VORTRAGSREIHE. Das kirchliche Arbeitsrecht im Licht der aktuellen Rechtsprechung: Was bleibt?



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Transkript:

VORTRAGSREIHE Donnerstag, 5. Dezember 2013 / 18.30 Uhr Das kirchliche Arbeitsrecht im Licht der aktuellen Rechtsprechung: Was bleibt? Referent: Professor Dr. Steffen Klumpp Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ZAAR Destouchesstraße 68 80796 München Tel. 089 20 50 88 300 Fax 089 20 50 88 304 www.zaar.uni-muenchen.de info@zaar.uni-muenchen.de

I. Kirchliches Arbeitsrecht auf dem Prüfstand 1. Das kircheneigene Arbeitsrecht, insbesondere: Loyalitätsobliegenheiten und Kollektive Regelungsfindung. 2. Staatskirchenrechtliche Grundsätze 3. Kritik am kirchlichen Sonderarbeitsrecht II. Kündigung kirchlicher Arbeitnehmer wegen Loyalitätsverstoß 1. Entwicklung der Rechtsprechung 2. Die Entscheidungen Chefarzt (vom 8.9.2011-2 AZR 543/10) und Caritas (vom 25.4.2013-2 AZR 579/12) a. Dogmatisch: nichts Neues. b. Festsetzung der Loyalitätsobliegenheiten b. Problempunkt: Interessenabwägung (1) Unterstützung durch die EMRK (2) Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in der Abwägung (a) Zwangsläufige Relativierung durch die Abwägung? (aa) Beispiel: Widersprüchlichkeit als Abwägungsfaktor in der Chefarzt-Entscheidung (bb) Beispiel: Verkündigungsnähe als Abwägungsfaktor in der Caritas-Entscheidung (3) Bedeutung der besonderen Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts 3. Ausblick III. Kollektive Regelungsfindung und Koalitionsfreiheit 1. Konsensbezogene kirchliche Regelungsmodelle 2. Entscheidungen Zweiter Weg (vom 20.11.2012 1 AZR 611/11); Dritter Weg (vom 20.11.2012 1 AZR 179/11) a. Abwägungslösung als Grundlage b. Kircheneigener Zweiter Weg c. Streikfester Dritter Weg (1) Vorgaben des BAG (2) Insbesondere: Organisatorische Beteiligung der Gewerkschaften (a) Inkompatibilitäten oder: Versuch der Quadratur des Kreises? (b) Erste Reaktion: Das Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz EKD 2013 (ARGG) (c) Bedeutung des Leitbildes der Dienstgemeinschaft 3. Ausblick IV. Fazit Was bleibt? 1

Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (Auszug) vom 22.9.1993 (in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) vom 20. Juni 2011)) Artikel 1 Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft). Alle Beteiligten, Dienstgeber sowie leitende und ausführende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, müssen anerkennen und ihrem Handeln zugrunde legen, dass Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, sich an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten haben. Artikel 3 Begründung des Arbeitsverhältnisses (1) Der kirchliche Dienstgeber muss bei der Einstellung darauf achten, dass eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart des kirchlichen Dienstes bejahen. Er muss auch prüfen, ob die Bewerberin und der Bewerber geeignet und befähigt sind, die vorgesehene Aufgabe zu erfüllen, dass sie der Stellung der Einrichtung in der Kirche und der übertragenen Funktion gerecht werden. (2) Der kirchliche Dienstgeber kann pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. (3) Der kirchliche Dienstgeber muss bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch Festlegung der entsprechenden Anforderungen sicherstellen, dass sie ihren besonderen Auftrag glaubwürdig erfüllen können. Dazu gehören fachliche Tüchtigkeit, gewissenhafte Erfüllung der übertragenen Aufgaben und eine Zustimmung zu den Zielen der Einrichtung. (4) Für keinen Dienst in der Kirche geeignet ist, wer sich kirchenfeindlich betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. (5) Der kirchliche Dienstgeber hat vor Abschluss des Arbeitsvertrages durch Befragung und Aufklärung der Bewerberinnen und Bewerber sicherzustellen, dass sie die für sie nach dem Arbeitsvertrag geltenden Loyalitätsobliegenheiten (Art. 4) erfüllen. 2

Artikel 4 Loyalitätsobliegenheiten (1) Von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig ist, ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Dies gilt auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (2) Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen. (3) Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen bereit sein, die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen. (4) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden. Artikel 5 Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten (1) Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr, so muss der Dienstgeber durch Beratung versuchen, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z. B. Versetzung Änderungskündigung) geeignet sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht. (2) Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen sieht die Kirche insbesondere folgende Loyalitätsverstöße als schwerwiegend an: Verletzungen der gemäß Art. 3 und 4 von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter zu erfüllenden Obliegenheiten, insbesondere Kirchenaustritt, öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z. B. hinsichtlich der Abtreibung) und schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen. Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe. Handlungen, die kirchenrechtlich als eindeutige Distanzierung von der katholischen Kirche anzusehen sind, vor allem Abfall vom Glauben (Apostasie oder Häresie gemäß c. 1364 1 i. V. mit c. 751 CIC), Verunehrung der heiligen Eucharistie (c. 1367 CIC), öffentliche Gotteslästerung und Hervorrufen von Hass und Verachtung 3

gegen Religion und Kirche (c. 1369 CIC), Straftaten gegen die kirchlichen Autoritäten und die Freiheit der Kirche (insbesondere gemäß den cc. 1373, 1374 CIC). (3) Ein nach Abs. 2 generell als Kündigungsgrund in Betracht kommendes Verhalten schließt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus, wenn es begangen wird von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind. Von einer Kündigung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen. (4) Wird eine Weiterbeschäftigung nicht bereits nach Abs. 3 ausgeschlossen, so hängt im Übrigen die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung von den Einzelfallumständen ab, insbesondere vom Ausmaß einer Gefährdung der Glaubwürdigkeit von Kirche und kirchlicher Einrichtung, von der Belastung der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der Art der Einrichtung, dem Charakter der übertragenen Aufgabe, deren Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag, von der Stellung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie von der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Lehre der Kirche bekämpft oder die anerkennt, aber im konkreten Fall versagt. (5) Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die aus der katholischen Kirche austreten, können nicht weiterbeschäftigt werden. Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (z. B. böswilligem Verlassen von Ehepartner und Kindern). Artikel 6 Koalitionsfreiheit (1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes können sich in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit als kirchliche Arbeitnehmer zur Beeinflussung der Gestaltung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in Vereinigungen (Koalitionen) zusammenschließen, diesen beitreten und sich in ihnen betätigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind berechtigt, innerhalb ihrer Einrichtung für den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgaben und Tätigkeit zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen. Die Koalitionsfreiheit entbindet sie aber nicht von der Pflicht, ihre Arbeit als Beitrag zum Auftrag der Kirche zu leisten. (2) Wegen der Zielsetzung des kirchlichen Dienstes muss eine Vereinigung dessen Eigenart und die sich daraus für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergebenden Loyalitätsobliegenheiten anerkennen. Vereinigungen, die diesen Anforderungen gerecht werden, können die ihnen angehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der zulässigen Koalitionsbetätigung in der Einrichtung unterstützen. Dabei haben sie und die ihnen angehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf zu achten, dass die Arbeit einer kirchlichen Einrichtung unter einem geistig-religiösen Auftrag 4

steht. Sie müssen das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes respektieren. Artikel 7 Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen (1) Das Verhandlungsgleichgewicht ihrer abhängig-beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Abschluss und Gestaltung der Arbeitsverträge sichert die katholische Kirche durch das ihr verfassungsmäßig gewährleistete Recht, ein eigenes Arbeitsrechts-Regelungsverfahren zu schaffen. Rechtsnormen für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse kommen zustande durch Beschlüsse von Kommissionen, die mit Vertretern der Dienstgeber und Vertretern der Mitarbeiter paritätisch besetzt sind. Die Beschlüsse dieser Kommissionen bedürfen der bischöflichen Inkraftsetzung für das jeweilige Bistum. Das Nähere, insbesondere die jeweiligen Zuständigkeiten, regeln die KODA- Ordnungen. Die Kommissionen sind an diese Grundordnung gebunden. (2) Wegen der Einheit des kirchlichen Dienstes und der Dienstgemeinschaft als Strukturprinzip des kirchlichen Arbeitsrechts schließen kirchliche Dienstgeber keine Tarifverträge mit Gewerkschaften ab. Streik und Aussperrung scheiden ebenfalls aus. Anhang Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse Das neu geschaffene Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) widerspricht der Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehrt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, gleich ob sie der katholischen Kirche angehören oder nicht, die nach diesem Gesetz eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen, verstoßen dadurch gegen die für sie geltenden Loyalitätsobliegenheiten, wie sie ihnen nach Artikel 4 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse in der geltenden Fassung auferlegt sind. Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist deshalb ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 der o. g. Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, der die dort geregelten Rechtsfolgen nach sich zieht. 5

Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie (Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz ARGG-EKD) Beschluss der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 13. November 2013 Präambel Kirchlicher Dienst ist durch den Auftrag Jesu Christi bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Alle Männer und Frauen, die beruflich in der Kirche und Diakonie tätig sind, wirken an der Erfüllung dieses Auftrages mit. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbindet Dienstgeber und Mitarbeiter wie Mitarbeiterinnen zu einer Dienstgemeinschaft. 2 Partnerschaftliche Festlegung der Arbeitsbedingungen Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbindet Dienstgeber und Mitarbeiter wie Mitarbeiterinnen zu einer Dienstgemeinschaft, die auch in der Gestaltung der verbindlichen Verfahren zur Regelung der Arbeitsbedingungen ihren Ausdruck findet. Für die Regelung der Arbeitsbedingungen haben in der Dienstgemeinschaft Dienstgeber sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und deren Interessenvertretungen die gemeinsame Verantwortung. Die Wahrnehmung dieser gemeinsamen Verantwortung setzt einen partnerschaftlichen Umgang voraus. 3 Konsensprinzip Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden in einem kirchengemäßen Verfahren im Konsens geregelt. Konflikte werden in einem neutralen und verbindlichen Schlichtungsverfahren und nicht durch Arbeitskampf gelöst. 8 Vertretung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (1) Die Vertreter und Vertreterinnen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden durch Gewerkschaften und Mitarbeiterverbände in die Arbeitsrechtliche Kommission entsandt. Abweichend von Satz 1 kann das gliedkirchliche Recht vorsehen, dass die Vertreter und Vertreterinnen der Mitarbeiterschaft zu einem Teil von den Gewerkschaften und Mitarbeiterverbänden und zum anderen Teil vom jeweiligen Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen entsandt werden. Für diesen Fall ist zu gewährleisten, dass den Gewerkschaften und Mitarbeiterverbänden eine angemessene Anzahl von Sitzen zusteht. Die Anzahl der Vertreter und Vertreterinnen, die von den einzelnen Gewerkschaften und Mitarbeiterverbänden entsandt werden, richtet sich nach dem zahlenmäßigen Verhältnis der im Zeitpunkt der Entsendung in den Gewerkschaften oder Mitarbeiterverbänden zusammengeschlossenen kirchlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Zuständigkeitsbereich der Arbeitsrechtlichen Kommission. 6

(3) Mehr als die Hälfte der von den Gewerkschaften und Mitarbeiterverbänden zu entsendenden Vertreter und Vertreterinnen muss beruflich im kirchlichen oder diakonischen Dienst tätig sein. (4) Die Gewerkschaften und Mitarbeiterverbände einigen sich auf die Zahl der von ihnen jeweils nach Absatz 1 zu entsendenden Vertreter und Vertreterinnen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet der Präsident oder die Präsidentin des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland. (5) Sind einzelne Gewerkschaften oder Mitarbeiterverbände nicht zur Mitwirkung bereit, fallen die entsprechenden Sitze an die übrigen Gewerkschaften oder Mitarbeiterverbände. (6) Soweit eine Besetzung der Sitze der Interessenvertreter der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Arbeitsrechtlichen Kommission im Verfahren der Absätze 1 bis 4 nicht zustande kommt, erfolgt die Entsendung durch den jeweiligen Gesamtausschuss. (7) Das gliedkirchliche Recht kann an Stelle der Entsendung durch den Gesamtausschuss eine Wahl der Vertreter und Vertreterinnen der Mitarbeiterschaft durch die Mitarbeitervertretungen oder durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Arbeitsrechtlichen Kommission vorsehen. 13 Kirchengemäße Tarifvertragsbeziehungen (1) Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie können durch Tarifverträge geregelt werden, sofern diese den Grundsätzen nach 2 bis 5 entsprechen und die nachfolgend geregelten Anforderungen erfüllen. (2) Kirchengemäße Tarifverträge setzen eine uneingeschränkte Friedenspflicht voraus. Die Ausgestaltung der Friedenspflicht wird von den Tarifpartnern vereinbart. (3) Tarifpartner sind Gewerkschaften, in denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im kirchlichen und diakonischen Dienst zusammengeschlossen sind, und Dienstgeberverbände der Kirche und ihrer Diakonie. Die Gliedkirchen können in ihren Regelungen vorsehen, dass sie die Funktion des Dienstgeberverbandes wahrnehmen. 14 Verbindliche Konfliktlösung durch Schlichtung (1) Einigen sich die Tarifpartner nicht, kann jeder von ihnen die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens verlangen. Das Schlichtungsverfahren ist in einer Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern zu regeln. Die Grundsätze des 10 finden dabei entsprechende Anwendung. (2) Die abschließenden Entscheidungen in einem Schlichtungsverfahren sind verbindlich. Sie haben die Wirkung von Tarifverträgen. 7