Intersystemische Koordination Invalidenrenten und Hilflosenentschädigungen
I. Renten Grundsatz (1) Renten und Abfindung verschiedener Sozialversicherungen werden unter Vorbehalt der Überentschädigung kumulativ gewährt (Art. 66 Abs. 1 ATSG). Gemäss Art. 66 Abs. 2 ATSG werden Renten und Abfindungen nach den Bestimmungen des jeweiligen Einzelgesetzes und in nachstehender Reihenfolge gewährt: von der AHV oder IV von der MV oder UV von der obligatorischen bv Dr. iur. M. Hürzeler 2
I. Renten Grundsatz (2) Unter den Begriff "Renten" gemäss Art. 66 Abs. 1 und 2 ATSG fallen sämtliche Hauptrenten, Zusatzrenten und Kinderrenten. "Abfindungen": Abfindungen des hinterlassenen Ehegatten gemäss Art. 19 Abs. 2 BVG; Abfindungen des hinterlassenen Ehegatten gemäss Art. 29 Abs. 1 und 2 UVG sowie Art. 32 UVG; Auskauf von Renten gemäss Art. 35 UVG; Auskauf von Renten gemäss Art. 46 MVG; Abfindungen gemäss Art. 23 UVG verfolgen einen therapeutischen Zweck und sind zu Erwerbsersatzleistungen nicht kongruent! Dr. iur. M. Hürzeler 3
I. Renten Grundsatz (3) Die intersystemische Koordination von Renten steht unter dem Grundsatz der bedingten Kumulation. Art. 66 Abs. 1 ATSG bezieht sich auf die Überentschädigungslimite gemäss Art. 69 ATSG Sondervorschriften in Einzelgesetzen in Bezug auf die Überentschädigungslimite gehen vor (z.b. Art. 24 Abs. 1 BVV2; Art. 20 Abs. 2 UVG) Die Koordination folgt dem Kongruenzgrundsatz Beispiel: Wird eine ganze IV-Rente gemäss Art. 43 Abs. 1 IVG ausgerichtet, so darf die Vorsorgeeinrichtung nur denjenigen Teil der Invalidenrente in die Überentschädigungsberechnung einbeziehen, der auch ohne Hinterlassenenanspruch ausgerichtet würde. Dr. iur. M. Hürzeler 4
I. Renten Grundsatz (4) Art. 66 Abs. 2 ATSG legt eine Leistungsreihenfolge mit Leistungskreisen fest. Leistungskreis AHV oder IV: Leistungen werden ausnahmslos entweder von der AHV oder der IV erbracht. Sofern zum Risiko eines Zweiges ein Risiko des anderen Zweiges tritt, erfolgt ggf. eine Rentenablösung (vgl. Art. 43 Abs. 1 IVG) und es bestehen Besitzstandsgarantien und Schutzbestimmungen (vgl. Art. 33 bis AHVG). Leistungskreis UV oder MV: Die Koordination zwischen der UV und der MV erfolgt nach den Regeln der Einzelgesetze. Gemäss Art. 103 UVG und Art. 76 MVG gilt bei Renten eine anteilsmässige Leistungspflicht im Falle der gemeinsamen Gesundheitsschäden. Leistungskreis bv: Art. 66 Abs. 2 ATSG beschlägt nur die obligatorische bv. Dies ist in Bezug auf die Vorleistungspflicht gemäss Art. 70 ATSG von Bedeutung. Dr. iur. M. Hürzeler 5
I. Renten Grundsatz (5) Vorleistungspflichten bei Unklarheit darüber, welche Sozialversicherung Leistungen zu erbringen hat gemäss Art. 70 ATSG. Art. 70 Abs. 1 lit. c ATSG: Die UV ist vorleistungspflichtig, wenn unklar ist, ob der Fall durch die UV oder die MV übernommen werden muss (Leistungskreis UV oder MV) Art. 70 Abs. 1 lit. d ATSG: Die bv ist im Rahmen der obligatorischen Leistungen vorleistungspflichtig, wenn unklar ist, ob der Fall durch die UV bzw. MV oder die bv übernommen werden muss (vgl. auch Art. 34a Abs. 2 BVG). Voraussetzung für die Vorleistung der bv ist, dass ein Leistungsanspruch der versicherten Person gegenüber der VE erstellt ist. Ggf. kann die intersystemische Vorleistungspflicht gemäss Art. 70 ATSG in Verbindung mit der intrasystemischen Vorleistungspflicht gemäss Art. 22 Abs. 4 oder Art. 26 Abs. 4 BVG auftreten. Dr. iur. M. Hürzeler 6
I. Renten Grundsatz (6) Rückerstattung von Vorleistungen gemäss Art. 71 ATSG: Der vorleistungspflichtige Versicherungsträger erbringt die Leistungen nach den für ihn geltenden Bestimmungen. Wird der Fall von einem anderen Träger übernommen, so hat dieser die Vorleistungen im Rahmen seiner Leistungspflicht zurückzuerstatten. Die Rückerstattung unterliegt dem Kongruenzgrundsatz. Die Rückerstattung setzt keine Abtretungserklärung durch die leistungsberechtigte Person voraus, sondern erfolgt direkt gestützt auf Art. 71 ATSG an den vorleistenden Versicherer. Der rückerstattungspflichtige Versicherer hat eine entsprechende Verfügung zu erlassen (Art. 49 ATSG ist zu beachten!). Dr. iur. M. Hürzeler 7
II. Invalidenrenten (1) Koordination zwischen UV und IV: UV-IR 80% des versicherten Verdienstes Art. 20 Abs. 1 UVG UV-Komplementärrente Zusammen mit IV-IR 90% des vers. Verdienstes Art. 20 Abs. 2 UVG IV-IR Dr. iur. M. Hürzeler 8
II. Invalidenrenten (2) Koordination zwischen UV und IV: Zeitpunkt der Festsetzung der Komplementärrente Zum Beginn des UV-Invalidenrentenanspruchs: Art. 19 Abs. 1 UVG Art. 20 Abs. 2 Satz 2 UVG hält fest, dass die Komplementärrente beim erstmaligen Zusammentreffen der UVG-Rente mit den AHVoder IV-Renten festgesetzt wird. Sobald die IV-Rente festgesetzt ist, muss also der Unfallversicherer seine Verfügung über die Komplementärrente erlassen. Dr. iur. M. Hürzeler 9
II. Invalidenrenten (3) Koordination zwischen UV und IV: 1. Berechnungsbeispiel zur Komplementärrente Jahresverdienst CHF 68'000.- ; IV-Grad 100%; IV-IR CHF 1'800.-/mtl. Schritt 1: Normale IR der UV: Jahresverdienst: CHF 68'000.- 80% davon: CHF 54'400.- Invaliditätsgrad 100%, Rente pro Jahr: CHF 54'400.- Rente pro Monat: CHF 4'534.- Schritt 2: Komplementärrente der UV: Jahresverdienst: CHF 68'000.- 90% davon: CHF 61'200.- Minus IV-IR: CHF 21'600.- = CHF 39'600.- pro Jahr bzw. CHF 3'300.- pro Monat Es wird eine monatliche UV-IR von CHF 3'300.- ausgerichtet. Dr. iur. M. Hürzeler 10
II. Invalidenrenten (4) Koordination zwischen UV und IV: 2. Berechnungsbeispiel zur Komplementärrente Jahresverdienst CHF 85'000.- ; IV-Grad 50%; IV-IR CHF 1'000.-/mtl. Schritt 1: Normale IR der UV: Jahresverdienst: CHF 85'000.- 80% davon: CHF 68'000.- Invaliditätsgrad 50%, Rente pro Jahr: CHF 34'000.- Rente pro Monat: CHF 2'834.- Schritt 2: Komplementärrente der UV: Jahresverdienst: CHF 85'000.- 90% davon: CHF 76'500.- Minus IV-IR: CHF 12'000.- = CHF 64'500.- pro Jahr bzw. CHF 5'375.- pro Monat Es wird eine monatliche UV-IR von CHF 2'834.- ausgerichtet. Dr. iur. M. Hürzeler 11
II. Invalidenrenten (5) Koordination zwischen UV und IV: Allgemeines zur Berechnung der Komplementärrente Bei der Berechnung der Komplementärrente ist weder ein tatsächlicher noch ein hypothetischer Resterwerb anzurechnen. Wird infolge eines Unfalls eine Rente der IV neu ausgerichtet, sind bei der Berechnung der Komplementärrente auch die Kinderrenten der IV voll zu berücksichtigen (Art. 31 Abs. 1 UVV). Komplementärrenten können gemäss Art. 21 ATSG bzw. Art. 36-39 UVG gekürzt werden. Es werden also nicht die "normal" berechneten Invalidenrenten, sondern die Komplementärrenten gekürzt. Teuerungszulagen werden auf der gekürzten Komplementärrente berechnet (Art. 31 Abs. 4 UVV). Dr. iur. M. Hürzeler 12
II. Invalidenrenten (6) Koordination zwischen UV und IV: Komplementärrente in Sonderfällen Art. 32 Abs. 1 UVV: "Entschädigt eine Rente der IV auch eine nicht nach UVG versicherte Invalidität, wird bei der Berechnung der Komplementärrente nur jener Teil der Rente der IV berücksichtigt, welcher die obligatorisch versicherte Tätigkeit abgilt." Beispiel:» VP ist 50% erwerbstätig und 50% im Haushalt tätig. Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich beträgt 100%, im aussererwerblichen Bereich 50%.» Gesamtinvaliditätsgrad: 75% = (0,5 x 1) + (0,5 x 0,5)» Anteil der Erwerbsunfähigkeit am Gesamt-IV-Grad: (50 x 100) : 75 = 66 2/3» Die IV-Rente ist somit zu 66 2/3 % in die Berechnung der Komplementärrente einzubeziehen. Dr. iur. M. Hürzeler 13
II. Invalidenrenten (7) Koordination zwischen UV und IV: Komplementärrente in Sonderfällen Art. 32 Abs. 2 Satz 1 UVV: Wird infolge eines Unfalls eine Rente der IV erhöht oder eine Hinterlassenenrente der AHV durch eine Rente der IV abgelöst, so wird nur die Differenz zwischen der vor dem Unfall gewährten Rente und der neuen Leistung in die Berechnung der Komplementärrente einbezogen.» Beispiel: X. bezog bisher wegen einer Krankheit von der IV eine halbe Rente. Im Rahmen seiner Resterwerbsfähigkeit arbeitete er und war nach UVG versichert. Nun verunfallt er und wird voll invalid. Bei der Berechnung der Komplementärrente wird einzig die Differenz zwischen der ganzen und der halben Rente von den 90% des versicherten Verdienstes abgezogen. Dr. iur. M. Hürzeler 14
II. Invalidenrenten (8) Koordination zwischen UV und IV: Komplementärrente in Sonderfällen Art. 32 Abs. 2 Satz 2 UVV: In den Fällen von Art. 24 Abs. 4 UVV wird die Rente der IV voll angerechnet, d.h., wenn der Versicherte bereits aus einem früheren Unfall eine UVG-Invalidenrente bezog und aus dem neuen Unfall eine weitere UVG-Invalidenrente erhält. Für die Berechnung der neuen Rente aus beiden Unfällen ist der Lohn massgebend, den der Versicherte im Jahr vor dem letzten Unfall bezogen hätte, wenn früher kein versicherter Unfall eingetreten wäre. Ist dieser Lohn kleiner als der vor dem ersten versicherten Unfall bezogene Lohn, so ist der höhere Lohn massgebend (Art. 24 Abs. 4 UVV). Für die intrasystemische Koordination vgl. Art. 100 Abs. 3 UVV. Dr. iur. M. Hürzeler 15
II. Invalidenrenten (9) Koordination zwischen UV und IV: Komplementärrente in Sonderfällen Art. 32 Abs. 3 UVV: Hat der Versicherte vor dem Unfall eine Altersrente der AHV bezogen, so wird für die Festsetzung der Grenze von 90 Prozent (Art. 20 Abs. 2 UVG) neben dem versicherten Verdienst auch die Altersrente bis zum Höchstbetrag des versicherten Verdienstes berücksichtigt. Diese Bestimmung stellt darauf ab, dass sich der versicherte Unfall nach Erreichen des AHV-Rentenalters ereignet. Art. 32 Abs. 3 UVV findet keine Anwendung, wenn ein Versicherter eine ausschliesslich krankheitsbedingte ganze IV- Rente bezogen hat, er im Rahmen der Resterwerbsfähigkeit vor Erreichen des AHV-Rentenalters einen Unfall erlitt, aus welchem er eine UV-Invalidenrente erhielt und nun die IV-Rente durch eine AHV-Altersrente ersetzt wird (Art. 30 IVG). Diesfalls ist die UVG- Rente mit der AHV-Altersrente als Komplementärrente festzusetzten (vgl. BGE 130 V 39). Dr. iur. M. Hürzeler 16
II. Invalidenrenten (10) Koordination zwischen UV und IV: Die Anpassung von Komplementärrenten ( Art. 20 Abs. 2 UVG und Art. 33 UVV) Art. 20 Abs. 2 UVG bestimmt, dass die Komplementärrente beim erstmaligen Zusammentreffen mit AHV- oder IV-Renten festgesetzt und lediglich späteren Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Teile der Rente der IV oder der AHV angepasst wird. Es erfolgt keine Neuberechnung der Komplementärrente, wenn die Rente der IV in eine Altersrente der AHV umgewandelt wird (Art. 33 Abs. 1 UVV). Es erfolgt auch keine Neuberechnung der Komplementärrente, wenn die AHV- oder IV-Rente der Teuerung angepasst wird. Die Komplementärrente wird angepasst, wenn: Kinderrenten der AHV oder der IV dahinfallen oder neu hinzukommen; die Rente der AHV oder der IV infolge einer Änderung der Berechnungsgrundlagen erhöht oder herabgesetzt wird; sich der für die UV massgebende Invaliditätsgrad erheblich ändert; sich der versicherte Verdienst nach Art. 24 Abs. 3 UVV ändert, d.h. bei Versicherten in beruflicher Ausbildung, wenn der versicherte Verdienst auf den Zeitpunkt angehoben wird, in welchem sie die berufliche Ausbildung abgeschlossen hätte. Dr. iur. M. Hürzeler 17
II. Invalidenrenten (11) Koordination zwischen MV und IV: MV-IR Kumulation bis zur Überentschädigungslimite gemäss Art. 69 ATSG IV-IR IV-IR Dr. iur. M. Hürzeler 18
II. Invalidenrenten (12) Überentschädigungsberechnung in der MV: Überentschädigungslimite bildet Art. 69 ATSG Bei der Berechnung der Überentschädigung nach Art. 69 ATSG sind die durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälligen Einkommenseinbussen von Angehörigen des Versicherten so weit zu berücksichtigen, als die Kosten und Einbussen nicht durch andere Leistungen der MV gedeckt werden. (Art. 29 Abs. 1 MVV) Einem teilweise erwerbsunfähigen Bezüger einer Rente der MV können die weiterhin tatsächlich erzielten oder zumutbarerweise erzielbaren Erwerbseinkünfte angerechnet werden (Art. 32 Abs. 1 lit. c MVV). Dr. iur. M. Hürzeler 19
II. Invalidenrenten (13) Grundlegende Aspekte der Koordination aus der Sicht der bv: Gesetzliche Grundlage in Art. 34a BVG; Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsebene in Art. 24 und 25 BVV2. Art. 24 Abs. 1 BVV2: Die VE kann die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. "Kann-Bestimmung": Es ist umstritten, ob die VE für die Überentschädigungskürzung eine entsprechende Bestimmung in ihr Reglement aufnehmen muss oder direkt gestützt auf Art. 24 BVV2 kürzen kann. Von der 90 Prozent-Grenze kann reglementarisch zu Gunsten der leistungsberechtigten Person abgewichen werden. Unter "mutmasslich entgangenem Verdienst" ist dasjenige Einkommen zu verstehen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn der Vorsorgefall nicht eingetreten wäre und zwar im Zeitpunkt, in dem sich die Kürzungsfrage stellt. Der mutmasslich entgangene Verdienst unterliegt betraglich keiner oberen Grenze und umfasst auch nicht versicherte Einkommensteile. Die Vorsorgeeinrichtung muss die Überentschädigungsberechnung neu vornehmen, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn eine Leistungsanpassung von mindestens 10% daraus resultiert. Dr. iur. M. Hürzeler 20
II. Invalidenrenten (14) Koordination zwischen bv und IV: BVG-IR Kumulation bis zur Limite von 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes (Art. 24 BVV2) IV-IR IV-IR Dr. iur. M. Hürzeler 21
II. Invalidenrenten (15) Koordination zwischen bv und IV: Die leistungsberechtigte Person muss der VE über alle anrechenbare Einkünfte Auskunft geben (Art. 24 Abs. 4 BVV2) Kinderrenten der IV werden von der bv in vollem Umfange angerechnet. (Vgl. BGE 126 V 468) War eine versicherte Person bloss teilweise erwerbstätig und daneben im Haushalt tätig, so bemisst die IV den Invaliditätsgrad anhand der gemischten Methode. Die Vorsorgeeinrichtung darf gestützt auf den Grundsatz der sachlichen Kongruenz nur denjenigen Teil der IV-Rente in die Überentschädigungsberechnung einbeziehen, welcher dazu bestimmt ist, die Erwerbsunfähigkeit zu entschädigen. (Vgl. BGE 124 V 279; Vorgehen analog UV! Siehe Folie II. Invalidenrenten (6)) Beruht die IV-Rente auf mehreren Gesundheitsbeeinträchtigungen, von denen für die Vorsorgeeinrichtung nur eine relevant ist, so ist eine Aufschlüsselung des Gesamtinvaliditätsgrades nach seinen Teilursachen vorzunehmen. Nur derjenige Anteil der IV-Rente, welcher auf den gleichen Gesundheitsschaden zurück zu führen ist, darf nach dem Grundsatz der ereignisbezogenen Kongruenz in die Überentschädigungsberechnung der bv einbezogen werden. Dr. iur. M. Hürzeler 22
II. Invalidenrenten (16) Anrechnung von Resterwerbseinkommen in der bv: Bezügern von Invalidenrenten wird durch die bv neben den anrechenbaren Sozialversicherungsleistungen auch das weiterhin erzielte oder zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbs- oder Ersatzeinkommen angerechnet (Art. 24 Abs. 2 BVV2). Zumutbarerweise erzielbares Resterwerbseinkommen: Zumutbarerweise erzielbares Resterwerbseinkommen: Als zumutbarerweise noch erzielbares Resterwerbseinkommen gilt dasjenige Einkommen, welches der Bezüger von Invalidenleistungen im Zeitpunkt der Vornahme der Überentschädigungsberechnung effektiv noch erzielen könnte, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, insbesondere der Art und des Ausmasses der Behinderung und des tatsächlichen Arbeitsmarktes. Das Resterwerbseinkommen muss im Einzelfall bestimmt werden. Es darf nicht einfach auf das Invalideneinkommen aus der Invaliditätsbemessung abgestellt werden, da sich das hypothetische Resterwerbseinkommen nicht auf der Grundlage eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes bestimmt. Bezügern einer ganzen Rente sollte kein hypothetisches Resterwerbseinkommen mehr angerechnet werden. (Vgl. auch BSV, Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 82, Ziff. 478) Dr. iur. M. Hürzeler 23
II. Invalidenrenten (17) Koordination zwischen bv,, IV und UV: BVG-IR Kumulation bis 90% des mutmasslich entg. Verdienstes (Art. 24 BVV2) UV-Komplementärrente Zusammen mit IV-IR 90% des vers. Verdienstes (Art. 20 Abs. 2 UVG) UV-Komplementärrente Zusammen mit IV-IR 90% des vers. Verdienstes (Art. 20 Abs. 2 UVG) IV-IR IV-IR IV-IR Dr. iur. M. Hürzeler 24
II. Invalidenrenten (18) Koordination zwischen bv,, IV und UV: Ist die UV (oder MV) für den gleichen Versicherungsfall leistungspflichtig, so kann die VE ihre Leistungen nach Art. 24 BVV2 kürzen. (Art. 25 Abs. 1 BVV2; grundlegend dazu: BGE 116 V 189) Eine ergänzende Leistungspflicht der bv besteht z.b.: wenn die versicherte Person ohne Invalidität ein über der Limite des maximalen UVG-Lohnes (vgl. Art. 22 Abs. 1 UVV) liegendes Einkommen erzielen würde; wenn die Leistungen der IV auf Grund von Beitragslücken niedriger ausfallen und die Leistungen der IV und der UV zusammen nicht 90% des versicherten Verdienstes erreichen; wenn zwischen dem mutmasslich entgangenen Verdienst und dem nach UVG versicherten Verdienst eine Differenz besteht, weil die Überentschädigungsberechnung erst längere Zeit nach Eintritt des Unfalls erfolgt. Dr. iur. M. Hürzeler 25
II. Invalidenrenten (19) Koordination zwischen bv und UV/MV: Die VE ist nicht verpflichtet, Leistungsverweigerungen oder -kürzungen der UV oder der MV auszugleichen, wenn diese die Leistungsverweigerungen oder -kürzungen nach Art. 21 ATSG, Art. 37 UVG, Art. 39 UVG, Art. 65 MVG oder Art. 66 MVG vorgenommen haben. Die Bestimmung verhindert, dass die versicherte Person selbstverschuldete Leistungskürzungen zu Lasten der VE durch das Zusammenfallen der Leistungen verschiedener Sozialversicherungszweige "wegkoordiniert". Vorgehen: Die Überentschädigungsberechnung ist durch die VE in dem Sinne vorzunehmen, dass sie die Leistungen der UV oder MV in ungekürzter Höhe an den mutmasslich entgangenen Verdienst anrechnet. Dr. iur. M. Hürzeler 26
II. Invalidenrenten (20) Koordination zwischen weitergehender bv und UV/MV: Im Bereich der weitergehenden bv ist es den VE gestattet, reglementarisch eine Leistungspflicht auszuschliessen, wenn die UV oder die MV für den gleichen Fall Leistungen erbringen. (BGE 116 V 189; BGE 123 V 208, Erw. 4b/aa) Dieses Vorgehen stellt einen Anwendungsfall der Vorabkoordination dar. Vorteil: Reduktion der Risikoprämien. Nachteil: Bei versicherten Personen mit hohen Einkommen können Entschädigungslücken entstehen. Ist eine Invalidität sowohl auf Krankheits- als auch auf Unfallursachen zurück zu führen, ergibt sich ein schwieriges Vorgehen bei der Bemessung des IV-Grades in der weitergehenden bv und der Überentschädigungsberechnung (vgl. folgende Seite). Dr. iur. M. Hürzeler 27
II. Invalidenrenten (21) Koordination zwischen weitergehender bv und UV/MV: Invaliditätsgrad in der weitergehenden bv bei krankheits- und unfallbedingter Invalidität (vgl. BGE 123 V 204): Ausgangslage: Die IV richtet eine ganze Rente bei einem IV-Grad von 70% aus. Die UV stellt eine unfallbedingte Invalidität von 50% fest. Berechnung: (20% x 100%) : 70% = 28,57% (IV-Grad in der weitergehenden bv) Vornahme der Überentschädigungsberechnung: 1. Schritt: Bestimmung der für den krankheitsbedingten Anteil geschuldeten weitergehenden Leistungen der bv. 2. Schritt: Abzug der anrechenbaren Sozialversicherungsleistung von 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes (bzw. einer zu Gunsten der versicherten Person abweichenden Überentschädigungslimite gemäss Reglement). 3. Schritt: Ausrichtung der obligatorischen Leistungen bis zur Überentschädigungslimite. 4. Schritt: 4. Schritt: Ausrichtung der anteilsmässig geschuldeten weitergehenden Leistungen, falls die obligatorischen Leistungen nicht ausreichen. Dr. iur. M. Hürzeler 28
III. Hilflosenentschädigungen (1) Sozialversicherungszweige, die Hinterlassenenleistungen ausrichten: AHV / IV UV MV Koordinationsgrundsatz in Art. 66 Abs.. 3 ATSG: Hilflosenentschädigungen werden nach den Bestimmungen des jeweiligen Einzelgesetzes und in nachstehender Reihenfolge ausschliesslich gewährt: von der MV oder der UV; von der IV oder der AHV. Es gilt somit der Grundsatz der absoluten Priorität. Im Verhältnis UV - IV kann jedoch gegenüber der nachrangigen IV ein Anspruch erhoben werden, wenn die Leistungsvoraussetzungen der vorrangigen UV (noch) nicht erfüllt sind. (Vgl. BGE 124 V 166). Dr. iur. M. Hürzeler 29
III. Hilflosenentschädigungen (2) Die Leistungskreise: MV oder UV Innerhalb des Leistungskreises MV / UV gilt eine anteilsmässige Leistungspflicht (Anteil am Gesamtschaden). Vgl. Art. 103 Abs. 1 UVG; Art. 76 Abs. 1 MVG. IV oder AHV Zwischen der IV und der AHV besteht ein gegenseitig bedingter Leistungsausschluss. Es hat stets nur einer der beiden Zweige eine Hilflosenentschädigung zu erbringen. Hat eine hilflose Person bis zum Erreichen des Rentenalters eine Hilflosenentschädigung der IV bezogen, so wird ihr die Entschädigung von der AHV mindestens im bisherigen Betrag weitergewährt (Art. 43 bis Abs. 4 AHVG). Dr. iur. M. Hürzeler 30
III. Hilflosenentschädigungen (3) Leistungsansprüche bei zweigfremder Hilflosigkeit: Ist die Hilflosigkeit nur zum Teil auf einen Unfall zurück zu führen, so hat die UV dennoch auch für denjenigen Teil aufzukommen, der als unfallfremde Schädigung durch die AHV bzw. die IV zu übernehmen wäre. Der UVG-Versicherer kann diesfalls von der AHV bzw. der IV den Betrag der Hilflosenentschädigung beanspruchen, den diese Versicherungen dem Versicherten ausrichten würden, wenn er keinen Unfall erlitten hätte (Art. 38 Abs. 5 UVV). Hat der Versicherte Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der IV bzw. AHV und entsteht später ein Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der UV, so überweist die Ausgleichskasse die Hilflosenentschädigung der IV bzw. AHV dem leistungspflichtigen UV- Versicherer (Art. 39 bis Abs. 1 IVV; Art. 66 quater Abs. 1 AHVV). Hat der Versicherte Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der UV und wird diese aus unfallfremden Gründen später erhöht, so überweist die Ausgleichskasse dem leistungspflichtigen UV-Versicherer den Betrag der Hilflosenentschädigung, den die IV bzw. die AHV dem Versicherten ausrichten würde, wenn er keinen Unfall erlitten hätte (Art. 39 bis Abs. 2 IVV; Art. 66 quater Abs. 2 AHVV). Dr. iur. M. Hürzeler 31
Dr. iur. M. Hürzeler 32