FASERFÖRMIGE STÄUBE IN DER INNENRAUMLUFT

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Transkript:

FASERFÖRMIGE STÄUBE IN DER INNENRAUMLUFT 1. BEGRIFFSBESTIMMUNG Stäube sind in der Innenraumluft ubiquitär vorhanden. Die Quellen sind generell sehr inhomogen und es ist ein sehr breites Spektrum hinsichtlich Staubart (Zusammensetzung, Form und Farbe), Teilchengröße und Teilchendichte zu verzeichnen. Neben dem Anteil aus der Außenluft sind als möglichen Quellen der Abrieb von Textilien, Einrichtungsgegenständen und Baustoffen anzuführen, weiters die Wohn- und Nutzungsgewohnheiten (Heizungsart, Rauchen) sowie die Anwesenheit von Menschen und gegebenenfalls Tieren an sich. Nach der Größe der Partikel werden Feinstäube (< 5 µm) und Grobstäube (> 100 µm) unterschieden. In der Luft sedimentieren Grobstäube in kurzer Zeit zu Boden, während sich Feinstäube wochenlang in der Luft halten können. Unter Fasern versteht man grundsätzlich lang gestreckte Aggregate, bei denen die Länge groß gegenüber dem Durchmesser ist, z.b. > 10:1. 2. SYSTEMATIK UND DARSTELLUNG DER FASERN In der Systematik der Fasern unterscheidet man nach natürlichen Fasern und künstlich hergestellten Fasern bzw. Synthesefasern und innerhalb dieser beiden Gruppen jeweils in anorganische und organische Fasern (sh. Abbildung 1). Zu den anorganischen Naturfasern gehören insbesondere die Asbeste, die aufgrund des jeweiligen Ausgangsminerals in Serpentinasbeste und Amphibolasbeste unterteilt werden. Asbestfasern wurden vor allem im 20. Jahrhundert sehr breit im Bau- und Wohnbereich verwendet, so z.b. als Fassaden- und Dachplatten und als Brand-, Wärme- und Schallisoliermaterial. Asbest nimmt heute nach wie vor eine besondere Rolle in der Schadstoffbewertung der Innenraumluft ein. Organische Naturfasern können weiter in tierische Fasern (Schafwolle, Haare, Seide etc.) und pflanzliche Fasern (Baumwolle, Flachs, Jute etc.) unterschieden werden. Im Kontext mit der Innenraumluft können organischen Naturfasern, insbesondere tierische Fasern für Allergiker problematisch werden. Die anorganischen Synthesefasern werden unter dem Oberbegriff Künstliche Mineralfasern, abgekürzt als KMF, zusammengefasst. Darunter fallen mineralische Wollen wie Glas-, Stein- und Schlackenwollen sowie keramische Wollen, Textilglasfasern, Endlosfasern und polykristalline Fasern.

Künstliche Mineralfasern werden aus der mineralischen Schmelze über unterschiedliche Düsen- oder Schleuderverfahren gewonnen. Zur Herstellung von z.b. Glaswolle werden Mischungen aus Flaschenglas oder Fensterglas mit Sand, Soda und Kalk sowie Zusätzen von Chemikalien und Flussmitteln verwendet. KMF-Produkte werden in erster Linie in der Wärmedämmung, im Brandschutz und in der Schallisolation eingesetzt und dienen vielfach als Asbestersatz. Unter bestimmten Voraussetzungen werden aber auch künstlichen Mineralfasern ähnliche gesundheitliche Wirkungen nachgesagt wie Asbesten. Organische Synthesefasern, die aus natürlichen oder aus synthetischen Polymeren hergestellt werden können, gewinnen zwar zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung, spielen aber bis dato keine Rolle in der Innenraumluftqualität. GESAMTÜBERSICHT DER FASERN Natürliche Fasern Künstlich hergestellte Fasern Anorganische Fasern z. B. Asbest Organische Fasern z. B. Baumwolle, Schafwolle Anorganische Fasern, Künstliche Mineralfasern (KMF) Organische Fasern (Polymerfasern) Glasige (amorphe) Fasern Kristalline Fasern Endlosfasern Mineralwolle einkristalline Fasern (Whisker) Polykristalline Fasern Keramikfasern Hochtemperaturglasfasern Superfeinfasern Abb. 1: Gesamtübersicht der Fasern

3. GESUNDHEITLICHE BEDEUTUNG EINZELNER FASERN Nach dem derzeitigen Kenntnisstand werden Fasern einer Länge von > 5 µm, einem Durchmesser von < 3 µm und einem Verhältnis Länge:Durchmesser von > 3:1 als lungengängig angesehen. Man spricht dabei auch von kritischer Fasergeometrie oder von WHO-Fasern (WHO World Health Organisation). Für eine mögliche Gesundheitsgefährdung infolge faserförmiger Stäube sind aber neben der Fasergeometrie auch die chemischen Eigenschaften von Bedeutung. Besitzen solche kritische Fasern aufgrund deren Chemismus zusätzlich eine hohe Biobeständigkeit, können sie also nach Inkorporierung in der Lunge nur schwer von den körpereigenen Abwehrmechanismen abgebaut werden, so können sie kanzerogenes Potential aufweisen. Dies trifft in besonderem Maße auf Asbestfasern zu, wird aber zunehmend auch bestimmten Künstlichen Mineralfasern nachgesagt. Nach der Richtlinie 67/548/EWG wurden kanzerogene Stoffe in 3 Kategorien wie folgt eingestuft: Kategorie 1: Kategorie 2: Kategorie 3: Stoffe, die auf den Menschen bekanntermaßen kanzerogen wirken Stoffe, die als kanzerogen für den Menschen angesehen werden sollten Stoffe, die wegen möglicher kanzerogener Wirkung beim Menschen Anlass zu Besorgnis geben In deutschen Regelwerken findet sich zusätzlich die Kategorie 0 für Stoffe ohne Einstufung als kanzerogenes Agens. Asbestfasern werden international übereinstimmend der Kategorie 1 zugeordnet. Für Mineralfasern bestehen derzeit teils unterschiedliche Kriterien für eine Zuordnung zu den Kategorien 2, 3 oder 0. Mit der Richtlinie 97/69/EC der Europäischen Kommission vom 05.12.1997 wurden Keramische Mineralfasern generell und Fasern für spezielle Anwendungen wie künstlich hergestellte ungerichtete glasige (Silikat-) Fasern mit einem Anteil der Alkali- und Erdalkali-Metalloxide Na2O, K2O, CaO, MgO und BaO von weniger oder gleich 18 Gewichtsprozent als Karzinogene der Kategorie 2 eingestuft. Künstliche Mineralfasern mit

einem Anteil der Alkali- und Erdalkali-Metalloxiden w. o. von mehr als 18 Gewichtsprozent wurden als Karzinogene der Kategorie 3 eingestuft. In der deutschen Gefahrstoffverordnung wurde eine davon etwas abweichende Klassifizierung von Künstlichen Mineralfasern getroffen. Ein wesentliches Kriterium ist u.a. der Kanzerogenitätsindex KI, der sich aus der Differenz zwischen der Summe der Massengehalte der Oxide von Natrium, Kalium, Bor, Calcium, Magnesium und Barium sowie dem doppelten Massengehalt von Aluminiumoxid ergibt. Ist der KI größer oder gleich 40, so ist die jeweilige Mineralfaser in die Kategorie 0 einzustufen, liegt der KI zwischen 30 und 40, so liegt eine Mineralfaser der Kategorie 3 vor und liegt der KI unter 30, so liegt eine solche der Kategorie 2 vor. Demgemäß lässt sich folgende Übersicht gemäß Tabelle 1 aufstellen, wobei das oben definierte Kriterium der Europäischen Kommission mit AEMO abgekürzt wurde: Faserart / Fasergruppe Asbest Keramikfasern Künstliche glasige anorganische Fasern Anorganische Fasern, soweit oben nicht erwähnt Organische Fasern Kategorie K1 K2 K3 K0 AEMO 18 AEMO > 18 KI < 30 30 < KI < 40 KI 40 Tabelle 1: Zuordnung von Fasern zu Kanzerogenitätskategorien 4. ABGRENZUNG ASBEST KÜNSTLICHE MINERALFASERN Die Durchmesser von Mineralwollen liegen heute im Bereich von 3 8 µm, allerdings ist herstellungsbedingt auch ein variierender Anteil an lungengängigen Feinstfasern mit einem Durchmesser von 0,1 3 µm vorhanden. Im Vergleich dazu liegen Asbestfasern als bekannteste anorganische Naturfasern im Bereich von 2 4 µm beim Chrysotil (Weißasbest, sh. Bild 1) bzw. 0,1 0,2 µm bei den Amphibolasbesten (z.b. Blauasbest, sh. Bild 2). Das Maximum der Kanzerogenität liegt bei einem Asbestfaserdurchmesser von 0,25 µm und einer Länge von 20 µm.

Bild 1: Chrysotilasbest, REM-Aufnahme bei 1000-facher Vergrößerung Bild 2: Amphibolasbest, REM-Aufnahme bei 1000-facher Vergrößerung

Die Abgrenzung der KMF (sh. Bild 3) von den Asbestfasern hinsichtlich der kanzerogenen Wirkung ist zum Teil wissenschaftlich noch nicht abgesichert. Die KMF entwickeln in der Regel weniger Feinstaub, welcher darüber hinaus einen geringeren Anteil von lungengängigen Fasern enthält. Im Vergleich zu Asbest sind die KMF im Körper geringer biologisch beständig, die für die Tumorauslösung notwendige Mindestbeständigkeit ist allerdings nicht bekannt. Während also Keramikfasern in der EU generell der Kategorie 2 zugeordnet werden, ist dies bei Mineralfasern vom jeweiligen Chemismus abhängig. Aufgrund umfassender Umstellungen in der Produktion kann annähernd davon ausgegangen werden, dass die ab etwa 1996 hergestellten KMF-Produkte der Kategorie 3 zuzuzählen sind. Bild 3: KMF, REM-Aufnahme bei 1000-facher Vergrößerung

5. UMGANG MIT KANZEROGENEN FASERMATERIALIEN In Österreich bestehen mit der ÖNORM M 9406 spezifische Vorschriften für den Umgang mit schwach gebundenen asbesthaltigen Materialien. Mit der Überarbeitung dieser ÖNORM M 9406 im August 2001 wurde in der Einleitung ausgeführt, dass die dort festgelegten Bestimmungen auch für den Umgang mit anderen schwach gebundenen faserhaltigen Materialien mit kanzerogenem Potential angewendet werden können. Die ÖNORM M 9406 enthält vor allem spezifisch auf Asbest abgestimmte Bestimmungen, die für die Bewertung bzw. Gefährdungsabschätzung sowie für Sanierungs- und Entsorgungsmaßnahmen anzuwenden sind. Spezifisch auf Künstliche Mineralfasern ausgerichtete Bestimmungen sind in Österreich derzeit noch nicht vorhanden. Es ist aufgrund einhelliger Fachmeinungen davon auszugehen, dass das Gefährdungspotential aufgrund ordnungsgemäß eingebauter Dämmmaterialien auf Basis von KMF-Produkten im Wohnbereich gering ist. Eine Notwendigkeit zu Sanierungsmaßnahmen infolge von eingebauten KMF-Produkten ist in der Regel nicht gegeben, auch nicht für Keramikfaser-Produkte. Aufgrund von Messungen im Auftrag des UBA Berlin wurden in Innenräumen Konzentrationen von durchschnittlich 570 Fasern/m³ KMF mit einem Durchmesser von < 3 µm festgestellt. Hingegen ist beim Einbau und besonders beim Ausbau von KMF- Produkten Vorsicht geboten. Zwar liegen die Arbeitsplatzgrenzwerte (TRK- Wert) für Hochtemperatur-Glasfasern bei 500.000 Fasern/m³ und für alle übrigen KMF-Produkte bei 250.000 Fasern/m³, jedoch kann bei unvorsichtigem Umgang mit solchen Produkten ein Vielfaches dieser Konzentrationen freigesetzt werden. Demgemäß sind unterschiedlich strenge Schutzmaßnahmen empfehlenswert, die in Deutschland in der TRGS 521 ( Technische Regeln für Gefahrstoffe Faserstäube ) festgelegt wurden. Autor: Dipl.-Ing. Heinz Kropiunik aetas Ziviltechniker GmbH 1150 Wien, Kardinal Rauscher-Platz 4