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Transkript:

Liebe Freunde und Förderer von vamos juntos! Im letzten Rundbrief hatte ich Ihnen bereits unsere Projekte für dieses erste Halbjahr angekündigt, nun freue ich mich sehr, Ihnen erste Ergebnisse vorstellen zu können! Zu Beginn des Schuljahres konnten wir über den Zeitraum von fünf Wochen wieder die Schuhputzer und ihre Kinder und Geschwister mit einer für sie individuell zusammengestellten Tüte mit Schulmaterialien ausstatten. Seit wir im Jahr 2000 mit der sozialen Straßenarbeit in La Paz angefangen haben, ist die Ausgabe von Schulmaterialien jährlich unser erstes Projekt. Neu in diesem Jahr war die sich daran anschließende zusätzliche Unterstützung beim Kauf von Schulbüchern. 65 Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren und 34 Jugendliche der Klassen sieben bis zwölf beteiligten sich an unserem Projekt Ein Bild/eine Geschichte für ein Buch. Die Grundschulkinder nahmen zunächst an einem pädagogischen Einstufungstest teil, den unsere Pädagogin Marlene mit ihnen in Gruppen von bis zu zehn Kindern durchführte. Darin ging es bei den Jüngeren u.a. um Malen und Schneiden, das Erkennen und Zuordnen von Farben und Figuren sowie um die Fä- Vorsitzende: Stefanie Meyer, estefaniemeyer@web.de Schatzmeister: Dr. Konrad Overbeck, e-mail: konrad.overbeck@t-online.de Sitz des Vereins: Anholter Postweg 11 46395 Bocholt Telefon: 02871/46447 Postadresse Bolivien: VAMOS JUNTOS, Casilla 3872, La Paz, Bolivia Bankverbindung: Stadtsparkasse Bocholt BLZ: 428 500 35 Kto.-Nr. 100 024 116 IBAN: DE93 428 500 35 0100 024 116 SWIFT-BIC: WELADED1BOH

higkeit des Zählens. Die älteren Kinder bekamen Rechenaufgaben und eine Bildergeschichte, die sie in eine sinnvolle Reihenfolge bringen und anschließend erzählen sollten. Weitere Aufgaben waren das Wiedererkennen von Wörtern in einer bestimmten Zeit und das Erfassen logischer Zusammenhänge. Durch diese Testaufgaben wurden zwölf Kinder mit besonderen Lernschwierigkeiten identifiziert, die seitdem spezielle Unterstützung durch unsere eigenen Kräfte oder in einem mit unserer Hilfe organisierten pädagogischen Zentrum erhalten. Die Lehrer der betroffenen Kinder wurden über die von uns festgestellten Lernschwierigkeiten in Kenntnis gesetzt, verbunden mit der Bitte, ein besonderes Augenmerk auf die speziellen Probleme der Kinder zu legen. Kinder malen den Lebensalltag Einstufungstest mit Erfassen einer Bildergeschichte Im zweiten Schritt setzten sich die Kinder und Jugendlichen speziell mit dem Thema des Projektes: Diskriminierung der Schuhputzer in La Paz auseinander. Mit den Grundschülern wurden dazu einzeln und in Gruppen mit verschiede-

nen Materialien wie Wasserfarben, Leuchtfarben, verschiedenen Papiersorten und Salzteig Collagen und Bilder hergestellt, insgesamt 140 Arbeiten! Diese sollen zum Abschluss des Projektes im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit von La Paz vorgestellt werden. Zusätzlich werden wir die Arbeiten in einem Buch veröffentlichen. Geplant ist auch, die Ausstellung im kommenden Jahr in Deutschland zu zeigen. Die Kinder waren mit großer Begeisterung bei der Sache. Durch die Materialien, die vielen Kindern z.t. unbekannt waren, fiel ihre anfängliche Schüchternheit schnell von ihnen ab. Auch die Mütter, die ihre Kinder zweimal zu den dreistündigen Seminaren begleiteten, waren sehr zufrieden mit den Arbeiten und freuten sich über die gute Stimmung und die Motivation ihrer Kinder. Diese war so ansteckend, dass sich die Frauen für das kommende Jahr nun eigene Se- Schuhputzer wartet auf Kundschaft Gemeinsame Gestaltung einer Collage

minare wünschen. Während wir bei den jüngeren Kindern feststellten, dass viele gar nicht wussten, in welchem Bereich ihre Eltern eigentlich arbeiten, war es vielen älteren geradezu unangenehm, zuzugeben, dass jemand aus der Familie als Schuhputzer sein Geld verdient. Auf die Frage, was sie von vamos juntos wüssten, kamen Hinweise darauf, dass wir eine Hilfsorganisation seien, die armen Menschen helfen würde, vor allem mit Schulmaterialien, aber auch in Krankheitsfällen. Die direkte Arbeit von vamos juntos mit Schuhputzern wurde nicht erwähnt. Diese Zurückhaltung zeigte für uns u.a., dass die in der Gesellschaft allgemein verbreiteten Vorurteile gegenüber Schuhputzern auch in den Köpfen ihrer eigenen Kinder eine starke Blockierung verursachen. Ziel war es darum für uns, dass sich die Kinder und Jugendlichen mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit auseinandersetzen und sich in dem von uns angebotenen geschützten Raum mit Gleichaltrigen in ähnlicher Lebenssituation austauschen konnten. Der Schuhputzer und seine Kunden Schuhputzer in Aktion

Wie bei den Arbeiten der Grundschulkinder war auch bei den älteren Schülern Kreativität gefragt; sie sollten zum Thema des Projektes Texte verfassen. Hier hatten die meisten erhebliche Schwierigkeiten. Kaum jemand von ihnen hatte schon einmal selbstständig einen freien Text verfasst, dazu noch zu einem relativ offen formulierten Thema. So konnte das erste Seminar nur mit kleinen Schritten beginnen. Hausaufgabe für das nächste Treffen war dann, dass sie eine Vorlage mitbringen sollten, es konnte ein Erfahrungsbericht sein, aber Eine erzählte Geschichte ist immer auch ein Stück eigene Lebensgeschichte auch eine fiktive Geschichte. Im zweiten Seminar wurde dann mit jedem einzelnen seine mitgebrachte Geschichte besprochen und weiter bearbeitet. Dabei stellten wir fest, dass viele über ihre Väter geschrieben hatten, es also wahrscheinlich in vielen Fällen zum ersten Mal in der Familie einen Austausch zu diesem Thema gegeben hatte. So erzählt Emma, wie ihr Vater vom Land in die Stadt geflohen war, um dort als Schuhputzer zu arbeiten, nachdem seine Eltern ihn fälschlicherweise beschuldigt hatten, Geld entwendet zu haben. Brayan nimmt die Geschichte von seinem Vater auf, der anfing, als Schuhputzer zu arbeiten, als seine Mutter im Sterben lag, um sie mit seinen Einnahmen vielleicht noch retten zu können. Nayda schreibt von ihrem Vater, den sein Stiefvater mit acht Jahren zum Schuhputzen schickte, ihm dann aber das verdiente Geld wegnahm, es vertrank und ihn und seine Mutter schlug. Naydas Vater flüchtete schließlich auf die Straße und lebte dort einige Zeit,

bis er den Mut fand, seinen Stiefvater anzuzeigen. Es gibt aber auch andere Geschichten, so von Schuhputzern, die ihre Liebe finden, aber auch von denen, die wegen ihrer Arbeit zurückgewiesen werden. Besonders ist auch die Geschichte des 12-jährigen Deymar über drei fußballbegeisterte Schuhputzer. Seine eigene Begeisterung für diesen Sport springt dabei gleich über! Die drei Schuhputzer gewinnen nach vielen Schwierigkeiten ein sehr wichtiges Turnier, und so endet seine Geschichte mit dem Satz: Am nächsten Tag gingen sie wieder ins Stadtzentrum runter, um Schuhe zu putzen. Sie setzten sich ihre Gesichtsmasken auf, und keiner von denen, die sich die Schuhe putzen ließen, wusste, dass sie Weltmeister vor sich hatten. Nach Abschluss der Seminare erhalten die Kinder und Jugendlichen für ihre Teilnahme drei Schulbücher, die sie sonst selbst kaufen müssten. Die Ausgaben für Schulmaterialien und Bücher sind für die einzelnen Familien enorm, weil die Anzahl der Kinder pro Familie weit über dem deutschen Durchschnitt liegt und zusätzlich zu den Büchern in den Hauptfächern auch noch Kosten in den Nebenfächern anfallen. Bisher haben 82 Kinder und Jugendliche Bücher im Wert von über 1000,00 Euro erhalten. Das Bild der Schuhputzer in der Gesellschaft zu verändern darum geht es uns auch in unserem alternativen Tourismusprojekt Mit anderen Schuhen, in dem Schuhputzer interessierten Paceños (Einwohnern von La Paz) und anderen Bolivianern, aber auch ausländischen Touristen bei einem Rundgang durch das Stadtzentrum die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigen und sie mit dazugehörigen Hintergrundinformationen versorgen. Parallel dazu geben sie auch einen Einblick in die

Situation der Schuhputzer in La Paz. Dadurch, dass sie den Teilnehmern etwas über die Geschichte der Schuhputzer in der Stadt und über ihre Arbeits- und Lebenswelt erzählen, zeigen sie ihnen ein anderes Bild auf als das, welches in der Gesellschaft so sehr verbreitet ist. Statt in den Schuhputzern ausschließlich Alkoholiker, Drogenabhängige und Betrüger zu sehen, erfahren sie auf diese Weise, dass die Schuhputzer einer ganz normalen Dienstleistung nachgehen, die vom Großteil der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Dabei handelt es sich in der Regel um Familienväter (in einigen Fällen auch Mütter), um Schüler, Auszubildende und Studenten, aber auch um 70 bis 86 Jahre alte Menschen, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen (müssen). Schuhputzer als Fremdenführer beim Rundgang durch La Paz Unterstützung, das Schuhputzerbild in der Gesellschaft zu verändern, erhalten wir aktuell auch von politischer Seite. Dort wird zurzeit ein Gesetz für die Schuhputzer erarbeitet, das en gros bereits von der Abgeordnetenkammer einstimmig verabschiedet wurde. Die Abstimmung im Senat steht noch aus, ob sie allerdings noch vor der Winterpause (wir sind zurzeit mitten im Winter) stattfinden wird, ist unsicher. Dort geht es darum, den Schuhputzern einen eigenen Tag zuzusprechen, an dem ihre Arbeit besonders wertgeschätzt werden soll. Bei den täglichen Festivitäten hier denke ich, dass tatsächlich beinah jede andere Berufsgruppe bereits solch

einen eigenen Tag (entweder international, aber auf jeden Fall national, in manchen Fällen auch zweimal) besitzt. Dieser Tag der Schuhputzer ist schon festgeschrieben, und wie es der Zufall (es ist tatsächlich Zufall) will, haben sie sich von den 365 Tagen im Jahr ausgerechnet meinen Geburtstag herausgesucht. Nach 15 Jahren Arbeit mit den Schuhputzern finde ich dies für mich persönlich ein sehr schönes und passendes Geschenk! Den Schuhputzern selbst geht es aber natürlich um wesentlich mehr! Ihnen soll außerdem per Gesetz eine kostenlose medizinische Versorgung zugesichert werden, zumindest was ärztliche und Laboruntersuchungen sowie Medikamente angeht. Noch ist alles ziemlich vage, doch die Intention ist da. Allerdings stellt sich für mich die Frage, warum ein solches Gesetz überhaupt notwendig ist. Denn in der Verfassung von 2009 wird allen Bolivianern ohne Unterschied eine solche kostenlose medizinische Versorgung zugesichert, auch wenn die Einlösung dieser Versprechen noch in weiter Ferne steht. Warum brauchen also Schuhputzer dann eine Sonderbehandlung? Werden sie nicht auf der gleichen Stufe wie alle anderen Bolivianer gesehen? Eine positive Sonderbehandlung wie in diesem Falle ist unserer Ansicht nach auch eine Form der Diskriminierung. Auch wenn das Gesetz zum Teil schon verabschiedet ist für uns sind noch viele Fragen offen, und wir hoffen sehr, diese auf politischer Ebene klären Genaro mit seiner Frau und fünf ihrer acht Kinder zu können.

Noch sind wir aber von dieser kostenlosen medizinischen Behandlung weit entfernt und viele Schuhputzer können nur schwer die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung ihrer Familie aufbringen. Auch aus diesem Grund führen wir unser Projekt für Großfamilien durch, worüber wir im letzten Rundbrief schon berichtet haben. Unterstützt werden Familien, die mindestens vier Kinder unter 25 Jahren haben. Zwischen drei und 18 Jahren müssen diese den Kindergarten oder die Schule besuchen, die über 18-jährigen müssen eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren und noch zu Hause wohnen. Zunächst führten unsere drei Sozialarbeiterinnen Magaly, María Eliza und Veronica im Rahmen dieses Projektes Hausbesuche durch, um die Lebenssituation der interessierten Familien näher kennen zu lernen. Für manche Besuche mussten sie einige Stunden Busfahrt und zusätzliche Kilometer Fußweg auf sich nehmen, um die Familienangehörigen der Schuhputzer, die ausschließlich auf dem Land leben und zum Teil Casiano mit Familie nur Aymara-sprachig sind, also nicht der spanischen Sprache mächtig, kennen zu lernen. Nachdem die Grundvoraussetzungen erfüllt waren, nehmen nun 34 Familien mit 225 Personen an diesem Projekt teil; davon sind 87 Kinder unter 13 Jahren und 72 Jugendliche im Alter von 14 bis 25 Jahren. Idee des Projektes ist es, in drei großen Bereichen präventiv zu arbeiten: Gesundheit, Ernährung und Bildung. Jeder Bereich wird seit Mai einen Monat lang thema-

Seminar für Gesundheitsvorsorge tisiert: professionelle Referenten geben den teilnehmenden Eltern nach einer kurzen theoretischen Einführung vor allem praktische Hinweise für ihren Alltag. Die Seminare werden jeden Freitag zweimal angeboten, jeweils vormittags und nachmittags, um so auch allen die verpflichtende Teilnahme zu ermöglichen. Im Zusammenhang mit dem Thema Gesundheit im Monat Mai haben wir für alle 225 Personen eine Untersuchung beim Arzt für Allgemeinmedizin oder beim Kinderarzt veranlasst, wofür vamos juntos 80% der Kosten übernimmt (normalerweise unterstützen wir die Schuhputzer mit 50% der Kosten und ihre Familienangehörigen mit 30%). Ein Besuch beim Frauenarzt für Mädchen ab 13 Jahren bzw. eine Untersuchung bei einem Urologen für Männer ab 30 Jahren ist ebenfalls verpflichtend. Verordnete Überweisungen an spezielle Fachärzte sowie Laboruntersuchungen und Medikamente werden ebenso mit 80% der Kosten unterstützt. Leider ist es ja gerade in Großfamilien aus Kostengründen oft der Fall, dass die Familienmitglieder erst zum Arzt gehen, wenn es schon zu spät ist. Wir hoffen deshalb, dass durch unsere Kampagne Krankheiten schon frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Am letzten Freitag eines jeden Monats innerhalb des Projektes (insgesamt dreimal) bekommen die Familien nach dem Seminar Lebensmittel im Wert von 200,00 Bs (etwa 23,00 Euro); dazu gehören Reis, Quinua, Haferflocken, Linsen, Weizen, Öl und Milch. Die Freude der Eltern Ende Mai und Juni war ungeheuer groß und zu-

gleich ansteckend! Im Juni ging es in den Seminaren um das Thema Ernährung. Unter fachkundiger Anleitung stellten alle Teilnehmer/innen u.a. kostengünstige, einfache und vor allem gesunde Speisen her. Die Erwartung unsererseits ist, dass sie die Rezepte nun auch zu Hause ab und zu anwenden werden. Im Juli steht das Thema Bildung im Mittelpunkt, für die Kinder gibt es in diesem Jahr ein zweites Mal Schulmaterialien. Die Kinder der Schuhputzer, die sich in der Ausbildung oder im Studium befinden, unterstützen wir bei den Extra-Ausgaben. Da es Seminar Gesunde Ernährung zwei Wochen Winterferien gibt, bieten wir auch zwei Seminare für die Kinder und Jugendlichen an, u.a. soll es dort um den verantwortlichen Umgang mit dem Internet gehen. Die Eltern motivieren wir seit Beginn des Projektes, Kurzausbildungen zu absolvieren, wie z.b. das Friseurhandwerk zu erlernen, Konditorei- oder Computerkurse o.ä. zu absolvieren. Dafür übernehmen wir bis zu 600,00 Bolivianos pro Kurs. Während wir im Gesundheitsbereich tatsächlich alle Personen erreichen, ist es bei den Kurzausbildungen ziemlich schwierig. Viele haben berechtigterweise Sorge, dass ihnen die täglichen Einnahmen fehlen werden, wenn sie solche Kurse besuchen. Umso mehr freuen wir uns, dass sich dennoch einige zu Kursen angemeldet haben und sie so vielleicht die Chance haben, langfristig ihre berufliche Situation zu verbessern.

Die intensive Unterstützung im Bereich der Bildung hat für uns oberste Priorität. Denn nur mit einer guten (Aus)Bildung haben die Schuhputzer und ihre Kinder eine reale Chance, das Leben auf der Straße hinter sich zu lassen, es selbst in die Hand zu nehmen und die Richtung zu ändern. Zusätzlich zu den Patenschaftsprogrammen für Schuhputzer, die sich in einer Ausbildung oder im Studium befinden, und für Abendschüler (sowohl Schuhputzer als auch ihre Familienangehörigen), die ihren Schulabschluss nachholen, unterstützen wir seit Anfang des Jahres gesondert auch Schuhputzer oder Kinder und Geschwister von Schuhputzern, die die 9. bis 12. Klasse besuchen und einen besonders guten Notendurchschnitt haben. Eine ähnliche Unterstützung gibt es auch für Frauen und Kinder von Schuhputzern, die mit sehr guten Noten eine Ausbildung machen oder ein Studium absolvieren. Das Angebot des Stipendiums soll sie motivieren, die bisher schon erfolgreiche schulische und berufliche Ausbildung fortzusetzen, wodurch sich gleichzeitig ihre späteren beruflichen Chancen erhöhen. Liebe Spenderinnen und Spender, wie Sie dem Rundbrief entnehmen können, haben wir hier vor Ort ein hochmotiviertes Team voller neuer Ideen, mit denen wir langfristig die Situation der Schuhputzer im Allgemeinen, aber auch in Einzelfällen verbessern möchten. Diese Arbeit ist, wie Sie wissen, nur möglich durch ihre großartige Unterstützung, für die ich mich im Namen von vamos juntos ganz herzlich bedanken möchte. Für das vamos juntos-team in La Paz Ruth Overbeck de Sumi