdicke von 70 cm. In lasttragender Bauweise mit Jumbo-Grossballen wäre dies ebenfalls möglich ist jedoch in der Statistik nicht aufgeführt. 8.5.3 Arbeitsaufwand der unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen Der Arbeitsaufwand für die konstruktionsunabhängigen Arbeiten (Rasieren der Ballen, Ausstopfen von Fugen und das Verputzen) wurde abgeschätzt. Bei hochkant stehenden Ballen wurde dieser Arbeitsaufwand am geringsten eingeschätzt. Aufgrund der Halmorientierung ist der Vorgang des Rasierens nur minim und der Putz hält auf der waagrechten Halmorientierung besser, was das Verputzen enorm erleichtert und den Zeitaufwand minimiert. Rein vom Zeitaufwand her ist die Errichtung einer Verschalung an der Aussenseite weniger arbeitsintensiv als das Verputzen. Bei der folgenden Statistik wird von einer verputzten Innenwand und einer Verschalung aussen ausgegangen. Der konstruktionsabhängige Arbeitsaufwand fällt bei einem fugenorientierten, ballenbündigen Skelett am besten aus. 101. Abb. Arbeitsaufwand für Konstruktionsunabhängige arbeiten 101. Abb. Verteilung des Arbeitsaufwand 102. Abb. Vergleich des Arbeitsaufwand zur Erstellung unterschiedlichen Strohballenkonstruktionen 100. Abb. U-Wert von verschiedenen Strohballenkonstuktionen 40 41

9. Das System EcoCocon Fallbeispiel Anbau Kilchberg Das System EcoCocon ist vielfältig einsetzbar; sei es bei bestehenden Gebäuden als Aufstockung oder für Erweiterungen durch Anbauten bis hin zum zertifizierten mehrgeschossigen Neubau im Passivhaus-Standard. Prinzipiell kann das System EcoCocon als eine Weiterentwicklung des nicht lasttragenden Strohballen-Holzrahmenbaus betrachtet werden. Die Vorteile des Dämmmaterials Stroh zeigen sich auch beim EcoCocon Element, welches unter dem Namen «Holzrahmenaussenpaneele mit wärmeisolierender Strohfüllung» gehandelt wird. Wie der Name sagt, sind die Elemente vorwiegend für Aussenwände geeignet und anstelle von Strohballen mit Strohfasern ausgedämmt. Das System EcoCocon ist standardisiert und modular. Die Elemente werden im Werk ohne Aussen- und Innenbekleidung auf Mass produziert, sodass auf der Baustelle keine Anpassungen vorgenommen werden müssen und die Elemente direkt aufgerichtet werden können. Das Grundelement hat eine Tiefe von 400 mm. Je nach gewünschtem U-Wert kann eine zusätzliche Holzfaserdämmplatte von 60, 80, 100 mm angebracht werden. Ein Windpapier für die Luftdichtigkeit wird zwischen dem Grundelement und der Holzfaserdämmplatte montiert. Das System bietet einen dampfdiffusionsoffenen Wandaufbau. Die Wandverkleidung können in diversen Formen ausgeführt werden und unterscheiden sich zum Strohballenbau nicht. EcoCocon empfiehlt innen einen Lehmputz und aussen eine Holzschalung oder einen dampfdiffusionsoffenen Verputz. Über die Konstruktionshölzer wird eine dünne Holzfaserplatte als Putzträger angebracht und das Einbetten von Netzen in den Putz wird ebenfalls empfohlen. Laut Produzent sind die vorgefertigten Elemente leistungsfähiger als herkömmliche Strohballenkonstruktionen und einfacher in ihrem Aufbau eine Montage innerhalb von Rekordzeit. Die innovative Technologie ermöglicht das vorteilhafte Befüllen der Rahmenkonstruktionen mit multidirektionalen Strohfasern. Die Technologie soll es ermöglichen, die natürlichen Ressourcen optimal auszunutzen. 9.1 Das Projekt Kilchberg zweistöckiger Anbau an ein EFH Das Projekt Kilchberg dient als Fallbeispiel in Bezug auf den ersten ausgeführten Anbau in EcoCocon der Schweiz, wobei die Firma Prana House GmbH als Importeur der Eco- Cocon-Elemente und als Generalunternehmer ihre Dienstleistungen ausführt. Für die Gesamtplanung und Bauleitung für das Projekt ist die Verfasserin dieser Arbeit zuständig. Die Bauherrschaft von Kilchberg, eine 5-köpfige Familie, kam auf die ARBA-Bioplan zu mit dem Anliegen, ihr neu erworbenes EFH mit Baujahr 1928 baubiologisch umzubauen und zu erweitern. Aufgrund von Platzmangel wurde nebst dem Umbau im bestehenden Haus ein zweistöckiger Anbau im Vorprojektstadium geplant. Das Gesamtkonzept beruhte auf etappierten Bauphasen. Im Herbst 2015 wurde der Dachausbau und der Heizungsersatz des bestehenden Gebäudes ausgeführt. Beim Dachausbau wurde bereits eine zweite neue Lukarne in Richtung Westen gesetzt, die später den Ausstieg auf die Flachdachterrasse des Anbaus ermöglicht. Seit März 2016 und voraussichtlich bis September 2016 werden der zweistöckige Anbau und das darunterliegende Kellergeschoss sowie eine neue Gartengestaltung ausgeführt. Der Anbau wird mit den Modulen von EcoCocon realisiert. Der zweistöckige Anbau ist an der Westseite des Altbaus Richtung Garten angeordnet und schliesst direkt an dessen Aussenwand an. Das rechteckige Grundrissvolumen des Anbaus mit den Aussenmassen von 6 m Länge und 6,80 m Breite springt leicht von der Westfassade des Bestandes zurück. Das Obergeschoss des Anbaus kragt 1 m über das Untergeschoss aus. Die Gesamthöhe des Hochbaus beträgt 6,42 m. Der neue Kellerraum mit den gleichen EG-Grundrissmassen des Anbaus ist mit dem Keller des Altbaus mit einem Durchgang verbunden. Die vertikale Erschliessung des Hauses ist weiterhin nur im Altbau möglich. Das Kellergeschoss ist aus Porotherm-Mauersteinen, ragt im Durchschnitt 40 cm aus dem Erdreich und ist mit einem wasserfesten Sockelputz versehen. Somit ist der Hochbau mit den EcoCocon-Elementen idealerweise aus der Spritzwasserzone und klar getrennt vom Erdreich. Auf diesen umlaufenden Sockel wird eine Feuchtigkeitssperre verlegt und die erste Brettstapelgeschossdecke. Die Sperre und der Sockel verhindern, dass aufsteigende Feuchtigkeit in die Strohelemente dringen kann. Das Erdgeschoss des Anbaus wird durch einen grossen Raum definiert und ist mit einem Durchbruch mit dem Bestand verbunden. Die Südseite zeigt ein grosses Fenster, dessen umlaufendes Fensterbrett eine Sitznische bildet. Die Westseite besteht aus einer raumhohen Schiebehebefensterfront, die den Zugang zu Terrasse und Garten ermöglicht. Die Nordseite ist komplett in EcoCocon und mit einer Wandheizung versehen. Das Obergeschoss ist in zwei Räume unterteilt. Die Trennwand ist wiederum mit Wandheizungen versehen. Beide Zimmer haben Richtung Westen raumhohe Fenster und jeweils ein kleineres Fenster Richtung Norden oder Süden. Das Flachdach des Anbaus wird mit einem umlaufenden Glasgeländer versehen und bietet der Familie eine weitere Terrasse, die über das Dachgeschoss des Altbaus zugänglich ist. Die Geschossdecken sind aus Brettstapeln und das Flachdach ist eine Sparrenkonstruktion mit Gefällsdämmung. Aufgrund des hohen Fensteranteils und der Anordnung an die bestehende Fassade ist der Betrag von 53 m2 an auszubildender Wandfläche in EcoCocon-Elementen relativ gering. Insgesamt besteht die totale Wandfläche aus 26 Einzelmodulen. Der sommerliche Wärmeschutz bieten aussenliegende Fallmarkisen. Die Strohelemente werden im Innern mit 3 cm Lehm verputzt und eine hinterlüftete, horizontale Lärchenschalung verkleidet die Wandelemente gegen aussen. Dies ergibt eine Gesamtwanddicke von 579 mm. Die Bauherrschaft hat keinen Anspruch auf ein Minergie- oder GEAK-Label. 108. Abb. Ostfassade 109. Abb. Westfassade 110. Abb. Südfassade 111. Abb. Südfassade 103.- 106. Abb. 107. Abb. 42 43

112. Abb. 113. Abb. Team Prana House GmbH 9.2 Das Verfahren mit der Prana House GmbH Roberto Camarasa und Roland Auderset gründeten Anfang 2015 die Prana House GmbH mit Sitz in Grandvaux VD, nachdem sie per Zufall auf der Suche nach alternativen Bausystemen auf das System von EcoCocon gestossen sind. Das Planungsbüro für Ökobaukonstruktionen ist überzeugt, mit dem System EcoCocon eine gute Alternative anzubieten zu können, die neuartig, exklusiv, gesund, nachhaltig ist und zu einem Top-Preis-Leistungs-Verhältnis erwerbbar ist. Prana House GmbH konnte sich das Erstvertriebsrecht für die Schweiz erwerben und ist nun ein Länderpartner der Aktiengesellschaft EcoCocon. Die Prana House GmbH funktioniert jedoch soweit autonom das Abkommen zwischen der UAB EcoCocon und der Prana House GmbH unterliegt dem Franchisingsystem. Die Prana House GmbH ist für die Vermarktung und den Vertrieb in der Schweiz und dem grenzanliegenden französischen Raum zuständig. Ihre Dienstleistungen liegen in der Beratung und Organisation von ökologischen Bauten. Ihre Geschäftsidee basiert auf Synergien. Die Prana House GmbH versucht, mehrere Holzbaufirmen zu motivieren, die EcoCocon Elemente auf Schweizer Bauplätzen aufzurichten. Das Ziel ist, dass in verschiedenen Regionen der Schweiz jeweils eine Holzbaufirma qualifiziert ist, die Elemente fachmännisch aufzurichten. Je nach Wünschen der Bauherrschaft und des Planungsteams kann die jeweilige Holzbaufirma noch weitere Arbeiten am Bau ausführen und ist das Subunternehmen des Hauptunternehmens Prana House GmbH. Somit bleibt zumindest ein Teil der Arbeit trotz importierten Wandelementen in der lokalen Wirtschaft. Die Firma Walter Küng AG von Alpnach Dorf ist beim Projekt Kilchberg die ausführende Holzbaufirma und der Subunternehmer von Prana House GmbH. Zu Beginn der Zusammenarbeit wurde von Prana House GmbH aufgrund von Werkplänen und Baubeschrieb, welche ich erarbeitet habe, ein erstes GU-Angebot erstellt. Zuvor wurde der gewünschte Ausbaustandard (Materialien und Konstruktionen) durchgesprochen und durch die ARBA-Bioplan definiert. Der Tiefbau und die Gartenarbeiten sowie Elektro-, Heizungund Sanitärarbeiten wurden aus dem GU-Angebot auf Wunsch der ARBA-Bioplan ausgeschlossen. Die Prana House hat eine 3D-SketchUp-Visualisierung des Anbaus aus EcoCocon-Modulen kalkuliert. Die Montage der Elemente und Deckenelemente, Innenausbau und Aussenbekleidung wurden von der Firma Walter Küng offeriert und in das Angebot von Prana House integriert. Da die Erfahrung mit EcoCocon-Modulen noch nicht vorhanden ist, wollte die ARBA-Bioplan das Risiko nicht selbst tragen und entschied sich, den Hochbau anhand des Generalangebots ausführen zu lassen. Nach einigen Anpassungen der Offerte wurde ein Werkvertrag zwischen der Bauherrschaft und der Prana House GmbH geschlossen. Die Offerte, die Pläne und der Baubeschrieb von ARBA-Bioplan sind Bestandteile dieses Werkvertrages. Das Generalangebot basiert auf einem fixen Preis. Die Holzbaufirma hat anhand meiner Plangrundlagen die effektiven Werkpläne und Details entwickelt. Es wurden mir vor der Ausführung Korrex-Pläne zugestellt. Der Holzbauer hat die mm genauen Masse der Wandflächen aus seinen Plänen gezogen und Prana House zugestellt. Prana House teilte die Wandflächen in die EcoCocon-Elemente ein und sendete die Bestellung der Elemente an UAB EcoCocon. Die Tragwerksplanung der Eco- Cocon-Module wird in Zusammenarbeit von Prana House GmbH und UAB EcoCocon geplant und überprüft. Bei der effektiven Ausführungsplanung ist Prana House GmbH nicht mehr intensiv eingebunden. Prana House ist für den Bestell- und Liefervorgang der Elemente zuständig und stellt mir regelmässig die Akontorechnungen zu, welche ich nach der Kontrolle der Bauherrschaft weiterleite. Die Kosten laufen über Prana House und die Ausführung über Walter Küng AG. Somit bleibt die Kommunikation zwischen Architekt und ausführendem Unternehmer im vollen Umfang bestehen und im Fall Kilchberg meist ohne Einbezug von Prana House. 9.3 Die Verkaufsargumente und -strategie des Produkts EcoCocon Die Prana House GmbH springt auf den Zug des momentanen Zeitgeists auf ein gesunder, nachhaltiger, ökologischer Lifestyle liegt im Trend. Viele Produkte werden mit Begriffen wie bio, nachhaltig, regional verkauft. Werbeslogans wie «Von der Natur für die Natur» verführen den Konsument in eine nostalgische, romantische Stimmung, in der alles völlig friedvoll ist und man das Produkt ohne schlechtes Gewissen konsumieren kann. Ob das Produkt effektiv diesen Bezeichnungen entspricht, interessiert die wenigsten. Das Imagebild und das Design vieler nachhaltiger Produkte wirkt frisch und top modern. Dieser Trend zieht langsam, aber sicher auch in der Architekturwelt ein. Betrachtet man die Printmedien und die Website der EcoCocon Schweiz, ist dies zu beobachten. Die Referenzbilder auf der Internetseite zeigen topmoderne Häuser, die top ausgerüstet sind. Sie erwecken in keinster Form das Bild eines kleinen Ökohäusles, wo demnächst ein kleiner Hobbit aus dem Fenster winkt. Prana House verführt mit ihrer Marketingstrategie in eine Welt, die topmodern ist und wo man auf keinen Luxus verzichten muss, aber gleichzeitig genährt ist von der Natur. Das System EcoCocon wird als echtes Cradel-to-Cradel-Produkt verkauft. Naturmaterialien werden anhand guter Argumente und mit zeitgenössischen, professionellen, trendigen Bildern schmackhaft verkauft. Lebensqualität und Wohlbefinden werden vermarktet und anhand der Zertifikate, welche die Elemente vorweisen können, wird das Gefühl von Sicherheit vermittelt, das einen positiven Einfluss auf einen möglichen Kaufentscheid ausüben kann. 9.4 Die UAB EcoCocon Die Firma EcoCocon mit Hauptsitz und Produktionsstätte in Vilnius in Litauen hat innerhalb der letzten 12 Jahre das System EcoCocon, das Marketing und die Logistik kontinuierlich weiterentwickelt. Der Geschäftsfüher ist Herr Marius Tarvydas. Bis heute wurden bereits ungefähr 300 Häuser in 14 verschiedenen europäischen Ländern realisiert. Die einzige zurzeit existierende EcoCocon-Produktionsstätte in Vilnius hat im Durchschnitt eine Jahresproduktion von 6000 m2,das mögliche Potenzial der Produktion liegt bei einer Jahresproduktion von 20 000 m2. Die Prana House GmbH und die Firma EcoCocon betonen, dass sie nach Exzellenz streben in Bezug auf ihr Image und das Produkt EcoCocon. Viel wichtiger sei jedoch dabei der Aufbau einer nachhaltigen Gesellschaft für zukünftige Generationen. UAB EcoCocon und Prana House sind im Gespräch über eine weitere Produktionsstätte in der Nähe der schweizerisch-französischen Grenze. 114. Abb. 44 45

9.5 Standardmodule von EcoCocon Es gibt fünf verschiedene Modultypen; Standardmodul, Eckmodul, Winkelmodul und ein Fenstersturz-modul. Die Module bestehen aus einer doppelten Holzrahmenstatik. Eine Bodenplatte und eine Deckenplatte ca. 1.2cm dicke Fichtensperrholz bilden den vertikalen Abschluss des Elements. An jeder Ecke der Bodenplatte und je nach Breite des Moduls in der Mitte des Elements werden ca. 9cm breite Vollholz-Fichtenständer angebracht, welche die Höhe des Elements bestimmen. Durch die Vermeidung von durchgehenden Holzrahmenteilen in der Modultiefe wird die Bildung von Kältebrücken verhindert. In der Mitte der Modultiefe werden die Module also von Stroh- zu Strohoberfläche aneinandergeschlos sen. Stroh wird mit einem speziellen Verfahren in die Holzrahmenkonstruktion gepresst und trägt zur Aussteifung der Elemente bei. Bei dem Eck- und Fenstersturzmodul sind zusätzliche Diagonalstreben bündig zur gleichmässig verdichteten Strohebene eingelassen. Um einen optimalen Fensteransatz zu gewährleisten, wird an den Anschlagstellen ebenfalls eine Fichtensperrholzplatte angebracht. Der Produzent empfiehlt, bei der Planung, so gut es geht, auf die Standardmasse der Module zu achten, einige Beschränkungen sind zu berücksichtigen. Standardmodule sind immer im Lager verfügbar. Nicht-Standardmasse werden separat nach dem Gebäudeentwurf angefertigt. 117. Abb. - Standardmodule von EcoCocon Diese Masse definieren die Module und haben eine maximale Masstoleranz von ±2 mm: Die einheitliche Modultiefe (ohne Holzfaserplatten) beträgt 400 mm. Die minimale Breite und Höhe beträgt 400 mm. Die maximale Breite und Höhe beträgt 3000 mm. Die maximale Abschrägung der Krone beträgt 45. Standardmodul: 800 3000 mm und 1200 3000 mm. Standardeckmodul: 1200 3000 mm. Fenstersturzmodul: Höhe 400 1200 mm, Breite 400 300 mm. Fensterbrüstungsmodul: Höhe 400 1200 mm, Breite 400 300 mm. Abgeschrägte Module: Breite 400 1200 mm, Höhe 400 300 mm, Winkel max. 45. 115.-116 Abb. Baustelle Giswil - Import organisierte der Bauherr und nicht Prana House 46 47

9.6 Vorgang und Produktion der Elemente Der Produktionsvorgang mit innovativen Technologien ist das Erfolgsrezept von EcoCocon und wird wie ein überlebenswichtiger Schatz geheim gehalten. Meine Anfrage für eine Produktionsbesichtigung in Litauen wurde abgewiesen. Ebenso wurden mir keine genauen Informationen zur Verfügung gestellt. Fragen zum genauen Produktionsverfahren werden gekonnt ignoriert oder nur sehr unkonkret beantwortet. Folgendes wurde mir bekannt gegeben: Der Vorgang der Bestellung bis hin zum fertigen auslieferbaren Produkt unterliegt sechs Arbeitsschritten. 1. Projekterfassung Kalkulation Anhand der SketchUp-Software wird ein 3D-Modell des Bauvorhabens mit EcoCocon-Modulen erarbeitet, welches zur Kalkulation dient. Die Einteilung der Module kann durch den Architekten erfolgen oder wie beim Projekt Kilchberg gegen eine Standardgebühr durch die Prana House GmbH. 2. Werkplan EcoCocon-Elemente UAB EcoCocon erstellt die Ausführungspläne und Stücklisten für die Produktion der Module. 3. Abbund und Zusammenbau der Holzrahmenstatik Das verwendete lokal bezogene Konstruktionsholz ist zertifiziertes C24-Fichtenholz, welches durch ein technisches Trocknungsverfahren Formstabilität gewährleisten soll. Das Holzzertifikat bedingt nur die Qualitätssicherung des Holzes und nicht die Forstbedingungen wie bei FSC-zertifizierten Produkten. Die Holzplatten und Holzbalken werden im Werk zugeschnitten und verschraubt. 4. Einbringen der Strohwärmedämmung Die Rohstoffe werden lokal bezogen und in der Produktionsstätte in Vilnius in Litauen verarbeitet. Das Weizen- und Gerstenstroh wird direkt vom Landwirt in grossen Rundballen bezogen. Der Landwirt muss als Lieferant Verträge unterzeichnen, welche Bio-Qualität, Korngehalt und einen Feuchtegehalt des Strohs von max. 15% garantieren. Um diese Garantie zu gewährleisten, werden unabhängige Qualitäts-kontrollen durchgeführt. Nach dem Anliefern der Rundballen wird das Stroh in der Werkhalle wieder abgewickelt. Nach der Kontrolle des Strohs bezüglich Unkraut- und Kornanteil sowie Feuchte werden die langen Strohhalme in 5 8 cm lange Halme kalibriert. Die Methode, diese Strohmasse in die Holz-konstruktion zu pressen, sei weltweit einzigartig dies geschieht unter einer Drucklast von ca. 5 t/m3, sodass eine Rohdichte von 100 110 kg/m3 entsteht. Die Strohhalme liegen nicht in einer bestimmten Richtung wie beim Strohballen, sondern multidirektional. Diese gleichmässige Verdichtung des Strohs garantiert eine optimale thermische Beständigkeit. 5. Konvertionieren der Strohoberfläche Nach dem Befüllen werden die über die Holzkonstruktion herausragenden Strohmasse mit einer eigens entwickelten Maschine zurückgeschnitten seitlich werden die Strohfasern exakt mit 2 mm Überstand zur Holzkonstruktion zurückgeschnitten. Somit können die Strohoberflächen beim seitlichen Zusammen-schluss der Module ineinandergreifen, was mögliche Wärmebrücken verringert. Die homogene Oberfläche braucht im Durchschnitt 50% weniger Grundputz als bei Strohballenwänden. 6. Lagern/Transportlogistik Jedes Modul wird mit einem Identifikationscode versehen, welcher mit dem Montageplan übereinstimmt. Die Module werden mit Lkws transportiert. 117.-125 Abb 48 49

Bestellung EcoCocon-Module Projekt Kilchberg ANNEXE No. 01 INCLUDED WITH PURCHASE AND SALES CONTRACT AV No. 2015/12/29-01 Bestellung EcoCocon-Module Projekt Kilchberg 1. Technical Ecococon straw panel project: Technical Straw Panels Project DATE: 2016-03-22 3D view A North side view 6806 Seller - UAB Ecococon" Odminių str. 10-9, Vilnius VAT number LT100006430619, company code 30209 4574 represented by Marius Tarvydas, acting in accordance with the Articles of Association. Buyer Prana House Sàrl; VAT code: CH 266.258.599; Address: Chemin du Genevrey, 8, 1091 Grandvaux. 3000 2438 800 574 400 2038 1526 800 800 800 800 706 1. Buyer orders and Seller delivers straw panels with these dimensions: 1200 800 800 800 800 800 606 Table 1. Model Name Item No. Quantity Dimensions, cm Width Height Area, m2 Inclinatio n angle, deg Notes 3D view B 1 pic. 3D view A, panels South side view 5806 3 pic. North side Panel [P] P1 6 80 300 14,40 P2 1 60,6 300 1,82 P3 1 60,4 300 1,81 P4 10 80 243,8 19,50 P5 2 57,4 243,8 2,80 P6 2 70,6 243,8 3,44 2438 3906 400 2038 1526 1374 Seller: Buyer: UAB Sill [S] ECOCOCON S1 2 152,6 40 1,22 Prana House Sàrl Plywood sides A.V. A.V. Braced [B] B1 1 120 300 3,60 (signature) (signature) Column [C] C1 1 43 300 1,29 Plywood sides Constructor: Buyer s Architect: Vitalij Openings Naruševič [O] O1 3,11 Doors, windows A.V. A.V. SUM 26 53,00 (signature) (signature) Seller: Buyer: UAB ECOCOCON Prana House Sàrl A.V. A.V. (signature) Constructor: Vitalij Naruševič A.V. (signature) Buyer s Architect: A.V. 2 pic. 3D view B, panels 5806 Seller: Buyer: UAB ECOCOCON Prana House Sàrl 4 pic. South side A.V. A.V. Seller: Buyer: UAB ECOCOCON Prana House Sàrl A.V. A.V. (signature) (signature) (signature) (signature) Constructor: Buyer's Architect: Vitalij Naruševič A.V. A.V. Constructor: Buyer's Architect: Vitalij Naruševič A.V. A.V. (signature) (signature) (signature) (signature) 3000 430 3972 604 800 (signature) (signature) 50 51

9.7 Bauphysikalische Werte Die Richtwerte bezüglich Wärmeschutz sind beim System EcoCocon länderbezogen unterschiedlich. Die verschiedenen Grundvoraussetzungen der Berechnungen je nach länderspezifischer Zertifizierung sind der Grund dafür. Dies kann zu Verwirrungen frühen folgende Werte wurden mir von Roland Auderset bekannt gegeben: Wärmeleitfähigkeit λ-wert Die Untersuchungen des PH-Instituts Darmstadt hat folgende Bemessungswerte ergeben: Strohmasse: λ-wert = 0,056 W/(m K) Strohholzelement: λ-wert = 0,0645 W/(m K) Wärmedurchgang U-Wert Grundelement 400 mm: U = 0,157 W/(m 2 K) Grundelement 400 mm plus 100 mm Holzfaserplatte: U = 0,111 W/(m 2 K) Luftschalldämmwert Rw Gemäss definierter Konstruktion: 30 mm Lehmputz, 400 mm Strohgrundelement, 60 mm Holzfaserdämmplatte = RW = 54 db Restfeuchte Stroh 10 12% Strohdichte 100 kg/m3 Feuerwiderstand Gemäss definierter Konstruktion: 30 mm Lehmputz, 400 mm Strohgrundelement, 60 mm Holzfaserdämmplatte = B-s1,d0 entspricht der CH-Norm 2015 von RF2 (geringer Brandbeitrag) 9.8 Tragwerksplanung Prinzipiell sind in EcoCocon 4 5 Geschosse möglich ohne sekundäre Statik - in Hybridbauweise ist die Geschossanzahl unbeschränkt. Die Lasten von Dach und Decken werden senkrecht über die Doppelstatik der Holzkonstruktion abgleitet. Horizontale Windkräfte werden durch die Verschraubung der Pfostenkonstruktion gemäss Montageplan aufgenommen. Ein Standardelement kann mit 3 t/m 2 belastet werden. Beim Projekt Kilchberg sind im EG zwei zusätzliche Stützen an der Fenster-Westfassade geplant. Wären die Fensterflächen nicht so gross und realisierte man diese Wandfläche ebenfalls mit EcoCocon, hätte es keine zusätzlichen Stützen gebraucht. 9.9 Primärenergiegehalt und CO 2 -Bilanzen Der Primärenergiegehalt wurde bis heute nicht gerechnet. Als Vergleichswert kann der PEI-Gehalt der nicht lasttragenden Rahmenkonstruktion im Unterkapitel 8.3.2.1 beigezogen werden. PEI-Wert des Rahmensystems 360 mm = 63 kwh/m 2 PEI-Schätzungswert für das Standardelement 400 mm = 63 kwh/m 2 (etwas mehr Stroh, etwas weniger Holz) PEI-Schätzungswert für Grundelement plus 100 mm Holzfaserdämmplatte: 63 kwh/m 2 + ca. 35 kwh/m 2 = 98 kwh/m 2 Projekt Kilchberg: 53 m 2 98 kwh/m 2 = 5194 kwh PEI-Gehalt Eine Wandfläche ohne Verputz und Holzfaserdämmplatte kann 75 kg CO 2 /m 2 speichern. Projekt Kilchberg: 53 m 2 75 kg CO 2 = 3975 kg CO 2 -Speicherung Der Transport in die Schweiz (1900 km) verursacht 3030 kg, das bedeutet, dass trotz weitem Transportweg immer noch 945 kg CO 2 eingespeichert werden können. Die CO 2 -Bilanz der Holzfaserdämmplatte kann vernachlässigt werden. Die gute CO 2 - Bilanz der Holzfaserdämmstoffe hat vor allem zwei Gründe: Holz wächst natürlich nach und bindet CO 2 wie Stroh aus der Atmosphäre. 9.10 Montage vor Ort Je nach Vorbereitungsgrad können 100 m 2 pro Arbeitstag von 3 4 Handwerkern montiert werden. Die einzelnen Module haben ein Gewicht von max. 200 kg, sodass die Module mit kostengünstigen Hebemitteln und von Hand montiert werden können. Die Montage erfolgt ohne spezielle Werkzeuge oder Mechanismen. Die Identifikationscodes der einzelnen Elemente sind mit dem Montageplan abgeglichen die Montage wird zum Lego-Spiel. Die Verschraubung der Elemente erfolgt anhand eines Montageplans, der durch den internen Ingenieur der UAB EcoCocon gezeichnet wurde. Es ist darauf zu achten, dass die Module ohne Spalt aneinandermontiert werden. Die Verschraubung erfolgt durch die Holzrahmen-konstruktion. Die Aufrichtung in Kilchberg (Wandmodule und Brettstapeldecken) wird in 1 Tag vollzogen. Die Holzbaufirma verbindet die 26 einzelnen Module bereits im Werk, sodass komplette Wandlängen auf einmal aufgestellt werden können. Die Montage der Wandmodule plus Windpapier und Holzfaser-dämmplatten und Fenster sollte in 3 Tagen abgeschlossen sein. Die Strohelemente auf der Baustelle sind nach dem Anbringen des Windpapiers einigermassen vor Regenfall geschützt. 126.-131 Abb 52 53

132. Abb - Montageplan 9.11 Leitungsführung und Details Laut Produzent können prinzipiell Leitungen jeglicher Art an der Strohoberfläche mit Klammern befestigt werden. Eine Aussparung in den Strohelementen ermöglicht die Montage von UP-Steckdosen, evtl. durch zusätzliche Holzlatten oder mit etwas Mörtel fixiert. Die Leitungen werden später mit dem Grundputz verdeckt. Bei Wasserleitungen ist etwas Vorsicht geboten wenn möglich ist das Anbringen auf den Elementen zu vermeiden wegen möglicher Wasserschäden. Beim Projekt Kilchberg wird in die bestehende Westfassade eine Steigzone ausgespitzt, in der die Wasserleitung für die Flachdachterrasse geführt wird. Wir haben darauf geachtet, dass so viele Leitungen wie möglich im Boden oder in der abgehängten Gipsdecke geführt werden können. Meine Vermutung ist, das sonst ein rissfreier Verputz nur schwer zu realisieren ist. EcoCocon stellt auf ihrer Website Downloads mit gut 56 Details zur Verfügung. Ebenso gibt es ein Passivhaus-Handbuch. Aus baubiologischer Sicht eignen sich diese Details relativ gut, bis auf die vorgeschlagenen XPS-Details für die Sockel und die Fundamentausbildung. Besonders wird auf wärmebrückenfreie Details geachtet. Das Montieren der aussenliegenden Holzfaserdämmplatte erfolgt im Versatz. Die Stösse der Wandmodule sollten immer von der Fläche der Holzfaserdämmung überdeckt werden. Die Details des Projekts Kilchberg finden sie im Anhang dieser Arbeit. Die Fenster werden ganz aussen am Modul angeschlagen. Dies war der Wunsch der Bauherrschaft, denn sie liebt tiefe Fenstersimse. Somit werden die Fallmarkisen nicht integriert, sondern auf den Holzfaserdämmplatten befestigt und die hinterlüftete Verschalung wird daran herangefahren. 9.12 Patente, Zertifikate und Garantie Das System EcoCocon ist aus Kostenüberlegungen nicht patentiert. Man ist der Meinung, dass es sehr schwer sei, das Produkt zu kopieren und eine ebenwertige Qualität zu erreichen. Es sind bautechnische Zertifikate in Litauen nach europäischen Normen vorgenommen worden. Ebenso bekam das System das Passivhaus-Zertifikat in Litauen. Ob diese Zertifikate effektiv in der Schweiz zulässig und von den Behörden anerkannt werden, konnte mit dem Projekt Kilchberg nicht überprüft werden, da für dieses kleine Bauvorhaben keine Zertifikate notwendig waren. UAB EcoCocon gewährt eine Garantie auf die Gebäudehülle von 50 Jahren. 134-138 Abb 132.-133 Abb 54 55

9.13 Kosten Der Preis ist abhängig vom Projekt, wird jedoch von Prana House kostenlos offeriert. Auf der Internetseite von EcoCocon Schweiz gibt es sogar ein Berechnungstool. Prana House hat es sich zum Ziel gesetzt, den Preis von 240 Fr./m2 Für das Standartmodul nicht zu überschreiten. Das EcoCocon-Grundelement kann im Preisvergleich mit konventionellen Wandaufbauten mithalten. Die Oberflächenverkleidungen von EcoCocon erhöhen den Preis im Vergleich zu einer Kompaktfassade. Eventuell könnte der Lehmverputz durch eine Gipsplattenverkleidung ersetzt werden und dadurch der Preis etwas gesenkt werden. Im Vergleich zu «konventionellen» Holzbaukonstruktionen kann der komplette Wandaufbau von EcoCocon inkl. Bekleidungen standhalten. Richtpreis EcoCocon (exkl. MwSt., Holzfaserdämmplatte und Verkleidung) 400 mm dick, U = 0,157 W/(m2 K) Standard-EcoCocon-Modul = 170 Fr./m2 Montage der Module = 55 Fr./m2 Transport in die Schweiz = 15 Fr./m2 Total = 240 Fr./m2 Inkl. 3 cm Innenlehmverputz = 120 Fr./m2 Inkl. hinterlüftete Holzverschalung = 100 Fr./m2 (Je nach Ausführung) Total = 450 480 Fr./m2 Richtpreis Kompaktfassade (400 mm dick, U = 0,153 W/(m2 K)) Beton-EPS-Dämmung = 240 Fr./m2 Inkl. Innen- und Aussenverputz = 300 350 Fr./m2 Die Kosten beim Projekt Kilchberg ergeben Folgendes, inkl. Material, Anschlussdetail, Transport und Montage exkl. MwSt., Planungs-honorare: Kosten Kilchberg - Wandaufbau - Innenputz 3 cm Lehm 135 Fr./m2 - Strohelemente 400 mm 220 Fr./m2 (Einkaufspreis Holzbauer 140m 2 ) - Holzfaserplatte 100 mm Pavatherm 48 Fr./m2 - Windpapier 10 Fr./m2 - Hinterlüftungsrost 27/60 mm 17 Fr./m2 - Fassadenschalung Lärche 45 mm 95 Fr./m2 Sägeroh, horizontal liegend - Anschlüssdetails 45 Fr./m2 Total 570Fr./m2 Zusätzlich zum Architektenhonorar wird für das komplette Projekt Kilchberg noch ein Planungshonorar des Generalunternehmens Prana House GmbH und des Subunternehmers Walter Küng AG verrechnet. Kosten Kilchberg - Wandaufbau Planungshonorar Prana House GmbH Planungshonorar Walter Küng AG Bauleitungshonorar Walter Küng AG 12 500 Fr. 14 000 Fr. 27 000 Fr. 10. Gegenüberstellung zweier Wandkonstruktionen EcoCocon-Modul versus Strohballen-Holzrahmenbau Während der Ausführungsplanung habe ich mich immer wieder gefragt, wo genau die Vorteile des Systems EcoCocon im Vergleich zu einer Strohballen-Holzrahmenkonstruktion liegen. Um das System EcoCocon mit einer nicht lasttragenden Strohballen-Holzrahmenkonstruktion zu vergleichen, bildet folgende Konstruktion die Vergleichsgrundlage. Die Strohballen werden hochkant stehend verbaut, da sich so der beste U-Wert ergibt und das Handling am einfachsten ist. Holzrahmenkonstuktion Aufbau von innen nach aussen: Lehmverputz 30 mm Strohballen-Dämmung 3600 mm (Kleinballen L 80 cm B 48 cm H 36 cm) Holzständer Fichte 60/3600 (Raster 2 480 mm = 960 mm) Pavaplan 8 mm (Holzfaserplatte zur Aussteifung der Rahmen) Total Definition Standardmodul Wanddicke ohne Bekleidung 40 cm 36 cm EcoCocon- Strohballen- Holzrahmenkonstruktion hochkant stehend Feuchtegehalt Stroh 10 12% Bis max. 15% Strohdichte 100 kg/m 3 90 100 kg/m 3 Holzkonstruktion Fichtenholz Fichtenholz λ-wert vom Stroh λ-wert = 0,056 W/(m K) λ-wert = 0,052 W/(m K) U-Wert Standardmodul gemäss Abb. 142 &143 (nächste Seite) U-Wert Standardmodul plus 100-mm-Holzfaserdämmplatte gemäss Abb. 144 &145(nächste Seite) Potenzial für Wärmebrücken Luftschalldämmwert R w Brandschutz Statik 3638 mm 10.1 Vergleich bauphysikalische Werte und Tragwerksplanung Wenn die recherchierten Werte Gültigkeit haben, ergibt sich erstaunlicherweise Folgendes: U = 0,157 W/(m 2 K) U = 0,111 W/(m 2 K) Gering keine durchgehenden Holzrahmenteile in der Wandtiefe R w = 54 db 3 cm Lehmputz 40 cm Strohmodul 6 cm Holzfaserdämmplatte RF2 geringer Brandbeitrag Feuerwiderstand nicht bekannt Nicht lasttragend Stroh, Lasten werden durch den Holzrahmenbau abgeleitet U = 0,151 W/(m 2 K) U = 0,110 W/(m 2 K) Hoch durchgehend Holzrahmen in der Wandtiefe Dichte nicht garantiert R w = 44 db gemäss 10 cm Lehmputz innen 36 cm 2 cm Lehmputz F30 1 cm beidseitig, Lehmputz F90 mit beidseitig 8 mm, leichter Kalkputz Gemäss FASBA Nicht lasttragend Stroh, Holzrahmenbau abgeleitet 139. Abb. EcoCocon 140-141 Abb. Holzrahmenkonstruktion 56 57

u-wert.net Strohballen, hochkant stehend, HolzRahmenkonstruktion Wärmeschutz U = 0,151 W/m²K MuKEn14 Umbau*: U<0,25 W/m²K Feuchteschutz Tauwasser: 1,19 kg/m² Feuchtegehalt Holz: +0,1% Trocknet 78 Tage Hitzeschutz Alle Angaben ohne Gewähr 142. Abb. Holzrahmenkonstruktion 144. Abb. Holzrahmenkonstruktion Außenwand, U=0,151 W/m²K erstellt am 10.5.2016 Temperaturamplitudendämpfung: >100 Phasenverschiebung: nicht relevant Wärmekapazität innen: 96 kj/m²k u-wert.net Strohballen, hochkant stehend, HolzRahmenkonstruktion, plus 100 Wärmeschutz U = 0,110 W/m²K MuKEn14 Umbau*: U<0,25 W/m²K Feuchteschutz Kein Tauwasser Hitzeschutz Alle Angaben ohne Gewähr Außenwand, U=0,110 W/m²K erstellt am 10.5.2016 Temperaturamplitudendämpfung: >100 Phasenverschiebung: nicht relevant Wärmekapazität innen: 106 kj/m²k sehr gut mangelhaft sehr gut mangelhaft mangelhaft sehr gut sehr gut mangelhaft sehr gut mangelhaft mangelhaft sehr gut außen 8 3 außen 100 3 360 30 u-wert.net 60 960 1 Claytec Lehmoberputz grob mit Stroh (30 mm) 2 Stroh (360 mm) Dämmwirkung einzelner Schichten und Vergleich mit Richtwerten Wandaufbau System EcoCocon 2 1 3 Pavaplan (8 mm) Außenwand, U=0,156 W/m²K Für die folgende Abbildung wurden die Wärmedurchgangswiderstände (d.h. die Dämmwirkung) der einzelnen erstellt Schichten am 10.5.2016 in Millimeter Dämmstoff umgerechnet. Die Skala bezieht sich auf einen Dämmstoff der Wärmeleitfähigkeit 0,040 W/mK. Wärmeschutz U = 0,156 W/m²K Stroh, Fichte MuKEn14 Umbau*: U<0,25 W/m²K innen Temperaturamplitudendämpfung: Äquivalente 24 Phasenverschiebung: 5,8 hdämmstoffdicke Wärmekapazität innen: 52 kj/m²k (WLS 040) 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 mm sehr gut mangelhaft sehr gut mangelhaft mangelhaft sehr gut DIN 4108 WärmeschutzVO 95 MuKEn14 Umbau U=0,25 Feuchteschutz Kein Tauwasser U=0,2 MuKEn14 Neubau 3-Liter-Haus U=0,15 Hitzeschutz außen Passivhaus U=0,1 360 30 60 960 1 Claytec Lehmoberputz grob mit Stroh (30 mm) 2 Stroh (360 mm) Dämmwirkung einzelner Schichten und Vergleich mit Richtwerten u-wert.net 2 1 3 PAVATHERM (100 mm) 143. Abb. EcoCocon Alle Angaben ohne Gewähr Für die folgende Abbildung wurden die 145. Wärmedurchgangswiderstände Abb. EcoCocon (d.h. die Dämmwirkung) der Alle einzelnen Angaben Schichten ohne Gewähr in Millimeter Dämmstoff umgerechnet. Die Skala bezieht sich auf einen Dämmstoff der Wärmeleitfähigkeit 0,040 W/mK. Außenwand, U=0,112 W/m²K Wandaufbau System EcoCocon plus 100 erstellt am Äquivalente 10.5.2016 Dämmstoffdicke Wärmeschutz Stroh, Fichte Feuchteschutz PAVATHERM Hitzeschutz (WLS 040) Kein Tauwasser Temperaturamplitudendämpfung: 56 0U = 200,112 40 W/m²K 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 Phasenverschiebung: 300 320 340 10,8 360h 380 mm MuKEn14 Umbau*: U<0,25 W/m²K Wärmekapazität innen: 56 kj/m²k sehr gut DIN 4108 WärmeschutzVO 95 100 mangelhaft sehr gut MuKEn14 Umbau U=0,25 U=0,2 MuKEn14 Neubau 3 mangelhaft 3-Liter-Haus U=0,15 mangelhaft innen außen Passivhaus U=0,1 sehr gut Gewerbliche Nutzung nur mit Plus-Option oder PDF-Option (ab 2,99 /Monat zzgl. MwSt). 400 Raumluft: 20,0 C / 50% Dicke: 39,8 cm 30 1 Außenluft: -5,0 C / 80% sd-wert: 2,4 m Gewicht: 105 innen kg/m² Oberflächentemp.: 1 Claytec Lehmunterputz mit Stroh (30 mm) 18,8 C 2 Strohholzelement (400 mm) Wärmekapazität: 154 kj/m²k *Vergleich mit dem Grenzwert gemäß MuKEn14 Art. 1.7 Abs. 2 für Umbauten oder Umnutzungen für opake Bauteile gegen Aussenklima oder weniger als 2 m im Erdreich. 58 2 Seite 1 oder PDF-Option (ab 2,99 /Monat zzgl. MwSt). Raumluft: 20,0 C / 50% Dicke: 49,0 cm Außenluft: 400-5,0 C / 80% sd-wert: 1,2 m 2 Gewicht: 105 kg/m² Oberflächentemp.: 19,1 C Wärmekapazität: 153 kj/m²k 30 1 *Vergleich mit dem Grenzwert gemäß MuKEn14 Art. 1.7 Abs. 2 für Umbauten oder Umnutzungen für opake Bauteile gegen Aussenklima innen oder weniger als 2 m im Erdreich. 1 Claytec Lehmunterputz mit Stroh (30 mm) 3 PAVATHERM (100 mm) 2 Strohholzelement (400 mm) 59 Seite 1 us-option oder PDF-Option (ab 2,99 /Monat zzgl. MwSt).

10.2 Vergleich Planung, Ausführung und Kosten 10.2 Vergleich Planung, Ausführung und Kosten 10.3 Zusammenfassung EcoCocon-Modul versus Strohballen-Holzrahmenbau Definition Planungsaufwand EcoCocon-Standardmodul Gering Strohballen- Holzrahmenkonstruktion hochkant stehend Hoch Die Holzrahmen müssen auf die für Architekten und Handwerker Vor allem mit Übung Strohballenmasse abgestimmt sein Rohstoffe Bio-Qualität Auch möglich mit Bio-Qualität Import Lokal Hoch Das Ausstopfen der Rahmen Ausführung und Montage kann bei nicht masshaltigen Gering Strohballen sehr aufwendig Da fertiges Element geliefert wird werden, und das überstehende Stroh muss zurückgeschnitten werden. Witterungsabhängig Nur für die Aufrichtung Nur für die Aufrichtung Selbstbaupotenzial Niedrig Hoch Zertifikate Vorhanden Keine vorhanden in der Schweiz Kosten Grundelement inkl. Montage exkl. Verkleidungen, Planung und MwSt. Potenzial für den Schweizer Markt 240 Fr./m 2 195 Fr./m 2 Siehe Abb. 146 Hoch 146 Abb. Kosten Strohballen - Holzrahmenkonstruktion Offerte von Walter Küng AG Mittel Gering Beide Systeme ermöglichen eine dampfdiffusionsoffene Wandkonstruktion. Aus baubiologischer Sicht können beide Systeme ein optimales Innenraumklima erzeugen keine Schadstoffe und gute Luftqualität durch die feuchteregulierende Konstruktion. Keine der beiden Konstruktionen verwendet OSB-Platten, die noch immer etwas umstritten sind bezüglich Formaldehydgehalt. Die Ökobilanzen beider Systeme sind ausgezeichnet in Bezug auf Rohstoffe, PEI und CO 2. Betrachtet man die Tabelle mit den bauphysikalischen Werten der zwei Systeme, sind keine grossen Unterschiede ersichtlich. Rein rechnerisch würde die Strohballenkonstruktion minim besser abschneiden. In der Praxis ist das System EcoCocon aufgrund seiner fixen Gegebenheiten und konstanter Dichte von 100 kg/m 3 wärmebrückenfreier was vor allem für den Bau eines Passivhauses grosse Vorteile hat. Bei der Strohballenkonstruktion kann es immer Stellen geben im Rahmen, die noch von Hand ausgestopft werden müssen, denn die Masshaltigkeit der Ballen ist nicht zu 100% gegeben. Es wird an diesen Stellen sicher nicht die gleich Dichte erzielt, was den U-Wert verschlechtert. Im Allgemeinen kann man definieren, dass bei Strohballenbauten nie zu 100% die gleichen Werte erzielt werden, da jeder Strohballen eine minim andere Dichte und Feuchte aufweist. Durch die Qualitätskontrollen in der Produktionsstätte von EcoCocon wird eine konstante Qualität gewährleistet. Ein wesentlicher Unterschied ist der Bezug der Module. Das EcoCocon-Modul wird momentan noch in Litauen produziert, wobei man nicht mehr von einem lokalen Produkt sprechen kann. Diesbezüglich wird durch den langen Transportweg die CO 2 - Bilanz schlechter ausfallen als bei einer lokal produzierten Strohballenkonstruktion. Ebenso geht etwas vom Strohbauspirit zugrunde. Das EcoCocon-System ist nicht selbstbaufreundlich und die Kommunikation über das Fachwissen bezüglich Produktion ist im Vergleich zu andern Strohballenvereinigungen eher verhalten. Der PEI-Gehalt der Systeme ohne zusätzliche Holzfaserdämmplatten ist schätzungsweise etwa gleich. Grosse Unterschiede ergeben sich in Bezug auf die Planung und Ausführung. Das System EcoCocon ermöglicht einem Architekten mit etwas Übung einen geringen Planungsaufwand. Ebenso ist der Aufwand für die Ausführung der Elemente auf der Baustelle wesentlich geringer. Es gibt minime Masstoleranzen und die Oberflächen müssen nicht bearbeitet werden. Es kann nach dem Aufrichten direkt mit dem Innenausbau begonnen werden. Durch den fixen Preis der EcoCocon-Module ist der Kostenvoranschlag exakt zu definieren. Der Planungs- und Ausführungsaufwand bei der Strohballenkonstruktion fällt grösser aus. Zuerst muss das Ballenmass definiert und die Planung auf diese angepasst werden es empfiehlt sich, sehr früh einen Strohlieferanten zu suchen. Bei der Ausführung ist es schwer zu sagen, wie lange das Ausdämmen der Holzrahmen dauert, denn je nach Abweichungen der Masshaltigkeit der Ballen sind diese Aufwände erst in der Ausführungsphase bekannt. Dies kann ein Defizit im Einhalten des Kostenvoranschlags verursachen. Rein von den Richtpreis-Beispielen her ist der Strohballenbau etwas günstiger. 60 61

Meine persönlichen Erfahrungen beim Projekt Kilchberg bezüglich Kosten sind etwas negativ. Natürlich liegt dies auch am GU-Angebot, was ich bei so kleinen Projekten nicht weiterempfehle. Die Planungskosten, welche die Prana House GmbH verrechnet, sind nicht wenig. Die Kostentransparenz ist nicht zu 100% gegeben. Es verdienen noch ein Paar Hände mehr am Projekt als nur der Strohballenbau wert wäre. Da wir nicht von Anfang an mit der Ausführung mit EcoCocon-Elementen gerechnet haben, war der Planungsprozess nicht ganz geradlinig. Es sind nicht verrechenbare Mehrkosten entstanden. Dies wäre bei einem nächsten Projekt jedoch sicher nicht mehr der Fall. Über die Dienstleistungen von Prana House GmbH, die für den Preis erbracht werden, möchte ich aber nicht klagen. Ich sehe vor allem für grosse Projekte wie komplette Überbauungen ein sehr grosses Potenzial für das System EcoCocon. Das professionelle Marketing hat das Potenzial, Investoren zu überzeugen. Damit sich ein Bausystem etablieren kann in der Bauwirtschaft, muss eine Konstanz bei Qualität und Preis gegeben sein, ebenso ist der Vorweis von Zertifikaten ein unumgänglicher Faktor. Ein weiterer sehr wichtiger Vorteil für Grossprojekte ist die 50-Jahre-Garantie, die auf das EcoCocon-System gegeben wird. Mit der Rohstoffgewinnung aus grossen Rundballen ist das System EcoCocon zukunftsfähiger als der Strohballenbau, denn in der Landwirtschaft steigt die Tendenz, nur noch Rundballen zu produzieren. 11. Schlussfolgerung Ich verzichte bewusst auf eine absolute Wertung der Systeme es wäre falsch, denn jedes Bauprojekt wird von unterschiedlichen Parametern definiert, die es im Kontext der Systeme zu hinterfragen und zu definieren gilt. Möchte man ein EFH mit grossem Selbstbauanteil realisieren und die Region soll durch den Bezug von lokalen Rohstoffen und Arbeitnehmern gestützt werden, dann ist und bleibt der Strohballenbau unschlagbar. Bis heute konnte sich der Strohballenbau für grosse Bauprojekte leider nicht wirklich etablieren aus meiner Sicht stellt sich diese Aufgabe an das System EcoCocon. Gerade bei grossen Projekten ist der Einsatz von baubiologisch vertretbaren Konstruktionen noch sehr gering. Ich hoffe, dass EcoCocon das Potenzial hat, unsere «konservative» Baulobby etwas aufzumischen ganz im Sinne einer lebenswerten Zukunft für folgende Generationen. Das professionelle Marketing von EcoCocon bringt frische und moderne Ansätze in die Sparte des gesunden Bauens. Davon profitiert nicht nur EcoCocon, sondern auch die Baubiologie kann sich ein Stück vom Kuchen abschneiden gleichzeitig wird der Baustoff Stroh allgemein gepusht. 12. Abschliessende Gedanken Strohbauten Die Vorteile sind überwältigend: Stroh ist regional verfügbar, nachwachsend, günstig, ungiftig, gute Dämmwirkung, umweltschonend in der Herstellung und trägt zu einem gesunden Innenraumklima bei. Ein Strohhaus ist ein Haus, in dem man sich wohlfühlt! Weltweit liegt der Anteil an realisierten Strohbauten leider nur knapp bei 1%. Aus diesem Grund möchte ich abschliessend auf die Tabelle des Buches «Innovative Wandkonstruktionen» verweisen. Die Tabelle macht deutlich, dass der Strohballenbau aus baubiologischer Sicht in einem guten Verhältnis steht und diese Bauweise mit gutem Gewissen gefördert werden kann. Egal ob lasttragend, nicht lasttragend, aus vorfabrizierten, standardisierten Modulen, ob als Workshop oder professionell geplant und ausgeführt, als Vorzeigeprojekt oder als schnelle, kostengünstige Hilfe bei Notunterkünften der Baustoff Stroh erfüllt alle diese Rollen. Gespannt bin ich, wie sich das System EcoCocon auf dem Schweizer Markt etablieren kann und in welcher Form mich der Baustoff Stroh in meiner zukünftigen Tätigkeit als Baubiologin begleitet. Ich wünsche allen, die einen Strohbau realisieren, viel Motivation, Freude und vor allem ein erfolgreiches, gut gelungenes Bauprojekt. Vielen Dank für Ihr Interesse an dieser schriftlichen Abschlussarbeit der Eidgenössischen Berufsprüfung für Baubiologen 2016. 147. Abb. Holzrahmenkonstruktion 62 63

148. Abb. Wandsysteme im Vergleich Referenzkonstruktionen Holzmodul-Stecksystem Raumfachwerk Strohballen Solarpufferwand Massivholz Hartschaum Blähtonstein VIP-Modulbauteile TWD Kompaktfassade Holzständerbau hinterlüftet kompakt alt neu lasttragend Ständerbau Wandstärke [mm] 430 343 365 320 717 300 545 428 leicht massiv hinterlüftet kompakt Holz PCM Beton 220 346 355 310 365 410 237 320 435 U-Wert (statisch) [W/(m 2 K)] 0.15 0.15 0.15 0.15 0.06 0.15 0.09 0.15 0.26 0.33 0.22 0.28 0.15 0.15 0.15 0.15 0.15 0.15 0.6 U-Wert (effektiv) [W/(m 2 K)] 0.04 0.12 0.04 0.11 < 0.00 -Wert (Grundelement) [W/(m K)] 0.035 0.04 0.073 0.073 0.045 0.046 0.045 0.045 Masse [kg/m²] 277 66 81 90 94 48 118 96 0.05 0.05 0.13 0.13 0.032 0.01 0.004 0.004 0.1 80 211 99 88 346 199 96 710 518 Schalldämmwert R w [db] 55 40 45 31 48 43 55 PEI * erneuerbar [kwh/m²a] 0.10 4.03 8.01 5.44 5.90 3.90 0.09 5.43 PEI * nicht erneuerbar [kwh/m²a] 5.26 2.48 2.54 2.11 2.60 1.45 2.54 1.04 PEI * total [kwh/m²a] 5.36 6.51 10.55 7.56 8.51 5.35 2.62 6.46 Umweltwirkung * [gco 2 eq/m²a] 1147 653 630 586 597 341 413 300 Umweltwirkung * [gso 2 eq/m²a] 5.19 3.19 3.44 2.78 3.65 2.06 2.3 1.72 Kosten [ /m²] 210 230 150 250 200 240 140 180 100 130 150 42 43 52 54 48 61 53 46 36 57 56 3.03 3.02 9.67 6.53 0.08 0.11 10.33 0.19 1.10 10.74 12.17 2.76 3.69 5.64 2.08 22.74 10.83 19.73 13.77 15.19 12.43 10.22 5.72 2.19 33.06 11.02 20.83 1596 2082 646 828 980 696 2195 2294 2849 12.04 13.58 3.27 4.1 5.8 2.62 17.45 12.15 20.32 250 400 210 240 185 170 ab 270 200 750 * Primärenergieinhalt PEI und Umweltwirkung berücksichtigen Herstellung + Erneuerung. Diese Berechnungen wurden von Bosco Büeler mit der BauBioDataBank der gibbeco durchgeführt (siehe Anhang S. 142). Alle anderen Zahlenwerte stammen von den Herstellern. 14 15 64 65

13. Zusammenfassung / Abstract 14. Abkürzungsverzeichnis und Glossar Nr. / Monat, Jahr Autor Titel Bild (durch Bildungsstelle auszufüllen) Petra Eggenberger Bauen mit Stroh: EcoCocon ein standardisiertes Strohbauelement Abkürzungsverzeichnis FASBA = Fachverband Strohballenbau Deutschland e.v. PEI-Gehalt = Primäerenergiegehalt Glossar Strohbauten Sammelbegriff für Gebäude bei denen Stroh als Dämmmaterial verwendet wird. In Form von Strohballen oder gepressten Stroh wei beim System EcoCocon. Lasttragende und nicht lasttragende Konstruktionen. Typ Inhalt / Ziele Schlussfolgerung Autoreninfos Anz. Seiten / Anz. Zeichen inkl. Leerschläge Facharbeit Diverse Fachbücher erläutern detailliert über die Bauweise mit Stroh und ziehen Vergleiche zu den bekannten verschiedenen Strohkonstruktionen es werden bis anhin kaum vorgefertigte Strohbauelemente wie jene von EcoCocon eingesetzt. Das Ziel der Abschlussarbeit ist es, einen Vergleich zwischen Holzrahmenbausystemen, die mit Strohballen ausgedämmt werden und dem System von EcoCocon zu ziehen. Der Vergleich soll Aufschluss über die Vor- und Nachteile zwischen den beiden Holzrahmenbausystemen und den vorfabrizierten Elementen sowie dessen Anwendungsbereiche geben. In einem ersten Teil dieser Arbeit wird die Geschichte, die allgemeinen Eigenschaften und die gängigsten Wandsysteme des Strohballenbaus aufgezeigt. In einem zweiten Teil wird das nach modernen Kriterien entwickelte System von EcoCocon beschrieben, analysiert und mit einem traditionellen Holzrahmenbausystem verglichen. Das EcoCocon-Element, dessen Herstellungsprozesse, der Vorgang auf der Baustelle, biophysikalische Faktoren, Kosten und das mögliche Potenzial, sich in der schweizerischen Baubranche zu etablieren und werden anhand eines Fallbeispiels beschrieben und analysiert. Die Vorteile sind markant und für den baubiologischen Bau relevant: Stroh ist regional verfügbar, nachwachsend, günstig, ungiftig, mit guter Dämmwirkung, umweltschonend in der Herstellung und trägt zu einem gesunden Innenraumklima bei. Ein Strohhaus ist ein Haus in dem man sich wohlfühlt! Egal ob die EcoCocon-Module oder eine Strohballenkonstruktion angewendet werden. Die hervorragenden Eigenschaften sind bei den verschieden Systemen ähnlich, bei den EcoCocon Module ist eine durchgehende Qualität garantiert. Jedes Bauprojekt wird von unterschiedlichen Parametern definiert, die es im Kontext der Systeme zu hinterfragen und zu definieren gilt. Möchte man ein EFH mit grossem Selbstbauanteil realisieren und die Region soll durch den Bezug von lokalen Rohstoffen und Arbeitnehmern berücksichtigt und gefördert werden, dann zählt der Strohballenbau zur ersten Wahl. Das System von EcoCocon eignet sich hervorragend für grosse Projekte. Fixer Preis, schnelle Montage, klar definierte Qualität und eine Garantie auf das System, was bei grossen Projekten unumgänglich ist. Das System EcoCocon bietet dies und ist baubiologisch empfehlenswert. EcoCocon ist ein System, dass ein grosses Potenzial hat um sich in der Schweizer Baubranche zu etablieren. Dipl. Innenarchitektin FH / Arbeitsgeber: Arba-Bioplan / www.arba-bioplan.ch Anzahlt Seiten 129. Anzahl Zeichen inkl. Leerschläge 118'750 Photosynthese Die Photosynthese oder Fotosynthese ist die natürliche Erzeugung von energiereichen Stoffen aus energieärmeren Stoffen mithilfe von Lichtenergie. Sie wird von Pflanzen, Algen und einigen Bakterien betrieben. Bei diesem biochemischen Vorgang wird zunächst mit Hilfe von den lichtabsorbierenden Farbstoffen Chlorophyll oder Bakteriochlorophyll Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt. Diese wird dann unter anderem zum Aufbau energiereicher organischer Verbindungen sehr oft Kohlenhydrate - aus energiearmen, anorganischen Stoffen, hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid CO2 (Kohlenstoffdioxid-Assimilation) und Wasser H2O, verwendet. Da die energiereichen organischen Stoffe zu Bestandteilen des Lebewesens werden, bezeichnet man deren Synthese als Assimilation.Man unterscheidet zwischen oxygener und anoxygener Photosynthese. Bei der oxygenen wird molekularer Sauerstoff (O2) erzeugt, bei der anoxygenen nicht. Bei der anoxygenen Photosynthese können statt Sauerstoff andere anorganische Stoffe entstehen, beispielsweise elementarer Schwefel (S). Die oxygene Photosynthese ist der bedeutendste biogeochemische Prozess der Erde und auch einer der ältesten. Sie treibt durch die Bildung organischer Stoffe mittels Sonnenenergie direkt und indirekt nahezu alle bestehenden Ökosysteme an, da sie anderen Lebewesen energiereiche Baustoff- und Energiequellen liefert. Der erzeugte Sauerstoff selbst dient zur Energiegewinnung in der aeroben Atmung als Oxidationsmittel, so dass sich wegen der oxygenen Photosynthese höher entwickelte Lebensformen bilden konnten. Aus dem Sauerstoff wird außerdem die schützende Ozonschicht aufgebaut. < https://de.wikipedia.org/wiki/photosynthese> (05.5.2016) Hydrophobie Der Begriff hydrophob stammt aus dem Altgriechischen [...] und bedeutet wörtlich wassermeidend. Nach IUPAC-Definition ist die Hydrophobie die Assoziation unpolarer Gruppen oder Moleküle einer wässrigen Umgebung. Mit diesem Fachausdruck aus der Chemie werden Substanzen charakterisiert, die sich nicht mit Wasser mischen und es auf Oberflächen meist abperlen lassen. Wenn eine Oberfläche sehr stark wasserabweisend ist, spricht man auch von Superhydrophobie. <https://de.wikipedia.org/wiki/hydrophobie> (05.5.2016) Cradel-to-Cradel-Produkt Cradle to Cradle Design definiert und entwickelt kreislauffähige Produkte. Als Differenzierung zum konventionellen Recycling bleibt die Qualität der Rohstoffe über mehrere Produktlebenszyklen erhalten und es werden ausschließlich als sicher bewertete Chemikalien eingesetzt. Die Produktionsverfahren, der Gebrauch und die Wiederverwertung der Produkte werden nach dem Modell gestaltet, die Qualität der Rohstoffe über mehrere Lebenszyklen zu erhalten. Das bedeutet: Kein Abfall, alles ist zugleich Nährstoff. Die richtigen Materialien werden in definierten Kreisläufen (Metabolismen) zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort eingeset. <https://epeaswitzerland.com/cradle-to-cradle/> (05.5.2016) Schweizerische Interessengemeinschaft Baubiologie/Bauökologie SIB 66 67