Studieninstitut für kommunale Verwaltung Sachsen - Anhalt e.v Übungsfall Unterrichtsfach: Fachlehrer: Kommunalrecht Grabe Bearbeitungszeit: Hilfsmittel: Gesetzessammlung Sachverhalt: Der Bürgermeister der Gemeinde Ehrendorf (2.781 Eiw. und Mitglied (nicht Träger) der VG Ehrenhausen) ist sich nicht ganz sicher, ob er Beschlüssen seines Gemeinderats aus der Sitzung vom 13.05. widersprechen muss und warum. Deswegen bittet er Sie um entsprechende Unterstützung. Zugleich bittet er um Hilfe bei den Auskünften über die diskutierten Fragen. Zur Gemeinderatssitzung hatte er selbst am 03.05. eingeladen. Auf der Tagesordnung der Einladung, die er selbst unterschrieben hatte, waren folgende Punkte festgehalten: 1. Eröffnung, Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit und Bestätigung der Niederschrift der vorigen Gemeinderatssitzung 2. Einwohnerfragestunde 3. Beschluss zur Verleihung des Ehrentitels Wehrleiter im Ruhestand an Herrn Brand 4. Bildung eines dritten in der Gemeinde existierenden zeitweiligen, beratenden Ausschusses zur Vorbereitung der 1000 Jahr Feier der Gemeinde 5.... 6. Anfragen und Mitteilungen Diese Tagesordnungspunkte so berichtet Ihnen der Bürgermeister - waren in öffentlicher Sitzung, zu deren Beginn er die Beschlussfähigkeit ohne Widerspruch festgestellt hatte, beraten worden.
Im Weiteren ist über die Gemeinde und die Gemeinderatssitzung folgendes bekannt: o In der Einwohnerfragestunde machte ein Einwohner mit einer engagierten Rede die Unwirksamkeit der in der vorigen Gemeinderatssitzung gefassten Beschlüsse geltend, weil an dieser Sitzung Herr Meier mitgewirkt habe, der schon zwei Wochen vor der Sitzung in die Kreisstadt verzogen war. Dem hatte der Bürgermeister als Leiter der Beratung zugestimmt, was eine intensive Diskussion zur Folge hatte. Nach einiger Zeit brach der Bürgermeister die Diskussion mit der Bemerkung ab, dass er sich über die Rechtslage informieren werde. o Gleich nach seiner Wahl hatte der Gemeinderat von der Bestimmung des 34 (4) GO LSA Gebrauch gemacht und auch in der Hauptsatzung festgeschrieben, dass nicht der Bürgermeister Vorsitzender aller Ausschüsse sein solle, sondern dass die Vorsitze nach d Hondt bestimmt werden sollen, ohne dabei den Bürgermeister in die Berechnung einzubeziehen. o Nach ausgiebiger Diskussion zum TOP 4 wurde beschlossen, die im konkreten Fall entsprechend der zu besetzenden Sitze höchstmögliche Anzahl von 4 sachkundigen Einwohnern in den Ausschuss zu berufen und im Übrigen aus jeder Fraktion einen und aus der Bürgermeister-Fraktion 2 Vertreter in den Ausschuss zu entsenden. (Auf Ihre Rückfrage erklärt der Bürgermeister, dass die Fraktion seiner Partei 8, die Fraktion der Badpartei 3, die Fraktion der Stubenpartei und die Fraktion der Flurpartei je 2 Sitze im Gemeinderat belegen.) Dem Antrag stimmte aber nur die Fraktion des Bürgermeisters zu. o Anschließend gab es einen heftigen Streit um die Besetzung des Vorsitzes, den die Badpartei, weil sie bisher viel zu wenig bedacht worden sei für sich beanspruchte. Dem widersprach ein Ratsherr und der Bürgermeister versprach auch diese Frage zu klären. o Die Einladung zur Sitzung hatten alle Gemeinderatsmitglieder zusammen mit allen ordnungsgemäß vorbereiteten Unterlagen am 06.05. in der Hand. Sie war auch am gleichen Tage ortsüblich ausgehangen worden. o Dem Herrn Brand wurde mit 9 Ja-, 4 Neinstimmen und zwei Enthaltungen wegen seiner langjährigen ehrenhaften Tätigkeit der Titel zuerkannt.
Lösungsskizze Ehrendorf Einstieg: Nach 62 (3) GO LSA muss BM widersprechen, wenn Beschluss rechtswidrig ist. Liegt Beschluss vor ( 54 GO LSA)? zu TOP 2 nein zu TOP 3 ja zu TOP 4 ja zu TOP 6 nein also sind die Beschlüsse zu TOP 3 und 4 auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. und die erbetenen Auskünfte zu geben: - zur Frage der Unwirksamkeit der vorigen Beschlüsse - zur Besetzung des Ausschussvorsitzes. 1. Beschluss TOP 3 (Ehrentitel) Formelle RM: Verbandszuständigkeit: nach 34(2) GO LSA ja Organzuständigkeit nach 44(3) Nr. 21 der GR Beschlussfähigkeit nach 53 (1) GO LSA 1. Alternative ordnungsgemäße Einberufung nach 51(4) GO LSA Frist 1 Woche hier: Zustellung 06.05. Fristbeginn 07.05. Fristende 13.05. GR möglich ab 14.05. tatsächlich 13.05. Einladung nicht fristgerecht. Nunmehr brauchen die übrigen TBM zur ordnungsgemäßen Einberufung nach 51 (4) GO LSA nicht mehr geprüft werden, denn ein Fehler dabei wäre durch die 2. Alternative ebenfalls geheilt. (Alternativ: Es wird weiter geprüft) 53 (1) 2. Alternative Alle Mitglieder anwesend keiner einen Fehler rügt Der Fehler bei der Einberufung ist geheilt. hier nach 36 (3) GO LSA 15 Mitglieder nach Abstimmungsergebnis 15 anwesend (9+4+2) hier lt. SV ohne Widerspruch keine Rüge weiter Beschlussfähigkeit: - Einladung an alle ( 42 GO LSA) lt. SV ja - Feststellung durch Vorsitzenden hier durch BM, der nach 57 (1) GO LSA der Vorsitzende ist, da Ehrendorf Mitglied der VG und nicht Trägergemeinde ist Leitung durch Vorsitzenden Öffentlichkeit der Beratung Ergebnis: Der GR war beschlussfähig hier durch BM, der Vors. ist lt. Sachverhalt ja ortsübliche Bekanntgabe 3 Tage - ja
Beschlussverfahren: lt. SV hatte Gemeinde 34(4) GO LSA angewendet d.h. 2/3 Mehrheit erforderlich - 2/3 von 15 sind 10 hier 9 Ja - erforderliche Mehrheit nicht erreicht Da der BM wissen will, warum er gegebenenfalls zu widersprechen hat, ist auf weitere Fehler zu überprüfen. Mitwirkungsverbot Vorbereitung des Beschlusses hier nicht erkennbar lt. Sachverhalt ja Ergebnis: Der Beschluss ist formell rechtswidrig materielle Rechtmäßigkeit: RG hier 34 GO LSA - langjährige Tätigkeit lt SV - ja - in Ehren ausgeschieden lt. SV ja Ergebnis: Der Beschluss ist materiell rechtmäßig. Wegen der nicht erreichten notwendigen Stimmenzahl muss der BM dem Beschluss widersprechen. 2. Beschluss TOP 4 (Ausschussbildung) Formelle Rechtmäßigkeit Verbandszuständigkeit Organzuständigkeit nach 2 (1) GO LSA die Gemeinde nach 45 (1) GO LSA der Gemeinderat (altern. evtl. 44(3)Nr.3 GO LSA) Beschlussfähigkeit Wie schon geprüft auch hier gegeben Beschlussverfahren Da keine spezielle Regelung Abstimmung nach 54 (2) GO LSA hier: Zustimmung des BM und seiner Fraktion = 8 Ja-Stimmen bei 15 Mitgliedern die Mehrheit Mitwirkungsverbot hier nicht erkennbar Vorbereitung der Beschlüsse wie schon geprüft ok Zwischenergebnis: Beschluss formell rechtmäßig materielle Rechtmäßigkeit: Da 4 sachkundige Eiw. als das Höchstmögliche bestellt werden sollen beträgt nach 48 (2) S.5 GO LSA die Zahl der Mitglieder des GR im Ausschuss 5. Bildung der Ausschüsse gemäß 46(1) GO LSA nach besagter Berechnungsmethode. Das heißt, der Beschluss aus jeder Fraktion einer und aus Bürgermeister-Fraktion 2 ist rechtswidrig. (Eine Berechnung der Verteilung ist hier überflüssig, ergäbe jedoch die genannte Verteilung trotzdem ist Beschluss rechtswidrig) Zwischenergebnis: Beschluss ist materiell rechtswidrig Der BM muss dem Beschluss widersprechen.
3. Auskunft zur Unwirksamkeit des GR-Beschlusses Nach 41 (2) GO LSA unwirksam, wenn Person Nach 41 (1) Nr.2 GO LSA mitgewirkt hat. Herr Meier ist nach 20 GO LSA kein Bürger mehr. Er hat Wählbarkeit verloren. darf also nicht mehr mitwirken. 41 (2) GO LSA greift Beschluss unwirksam wenn 6 (4)S.1 zutrifft Verletzung ist unbeachtlich, wenn sie nicht - schriftlich hier nein ( sprach in Einwohnerfragestunde - Innerhalb 1 Jahr hier ja (Vorige GR Sitzung - 51(3) GO LSA mind. 1x im Vierteljahr) - Bezeichnung der Rechtsvorschrift und Tatsache, die den Mangel ergibt SV keine Aussage Ergebnis: Unwirksamkeit tritt durch den Vortrag in der Einwohnerfragestunde nicht ein, die Zustimmung des BM war falsch. Bis zum Ablauf der Jahresfrist könnte jedoch die Unwirksamkeit jederzeit formgerecht geltend gemacht werden. 4. Auskunft zur Besetzung des Vorsitzes im Ausschuss lt SV der dritte Ausschuss nach 48 (4) GO LSA ist Bürgermeister Vors.- Hauptsatzung kann anderes bestimmen lt. SV steht dort Vorsitze nach d Hondt bestimmt. (Dabei ist auch hier analog 36 (5) GO LSA und lt SV der Bürgermeister nicht mitzurechnen. BM-P. BadP. StubenP FlurP /1 7 3 2 2 /2 3,5 1,5 1 1 /3 2,3 1 0,6 0,6 Erster Vorsitz an Bürgermeister-P, zweiter an Bürgermeister-P, dritter an Bad P Die Forderung der Bad Partei nach dem Vorsitz ist berechtigt.
Fall Ehrendorf Subsumtion zum Punkt 3 (Auskunft zur Unwirksamkeit des Beschlusses) Nach 41 (2) GO LSA unwirksam, wenn Person mitwirkt, die: hat mitgewirkt Beschluss unwirksam nach 41 (1) Nr. 2 GO LSA die Wählbarkeit verloren hat Nach 41 (1) Nr. 3 GO LSA ein Hinderungsgrund eintritt Wählbarkeit geht verloren Aber nach 41 (2) S.2 GO LSA gilt 6 (4) S.1 GO LSA entsprechend wählbar nach 39 GO LSA sind: Bürger nach 20 GO LSA, die das 18. Lebensjahr vollendet haben nicht wählbar kein Bürger Unwirksamkeit ist unbeachtlich, wenn sie nicht geltend gemacht wird. Dazu sind folgende Bedingungen zu erfüllen: Innerhalb eines Jahres Bezeichnung der verletzten Vorschrift Tatsache, die Mangel ergibt Deutsche oder Unionsbürger 16. Lebensjahr vollendet seit Mind. 3 Monaten in der Gemeinde wohnend schriftlich Unwirksamkeit ist durch die engagierte Rede (noch) nicht eingetreten