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Transkript:

LVL Bayern e.v.. Hallstadtstr. 2. 97265 Hettstadt Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Ministerialdirektor Herbert Püls 80327 München Ihre Ansprechpartnerin im LVL Bayern Christine Sczygiel 0931-4676110 vorstand@bvl-legasthenie.e Zeichen/Datum 12.02.2016 Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes II.1 BS4600 1/5 hier: Verbandsanhörung Sehr geehrter Herr Ministerialdirektor Püls, der Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Bayern e.v. bedankt sich für die mit Email vom 14.12.2015 erfolgte Zusendung des Gesetzentwurfes, mit welchem insbesondere die Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.07.2015 (Az. 6 C 33.14 und 35.15) umgesetzt werden. In der gesetzten Frist bis 12.02.2016 nehmen wir gerne hierzu wie folgt Stellung: 1. Bislang wird nicht näher beschrieben, was unter einer lang andauernden erheblichen Beeinträchtigung der Fähigkeit, das vorhandene Leistungsvermögen dazustellen, gemeint ist. Eine allgemeingültige Definition, unter die sämtliche Beeinträchtigungen fallen, für die Nachteilsausgleich und Notenschutz zukünftig gewährt werden soll, wird nicht zu finden sein. Gerade aber weil die Gewährung erst recht des Notenschutzes als Privilegierung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG einer klaren Bestimmung des hiervon begünstigten Personenkreises bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.2015, Az. 6 C 35.15, Rn. 44), sollte zur Bestimmung der Beeinträchtigung bereits im Gesetz auf die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten (derzeit ICD 10) verwiesen werden. Aus unserer Sicht ist es von Nöten, wie bei 35a SGB VIII im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bzw. in 295 Abs. 1 Satz 2 SGB V im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung auf diese fachlichen Standards bereits auf Gesetzesebene zu verweisen (auch im Zivilrecht wird die ICD zur Diagnose von Beeinträchtigungen angewandt: so erst jüngst OLG Bamberg, Beschluss vom 09.06.2015, Az. 4 W 16/14, FamRZ 2016, S. 83-86 (84)). Anderenfalls besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass zu vage Atteste, Bescheinigungen etc. später reichen, um die

Prüfungsvergünstigungen zu erhalten. Gerade die von den ins Auge gefassten Beeinträchtigungen wirklich Betroffenen würden hiervon am wenigsten haben. Art. 52 Abs. 5 Satz 2 sollte deshalb (entsprechend 35a Abs. 1a Satz 2 SGB VIII) wie folgt formuliert werden: Für die Beurteilung einer derartigen Beeinträchtigung ist insbesondere auf die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen aktuellen Fassung abzustellen. Die bisherigen Sätze 2 bis 5 werden die Sätze 3 bis 6. 2. Der Gesetzentwurf enthält keine Erwähnung der Rechenstörung (Dyskalkulie), obwohl es sich dabei nach der einschlägigen Rechtsprechung zum Prüfungsrecht ebenfalls um eine Behinderung bzw. um eine lang andauernde erhebliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, das vorhandene Leistungsvermögen darzustellen, handelt. So hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf bereits 2001 einen Anspruch auf schulische Förderung bei der Dyskalkulie wie folgt begründet:...aus dem Anspruch Behinderter auf schulische Bildung ohne Benachteiligung lässt sich ableiten, dass die von Dyskalkulie Betroffenen einen Anspruch haben, an einer allgemeinen Schule entsprechend gefördert zu werden, und dass die Beschränkung der Fördermöglichkeit auf die Legasthenie jedenfalls inzwischen dazu führt, dass im Übrigen der unverzichtbare Mindeststandard unterschritten wird und die Schulverwaltung ihren Bildungsauftrag evident verletzt. (Es) handelt sich bei den Teilleistungsstörungen und insbesondere der Dyskalkulie nicht um Randerscheinungen im schulischen Bereich, für welche die Verwaltung u.u. eine generelle Vorsorge nicht treffen müsste. Vielmehr wird von Teilleistungsstörungen ein erheblicher Prozentsatz der Schüler betroffen.... (VG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2001, Az. 19 K 11140/98, ZfJ 2001, S. 196ff. (200)). Das Verwaltungsgericht Regensburg hat mit Beschluss vom VG Regensburg vom 08.09.2006 (Az.: Rn. 1 E 06.1610 (nicht veröffentlicht)) die Dyskalkulie als Behinderung bestätigt. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde dieses Verfahren sodann vergleichsweise abgeschlossen (VGH Bayern, Beschluss vom 20.12.2006, Az.: 7 CE 06.2754, juris). Auch das OVG Weimar hat die Dyskalkulie als Behinderung im schulrechtlichen Sinn anerkannt (OVG Weimar, Beschluss vom 17.05.2010, Az.: 1 EO 854/10, juris).

Zudem haben mittlerweile einige Bundesländer (Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) zumindest schulrechtliche Regelungen zur Rechenstörung erlassen, die einen Nachteilsausgleich vorsehen. Von fachlicher Seite ist entscheidend, dass die Dyskalkulie als Funktionsstörung schulischer Fertigkeiten im Sinne der ICD-10 wie die Legasthenie anerkannt ist (vgl. hierzu näher Jacobs, Claus/Petermann, Franz: Rechenstörung, in: Petermann, Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, 2008, S. 207 222 (212); Steinhausen, Hans-Christoph: Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Lehrbuch der Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie mit 159 Tabellen sowie 65 aktuellen Original-Fragebögen und Skalen, 6. Aufl. 2006, S. 161f.). Im Beschluss der KMK vom 04.12.2003 i.d.f. vom 15.11.2007 heißt es zur Rechenstörung zwar einschränkend: Neben der Tatsache, dass Ursache, Entstehung und Ausprägung der Rechenstörungen nicht hinreichend erforscht und abgesichert sind, müssen auch die Auswirkungen von Rechenstörungen auf schulische Leistungen gesehen werden. [Es] wäre bei einer Berücksichtigung von Rechenstörungen eine Notengebung im Fach Mathematik und in vielen Bereichen der naturwissenschaftlichen Fächer ohne Verletzung des Grundsatzes der gleichen Leistungsbewertung kaum mehr möglich.... Nicht ausgeschlossen ist nach dem Beschluss jedoch die Gewährung eines Nachteilsausgleiches, worauf die betroffenen Schülerinnen und Schüler bei Vorliegen der Dyskalkulie als Behinderung sogar einen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund der zu gewährenden Chancengleichheit im Prüfungswesen haben. Zum Notenschutz führt das BVerwG in seinem Urteil vom 29.07.2015 (wenn auch zur Legasthenie) nunmehr aus: Als Maßnahme kommt nicht ausschließlich in Betracht, individuelle Defizite bei der Bewertung von Prüfungsleistungen nicht oder vermindert zu berücksichtigen. Stattdessen können Zu- und Abschläge bei der Notengebung vorgesehen oder abweichende Mindestanforderungen für Versetzung und Schulabschluss festgelegt werden. (BVerwG, Urteil vom 29.07.2015, Az. 6 C 35.14, Rn. 44). Als Vertretung der von der Dyskalkulie betroffenen Kinder sehen wir die Schwierigkeit, dass bei der Gewährung eines Notenschutzes dergestalt, dass Rechenfehler nicht mehr benotet würden, die an sich bestehende mathematische Leistungsfähigkeit nicht mehr bewertet werden könnte. Es sollte demzufolge aber zumindest und dies in absoluter Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG (s.o.) als Notenschutz bei der Dyskalkulie (wie auch bei den anderen Beeinträchtigungen!) die Regelung aufgenommen

werden, dass diese für sich genommen nicht zur Versagung der Versetzung bzw. des Schulabschlusses führen darf. Für die Legasthenie war eine solche Regelung bereits in der KMBek vom 16.11.1999 (vgl. dort IV. 3.4) enthalten, weshalb es sich empfiehlt, eine entsprechend verallgemeinerte Fassung in das Gesetz aufzunehmen. Es besteht somit keinerlei sachliche wie rechtliche Rechtfertigung, die Rechenstörung bei den Regelungen zum Nachteilsausgleich wie auch Notenschutz nicht zu berücksichtigen. Die hiervon betroffenen Schülerinnen und Schüler bei der beabsichtigen Änderung des BayEUG außen vor zu lassen, stellt vielmehr eine Diskriminierung dieser Gruppe von Behinderten dar. Wie vorstehend dargestellt, kann einem übermäßigen Notenschutz sehr wohl begegnet werden, so dass den betreffenden Kindern und Jugendlichen eine adäquate Hilfe zu Teil wird. Gerade mit der Gewährung eines eingeschränkten Notenschutzes im Bereich der Dyskalkulie würde der Freistaat Bayern seiner Vorreiterrolle gerecht werden, die er auf der Behandlung von Schülerinnen und Schülern mit Teilleistungsstörungen bereits mit der KMBek vom 16.11.1999 im Bereich der Legasthenie vor allen anderen Bundesländern beschritten hat. Art. 52 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BayEUG sollte deshalb wie folgt ergänzt werden: Autismus, einer Lese-Rechtschreib-Störung oder Rechenstörung, Art: 52 Abs. 5 Satz 3 sollte deshalb wie folgt (neu) formuliert werden: Bei Schülerinnen und Schülern mit einer Beeinträchtigung im Sinne des Satzes 1 darf diese nicht den Ausschlag für das Versagen der Vorrückungserlaubnis bzw. des betreffenden Schulabschlusses geben. Die bisherigen Sätze 3 bis 5 werden die Sätze 4 bis 6. 3. Der Notenschutz soll u.a. gewährt werden, wenn eine Leistung oder Teilleistung auch unter Gewährung von Nachteilsausgleich nicht erbracht und auch nicht durch eine andere vergleichbare Leistung erbracht werden kann (Art. 52 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzentwurfes). Diese Formulierung ist so zu verstehen, dass der Notenschutz gleichsam nachrangig zum Nachteilsausgleich ist, also lediglich als ultima ratio in Betracht kommt. Ein derartiges Vorrang-Nachrangverhältnis zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz ist

wissenschaftlich jedoch nicht indiziert. Auch rechtlich ist dies nicht veranlasst (vgl. bereits Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 23.03.2006, 3 G 419/062006). Insbesondere lässt sich eine solche Handhabe auch nicht aus den Urteilen des BVerwG vom 29.07.2015 herleiten. Das Bundesverwaltungsgericht differenziert klar zwischen dem nach Art. 3 Abs. 1, 2 GG geschuldeten Nachteilsausgleich und dem nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unter gewissen Voraussetzungen vom Gesetzgeber möglichen Notenschutz. In der Praxis könnte eine solche Regelung in einer Vielzahl von Fällen zur Folge haben, dass erst nach einem längeren Zeitraum, in welchem der Nachteilsausgleich gewährt wurde, ein Notenschutz beantragt werden könnte. Unter Umständen hätte bis dahin der betroffene Schüler bzw. die betroffene Schülerin die Versetzung versagt bekommen. Art. 52 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 ist deshalb wie folgt zu fassen: 2. wenn eine Leistung oder Teilleistung auch nicht durch eine andere vergleichbare Leistung ersetzt werden kann, Wir begrüßen es ausdrücklich, dass mit der beabsichtigten Änderung des BayEUG (und den entsprechenden weiteren Regelungen in der neuen BaySchO) der Freistaat Bayern den Nachteilsausgleich und Notenschutz auch Schülerinnen und Schülern mit anderen Beeinträchtigungen als der Legasthenie einräumt. Er kann dabei auf die aus unserer Sicht insgesamt gesehen sehr erfolgreichen Erfahrungen mit der KMBek vom 16.11.1999 zur Legasthenie zurückgreifen, die zu einer deutlichen Verbesserung für die Betroffenen geführt hat. Zu den in der BaySchO vorgesehenen neuen Regelungen für die Gewährung von Nachteilsausgleich und Notenschutz werden wir uns in der gesetzten Frist bis 26.02.2016 gesondert äußern. Wir würden uns freuen, wenn uns sodann die Gelegenheit eingeräumt werden würde, die einzelnen Details unserer Stellungnahme auch persönlich mit den Vertretern des Ministeriums besprechen zu können. Mit freundlichen Grüßen Christine Sczygiel Tanja Scherle 1. Vorsitzende stellvertretende Vorsitzende