Fragenkatalog - Abschaffung der Fahrradnummer 1. Soll das Haftpflichtversicherungsobligatorium für Fahrräder abgeschafft werden? Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz lehnt die Abschaffung der Velovignette aus folgenden Gründen ab: - Velos sind keine Sportgeräte (ausser Rennräder und Bergvelos), sondern Fahrzeuge im Strassenverkehr. Sie verkehren einerseits auf gleichen Flächen wie Motorfahrzeuge, deren Fahrer selbstverständlich eine Haftpflichtversicherung abschliessen müssen, und anderseits auch auf oder neben Flächen für Fussgänger. - Die Ausrüstungsvorschriften für Fahrräder würden weiter abgebaut und damit auch das Bewusstsein der Velofahrenden, dass es solche überhaupt gibt. Seit der Abschaffung der Veloregistrierung besteht das Problem, entwendete und gestohlene Velos wieder dem rechtmässigen Besitzer zurückgeben zu können. Seit der Abschaffung der Pflicht für eine festmontierte Beleuchtung sind in der Nacht rund 40 Prozent der Velos ohne Licht unterwegs. Der VCS wehrt sich dagegen, dass in einem dritten Schritt nun auch noch die Vignette abgeschafft werden soll. - Die Vignette ist ein bis jetzt leider nicht genutzter Informationskanal zu den Velofahrenden. Mit ihr könnten die Radfahrer z.b. über Sicherheitsaspekte und Verkehrsvorschriften orientiert werden. - Rund 10% der Personen in der Schweiz haben keine Privathaftpflicht. In dieser Kategorie gibt es viele finanziell schwach gestellte MitbürgerInnen, die durch das Wegfallen des Haftpflichtobligatoriums in grosse Nöte geraten können. Es ist fraglich, ob diese für das Velofahren eine abschliessen werden. - Sollte künftig die Velohaftpflicht in die Privathaftpflicht-Versicherung integriert werden, hätte dies zwei Nachteile: (1) Die Kosten würden auf alle Versicherungsnehmer abgewälzt egal, ob diese ein Velo haben oder nicht. (2) Es würde eine grosse Lücke bei Unfällen durch nichtversicherte Fahrräder entstehen. Heute übernimmt der Nationale Garantiefonds die Kosten der Verletzten und fordert diese später vom Verursacher zurück. Damit erhält das Opfer auch dann Schadenersatz, wenn der Unfallverursacher kein Geld hat. - Die Velovignette hilft bei der Identifikation und Rückgabe von entwendeten Velos. Die Vignette hilft auch bei der Bewirtschaftung von Parkfeldern. Fahrräder ohne gültige Vignette werden als herrenlos/damenlos erklärt und beseitigt. des VCS 26.03.2010 Seite 1/5
2. Motorfahrräder 2.1 Soll das Haftpflichtversicherungsobligatorium für Motorfahrräder abgeschafft werden? Das Fahren eines Motorfahrrads soll nicht vereinfacht werden. Die Lenker von Motorfahrrädern müssen Eigenverantwortung übernehmen und eine Haftpflichtversicherung abschliessen. Die grosse Fahrrad-Nummer könnte u.e. jedoch durch eine kleinere (analog frühere Velo-Nr.) ersetzt werden. Wenn nein: 2.2 Soll die heutige Regelung für Motorfahrräder beibehalten werden (Kontrollschild mit jährlicher Vignette?) Die Regelung ist einfach und verursachergerecht. 2.3 Sollen die Motorfahrräder den übrigen Motorfahrzeugen gleichgestellt werden (ordentliche Immatrikulation mit Versicherungsnachweis, Fahrzeugausweis und Kontrollschildern)? Die heutige Regelung soll beibehalten werden. des VCS 26.03.2010 Seite 2/5
3. Motorfahrzeuge von geringer Motorkraft oder Geschwindigkeit 1 3.1 Sollen diese Motorfahrzeuge generell von der Versicherungspflicht befreit werden? Die heutige Unterteilung zwischen leichten Motorfahrrädern und Motorfahrrädern soll beibehalten werden. 3.2 Sollen diese Motorfahrzeuge generell den Motorfahrrädern gleichgestellt werden? Leichte Elektrovelos sollen gefördert werden und sollen deshalb nicht den Motorfahrrädern gleichgestellt werden. 3.3 Soll der Bundesrat festlegen, welche Fahrzeugarten vom Versicherungsobligatorium befreit werden und für welche Fahrzeugarten die Regelungen betreffend die Motorfahrräder gelten sollen? Es ist sinnvoll, wenn auf Verordnungsstufe geklärt wird, welche Fahrzeugarten wie typisiert werden. So kann besser auf neue Entwicklungen bei den Fahrzeugen reagiert werden. 1 Invalidenfahrstühle mit elektrischem Antrieb und einer Höchstgeschwindigkeit bis 10 km/h; Motorhandwagen; Motoreinachser, die nur von einer zu Fuss gehenden Person geführt und nicht für das Ziehen von Anhängern verwendet werden; Leicht- Motorfahrräder;. des VCS 26.03.2010 Seite 3/5
4. Nationaler Garantiefonds (NGF) 4.1 Sind sie damit einverstanden, dass der NGF subsidiär die Deckung für durch Radfahrer verursachte Schäden übernimmt? Der Geschädigtenschutz der durch das bisherige Haftpflichtobligatorium gewährleistet war hat weiterhin oberste Priorität.Sollte die Velovignette abgeschafft werden, so ist es zwingend nötig, dass der NGF subsidiär die Deckung für durch Radfahrer verursachte Schäden übernimmt. 4.2 Sind Sie damit einverstanden, dass ein Selbstbehalt vorgesehen wird (z.b. 1 000 Fr.)? Diesen Vorschlag lehnen wir ab. Es darf nicht sein, dass unschuldige Unfallopfer bis zu 1'000 Fr. selber tragen müssen. Der Vorschlag wäre ein Abbau der Rechtssicherheit und Schlechterstellung des Geschädigten. Nicht alle Personenschäden sind UVG- oder KVG-gedeckt (Ausländer, Personen ohne gültigen KVG-Versicherungsschutz), zudem besteht bei der Unfalldeckung gemäss KVG Franchise und Selbstbehalt, wiederum zulasten des unschuldigen Geschädigten. 5. Inkrafttreten 5.1 Frage an die Vollzugsbehörden und Versicherer: Wie viele Monate benötigen Sie ab Beschlussfassung, um den Vollzug vorzubereiten?.. Monate des VCS 26.03.2010 Seite 4/5
6. Weitere Bemerkungen Die Gesetzesvorlage zur Abschaffung des Haftpflichtobligatoriums überzeugt nicht. Es gibt gute Gründe, beim heutigen System der Velovignetten zu bleiben: -Geschädigten- /Opferschutz: Mit dem heutigen Haftpflichtobligatorium hat der Geschädigte Gewähr, dass eine solvente Versicherung seinen Schaden übernehmen kann. -Direktes Forderungsrecht: Ein Geschädigter kann sich heute direkt an den Versicherer wenden mit seiner Forderung, wie bei der Motorfahrzeug- Haftpflichtversicherung. Er muss sich nicht direkt an den Versicherten wenden (was weiteren Ärger verhindert, sind doch Schädiger und Geschädigter gegnerische Parteien). -Deckung: Wer soll anstelle des bisherigen Velohaftpflicht-Versicherers im Schadenfall einspringen? Der Privathaftpflichtversicherer? Braucht ebenfalls eine Regelung und vor allem gibt es bis auf wenige Ausnahmen keine Pflicht für diese Versicherung. Und selbst wenn, ist die Prämie nicht bezahlt, gerät der Versicherte in Deckungsunterbruch. Der Versicherer ist dem Geschädigten gegenüber folglich nicht entschädigungspflichtig (wenn das direkte Forderungsrecht nicht übernommen wird). Der Geschädigte bleibt u. U. auf unbezahlten Rechnungen sitzen und muss selber den mühsamen, teuren und langwierigen Rechtsweg einschlagen. Ist der Schädiger finanziell schlecht gestellt, werden berechtigte Forderungen nie erstattet. -Gar keine Versicherungspflicht mehr? Dies wäre ein Abbau der Rechtssicherheit und Schlechterstellung des Geschädigten. Lediglich bei einer (vorgeschriebenen) Erweiterung des heutigen Deckungsumfanges der Privathaftpflichtversicherung auf die Velohaftpflicht, dem Verankern des direkten Forderungsrechts im Gesetz sowie dem Privathaftpflicht-Versicherungszwang ist der heutige (gute) Schutz des Geschädigten in selbem Masse sichergestellt. des VCS 26.03.2010 Seite 5/5