Erweiterung der sozialrechtlichen Befugnisse für Psychotherapeuten Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropsychologie Dr. Karin Schoof-Tams Die Gesellschaft für Neuropsychologie setzt sich für folgende Erweiterung der sozialrechtlichen Befugnisse ein: Verordnung von Medikamenten Verordnung von Heilmitteln, Soziotherapie, Leistungen zur Rehabilitation Einweisung ins Krankenhaus Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit Zwangsunterbringungen 1
Warum wollen wir das? Neuropsychologische Patienten kommen i.d.r. aus der Rehabiliatation Die ist ärztlich geleitet multiprofessionell überwiegend stationär, manchmal ambulant 2
Danach: Ärztliche Betreuung durch den Hausarzt oder Neurologen/Nervenarzt Verordnung von Medikamenten Verordnung von Heilmitteln (Ergo-/Sprach- /Physiotherapie) Demnächst auch neuropsychologische Therapie Welche Probleme haben diese Patienten? 3
Neben anderen kognitiven Störungen Störungen der Exekutivfunktionen nach Verletzung des Frontalhirns, nach diffus-axonalen Schädigungen oder Hypoxien das sind Schwierigkeiten mit der Selektion von Informationen der Auswahl von Handlungszielen der Antizipation von Handlungskonsequenzen dem Beenden initiierter Handlungen der Kontrolle von Emotionen und Selbstregulation eigener Handlungen dem Lernen aus Rückmeldungen und mangelnde Störungseinsicht (Körperlich oft keine oder wenig Probleme) Und z.t. schwere psychopathologische Bilder nach SHT (oft auch nach Verletzung des Frontalhirns) Positivsymptomatik: aggressives Verhalten, inadäquates und / oder unkontrolliertes Sexualverhalten, reizsuchendes / aufmerksamkeitssuchendes Verhalten wie z.b. Selbstverletzungen, zerstörendes Verhalten, dauerndes Klingeln oder Rufen ohne erkennbaren Grund oder Anschlagen des Kopfes) Negativsymptomatik: Antriebsstörungen und Motivationsstörungen (Unfähigkeit, ein theoretisch vorhandenes Interesse in Handlung umzusetzen, Fehlen von Lustgefühlen). Wood (1984) 4
Diese Patienten kennen sich selbst nicht Ihre Angehörigen und auch sie selbst merken erst zuhause, was sich geändert hat Alle sind ratlos Probleme in der ambulanten Nachbehandlung (aus neuropsychologischer Sicht) Hier herrscht die gleiche Ratlosigkeit wie bei den Patienten und Angehörigen: bei niedergelassenen Ärzten: oft fehlen neurologisch rehabilitative Fachkompetenz, insbesondere bzgl. neuropsychologischer Störungen, es gibt keine Zeit für fachliche Beratung, oft lange Wartezeiten, oft körperzentrierte Behandlung, teils nicht kooperativ. bei Heilmittelerbringern: oft nicht auf neurologische Patienten spezialisiert, Ergotherapeuten behandeln einzelne kognitive Störungen ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Konzepte, ohne vorherige Diagnostik und ohne Bezug zur psychischen Gesamtsituation. kaum Kooperation und Absprache zwischen den verschiedenen beteiligten Berufsgruppen. Keine strukturierte und auf die persönliche Situation abgestimmte Fallführung 5
Folgen: Freunde ziehen sich zurück Familien zerbrechen Die berufliche Reintegration gelingt nicht oder kann nicht längerfristig erhalten bleiben Hohe Anzahl von depressiven Entwicklungen, Angststörungen und Verhaltensstörungen Was brauchen diese Menschen? Langfristige Förderung der kritischen Selbsteinschätzung in realistischer Umgebung. Hilfe zur Akzeptanz der Situation. eine realistische beruflichen und soziale Perspektive, die sie selbst akzeptieren können. Hilfe bei der Kompensation der Defizite Und das alles unter der Beachtung von beeinträchtigter Selbstwertregulierung. 6
Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung: Ausdehnung der Fallführung durch ambulante Rehabilitationszentren unter ärztlicher Leitung auch in den Bereich der Versorgung. (Vorschlag Bundesverband ambulant/teilstationäre Neurorehabilitation e.v. /BV-ANR e. V.) Alternativ/ergänzend: Für die Patientengruppe der überwiegend neuropsychologisch gestörten Patienten muss ein ein Paradigmenwechsel möglich werden: Fallführung der schwerpunktmäßig neuropsychologisch zu behandelnden Patienten in psychotherapeutische (hier neuropsychologische) Hände. (mit den dafür notwendigen Befugnissen!) Danke fürs Zuhören! 7