Bei Flüssigdünger reicht oft eine Gabe Immer mehr Betriebe im Nordosten düngen nur noch einmal im Frühjahr. Dr. Barbara Boelcke, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Gülzow berichtet. Sinkende Produktpreise und steigende Betriebsmittelkosten zwingen dazu, die bisherige N-Düngung mit Aufteilung in mehrere Gaben zu überprüfen. Folgende Gründe sprechen dafür: Aus früheren Untersuchungen ist belegt, dass im Getreidebau auf D-Standorten der Wirkungsgrad von mineralischem Stickstoffdünger nur 50 % bis maximal 70 % beträgt. Er kann sogar noch weiter absinken, wenn Teilgaben aufgrund fehlender Niederschläge nur eingeschränkt wirken. Im Nordosten Deutschlands sind N-Spätgaben davon besonders betroffen. Mit Düngeverfahren, die Überfahrten einsparen, lassen sich Kraftstoffverbrauch, Arbeitsaufwand und Maschineneinsatz verringern. Auch der Managementaufwand sinkt drastisch, weil nur noch einmal über Termin und Höhe der N-Düngung entschieden werden muss. Durch alternative Düngeverfahren sollen N-Verluste minimiert werden, die durch Auswaschung, Ausgasung und Abschwemmung des gedüngten Stickstoffs entstehen. Ausbringung zunehmend mit der Feldspritze Versuche haben gezeigt, dass durch die Anwendung von Ammoniumdüngern die Reduzierung auf nur eine Stickstoffgabe möglich ist. Flüssigdünger (Übersicht 1) mit einem hohen Anteil Ammonium- und Carbamidstickstoff sind für die einmalige Übers. 1: N-Gehalte verschiedener Düngerlösungen Düngemittel N ges. Carbamid-N Ammonium-N Nitrat-N S Bemerkung NTS 27/3 27 13 8 6 3 AHL/ATS1) -Lösung; N/S-Verhältnis günstig für Getreide NTS 24/6 24 11 8 5 AHL/ATS-Lösung; N/S-Verhältnis 6 günstig für Raps PIASAN 24-S 24 11 8 5 3 Alzon flüssig-s 24 11 8 5 3 mit Nitrifikationshemmstoff Domamon L 26 20 14 6 6 Ammoniumsulfat-Harnstoff- Lösung NPK-S 19/3/5 19 16 3 2 AHL/NP/ATS/KCI-Lösung Düngerlösung, die bei der Herstellung bluesulfate 8 8 9 von Cyanwasserstoff entsteht; ph-wert unter 4; nicht als Blattdünger geeignet 1) Ammoniumthiosulfat Mit nur einer Überfahrt wird die gesamte N-Menge ausgebracht. N-Applikation eine wesentliche Voraussetzung. Durch sie soll der Ammonium- Anteil an der Stickstoffaufnahme der Pflanzen erhöht werden. Seit 1998 werden im Norden und Osten Getreide, Raps und auch Grünland, sowohl mit Injektionsgeräten, zunehmend aber auch mit der Feldspritze mit Schleppschläuchen oder grobtropfig mit Mehrlochdüsen gedüngt. Die Injektions- Geeignete Düngemittel für die einmalige N-Applikation. Die nachhaltige Wirkung wird durch die Anteile von Carbamid- und Ammonium-Stickstoff erreicht. 54 top agrar 12/2005
düngung konnte sich aus Kostengründen und wegen technischer Mängel jedoch nicht durchsetzen. In erster Linie war die Arbeitsersparnis dieser Düngemethode für die Betriebe ausschlaggebend. Sehr schnell wurden in den Betrieben auf leichteren Böden mit Vorsommertrockenheit die Vorteile der einmaligen Applikation im Vergleich zur Gabenteilung für Getreide und Raps bekannt. Roggen und Gerste reagierten mit Mehrerträgen, ausgeglichenen Beständen und höherer Ertragssicherheit, was insbesondere auf den zur Trockenheit neigenden Standorten im Nordosten große Bedeutung hat. Positive Ergebnisse in Gerste, Roggen In Versuchen der Landesforschungsanstalt wurden Ertragsvergleiche zur bisherigen Düngepraxis angestellt. Außerdem musste die optimale Zeitspanne für die einmalige Düngung geklärt werden. In den Exaktversuchen wurden folgende Düngeverfahren verglichen: Festdünger geteilt, Flüssigdünger in einer Gabe, ausgebracht mit dem Injektionsrad; Flüssigdünger in einer Gabe, oberflächig ausgebracht mit Schleppschläuchen. Die Ausbringung mit Schleppschläuchen erfolgt oberflächig bodennah (siehe Übersicht 2: Ertrag von Winterroggen abhängig vom N-Düngeverfahren Foto Seite 56) und entspricht in etwa der Applikation mit Mehrlochdüsen. Für die übliche N-Flüssigdünger-Ausbringung haben sich bekanntlich 5- und 8-Lochdüsen am besten bewährt, die grobtropfig träufelnd, abdriftarm und pflanzenschonend arbeiten. In den meisten Betrieben, Entscheidend ist der Ausbringungstermin. Der Roggen auf leichten Böden bringt mit der Gesamtgabe zu Vegetationsbeginn die besseren Erträge. Grafiken: Orb die N-Düngerlösungen in einer Gabe ausbringen, wird diese Technik genutzt. Eine Kombination mit Pflanzenschutzmitteln ist bei der grobtropfigen Applikation allerdings nicht möglich. In Gerste auf leichtem Boden brachte die einmalige Flüssigdüngung sowohl bei Mit einmaliger Düngung bis zu 20 5/ha gespart Mit nur einer Überfahrt im Frühjahr sparen wir mit der NTS-Düngung gegenüber der Gabenteilung 15 bis 20 E/ha, so Jürgen Cummerow, Geschäftsführer der Ivenacker Eichen, einem etwa 3 000 ha großen Betrieb nordwestlich von Neubrandenburg. Für einen solchen Betrieb ist eine schlagkräftige und termingerechte Arbeitserledigung besonders wichtig. Deshalb passt das Verfahren bei uns so gut, zumal auch die Erträge nicht schlechter geworden sind, betont Cummerow. Die anfängliche Ausbringung des Düngers mit einem Injektionsgerät hat er jedoch in nicht so guter Erinnerung. Es stellte sich heraus, dass das Prinzip zwar gut, die 18 m breite Injektionstechnik den Belastungen aber nicht gewachsen war. Aus Angst, mit der Düngung nicht rechtzeitig fertig zu werden, sind wir auf das System Spritze und Mehrlochdüse umgestiegen, berichtet Cummerow. Mit der Spritze werden in einmaliger Überfahrt bis zu 840 l/ha NTS-Dünger (ca. 225 kg N) ausgebracht. Um die Mit einmaliger N-Düngung werden Überfahrten gespart und die Spritze ist besser ausgelastet, so Holger Bensch, Leiter der Pflanzenschutztechnik. Leistung beim Befüllen zu erhöhen,waren größere Pumpen nötig. Die 36 m Arbeitsbreite lassen sich nicht voll nutzen, weil das Fassungsvermögen der Spritze zu klein ist, so dass sie oft mitten im Feld leer sein würde, schildert Cummerow seine Erfahrung. Deshalb wurde die Ausbringung auf 24 m begrenzt. Weitere Kosten entstanden durch Lagertanks, die für Flüssigdünger abgenommen sein müssen und deshalb relativ teuer sind. Neuerdings gibt es allerdings mit so genannten Flexibehältern eine preiswertere Lösung für die Zwischenlagerung am Feldrand, aus denen direkt abgepumpt werden kann. Leer lassen sich die flexiblen Behälter zusammen falten und Platz sparend aufbewahren, so dass weitere Kosten eingespart werden können. - mb- top agrar 12/2005 55
Injektion als auch bei oberflächlicher Ausbringung mit der Spritze Mehrerträge bis zu 10 %. Diese Ertragsvorteile gab es auf dem mittleren Boden (AZ 45) nicht. Unabhängig von Bodengüte und Standort reagierte die Wintergerste aber sehr stark auf den Termin der einmaligen Düngung. So wurden Mindererträge im Vergleich zur geteilten Festdüngung zwischen 7 % und 15 % festgestellt, wenn die Düngung erst zu Schossbeginn (EC 30/31) erfolgte. Verglichen mit der einmaligen Düngung zu Vegetationsbeginn gab es sogar Ertragsverluste bis zu 20 %. Im Winterroggen wurden durch die einmalige N-Injektion Mehrerträge im Vergleich zu herkömmlichen Düngeverfahren erzielt. Der optimale Termin ist zum Wachstumsbeginn des Roggens im Frühjahr (s. Übersicht 2). Auf dem sehr leichten Boden in Bornhof (AZ 18) im Müritzkreis waren die Mehrerträge am deutlichsten, was sicher auf den Wassermangel an diesem Standort zurückgeführt werden kann. Anfangs wurde erwartet, dass durch die einmalige N-Gabe zu Vegetationsbeginn die Ährenzahl stark gefördert würde und dadurch die Saatstärke verringert 56 top agrar 12/2005 Mit Schleppschläuchen kann die Düngerlösung fast ohne Blattkontakt bodennah ausgebracht werden. Fotos: agrarfoto.com, Bröker (2), Händel scheidende Rolle. Aus diesem Grund wurde der A-Weizen (Sorte Kornett) in die Versuche einbezogen, für den eine N- Spätgabe unerlässlich ist. Aus Übersicht 3 wird deutlich, dass der Ertrag wiederum auf dem Standort Vipperow mit dem 30er Boden bei einmaliger N-Düngung gleich oder höher ist, als bei geteilter N-Düngung. Der optimale Düngetermin ist jedoch standortabhängig. So empfehlen wir im Fall Vippewerden müsste. Bei Hybridroggen wäre das ein günstiger Nebeneffekt. In unseren Versuchen wurden durch die Düngeverfahren die Ährenzahlen weder beim Roggen noch bei den anderen Getreidearten beeinflusst. und im Weizen Im Weizenanbau spielt der Rohproteingehalt für die Preisgestaltung eine ent-
Übersicht 3: Erträge von Winterweizen (relativ) im Vergleich der Düngeverfahren (2001 2005) Beim Weizen ist eher die Qualität des Standortes für den optimalen Düngetermin einer einmaligen Stickstoffdüngung maßgebend. row diese Gabe zum Schossbeginn und für Gülzow zum Vegetationsbeginn. Beide Standorte sind bezüglich der übrigen Nährstoffversorgung (P, K, Mg, ph-wert) und des Humusgehaltes als gleichwertig einzuschätzen (Gehaltsklasse C und D, Humusgehalt 1,4 1,8 %). Der durchschnittliche Ertrag ohne N- Düngung lag bei 72 dt/ha Weizen. Wie reagieren Rapsertrag und Ölgehalt? Im Raps zeigte sich in allen Jahren, dass auf dem 30er Boden mit der einmaligen Düngung zu Wachstumsbeginn höhere bzw. gleich hohe Erträge erreicht wurden. Eine Ausnahme bildet die Injektion der NTS-Lösung mit relativ 93 (Übersicht 4). Hierbei brachte die Düngung in einer Gabe am Standort Gülzow Mindererträge, so dass für vergleichbare Standorte wie Gülzow die Reduzierung der N-Düngung auf nur eine Gabe mit Fest- oder Flüssigdünger nicht empfohlen wird. Der Ölgehalt des Rapses wurde durch die verschiedenen Düngeverfahren kaum beeinflusst. Der etwas höhere Wert in der top agrar 12/2005 57
Injektionsvariante mit NTS ist auf die schlechtere Wirkung des gedüngten Stickstoffs zurückzuführen, die bereits im Ertrag zu erkennen war. Insgesamt kann für den leichteren Standort festgestellt werden, dass bei gleichem N-Düngeniveau durch die einmalige Applikation der Ertragsanstieg aufgrund der besseren N-Effizienz nicht zu einem Absinken des Ölgehaltes geführt hat. In der Tendenz ist er angestiegen. Dieses Ergebnis unterstützt die positive Bewertung der Wirtschaftlichkeit der einmaligen N-Düngung im Rapsanbau insbesondere dann, wenn preiswerte Flüssigdünger mit Schleppschläuchen oder grobtropfig ausgebracht werden. Übersicht 4: So reagieren Rapsertrag und Ölgehalt Art der Düngung Festdünger, Veg.-Beginn 50 % Kleinknospe 50 % Ertrag relativ 100 (45,7 dt/ha) Ölgehalt (%) 42,0 Festdünger, eine Gabe 105 42,0 Injektion mit NTS 93 42,6 Injektion mit NPK 103 42,1 Schleppschlauch, NTS 100 42,4 Schleppschlauch, NPK 105 42,1 Ackerzahl 30; vier Versuchsjahre, einheitlich 200 kg N/ha zu Vegetationsbeginn bzw. geteilt in der 1. Variante Übersicht 5: Einfluss auf die Eiweißgehalte Düngeverfahren Eiweißgehalt (%) Injektion, Vegetationsbeginn 13,0 Injektion, EC 30 13,2 Injektion + Spätgabe mit Schleppschlauch 13,1 Injektion + Spätgabe mit KAS 14,0 Festdünger, geteilte Gaben 13,9 200 bzw. 220 kg N/ha, davon einheitlich 50 kg als Qualitätsgabe bei geteilter Düngung Qualitätsweizen braucht KAS als Spätgabe Die Rohproteingehalte im A-Weizen waren bei einmaliger Düngung geringer als bei der mehrfach geteilten N-Düngung. Daher wurde die Teilung der gesamten Flüssigdüngermenge in eine Gabe zu Vegetationsbeginn bzw. zu Schossbeginn und eine zweite zum Beginn des Ährenschiebens (EC 51) geprüft. Die Eiweißgehalte stiegen dadurch zwar an, er- NTS-Düngung auch fürs Grünland Von den Vorteilen der NTS-Düngung überzeugt ist Martin Graf, Leiter des Pflanzenbaus. Wir setzen die NTS-Düngung auch auf Grünland ein. Dadurch erreichen wir gleichmäßigere Bestände und haben nur ein Verfahren für den gesamten Betrieb, schildert Hartmut Kussmann vom Wolkower Milchhof. Der Agraringenieur bewirtschaftet einen Gemischtbetrieb mit 1 024 Kühen und 1 680 ha Ackerbau incl. Grünland westlich von Demmin. Gerade für unsere 30er Böden mit Frühsommertrockenheit hat sich das Verfahren bewährt, weil dadurch die Verfügbarkeit des Düngers in allen Kulturen verbessert wird, so Kussmann. Im Jahr 2000 hat der Betriebsleiter die Injektionsdüngung erstmals ausprobiert. Bis dahin wurde zu 80 % mit Festdünger und zu 20 % mit AHL gedüngt. Mittlerweile wird der NTS-Dünger vorrangig mit Acht-Lochdüsen an der Spritze ausgebracht. Durch weniger Überfahrten können wir mit NTS-Einsatz bei gleichen Erträgen etwa 18 E/ha bei Getreide und Raps und etwa 9 E/ha bei Kartoffeln einsparen, zieht Kussmann Bilanz. Unter sehr trockenen Bedingungen setzt er Mehrlochdüsen ein, ist mehr Feuchtigkeit vorhanden, werden wegen möglicher Ätzschäden Schleppschläuche vorgezogen. Als Nachteil sieht Kussmann die nicht mögliche Mischbarkeit mit Pflanzenschutzmitteln an. Auch der N-Sensor kann hierbei nicht angewendet werden. -mbreichten aber nicht das Niveau der 3- und 4-maligen Düngung (Übersicht 5). Erst der Einsatz von Kalkammonsalpeter in der Spätgabe führte zu der gewünschten Qualität. Wir empfehlen daher eine Qualitätsgabe mit KAS spätestens zum Ährenschieben auch bei der Flüssigdüngung, wenn 13 % Rohprotein für A-Weizen sicher erreicht oder noch überschritten werden sollen. Diese Empfehlung gilt für mittlere und leichtere Böden. Inzwischen liegen auch von besseren Böden (Ackerzahl über 60) Ergebnisse zum RP-Gehalt vor, nach denen hier keine Spätgabe erforderlich ist. Für die Entscheidung zur Spätgabe bei Qualitätsweizen können Pflanzenanalysen oder der N-Tester herangezogen werden. Die Gabenteilung wird bei C- und B-Weizen nicht empfohlen. Bei Gerste wurden sicher über 13 bis 14,5 % Rohprotein durch die einmalige Flüssigdüngung erreicht. Eine Gabenteilung zur Erhöhung der Rohproteingehalte wird auch hier nicht empfohlen. Interessant auch für den Anbau von Ethanolgetreide Aufgrund des steigenden Bedarfs an Ethanolgetreide für die schon jetzt vorhandenen Bioethanolanlagen in Deutschland ist es notwendig, das Anbauverfahren anzupassen, um mit den Rohstoffkosten konkurrenzfähig zu werden. Bekanntlich wird die Ethanolausbeute des Getreides durch hohe Eiweißgehalte im Korn verringert, hohe Stärkegehalte dagegen fördern die Ethanolausbeute. In Versuchen mit C-Weizen und Triticale werden wir anhand des Ertrages und der Ethanolausbeute die einmalige, oberflächennahe Düngung mit geeigneten Lösungen und die konventionelle Festdüngung vergleichen. Ebenso überprüfen wir das Düngeniveau, und zwar einmal mit ortsüblicher N-Menge und daneben die ortsübliche N-Menge minus 50 kg/ha (entsprechend der Qualitätsgabe). Ziel dabei ist es, das Düngeverfahren für die Produktion von Ethanolweizen und Triticale zu optimieren und damit zur Senkung der Ethanolkosten beizutragen. Die Ergebnisse des ersten Versuchsjahres bestärken uns, in dieser Richtung mit den Untersuchungen fortzufahren. Für Empfehlungen sollten allerdings dreijährige Ergebnisse die Grundlage bilden. 58 top agrar 12/2005