Fledermausschutz im Bayerischen Wald 1. Veranlassung: Warum Fledermausschutz? Fledermäuse sind seit den 30er Jahren unter Schutz Die Tiere sind wichtige Mitglieder der heimischen Natur und die effektivsten nächtlichen Insektenvertilger Fledermäuse sind seit den 60er Jahren in ihren Beständen um 80-90 % zurückgegangen, vier Arten sind vom Aussterben bedroht, die Ursachen sind auf menschliche Einflüsse zurückzuführen Viele Fledermäuse leben in Gebäuden, dagegen lehnte ein Großteil der Bevölkerung die Fledermäuse wegen alter Vorurteile ab In Südostbayern waren bis in die 80ger Jahre keinerlei Fledermausvorkommen bekannt, nur bekannte Fledermausquartiere sind jedoch geschützte Quartiere Eine Erfassung der Bestände und direkte Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der Bestände waren dringend notwendig Bechsteinfledermaus Foto: Morgenroth 2. Maßnahmen: Was ist passiert? Seit 1990 wurde begonnen die Fledermausbestände in den Landkreisen Passau, Freyung-Grafenau, Regen, Straubing-Bogen und Deggendorf flächendeckend zu erfassen. Es wurden dabei z.b. alle Kirchen und viele Biotope und Ortschaften
2 kontrolliert, Kontakte mit verschiedenen Ämtern aufgenommen, Aufrufe in die Zeitung gesetzt, Keller und Stollen kontrolliert Es wird begleitend intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Es wurden z.b. jährlich ca. 14 Artikel in die lokalen Zeitungen gesetzt, Vorträge gehalten, 4 Fernsehfilme gedreht, Radiointerviews gegeben, Exkursionen durchgeführt, eine erfolgreiche Wanderausstellung und Fledermausbroschüren erstellt. Es werden Beratungsgespräche und Schutzmaßnahmen durchgeführt. Es wurden z.b. Beratung zum Erhalt der Fledermäuse an Häusern durchgeführt, Stollen und Keller vergittert, Höhlenbäume erhalten, Fledermauskästen aufgehängt, Kirchen geöffnet. Es werden Renovierungen und Holzschutzbehandlung in Quartieren betreut. Es werden z.b. in Zusammenarbeit mit den Diözesanbauämtern und den Holzschutzfirmen Maßnahmen an Kirchen fachlich betreut. Renovierungen in Privathäusern werden intensiv begleitet Es wurde ein Betreuerkreis aus ehrenamtlichen Betreuern für jeden Landkreis aufgebaut. Um die Betreuung der bekannten Quartiere vor Ort zu verbessern wurden ehrenamtliche Betreuer gesucht. Es finden z.b. regelmäßige Betreuertreffen statt, Schulungen und Exkursionen werden durchgeführt. 3. Ergebnisse: Was ist dabei herausgekommen? Das Untersuchungsgebiet erwies sich als ausgesprochen bedeutendes Rückzugsgebiet für Fledermäuse, besonders für seltene und stark geschützte Arten Alle Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, von 19 regelmäßig in Bayern vorkommenden Arten wurden 18 in Südostbayern gefunden. Die fehlende Art "Große Hufeisennase" ist an Kalksteingebiete gebunden. Für 8 seltene und stark bedrohte Arten hat der Ostbayerische Raum besondere Bedeutung: Fledermausart Häufigkeit in Ostbayern Häufigkeit bayernweit Schutzstatus FFH-Art Kleine selten selten Vom Aussterben nein Hufeisennase bedroht, FFH Wimperfledermaus selten selten Vom Aussterben bedroht, FFH nein Mopsfledermaus häufig selten Vom Aussterben bedroht, FFH ja Große häufig zerteilt Stark gefährdet ja Bartfledermaus Kleine häufig häufig gefährdet ja Bartfledermaus Fransenfledermaus häufig zerteilt gefährdet ja Bechsteinfledermaus zerteilt selten gefährdet, FFH ja Wasserfledermaus häufig häufig Vorwarnliste ja Fortpflanzung
3 Großes Mausohr zerteilt zerteilt Gefährdet, FFH ja Braunes Langohr häufig häufig gefährdet ja Graues Langohr häufig zerteilt Stark gefährdet ja Nordfledermaus häufig selten Stark gefährdet ja Zweifarbfledermaus häufig selten Extrem selten ja Breitflügelfleder zerteilt zerteilt Vorwarnliste ja maus Großer häufig häufig gefährdet? Abendsegler Kleiner zerteilt selten Stark gefährdet ja Abendsegler Rauhhautfledermaus selten selten Stark gefährdet nein Zwergfledermaus häufig häufig Vorwarnliste ja Die Quartiere in den Privathäusern sind erst teilweise erfasst, die Meldungen nehmen zu. Die Bevölkerung erwartet Resonanz Die Bestandserfassung der Waldfledermäuse liegt noch in den Anfängen, seltene Arten wurden gefunden und sind weiter zu erwarten (z.b. Kleinabendsegler und Bechsteinfledermaus.) Nach einer langfristigen Öffentlichkeitsarbeit ist die Anteilnahme in der Bevölkerung deutlich gestiegen, die Einstellung hat sich wesentlich gebessert. Es wurde z.b. eine stark gestiegene Anfrage bezüglich Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für Fledermäuse registriert, insbesondere hinsichtlich Renovierungen, und aufgefundenen Fledermäusen, es gehen dauerhaft Meldungen von Tierärzten, Polizei, Feuerwehr, verschiedenen Organisationen, Vereinen und Privatleuten ein. Einstellung gegenüber Fledermäusen 1990 11% 60% 29% Auswertungen aller Gespräche seit Kartierungsbeginn 1990 Gelb = negative Einstellung, Rot = gleichgültige Einstellung, Blau = positive Einstellung
4 Einstellung gegenüber Fledermäusen 1999 10% 33% 57% Es werden zunehmend Meldungen registriert die keiner Anzeige (sonst. Meldung, rot) folgen, eine Folge verbesserter Aufklärung und Betreuertätigkeit, Beispiel LKR PASSAU Meldungen und Anfragen 1990-2000 Anzahl 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Kartierungsjahr sonst. Meldung Anzeige Die Kirchenquartiere sind zu fast 100 % erfasst, es fehlen jedoch die größeren Kapellen und einige Schlösser, es wurde ein Monitoringprogramm zur Bestandskontrolle und Entwicklung in einzelnen Kirchen etabliert. Die Anzahl der Kirchen-Fledermäuse in Ostbayern ist hoch und nimmt zu. Seit 1990 wurden 15 Kirchen mit neuen Langohrkolonien und einer Mausohrwochenstube besiedelt, die Anzahl der Tiere in den Kolonien ist stabil oder steigt an. Bei fachlich begleiteter Renovierung oder Holzschutzbehandlung bleiben die Kolonien erhalten. Durch die begleitenden Maßnahmen liegt der Verlust von wichtigen Quartieren bei weniger als 5%. Diese Quartiere wurden in der fledermausfreien Zeit verschlossen und Ersatzquartiere geschaffen.
5 Anteil besetzter Kirchen 22% 6% 12% 60% Der Anteil der mit Fledermäusen besetzten Kirchen ist hoch Gelb = Einzeltiere Grün = Wochenstuben/Kolonien Blau = ehem. Kolonien nach Renovierung erloschen Rot = nicht besetzt (meist fledermausfeindliche Renovierung) Zunahme zweier Mausohrkolonien im Landkreis Straubing seit 1989 400 350 300 250 Anzahl 200 150 100 50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Kartierungsjahr Falkenfels Degernbach Bestandsentwicklung der unter fachlicher Leitung renovierten Kirchen Falkenfels und Degernbach im Landkreis Straubing-Bogen, die Renovierung Falkenfels (blau) erfolgte im 1. Jahr, die Renovierung Degernbach (rot) im 11 Jahr. Der Rückgang der Zahlen in Falkenfels im 11 Jahr ist durch die falsche Zählung einer Betreuerin entstanden. Im Jahr 2000 sind in fünf Landkreisen und zwei kreisfreien Städten jetzt 65 ehrenamtliche Fledermausbetreuer im Einsatz. Die Betreuer übernehmen 1-8 verschiedene Gemeinden. Sie arbeiten selbständig, werden bei Bedarf fachlich unterstützt. Schulungen werden mehrmals jährlich vorgenommen, das Betreuersystem ist sehr effektiv. Sehr aufgeschlossene Quartierbesitzer betreuen ihr eigenes Fledermausquartier Neben den ehrenamtlichen Fledermausbetreuern wurden aufgeschlossene Quartierbesitzer für Ausflugszählungen geschult. Sie teilen ihre Beobachtungen den Betreuern mit.
6 Der Bayerische Wald verfügt über vergleichsweise sehr gut besetzte Winter- und Balzquartiere. Besonders der Silberberg hat als Winterquartier europaweite Bedeutung. Die Schutzmaßnahmen v.a. in den Winterquartieren zeigten Erfolg, in den Quartieren war eine deutliche Zunahme der Tiere zu verzeichnen. 4. Schlussfolgerung: Wie soll es weitergehen? Die große Bedeutung des Ostbayerischen Raumes für seltene und bedrohte Fledermausarten lässt uns eine hohe Verantwortung für den Schutz und weiteren Bestand dieser Tiere tragen! Ausbau, Fortführung und Koordinierung des Betreuersystems. Ziel ist eine langfristige Betreuung aller Gemeinden, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Betreuung vor Ort. Die Betreuer müssen dabei kontinuierlich betreut, geschult und fachlich unterstützt werden. Weitere Suche nach Wochenstuben in Privathäusern. Die Dunkelziffer liegt hier noch sehr hoch und nur bekannte Quartiere können gesichert und geschützt, Beratungsgespräche durchgeführt und Probleme gelöst werden, nur bekannte Quartiere sind sichere Quartiere. Verstärkte Suche von seltenen Waldfledermäusen, Ausweisung von Höhlenbäumen, Anbringung von Nistkästen. Die Dunkelziffer ist hier noch höher, es drohen Bestandsverluste durch die rein wirtschaftlich orientierte Waldnutzung, eine Zusammenarbeit mit Forstämtern, Waldbesitzern und Verbänden wird angestrebt. Fortsetzung der Öffentlichkeitsarbeit. Dem wachsenden öffentlichen Interesse muß Rechnung getragen werden, die Öffentlichkeitsarbeit wird fortgesetzt, angedacht wurde z.b. eine Fledermausnotrufnummer und der Ausbau unserer bestehenden Aufnahmestation, evtl. ein Fledermauszentrum. Weitere fachliche Betreuung der Renovierungen und Holzschutzmaßnahmen. Dem Quartierverlust muss durch Maßnahmen entgegengewirkt werden. Kirchen müssen für eine wachsende Zahl an Kirchenfledermäusen geeignet bleiben. Weiterführung des Monitorigprogrammes zur Bestandsentwicklung. Die Winterquartiere und Wochenstuben sind ausgesprochen gefährdete Quartiere, sie müssen in regelmäßigen Abständen kontrolliert und gezählt werden um Unfälle und Verluste zu vermeiden. Forschung mit neuen Methoden an den seltenen Arten. Mit neuen Techniken wie Telemetrie und besseren Detektoren kann die Lebensweise der Tiere besser erforscht und weitere Information zur Verbreitung und Schutz erhalten werden. Es wird eine internationale Kooperation mit den tschechischen Kollegen angestrebt. Erstellen eines Fledermausatlas für Ostbayern und Sumava. Die Fledermausforschung in Tschechien ist ebenfalls sehr weit fortgeschritten und die Zusammenarbeit ist bereits sehr gut. Es sollen die Daten beidseitig der Grenze aufbereitet und populärwissenschaftlich publiziert werden. Eine Internetseite ist geplant.
7 Weiterführung der Schutzmaßnahmen. Die Beratungsgespräche vor Ort erweisen sich als überaus effektive Schutzmaßnahmen und sollten fortgesetzt werden. Weitere Schutzmaßnahmen, Verschluss von Winterquartieren, die Öffnung von Kirchen, Aufhängung von Kästen, Ausweisung von Bäumen etc. sind sinnvoll. Interessierte Hausbesitzer werden hinsichtlich Fledermausschutz in Haus und Garten beraten. Jede Renaturierung von Gewässern und Schaffung von Vernetzungsstrukturen und Biotopen als Jagd- und Nahrungsgebiet unterstützt den Fledermausbestand. Dipl. Biol. S. Morgenroth Holzheim 16 92331 Parsberg