von Peter Homagk 34 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch Einleitung

Ähnliche Dokumente
5.1. Meteorologischer und hydrologischer Datenbedarf Werner Schulz, Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg

LfU Hydrologische Vorhersagemodelle 69

LfU Informationsverbreitung 43

Erfahrungen aus dem HW Mai / Juni 2013

Bericht der HVZ BW zum Januarhochwasser 2015

Zentral informieren - dezentral handeln: Aufbau Hochwasserinformationsdienst LANUV NRW. Sebastian Spitzer, Bernd Mehlig

Fachkolloquium Öffentlichkeitsarbeit zur Hochwasservorsorge Bereitstellung und Verteilung von Hochwasserinformationen

Hochwasserinformationen und Hochwasservorhersage. Dr. Manfred Bremicker, Referat 43 Hydrologie, Hochwasservorhersage

Überschwemmungsgebiete Hochwasservorhersage. an der oberen Kyll. Bürgerversammlung HW-Partnerschaft Kyll Jünkerath, 14.

Rechtzeitige Hochwasserwarnung und Verlängerung der Vorhersage als Mittel zur Schadensverminderung

Vorhersage- und Abschätzungszeiträume

Hochwasserinformation und vorhersage: zentral informieren, dezentral handeln. Sebastian Spitzer, Bernd Mehlig

Das Hochwasser im Oktober/November 1998

Freistaat Sachsen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Hochwasserfrühwarnung und Hochwasservorhersage in Baden-Württemberg

Hochwasserfrühwarnung und -vorhersage in Baden-Württemberg. Ute Badde, Referat 43 Hydrologie, Hochwasservorhersage

Gemeinsame Wasserstandsvorhersage der Bodensee-Anlieger

HYDROLOGISCHE PROGNOSEN

Prognosemodelle und Hochwasservorhersagesysteme

Januar-Hochwasser 2018 in Deutschland

Berechnung von Unsicherheitsbändern durch Kombination von Ensemble-Technik und ProFound-Analyse

Operationeller Datenfluss und Modellbetrieb an der HVZ Baden- Württemberg

Hochwasservorhersage für den Rhein vom Bodensee bis zur niederländischen Grenze

Ermittlung und Visualisierung von Vorhersageunsicherheit bei der HVZ BW. Daniel Varga (Hydron) LUBW - Referat 43 - Hydrologie, Hochwasservorhersage

Schneemodellierung mit LARSIM Erfahrungen der HVZ Baden- Württemberg, Winter 09/10 und 10/11 LARSIM-Anwenderworkshop Luxemburg 21./22.03.

Requirements stemming from QPF user community

Hochwasserereignis im Einzugsgebiet der Sauer vom Januar 2011

Hochwasservorhersage in Bayern

Proceedings zum Kongress Wasser Berlin 2006, April Steuerungsstrategien für die Rückhaltemaßnahmen am Oberrhein

Geoinformationen im Hochwasserrisikomanagement am Beispiel Hochwasser 2013

Juni-Hochwasser 2013 in Deutschland 6. Juni 2013

Forschung und Entwicklungsintensität in Unternehmen in Baden-Württemberg

Hochwasservorhersagezentrale

Nutzung von Radardaten zur Hochwasservorhersage und Frühwarnung

Wasserwirtschaftsamt Weilheim. Vergleich LME ALMO Sep. 2007

8.1. Meteorologische Entwicklungsvorhaben (Projekte RADOLAN und RADVOR) LRD in Hella Bartels, Deutscher Wetterdienst

Die Berücksichtigung der Unsicherheit der meteorologischen Eingangsdaten in der Hochwasservorhersage

Hochwasser im Rheingebiet - August 2007

Hochwasserfrühwarnung und -vorhersage in Baden-Württemberg

Warnung vor Hochwasser - Hochwasserinformationen

LARSIM-Anwendertreffen Dornbirn Kapitel 1: Modellnachführung und Beeinflussung der operationell vorhergesagten Abflussganglinien

Öffentliche Sozialleistungen

Verordnung über den Hochwassermeldedienst (HWM VO) Vom 18. August 1997

Hochwasser im Mai/Juni 2013

davon Übergänge auf Stadtkreis Landkreis Region Regierungsbezirk Land Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe 4 zum Zeitpunkt der GSE-Vergabe

Hochwassergefahrenkarten in Baden-Württemberg

Kommunikation der Verlässlichkeit von Hochwasserfrühwarnung

TOP Erörterungstermin bis Horst Kugele Regierungspräsidium Karlsruhe

Übergänge von Grundschulen in Baden-Württemberg auf weiterführende Schulen seit dem Schuljahr 1995/96 nach Schularten

Bevölkerung und Erwerbstätigkeit

Hochwasser im Rheingebiet - März

Die Thüringer Hochwassernachrichtenzentrale HNZ

ÜSG EISBACH / ALTBACH. Erläuterungsbericht

WEBSITE HYDRO NEU Kurzbeschreibung

Wasserwirtschaft. Hochwasser im Rheingebiet

DAS HOCHWASSER VOM BIS IN DER STEIERMARK Ein Bericht des hydrographischen Dienstes Steiermark

Frühjahrshochwasser 2016 in Deutschland

Unterricht und Bildung

WEITERENTWICKLUNGEN ZUR FRÜHWARNUNG IN KLEINEN EINZUGSGEBIETEN

Zuverlässigkeitsaussagen in der Praxis der Hochwasserwarnung und vorhersage in Bayern

A V 1 - j/15 Fachauskünfte: (0711)

Operationeller Betrieb des WHM LARSIM - Stand in Hessen -

Langzeitverhalten der Hochwasserabflüsse Ergebnisse aus KLIWA

Meteorologische Entwicklung. NW-Berichtsperiode Steigende Pegelstände mildern Niedrigwasser ab

Projektergebnisse: Hochwasser und Sturzfluten

Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Thüringer Verordnung zur Einrichtung des Warn- und

Bild Landratsamt Görlitz

* 2012: Rückgang durch Revision der Statistik auf Basis der Volkszählung. Stuttgart. Esslingen. Ludwigsburg. Böblingen. Rems-Murr-Kreis.

Juni-Hochwasser 2013 in Deutschland

LARSIM Workshop 2017

Erfahrungen bei der Verwendung von COSMO-DE-EPS-Wettervorhersagen im operationellen Betrieb

Ausgestaltung der Kostenbeteiligung (KOB) für Personensorgeberechtigte in den Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg

LARSIM-Anwendertreffen Dornbirn Kapitel 1: Modellnachführung und Beeinflussung der operationell vorhergesagten Abflussganglinien

LARSIM-Anwendertreffen Dornbirn 2017

Wasserhaushaltsmodell Hessen

Stand: Inhalt. 1. Allgemeine Funktionen 2. Kartenansicht 3. Listenansicht 4. Favoritenansicht 5. Weitere Informationen

Nordsee-Sturmflut am

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen

Vergleichende Hochwasser-Vorhersagetests für das Neckargebiet

Zeitreihenmanagement im Rahmen von HOWIS Erft. Aachen, Dr. Tilo Keller Erftverband

Länderübergreifende operationelle Hoch- und Niedrigwasservorhersage für den Bodensee

Öffentliche Sozialleistungen

Hochwasserschutz in NRW

Wirtschaftsregion Stuttgart - Zahlen und Fakten. Arbeitnehmer und Erwerbstätige. Erwerbstätige und Arbeitnehmeranteil in der Region Stuttgart

Unverändert bestehen Transportbehinderungen für größere Schiffseinheiten. Eine durchgreifende Änderung dieser Lage ist nicht in Sicht.

Niedrigwasser-Berichtsperiode Niedrigwasser in Deutschland: Ein Ende in Sicht?

Bewertung des Hochwasserrisikos für Gewässer II. Ordnung sowie für die Bereiche mit wild abfließendem Oberflächenwasser in Pirna

LARSIM- Anwenderworkshop 2011

2 Die Niederschlagsverteilung für Deutschland im Jahr Überblick

Hochwasser im Rheingebiet

Hochwasser am Rhein 1993 Hochwasserrisikomanagement in der Bauleitplanung

Hochwasser im Rheingebiet - Januar Mainz, Juni Landesamt für Wasserwirtschaft

Hochauflösende Simulation künftiger Starkniederschlagsereignisse (ReSiPrec)

Hochauflösende Simulation künftiger Starkniederschlagsereignisse (ReSiPrec)

Bei Hochwasser sind die zuständigen Landesbehörden. Hessen: HLNUG, RP-Kassel. Niedersachsen: NLWKN, ÜHWD. weiteres s. S. 14

Öffentliche Sozialleistungen

Hochwasser Mai / Juni 2013

Hochwasserschutzkonzept der Gemeinde Bobenheim-Roxheim Informationsveranstaltung für Gewerbebetriebe am

Transkript:

34 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 1998 Aufbau der Hochwasser-Vorhersage-Zentrale Baden- Württemberg sowie Möglichkeiten und Verbesserungen von Hochwasservorhersagen durch Einbeziehung von hydrometeorologischen Daten und Produkten von Peter Homagk 1. Einleitung Zur Vermeidung der Hochwassergefahr wurden auch in Baden-Württemberg vom Land und den Kommunen mehrere Millionen DM in den Bau von örtlichen und überörtlichen Hochwasserschutzmaßnahmen investiert. Trotzdem stiegen die durch die letzten Hochwässer verursachten Schäden sprunghaft an. Der Grund liegt in der weitreichenden Bebauung von natürlichen Überflutungsflächen, verbunden mit einer immer höherwertigen Nutzung. Außer dem weiteren Bau von immer schwieriger durchsetzbaren Hochwasserschutzmaßnahmen müssen verstärkt wirksame sonstige begleitende Möglichkeiten zur Minimierung potentieller Hochwasserschäden genutzt bzw. eingerichtet werden. Insbesondere sind frühzeitige Hochwasserwarnungen und, wo möglich, -vorhersagen zur operationellen Schadensminimierung durch rechtzeitige örtliche Präventivmaßnahmen besonders wichtig, wie die Praxis bei den jüngsten Hochwasserereignissen gezeigt hat. Hochwasservorhersagen können Hochwasser zwar nicht verhindern, wohl aber dazu beitragen, durch rechtzeitige Vorsorgemaßnahmen die Schäden so gering wie möglich zu halten (Homagk, 1996a). In der HMO ist festgelegt, wann, wie und wer vor einer aufkommenden Hochwassergefahr informiert werden muß. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat über die Informationswege der HVZ bei Starkniederschlägen oder bei starker Schneeschmelze, die zu Hochwasser führen können, die Behörden zu warnen. Im wesentlichen stützt sich aber der Hochwassermeldedienst auf 2. Aufgaben und Ziele der HVZ In Baden-Württemberg stehen für Hochwassermeldungen und -informationen zwei grundsätzlich unterschiedliche, sich aber ergänzende Instrumente zur Verfügung: die Hochwassermeldeordnung (HMO) als rechtliches und die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale (HVZ) als informationstechnisches Instrument. Abb.1: Pegel, von denen die HVZ im Hochwasserfall Wasserstände abruft 34

1998 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 35 ca. 50 Pegel (Abb. 1). Wird der jeweilige Meldewasserstand am Pegel überschritten, setzt der automatisch messende und digital aufzeichnende Prozessor (Datensammler) per Telefon und Sprachansage unverzüglich eine Meldung ab. Die zu quittierenden Meldungen im Rahmen der HMO erfolgen nur jeweils einmal. Die Empfangsstellen, i. d. R. Polizeidienststellen, leiten die Hochwassermeldung an die verschiedenen Bürgermeister- und Landratsämter etc. weiter. Diese sind dann verpflichtet, sich über den weiteren Verlauf der Hochwasserentwicklung selbst zu unterrichten. Für diesen Zweck wurde 1991 bei der Landesanstalt für Umweltschutz in Karlsruhe die HVZ eingerichtet und Legende : Verdichtungsmeßnetz Grundmeßnetz (DWD) Luftmeßnetz (UMEG) Freiburg Mannheim Karlsruhe Heidelberg Stuttgart Tübingen Konstanz Heilbronn Sigmaringen Abb. 2: Stationsverteilung des automatischen Niederschlagsmessnetz seitdem konsequent ständig weiter ausgebaut hinsichtlich der Infrastruktur, der einbezogenen Daten und der Vorhersagemodelle (Homagk, 1995, Homagk u. Moser, 1998, Homagk u. Ludwig, 1998). 2.1 Konzeption der Alarmierung der HVZ bei anlaufendem Hochwasser Die Niederschlagsvorhersage des DWD ist für die frühzeitige Vorbereitung eines operationellen Betriebs sowie für die Hochwasserwarnung eine sehr wichtige Informationsquelle. Bei vorhergesagten starken Niederschlag wird für ca. 30 Pegel mit einem Programm, das auf einer Korrelation zwischen gemessenen Niederschlägen und Abflüssen mehrerer historischer Hochwasserereignisse basiert, geprüft, ob in den nächsten 48 h bestimmte Wasserstände (z. B. HMO) überschritten werden. Dieses Programm stellt nur ein vor dem Auftritt eines Hochwassers zusätzliches Frühwarnsystem dar und ist kein Vorhersagemodell. Für die Berechnungen mit diesem Programm muß nicht das kosten- Bad Mergentheim intensive Pegelabfragesystem aller Pegel bereits zu Zeiten gestartet werden, in denen von den Wasserständen in den Gewässern her von Hochwasser noch keine Rede sein kann. Das Bild 3 gibt ein Beispiel vom Hochwasser Juli 96 wieder, die am 7. Juli 1996 um 17 Uhr berechnete Abflußentwicklung am Pegel Kirchentellinsfurt/ Neckar auf der Basis der 48 Ulm Stunden-Niederschlagsvohersage des DWD vom 7. Juli 1996 0 Uhr und die dann tatsächlich eingetretenen Abflüsse. Seinerzeit konnte bereits am Sonntag, den 7.7.1996 berechnet werden, daß am Montag früh an zahlreichen Pegeln die HMO-Wasserstände überschritten werden. In solchen Fällen werden die Niederschlagsmessungen aus dem Stand 16.09.9 neuen, im Jahr 1996 gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst eingerichteten, automatisch messenden und digital aufzeichnenden, mit Datenfernübertragung versehenen Ombrometermessnetz (s. Abb. 2) stündlich per Datenfernübertragung abgerufen, visualisiert und bewertet. Die HVZ ist nun nahezu flächendeckend - neben baulichen Schutzmaßnahmen, der Ausweisung von Überschwemmungsflächen und dem Bau von Rückhaltemaßnahmen - in Baden-Württemberg Teil des Hochwasserschutzkonzeptes des Landes (Homagk, 1996b). Werden an den HMO-Pegeln kritische Wasserstände unterhalb der HMO-Marke überschritten, setzt der Datensammler einen Alarmanruf an die Rechner der HVZ ab. Darauf setzen diese den Alarmanruf auf die Cityruf- Geräte der Bediensteten der HVZ ab.

36 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 1998 Abfluss [m3/s] 400 KIRCHENTELLINSFURT Niederschlags-VORHERSAGE 11.09.96 14:32 Niederschlag [mm] 0.0 1.0 350 2.0 300 250 200 150 100 VT= 7.07.1996-01:00 Berechnungszeitpunkt 17.00 Uhr HMO 177 HVZ 104 3.0 4.0 5.0 6.0 50 0 7.07. 8.07. 9.07. HMO **** Q gerechnet : KIRCHENTELLINSFURT Q gemessen : KIRCHENTELLINSFURT [cm] Abb.3: Berechnete Abflußentwicklung Auf der Basis der Fülle von Informationen über Niederschlagsvorhersagen, der online-niederschlagsmessungen und der Entwicklung der Wasserstände der Gewässer entscheidet dann der diensthabende Hydrologe über die Besetzung der HVZ im 3-Schichtbetrieb durch jeweils 4 Fachkräfte (Hydrologe, Informatiker und zwei Techniker) rund um die Uhr. 2.2 Der Datenfluß der HVZ Die HVZ bezieht von außen eine Fülle von Informationen. Die benötigten Inputdaten können an dieser Stelle nur stichwortartig dargestellt werden: - Die aktuellen Wasserstände an ca. 140 Pegeln werden von Rechnern automatisch per Datenfernübertragung (DFÜ) ein- bzw. halbstündlich abgerufen und die zugehörigen Abflüsse berechnet (s. Abb. 1). - Von der Landeshydrologie der Schweiz in Bern erhält die HVZ die 72h-Vorhersage für den Pegel Rheinfelden (Jensen, 1993). Hiermit wird die gesamte meteorologische Entwicklung und das Abflußgeschehen der nächsten 3 Tage im Einzugsge biet des Hochrheins erfaßt. - Die Niederschlagsmeßwerte aus dem Ombrometernetz sowie dem Luftmeßnetz des Landes (s. Abb. 2) werden per DFÜ stündlich von ca. 170 Stationen abgerufen (Bartels u. Moser,1997). - Die Niederschlagsvorhersage des DWD mit dem Deutschlandmodell mit einem Rasterabstand von 14 x 14 km wird von der HVZ per FTP 2 x täglich vom Rechner des DWD abgerufen. - Schneemeßdaten und Schneeschmelzvorhersagen des DWD aus dem Neckareineinzugsgebiet (Rachner et al. 1997). Außerdem gehen folgende sonstige und geplante Daten und Auswertungen ein: - Radardaten der Standorte Frankfurt, Stuttgart, Feldberg/Schwarzwald und Schwäbische Alb (ab Mitte 1998), - Meteosat-Daten, - Betriebsdaten (Abflüsse, Wasserstände, Wehrstellungen, ect.) von Hochwasserrückhalteräumen am Oberrhein. Der DWD und die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg haben eine enge Zusammenarbeit in einer Rahmenvereinbarung auf den Gebieten der Hydrometeorologie, der Wasserwirtschaft und des Umweltschutzes im Jahr 1995 abgeschlossen. Hier konnten bereits bis heute wesentliche Erfolge erzielt werden, wie z. B. die Einrichtung des automatischen Niederschlagsmeßnetzes (Ombrometer), das Schneemeßnetz im Einzugsgebiet des Neckars, das Radarverbundnetz in Baden-Württemberg und anderes (Bartels u. Weigl, 1998). Weitere Verbesserungen werden erwartet bei den noch laufenden Projekten zur Erfassung der operationellen quantitativen Niederschlagsmessung durch Radar, die Niederschlagsvorhersage mit dem Lokalmodell (LM) des DWD und die Fortschreibung und Ausdehnung der Schneeschmelzvorhersage auf weitere Einzugsgebiete in Baden-Württemberg. Die HVZ stellt in der Regel rechnergestützt nach dem Prinzip der Holschuld die Informationen auf verschiedenen Wegen (z.b. Internet, Fax on demand, Videotext, Rundfunk etc.) automatisch per Rechner zur Verfügung. Folgende stündlich aktualisierte Informationen werden im Hochwasserfall bereitgestellt: 36

1998 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 37 cm 900 vorhergesagt gemessen 26.01.1995 15:00 Messwerte Vorhersage ROHDATEN KWK Absenkung (ohne Gewähr) 850 800 750 700 650 600 Mi 25.01.95 Do 26.01.95 Fr 27.01.95 Vorhersagepegel Maxau Abb. 4 : Hochwasservorhersage für den Pegel Maxau/Karlsruhe am Rhein - Wasserstände und Abflüsse stündlich für ca. 140 Pegel (s. Abb. 1) als Ganglinien, - Gemessene Niederschläge an ca. 170 Stationen (s. Abb. 2) in graphischer Form, - Linien gleicher Niederschlagssumme, der letzten 24 h, - Berechnete Hochwasservorhersagen in Form von Plots (Wasserstände und Abflüsse) für ca. 35 Pegel (s. Abb. 1), - Verbale Lageberichte. 3. Verbesserung der Hochwasservorhersagen durch die Einbeziehung von Niederschlägen Hochwasservorhersagen allein auf der Basis der Meßdaten an den Pegeln der Gewässer lassen sich mit befriedigender Genauigkeit und Verlässlichkeit nur für große Einzugsgebiete berechnen, wie z. B. für den Pegel Köln/Rhein oder mit Einschränkung für die Pegel Maxau/Rhein und Heidelberg/Neckar. Abb. 4 zeigt die Hochwasservorhersage für den Pegel Maxau/ Karlsruhe (Einzugsgebiet von 50196 km²) beim Hochwasser vom Januar 1995. Hierzu wurden die Vorhersagen der Schweiz für den Hochrhein und ansonsten nur Pegeldaten am Oberrhein und der Nebenflüsse einbezogen. Wie zu erkennen ist, konnte die spätere Wasser-standsentwicklung sehr genau vorhergesagt werden. Die Ergebnisse für kleinere bis mittlere Einzugsgebiete bleiben oft unbefriedigend, da vielfach Teile des Einzugesgebiets oder die Abflüsse von Zwischeneinzugsgebieten durch Pegel gar nicht erfasst werden. Bevor der HVZ hydrometeorologische Daten und Produkte online zu Verfügung standen, war es für 12 Pegel in Baden-Württemberg möglich, Hochwasservorhersagen mit befriedigender Verlässlichkeit zu berechnen. Die Vorhersagezeiten lagen am Rhein (Pegel Maxau, Worms) bei 24 Stunden und am Neckar zwischen 15 Stunden am Pegel Heidelberg und wenigen Stunden für die Pegel am Oberlauf des Neckars sowie an dessen größeren Nebenflüssen. Nach der oben beschriebenen online-einbeziehung von hydrometeorologischen Daten können für rund 35 Pegel von nunmehr 8 bis 48 Stunden berechnet werden (s. Abb. 1). Außer dieser zeitlichen Verlängerung der Vorhersagen und der Ermöglichung von Vorhersageberechnungen an Pegeln, für die ohne Einbeziehung hydrometeorologischer Daten keine verlässlichen Vorhersagen berechnet werden konnten, werden auch die Vorhersagen für die bisherigen 12 Pegel mit großen Einzugsgebieten verbessert. Dies ist dadurch begründet, daß die Entwicklung des künftigen Hochwasserereignisses der jeweiligen Nebenflüsse der Gewässer (z. B. für den Oberrhein am Pegel Maxau die wichtigsten Nebenflüsse Dreisam/Elz, Kinzig und Murg) genauer berechnet werden kann (Ludwig,1996). Erstmals beim Hochwasserereignis Februar 1997 konnten die Meßergebnisse des neuen Ombrometernetzes und die Niederschlagsvorhersagen des DWD in die Vorhersagemodelle der HVZ einbezogen und für ca. 30 Pegel Hochwasservorhersagen stündlich aktualisiert veröffentlicht werden (Homagk u. Moser, 1998). Die Niederschlagsvorhersagen haben besonders für kleinere bis mittlere Einzugsgebiete auf die Genauigkeit der Hochwasservorhersagen einen großen Einfluß, wenn der Vorhersagezeitraum soweit wie möglich erweitert werden soll. Diese Sachlage wird durch Hochwasservorhersageberechnungen deutlich, die

38 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 1998 Abfluß [m3/s] HW-Februar 1997 Pegel Calw Abfluß [m3/s] HW-Februar 1997 Pegel Vaihingen 140 340 135 130 320 125 300 120 115 280 110 105 260 100 240 95 90 220 85 80 200 75 180 70 65 160 60 55 140 50 120 45 40 100 Gemessen Vorhersage (vorhergesagte Niederschläge) Vorhersage (gemessene Niederschläge) 35 30 80 25 20 Gemessen Vorhersage (vorhergesagte Niederschläge) Vorhersage (gemessene Niederschläge) 60 15 40 10 20 5 0 0 Abb. 5: Berechnete Hochwasservorhersagen für die Pegel Calw und Vaihingen - Calculated flood forecasts for the gauges Calw and Vaihingen - nach dem Hochwasserereignis vom Februar 1997 offline durchgeführt wurden und deren Ergebnisse in Abb. 5 wiedergegeben sind. Hier sind die Berechnungsergebnisse von Hochwasservorhersagen für die Pegel Calw/Nagold (Einzugsgebiet 587 km²) und Vaihingen/ Enz (Einzugsgebiet 1661 km²) dargestellt. Bei diesen Berechnungen wurden ab dem Vorhersagezeitpunkt zum einen die vorhergesagten und zum anderen die gemessenen Niederschläge verwendet. Aus diesen Abbildungen wird deutlich, daß schon nach wenigen Stunden die Güte der Niederschlagsvorhersage bedeutsam wird. Dies kann aus dem Zeitpunkt abgelesen werden, ab dem die offline berechneten Vorhersagen unter Verwendung der gemessenen Niederschläge im Vergleich zu denen mit Niederschlagsvorhersagen anfangen, deutlich voneinander abzuweichen. Falls die Niederschlagsvorhersagen zutreffend sind, können für die aufgeführten Pegel über längere Zeit recht verläßliche Vorhersagen berechnen. 4. Ausblick Die gegenwärtig bei der HVZ eingesetzten Hochwasservorhersagemodelle erlauben stabile Vorhersagen mit einer beachtlichen Genauigkeit zu berechnen, wie zuletzt der Einsatz beim Februar-Hochwasser 1997 zeigte. Ob die Genauigkeit immer so gut ausfällt, kann nicht generell garantiert werden. Insgesamt müssen vor allem im Hinblick auf die mittleren und kleinen Einzugsgebiete die Vorhersagen verbessert und Fühwarnsysteme aufgestellt werden. Aufgrund der Einbeziehung weiterer und verbesserter Produkte des DWD (Wetterradar, Niederschlagsvorhersagen mit dem LM-Modell mit einer Rasterung von 2x2 km², Schneeschmelzvorhersagen) in Verbindung mit höher aufgelösten Flußgebietsmodellen erscheint dies möglich. Literaturverzeichnis [1] Homagk, P. 1996a : Hochwasserwarnsystem am Beispiel Baden-Württemberg. Geowissenschaften, 14 Heft 12 [2] Homagk, P. 1995 : Simulation des Hochwassergeschehens am Oberrhein. Wasserbaumitteilungen der Technischen Universität Darmstadt Nr. 40, 35-48

1998 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 39 Öffentlich zugängliche Informationswege der Hochwasser-Vorhersage-Zentrale Rundfunk Im Verkehrswarnfunk werden Lageberichte und stündlich aktualisierte Hochwasserstände der wichtigsten Pegel gesendet. Telefax 400, InfoBox Wasserstandsganglinien und Hochwasservorhersagen ausgewählter Pegel, Niederschlagsinformationen; unter der Telefonnummer 0221-303-72001 sind die einzelnen Rufnummern dieser InfoBox als Telefax erhältlich. Automatische Telefonansage Stündlich aktualisierte Wasserstände von ausgewählten Pegeln an: Rhein 0721/9804-61 Unterer Neckar -62 Oberer Neckar -63 Donau -64 Main/Tauber -65 BTX T-Online T-Online Seite *2223230# oder *HVZ-BW# Wasserstandsganglinien als Liste und Grafik sowie Hochwasservorhersagen Word Wide Web http://www.lfu.baden-wuerttemberg.de/lfu/hvz/ Routinemäßig Wasserstands- und Abflußganglinien als Liste und Grafik und Niederschlagsinformationen sowie im Hochwasserfall Lageberichte und ausgewählte Hochwasservorhersagen Videotext, Südwest-Text Tafeln 800, 805, 806, 807, 808, 809 Stündlich aktualisierte Wasserstände von ausgewählten Pegeln mit Tendenzangaben sowie Lageberichte Abb. 6: Invormationswege der HVZ (Stand: 20.09.2000)

40 Fachbeiträge 3. Erfahrungsaustausch 1998 [3] Homagk, P. u. Moser, M. 1998: Verbesserung von Hochwasservorhersagen durch hydrometeorolologische Daten. Teil II: Möglichkeiten und Verbesserungen von Hochwasservorhersagen durch die Einbeziehung von hydrometeorologischen Daten und Produkten. DGM 42, 1998, H.1 [4] Homagk, P. u. Ludwig, L.1998: Operationeller Einsatz von Flußgebietsmodellen bei der Hochwasser- Vorhersage-Zentrale Baden-Württemberg Wasserwirtschaft 88 (1998) 4 [5] Homagk, P. 1996 b: Die Hochwasser-Vorhersage- Zentrale Baden-Württemberg - eine Ergänzung des Hochwasserschutzes. Z.f. Kulturtechnik und Landentwicklung, 37, 121-127 [6] Jensen, H. 1993: Ein Abflußmodell für das Flußgebiet des Rheins. Zürcher Geographische Schriften Nr. 53, Geographisches Institut der ETH Zürich [7] Bartels, H. u. Moser, M. 1997: Automatisierung der Niederschlagsmeßnetze als Beitrag zum Hochwasserschutz. DGM 41, 1997. H.4 [8] Rachner, M., Matthäus, H.: Echtzeitvorhersage der Schneedeckenentwicklung und der Wasserabgabe aus der Schneedecke, DGM 41,1997, H 3 [9] Bartels, H. u. Weigl, E.1998: Verbesserung von Hochwasservorhersagen durch hydrometeorologische Daten. Teil I: Entwicklung und Bereitstellung hydrometeorologischer Daten und Produkte für die Hochwasservorhersage. DGM 42. 1998, H 1. [10] Ludwig, K. 1996: Hochwasservorhersagemodell für die Kinzig zur Einbindung in das Hochwassermodell Rhein. Bericht für den Auftraggeber Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (unveröffentlicht). Anschrift des Verfassers: Dr. Peter Homagk Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg Postfach 21 07 52 76157 Karlsruhe 40