Versicherungsmanagement



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Transkript:

Sommer 2010 Versicherungsmanagement Prof. Dr. Jörg Schiller j.schiller@uni-hohenheim.de Weitere Informationen auf unserer Lehrstuhl-Homepage http://www.insurance.uni-hohenheim.de sowie auf http://ilias.uni-hohenheim.de 1

Wer sind wir? Prof. Dr. Jörg Schiller Tel.: +49 (0)711 459-22869 j.schiller@uni-hohenheim.de Sprechstunde: Mi. 13-14 Uhr (nur nach Voranmeldung) Dipl.-Kfm. Andreas Haas Tel.: +49 (0)711 459-22118 a.haas@uni-hohenheim.de Sprechstunde: Di. 10-12 Uhr (nach Voranmeldung) Wo sind wir? Büro: Internet: Fruwirthstr. 48, 70599 Stuttgart www.insurance.uni-hohenheim.de 2

Informationen zur Veranstaltung Wichtige Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie auf unserer Homepage: http://www.insurance.uni-hohenheim.de Die Vorlesungsunterlagen, Literatur und Übungsaufgaben finden Sie auf der ILIAS- Plattform. Das Passwort der Veranstaltung wird in der Vorlesung bekannt gegeben. Der Zeitraum für Beitritte endet am 31.05.2010. 3

Welche Lehrveranstaltungen bieten wir im Master? Versicherungswirtschaft (Kleines Ergänzungsfach) Veranstaltung Art SWS / EP turnusmäßig Versicherungsmanagement Vorlesung + Übung 3 / 6 Sommer Versicherungsökonomie Vorlesung + Übung 3 / 6 Winter 4

Kleines Ergänzungsfach: Versicherungswirtschaft Grundlagen des Versicherungsmanagements Grundlagen der Versicherungsmärkte Versicherungsregulierung Grundlagen der Versicherungsnachfrage Angebot von Versicherungsschutz Versicherungstechnische Risikopolitik, insb. Rückversicherung Risikomanagement im Versicherungsunternehmen 5

Kleines Ergänzungsfach: Versicherungsmanagement Insurance Economics (Versicherungsökonomie) Insurance Design with symmetric information Insurance Design with asymmetric information Adverse selection Moral hazard Insurance fraud Organizational forms within the insurance industry Insurance distribution systems 6

W&W Absolventen- und Seminarpreis 2010 Der schreibt zusammen mit der Wüstenrot und Württembergische AG den W&W-Absolventen- und Seminarpreis 2010 aus. Als Absolvent eines wirtschaftwissenschaftlichen Bachelor- und Masterstudienganges der Universität Hohenheim haben Sie neben Ihrem Abschluss die Möglichkeit, sich für Ihre nächsten Karriereschritte ein kleines finanzielles Polster zuzulegen. Ebenso wird eine herausragende Seminararbeit prämiert, so dass auch Studierende der Universität Hohenheim für ihre herausragenden Leistungen belohnt werden. Die W&W-Preise sind insgesamt mit 1.200 Euro dotiert. Die einzelnen Preise sind: Preis für die beste Abschlussarbeit: 1.000 Preis für die beste Seminararbeit: 0.200 Teilnahmeberechtigt sind alle Studierende, die ihre Abschluss- bzw. Seminararbeit am Lehrstuhl für Versicherungswirtschaft der Universität Hohenheim im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. Oktober 2010 abgegeben haben. Die Preisübergabe erfolgt im November 2010 und wird von einem Vertreter der Wüstenrot & Württembergische AG und Professor Dr. Schiller durchgeführt. 7

Veranstaltungsgliederung I. Grundlagen der Versicherungsmärkte II. III. IV. Versicherungsregulierung Versicherungsnachfrage Angebot von Versicherungsschutz V. Versicherungstechnische Risikopolitik, insb. Rückversicherung VI. Risikomanagement im Versicherungsunternehmen 8

Veranstaltungsgliederung I. Einführung in die Grundlagen des Versicherungsmanagements Historische Wurzeln Eigenschaften von Versicherungsprodukten Privat- und Sozialversicherung Rechtsformen Versicherungszweige und produkte Vertriebswege 9

I. Einführung: Historische Wurzeln Historische Wurzeln der Versicherung Vorläufer: Gesetze von Hamurabi (ca. 1700 vor Chr.), collegia teniorum im alten Rom Mittelalter: Nordeuropa: Gewährung versicherungsähnlicher Leistungen durch Zünfte und Gilden für ihre Mitglieder 14. Jhd.: norditalienische Seedarlehen, die nur bei Erreichen des Zielhafens zurückgezahlt werden mussten 15./16. Jhd.: erste Brandgilden in Deutschland (Schleswig-Holstein) 1591: erster Hamburger Feuerversicherungskontrakt 1666: Großer Brand von London: Feuerversicherung wird etabliert 1676: Gründung der Hamburger Feuerkasse 1693: Entwicklung der ersten mathematisch-statistisch fundierten Sterbetafeln aus Breslauer Kirchenbüchern durch Edmond Halley 1710: Gründung The Sun in London älteste noch existierende Versicherungs- AG Ende 19. Jhd.: Sozialversicherung etabliert sich 1901: Einführung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) 1908: Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) 10

I. Einführung: Historische Wurzeln Historische Wurzeln der Versicherung Genossenschaftliche Gegenseitigkeitsversicherung (a) frühe Gegenseitigkeitsversicherung beruht auf echter Gefahrengemeinschaft Risiken werden gemeinsam getragen Kaufmännische Erwerbsversicherung (b) Ursprünge in der Seeversicherung eine Partei gibt gegen einen Preis Risiko an ein Gegenüber ab Außerdem: Ursprünge in Form staatlicher / öffentlicher Initiativen zur Schadensbegrenzung und -finanzierung (Elemente von a und b) 11

I. Einführung: Eigenschaften von Versicherungsprodukten Eigenschaften von Versicherungsprodukten Immaterialität des Versicherungsschutzes Erklärungsbedürftigkeit der Produkte gegenüber potentiellen Kunden Bedeutung des externen Faktors: Ohne die Informationen des VN kann das Versicherungsprodukt konkret nicht erstellt werden. Bedeutung der Bedarfsweckung: Vielfach muss der Bedarf beim VN erst geweckt werden. Stochastischer Charakter Zeitraumbezogenheit (langfristiges Gut) Kollektivbezogenheit: Versicherungsprodukt kann nur im Kollektiv erstellt werden. Absatz ist der Produktion zeitlich vorgelagert ( Absatz vor Produktion ). 12

I. Einführung: Privat- und Sozialversicherung Privat- und Sozialversicherung Im Bereich der Personenversicherung konkurrieren die staatliche Sozialversicherung die Privatversicherung Der deutsche Typus der Sozialversicherung geht auf Otto von Bismarck zurück. Die Ausgaben werden durch Beiträge der Arbeitnehmer (und Arbeitgeber) finanziert. Es besteht eine grundsätzliche Versicherungspflicht. Es herrscht ein Solidaritätsprinzip, d.h. der Beitrag richtet sich i.a. nach dem Einkommen und nicht nach dem Risiko. Die Privatversicherung kann die Sozialversicherung entweder ergänzen (komplementär) oder diese für nicht pflichtversicherte Personen ersetzen (substitutiv). Alle Personen können sich freiwillig versichern (Ausnahme: Versicherungspflicht). Die Prämien richten sich in der Regel nach dem individuellen Risiko. 13

I. Einführung: Privat- und Sozialversicherung Privat- und Sozialversicherung Sozialversicherung unterliegt stärker als die Privatversicherung (sozial-) politischen Entscheidungen gründet sich primär auf ein eigenes Gesetzeswerk (Sozialgesetzbuch - SGB) samt zugehöriger Verordnungen etc. und wird wesentlich durch Verwaltungsakte gestaltet wird nicht auf freien Märkten gehandelt unterliegt allenfalls einem sehr eingeschränkten Wettbewerb (z.b. über Zusatzbeiträge und Produktwettbewerb in der Gesetzlichen Krankenversicherung) folgt somit grundlegend anderen Prinzipien als die Privatversicherung Deshalb wird im Folgenden hauptsächlich die private Versicherungswirtschaft betrachtet. 14

I. Einführung: Privat- und Sozialversicherung Privat- und Sozialversicherung Privatversicherung in Deutschland (2006) Sozialversicherung in Deutschland (2006) Beitragseinnahmen Erstversicherer Beitragseinnahmen Sozialversicherungsträger ca. 162 Mrd. davon LV: ca. 78,5 Mrd. KV: ca. 28,5 Mrd. ca. 436 Mrd. davon GRV: ca. 233 Mrd. GKV: ca. 148 Mrd. GAV: ca. 23 Mrd. GUV: ca. 14 Mrd. GPflV: ca. 18 Mrd. Quellen: GDV, Statistisches Taschenbuch 2008, Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2008 15

I. Einführung: Privat- und Sozialversicherung Privat- vs. Sozialversicherung Leistungen der Sozialversicherung 2006 Absolut [in Mrd. ] Relativ zum BIP [2.423 Mrd. ] Gesetzliche Rentenversicherung 240,5 9,93 % Gesetzliche Krankenversicherung 147,6 6,09 % Gesetzliche Arbeitslosenversicherung 83,6 3,45 % Gesetzliche Pflegeversicherung 18,0 0,74 % Gesetzliche Unfallversicherung 11,3 0,47 % Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2008 16

I. Einführung: Privat- und Sozialversicherung Privat- vs. Sozialversicherung Leistungen der Privatversicherung 2006 Beiträge [in Mrd. ] Leistungen [in Mrd. ] Private Lebensversicherung 78,5 66,5 Private Krankenversicherung 26,6 17,3 Private Pflegeversicherung 1,9 0,6 Private Unfallversicherung 6,2 2,8 Quellen: GDV, Statistisches Taschenbuch 2008 17

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Begriffsunterscheidungen Der Begriff Versicherungsbranche wird meist dem ganzen Wirtschaftszweig zugeordnet. Innerhalb eines Versicherungszweiges bzw. einer Versicherungssparte werden üblicherweise weitgehend gleichartige Risiken zusammengefasst, die gegen dieselbe Gefahr versichert sind. Versicherungszweige können weiter in verschiedene Versicherungsarten unterschieden werden. Beispiel: Haftpflichtsparte: Privat-, Betriebs-, Berufs-, Vermögensschaden- Haftpflichtversicherung als Versicherungsarten 18

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Spartentrennung Grundsatz der Spartentrennung ( 8 Abs. 1a VAG) Unternehmen, die im Lebens- oder (substitutiven) Krankenversicherungsgeschäft tätig sind, dürfen keine anderen Versicherungssparten betreiben erfordert jeweils rechtlich selbständige Unternehmen für beide Sparten Unternehmen, die das Rechtsschutzversicherungsgeschäft zusammen mit anderen Zweigen betreiben, müssen die (Rechtsschutz-) Leistungsbearbeitung auslagern ( 8 Abs. 2 VAG) kleine Spartentrennung grundsätzlich soll sich jeder Versicherungszweig selbst tragen Bildung von Versicherungskonzernen 19

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungskonzerne Bsp: ERGO Versicherungsgruppe AG ERGO AG Holding, führt den Konzern Übernimmt Zentral- und Querschnittsfunktionen (Controlling, IT; Rechnungswesen, ) 20

I. Einführung: Rechtsformen Entwicklung der Rechtsformen Die Urformen finden sich in den heutigen Versicherer-Rechtsformen wieder: a) genossenschaftliche Zusammenschlüsse zur gegenseitigen Unterstützung und gemeinsamen Risikotragung ( Gefahrengemeinschaft ) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) Bsp.: HUK Coburg, Lebensversicherung von 1871 a.g. b) kaufmännische Absicherung des (See-)Handelsverkehrs: Abgabe von Risiken gegen Zahlung eines Preises Versicherungsaktiengesellschaften Bsp.: Allianz SE, Ergo AG c) staatl./öffentl. Initiative zur Schadensbegrenzung und finanzierung öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen Bsp.: Versicherungskammer Bayern, SV Sparkassen Versicherung a) und b) sind heute stark angeglichen; c) hat insbes. durch Wegfall der Monopole in der Gebäudeversicherung an Bedeutung verloren. 21

I. Einführung: Rechtsformen Anzahl der inländischen VU (unter Bundesaufsicht nach Rechtsformen AG VVaG ör VU sonstige (zumeist NL ausl. VU) zusammen 1954 110 684 15 32 841 1960 125 645 16 46 832 1970 140 527 16 46 729 1980 196 406 12 102 716 1990 279 357 47 83 766 1995 320 324 31 17 692 2000 324 299 27 16 666 2001 323 285 25 17 650 2002 330 280 22 19 651 2003 329 272 19 12 632 2004 328 270 17 10 625 2005 333 270 18 10 631 Quelle: BaFin; GDV: Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2007 22

I. Einführung: Rechtsformen Öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen Quelle: Verband öffentlicher Versicherer, Jahrbuch 2008 23

I. Einführung: Rechtsformen Kriterien der Rechtsformwahl Von strategischer Bedeutung ist die Wahl der Rechtsform eines Versicherungsunternehmens insbesondere im Hinblick auf folgende kennzeichnende Kriterien: oberste Unternehmensziele Rechtsgrundlagen Trägerschaft Organe Möglichkeiten der Eigenfinanzierung von außen Gewinnverwendung 24

I. Einführung: Rechtsformen Angleichung der Rechtsformen Die Angleichung der Rechtsformen ist z.b. erkennbar anhand von Unternehmenszielen Produktionsprogramm Produktgestaltung und begründet sich bspw. durch: Wettbewerb: Anbieter unterschiedlicher Rechtsformen konkurrieren unter (im Wesentlichen) identischen rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese betreffen insbesondere das Aufsichts- und Vertragsrecht. Verhalten der Versicherungsnehmer gemeinsame Verbände (GDV, PKV-Verband u.a.) 25

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Bezeichnung der Versicherungsprodukte in Verträgen Bezeichnung nach der versicherten Gefahr: im Versicherungsvertrag einbezogene und bedingungsgemäß bedeckte Gefahren (zum Beispiel: Hagel-, Sturm-, Feuerversicherung) Bezeichnung nach dem versicherten Objekt / der versicherten Sache: Unterteilung in versicherte Personen, versicherte Sachen und versicherte Interessen (zum Beispiel: Fahrzeugversicherung (Kasko), Hausratversicherung) Bezeichnung nach dem versicherten Schaden / den versicherten Konsequenzen: detaillierte Beschreibung der versicherten Schäden und Folgeschäden (zum Beispiel: Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung) 26

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Gebündelte und verbundene Versicherungen Die Unterteilung der Versicherungszweige ist in ständiger Bewegung. Neuartige Versicherungsprodukte können beim Kunden zur Deckung neuer Bedürfnisse beitragen, jedoch auch z.b. in der Kombination zu neuen Deckungslücken führen. Dem entgegenwirken soll die Zusammenfassung verschiedener Versicherungsprodukte. Ziel ist hierbei die Bereitstellung eines umfassenden Versicherungsschutzes. Eine gebündelte Versicherung liegt vor, wenn mehrere Versicherungsverträge zusammengefasst sind. Die einzelnen Verträge können rechtlich unabhängig voneinander gekündigt werden und für jeden Vertrag ist der Beitrag gesondert auszuweisen. Familienversicherung kann beispielsweise Hausrat-, Privathaftpflicht-, Rechtschutz-, Reisegepäck- und Unfallversicherung umfassen. 27

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Multi- oder All-Risks-Deckungen umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher Gefahren und versuchen, auf diese Weise einen umfassenden Versicherungsschutz zu bieten. Kombinierte bzw. verbundene Versicherungen decken in einem Vertrag mehrere Gefahren unter einheitlichen Bedingungen zu einer Gesamtprämie. Dadurch entsteht ein neuer Versicherungszweig, zum Teil mit eigenen AVB. Beispiel: Verbundene Wohngebäudeversicherung: Zerstörung oder Beschädigung der versicherten Gefahren durch Brand (inkl. Nebengefahren), Leitungswasser, Sturm und Hagel gedeckt, bei Miethäusern auch Mietausfall als Folge davon. 28

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Massen- bzw. Privatkundengeschäft Auf das Privatkundengeschäft entfällt etwa drei Viertel des Beitragsaufkommens der deutschen Versicherungswirtschaft. Das Massengeschäft bzw. Privatkundengeschäft bezieht sich auf die Versicherung von Privatpersonen und -haushalten. Die Vielzahl an Verträgen erlaubt z.b. Größenvorteile bei einer standardisierten, uniformen Marktbearbeitung. Dem gegenüber können z.b. Bedarfslücken beim einzelnen VN stehen, wenn der uniforme Versicherungsschutz nicht zu seinem individuellen Bedarf an Versicherungsschutz passt. 29

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Gewerbegeschäft Das Gewerbegeschäft ist üblicherweise auf die Versicherung von klein- und mittelständischer (Handwerks-) Betrieben ausgerichtet. In einer Bedarfsanalyse wird i.d.r. die Risikolage des Betriebs erfasst und der Versicherungsbedarf festgestellt. Dazu kommen regelmäßig Checklisten sowie Betriebsbesichtigungen zum Einsatz. Für Kleinbetriebe zeigt sich eine Tendenz zu standardisierten Deckungskonzepten. 30

I. Einführung: Versicherungszweige und -produkte Versicherungszweige und -produkte Industriegeschäft und internationales Geschäft Im Industriegeschäft treten eine Reihe zusätzlicher Gefahren sowie Risiken auf, häufig auch besondere Auslandsrisiken. All dies soll durch Versicherungsprogramme gedeckt werden. Meist wird eine (Haupt-) Police für die Muttergesellschaft vereinbart, in der der Versicherungsschutz für alle Länder einheitlich festgelegt wird. Daneben existieren lokale Grundpolicen bei Tochterunternehmen, die länderspezifische Besonderheiten berücksichtigen. Wichtige Beispiele: Feuerversicherung mit Nebensparten, Betriebsunterbrechungsversicherung, Betriebs- und Produkthaftpflicht-Versicherung, Umweltrisiken, Transportversicherung, Kreditversicherung und politische Risiken, Vertrauensschadenversicherung und Computer-Missbrauch, Unfallversicherung, Betriebliche Altersversorgung, Kraftfahrzeugversicherung, Technische Versicherung, Directors & Officers. 31

I. Einführung: Vertriebswege Vertriebswege Vorbemerkung Auswahl des /der Absatzwege(s) ist von kritischer Bedeutung für Versicherungsunternehmen ( Absatz vor Produktion ). In der Regel wird ein VU (oft auch historisch bedingt) einen Mix mehrerer Vertriebswege nutzen. Grundformen der Absatz-/Vertriebswege eines Versicherungsunternehmens: unternehmenseigene Organe z.b. festangestellter Außendienst, Call Center unternehmensgebundene Vermittler z.b. Ausschließlichkeitsvertreter, Einfirmen-/ Einkonzernvertreter unternehmensfremde Agenten z.b. Makler, Finanzberater, Mehrfachagenten auch: versicherungsnehmereigene Vermittler z.b. Captive Broker im Großkundengeschäft 32

I. Einführung: Vertriebswege Überblick Vertriebswege Vertriebswege Vertrieb über Vermittler Direktvertrieb Versicherungsmakler Versicherungsvertreter (-agentur) unternehmenseigene Vermittler Vermittler i.s. d. 59 Abs. 2 VVG Einfirmen-(konzern-) vertreter Mehrfachagentur dem Kunden einem Versicherer mehreren Versicherern vertraglich verbunden vertraglich verbunden Maklervertrag/ -auftrag Agenturvertrag Arbeitsvertrag Quelle: in Anlehnung an Griess/Zinnert (1997) 33

I. Einführung: Vertriebswege Charakterisierung unterschiedlicher Vertriebswege Unternehmenseiger bzw. (fest)angestellter Außendienst: Vermittler sind festangestellte Mitarbeiter des VU. Oft auch Führungsebenen im Außendienst. Variabler Gehaltsanteil im Vergleich zu festen Bezügen eher gering. Einfirmen- bzw. Ausschließlichkeitsvertreter: Rechtsgrundlagen der Einfirmenvertreter sowie Einkonzernvertreter i.w. aus 92 I, 84 ff. HGB. Rechtlich selbständige Gewerbetreibende unterliegen besonderen rechtlichen Gegebenheiten, z.b. Provisionsregelungen, Ausgleichsanspruch; erhalten vom VU Provision (Abschluss- und Bestandspflegeprovision). Einkonzernvertreter: vermitteln für verschiedene, rechtlich selbständige VU eines Konzerns oder Verbunds. Mehrfirmenvertreter bzw. Mehrfachagent: vermitteln für mehrere rechtlich & wirtschaftlich unabhängige VU, sind rechtlich Ausschließlichkeitsvertretern weitgehend gleichgestellt. Steuerbarkeit durch VU jedoch i.d.r. geringer. 34

I. Einführung: Vertriebswege Charakterisierung unterschiedlicher Vertriebswege (Versicherungs-)Makler: (theoretisch) rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Vermittler, vermitteln im Auftrag des Kunden Versicherungs-schutz. Erhalten vom VU Courtage für die Vermittlung. Versicherungsberater: rechtlich und wirtschaftlich selbständig, berät den Kunden beim Kauf von Versicherungsschutz; erhält vom Kunden ein Honorar. Darf keine Provisionen vom VU erhalten. Bankvertrieb bzw. Annexvertrieb: Banken vermitteln Versicherungsprodukte meist auf Provisionsbasis im Konzern oder über Kooperationen. Annexvertriebe: z.b. Auto- oder Versandhäuser, Reiseanbieter etc. Strukturvertrieb: agieren oft in eigenständigen Vertriebsgesellschaften oder Sonderorganisationen. Typisch: strikte Führung, mehrere Hierarchieebenen, hohe Leistungsorientierung, besonders ausgeprägte Anreizsysteme Direktvertrieb bzw. Internet-Vertrieb: Verkauf von Versicherungsleistungen durch die Vers.Gesellschaft direkt an Endverbraucher. Wegen weitgehend fehlender Vermittlungs- bzw. Abschlusskosten gegenüber herkömmlichen Vertriebswegen z.t. erheblich niedrigere Kosten. 35

I. Einführung: Vertriebswege Bedeutung der einzelnen Vertriebskanäle am Beispiel der Lebensversicherung 100% 90% 2,0% 14,0% Marktanteilsentwicklung und Prognose in APE APE = laufende Beiträge zzgl. 10% der Einmalbeiträge 1,8% 2,7% 2,9% 3,1% 3,2% 3,0% 3,0% 4,8% 4,7% 3,3% 2,7% 3,6% 5,5% 3,0% 3,0% 80% 3,0% 20,8% 21,5% 22,8% 25,3% 25,9% 24,8% 28,0% 32,0% 70% 60% 50% 40% 30% 80,0% 22,7% 7,7% 25,9% 23,9% 6,8% 6,9% 25,8% 5,8% 28,0% 6,2% 32,4% 32,0% 7,0% 4,0% 34,0% 2,0% 20% 10% 42,7% 39,3% 40,4% 37,5% 33,2% 27,1% 30,0% 26,0% 0% 1985* 1999 2000 2001 2003 2004 2005 2010* 2015* AO Geb. Strukturvertrieb Unabhängige Vermittler Bank Direkt Sonstige * Schätzung 36