Was ist denn das? Mein Gesellenstück als Feinmechaniker. Es handelt sich um eine Sortiervorrichtung.

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Transkript:

Was ist denn das? Mein Gesellenstück als Feinmechaniker. Es handelt sich um eine Sortiervorrichtung. Die Prüfung fand im Herbst 1979 statt. Die beiden gefederten Vierkantbolzen durften wir schon vorher anfertigen (Drehen und mit Teilapparat fräsen). Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir für die Prüfung 14 Stunden Zeit, es war eindeutig zu wenig, wie auch die Prüfer einstimmig feststellten. Das Werkstück war kein bekanntes Wiederholteil aus früheren Jahren, sondern neu erfunden. Die Prüfungsmeister kannten es bisher auch noch nicht. Ich konnte in der Kürze der Zeit zwar nicht alle Teile fertigschlichten aber wenigstens als einziger das Werkstück so zusammenklopfen, dass die Funktion geprüft werden konnte, wenn auch die Bewegungen noch ein wenig hakten. Sämtliche Meister standen um mich herum, um zu sehen, wie diese Neuigkeit eigentlich funktionierte. Meine Leidensgenossen lieferten in der Hauptsache nur die Einzelteile ab, aber letztendlich hatten alle die Prüfung geschafft, wenn auch manche gerade noch mit Hängen und Würgen. Vielleicht gab die Prüfungskomission wegen der zu knapp bemessenen Zeit stillschweigend noch einen Bonus bei der Benotung dazu, um eventuellen Protesten vorzubeugen.

Damals hießen die Berufsbezeichnungen noch Feinmechaniker bei der Handwerkskammer, bei der IHK Feinwerkmechaniker, heute Industriemechaniker Fachrichtung Feinwerktechnik, um das Ganze noch weiter zu komplizieren. Das Werkstück besteht aus einer Alu-Grundplatte und einer PMMA (Plexiglas)- Gegenplatte, welche durch 2 gebogene Messingbleche und zwei Plexi-Trennwände auf Abstand gehalten wird. Dazwischen sind noch zwei Alu-Sortierhebel, die wegen ihrer Form und ihrer Bewegungsweise an einen Flipper-Spielautomaten erinnerten. Deshalb nannten wir das Gebilde einfach Flipper. Auf der Grundplatte sind die Betätigungselemente montiert. Hier ist zuerst der drehbar gelagerte Betätigungshebel aus Stahl mit seinen beiden Stiften (Griffen) zu nennen. Dieser drückt einen der beiden in einem Messingklotz und einem Alu-Winkel gelagerten Vierkantbolzen (Stahl) nach oben. Dieser versetzt mit einem Stift einen U- förmigen Hebel in Drehung, welcher über eine Welle die Drehbewegung auf den Flipper -Hebel der anderen Seite überträgt. So kann irgendein Schüttgut (Granulat, Kugeln) in drei verschiedene Bahnen gelenkt werden. Nachfolgend der Aufbau, die Funktionsweise und die Arbeitsschritte: Grundplatte mit den Betätigungselementen Von der Oberseite (Einlass) Von der Unterseite (Auslass)

Gegenplatte mit Sortierhebeln und Zwischenwänden Man sieht links die zwei beweglichen Flipper und rechts die beiden Trennwände Oberseite mit der Einlass-Öffnung für das Schüttgut Unterseite mit den 3 Auslass-Öffnungen

Funktionsweise Mittlerer Schacht offen Linker Schacht offen Rechter Schacht offen Seitenansicht

Arbeitsschritte Anmerkung: in dieser Zeit gehörte die CNC-Technik noch nicht zur allgemeinen Ausbildungsordnung. Die Prüfung fand auf manuellen Maschinen statt. Die einzelnen Arbeitsgänge. Vor der Prüfung (ohne Zeitnahme): 2 Vierkantbolzen zentrieren, Vierkant vordrehen, Bund drehen, Absatz hinter Bund drehen, kleiner Durchmesser drehen, Einstich für Sicherungsscheibe. Mit Teilapparat Vierkant fräsen, Absatz für Hebel fräsen. An den beiden Prüfungstagen: Die 2 vorbereiteten Vierkantbolzen für Stifte bohren, reiben Alu-Grundplatte fräsen, feilen, bohren, reiben, Gewinde schneiden Plexi-Gegenplatte fräsen, feilen, bohren, reiben, senken, Gewinde schneiden 2 Plexi- Trennwände fräsen, feilen, bohren, reiben 2 Alu-Hebel (Flipper) sägen, feilen, bohren, reiben 4 Messingbuchsen für Flipper-Wellen drehen, bohren, reiben Betätigungshebel (Stahl) sägen, feilen, bohren, reiben, Gewinde schneiden 2 Stifte für Betätigungshebel drehen, Gewinde schneiden Passschraube für Betätigungshebel drehen, Gewinde schneiden, Schlitz sägen Messing-Abstandshalter für Betätigungshebel drehen Alu-Winkel sägen, feilen, bohren, reiben 2 U-förmige Drehhebel fräsen, bohren, reiben, Gewinde schneiden 2 Wellen drehen, für Spannstifte mit Flipperhebel zusammen bohren Messing-Führung für Vierkantbolzen fräsen, feilen, bohren, senken, reiben Messing-Abdeckplatte für Vierkantbolzen feilen, bohren 2 Messing-Seitenbleche sägen, feilen, bohren, biegen Sämtliche zur Funktion erforderlichen Maße waren als Passungen und die restlichen Toleranzen im Genauigkeitsgrad Fein auszuführen. Wie wir damals die beiden Platten in die richtige Stellung zueinander gebracht haben, weiß ich nicht mehr. Zusammen gebohrt oder einzeln auf der Koordinaten- Bohrmaschine? Da ich keine Spuren vom Anreißen finden kann, vermute ich, dass wir zumindest die Passungen der Plexiglas-Teile auf einer Koordinaten-Bohrmaschine gebohrt haben. Material: AlCuMgPb (Alu-Automatenlegierung) PMMA (Plexiglas) 9S20k (Automatenstahl) CuZn40Pb2 (spanbares Hartmessing Ms58) Messing-Blech (halbhart?) Normteile: Diverse Zylinderkopfschrauben, Gewindestifte, Zylinderstifte, Spannstifte, Federn, Sicherungsscheiben

Montage: Außer dem Alu-Winkel, der Messing-Abdeckplatte, den 2 Messing-Seitenblechen und den 2 U-förmigen Drehhebeln werden alle Teile mit Passungen oder durch Verstiften eindeutig geführt oder fixiert. Die 2 U-förmigen Drehhebel werden nach der Lage der Flipper-Hebel ausgerichtet. Spätestens vor der Montage mussten alle Teile an einer bestimmten Stelle mit einer zugeteilten Nummer gestempelt werden, um die Werkstücke ihrem Schöpfer zuzuordnen. Nacharbeit: Kurz nach der Prüfung habe ich die Teile noch vollständig nachgearbeitet, versäubert und zum Teil mit Schleifwolle verschönert. Für eine bessere Haltbarkeit habe ich die blanken Stahlteile mit Brüniermittel aus dem Waffengeschäft schwarz brüniert und die Messingteile mit transparentem Zaponlack eingesprüht. Schlussbemerkung: Damals gab es noch keine Handys mit denen man unauffällig Fotos von den Zeichnungen hätte machen können, um es der Nachwelt zu übermitteln oder als Andenken aufzubewahren. Ich kann momentan also keine Zeichnungen zur Verfügung stellen. Vielleicht habe ich mal Zeit, das Werkstück auseinander zu schrauben, auszumessen und als Zeichnung und 3D-Modell ins Internet zu stellen. Aber das kann noch dauern. Copyright 2016 Stephan Pausch