Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii) (Stand November 2011)

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Transkript:

Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz Vollzugshinweise zum Schutz von Pflanzenarten in Niedersachsen Pflanzenarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii) (Stand November 2011) Inhalt 1 Lebensweise und Lebensraum 2 Bestandssituation und Verbreitung 2.1 Verbreitung in Niedersachsen 2.2 Bestandssituation in Deutschland und Niedersachsen 2.3 Schutzstatus 2.4 Erhaltungszustand 2.5 Beeinträchtigungen und Gefährdungen 3 Erhaltungsziele 4 Maßnahmen 4.1 Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen 4.2 Gebiete für die Umsetzung mit Prioritätensetzung 4.3 Bestandsüberwachung und Untersuchungsbedarf 5 Schutzinstrumente 6 Literatur Abb. 1: Sumpf-Glanzkraut (Foto: J. Petersen) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 1

1 Lebensweise und Lebensraum Das Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii, Familie Orchidaceae) ist ein Geophyt, der eine Größe von 6 bis 20 cm erreichen kann. Als Überdauerungsorgane dienen eine jüngere und eine ältere Scheinknolle. Ihren Namen hat diese Art von den beiden aufrechten, gegenständigen, fettig glänzenden Blättern. Über die Bestäuber der meist im Juni erscheinenden Blüten ist bisher nichts bekannt, Selbstbefruchtung ist möglich. Die Fruchtreife erfolgt erst im ausklingenden Winter im Februar bis März. Die Verbreitung der Samen erfolgt durch den Wind. Zur Keimung und Etablierung ist neben spezifischen Substrarteigenschaften die Anwesenheit von Mykorrhiza-Pilzen erforderlich. Das Sumpf-Glanzkraut besiedelt gerne feuchte bis nasse, schwach saure bis schwach basische Standorte, meist auf kalkreichen Torfböden. Hauptsächlich werden kalkreiche Nieder- und Zwischenmoore besiedelt. Das Sumpf-Glanzkraut kommt in Deutschland überwiegend innerhalb folgender Vegetationseinheiten vor (vgl. RENNWALD 2000): Ordnung Caricetalia davallianae BR.-BL. 1949 (Kleinseggengesellschaften basenreicher Niedermoore) Verband Caricion davallianae Klika 1934 (Kalkflachmoore und Kalksümpfe) Ordnung Scheuchzerietalia palustris NORDHAGEN 1937 (Zwischenmoor- und Schlenkengesellschaften) Verband Rhynchosporion albae W. Koch 1926 (Schlenkengesellschaften). Nach der Terminologie der FFH-Richtlinie können Bestände von Liparis loeselii vor allem folgendem Lebensraumtyp nach Anhang I der Richtlinie zugeordnet werden: 7230 Kalkreiche Niedermoore. 2 Bestandssituation und Verbreitung Liparis loeselii ist annähernd zirkumpolar verbreitet, wobei die Schwerpunkte in Europa und im westlichen Nordamerika liegen. Östlich des Urals sind nur sehr zerstreute Vorkommen bekannt. Nach Norden reicht das europäische Areal bis nach Südwales und Südschweden, die Arealgrenze im Süden liegt etwa auf einer Linie, die von Ostspanien, Südfrankreich, Oberitalien bis nach Bulgarien reicht. In Deutschland liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Art im Alpenvorland, sowie in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. In Nordwestdeutschland sind nur noch vereinzelte Vorkommen vorhanden. 2.1 Verbreitung in Niedersachsen Von ehemals mehr als 30 niedersächsischen Vorkommen sind rezent nur noch die auf der Nordseeinsel Borkum (Landkreis Leer) existent. Während die meisten Wuchsorte bereits seit vielen Jahrzehnten erloschen sind, reichen die letzten Nachweise der Art aus dem Landkreis Oldenburg bis ins Jahr 1992 und von den Nordseeinseln Juist, Norderney, Langeoog und Baltrum zum Teil bis in die 1980er Jahre (z. B. Norderney im Landkreis Aurich bis 1987, vgl. GAR- VE 2007). Damit ist das Sumpf-Glanzkraut sowohl im Hügelland als auch im Tiefland ausgestorben. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 2

Abb. 2: Verbreitung des Sumpf-Glanzkrauts (Liparis loeselii) in Niedersachsen 1982 bis 2009 2.1.1 Verbreitung in FFH-Gebieten Das Sumpf-Glanzkraut ist aus einem FFH-Gebiet bekannt, in dem es auch wertbestimmende Art ist (Tab. 1). Ferner ist auf Borkum ein weiteres Vorkommen außerhalb von FFH-Gebieten bekannt. Tab. 1: FFH-Gebiet mit besonderer Bedeutung für das Sumpf-Glanzkraut FFH-Nr. Name 1 001 Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 3

2.2 Bestandssituation in Deutschland und Niedersachsen 2.2.1 Bestandssituation in Deutschland Trotz erheblichem Lebensraumverlust sind bei Fortführung geeigneter Pflegemaßnahmen mehr oder weniger stabile Vorkommen in Bayern (besonders im Voralpengebiet, vereinzelt im Jura, Donautal und im Vorderen Bayerischen Wald) und Baden-Württemberg vorhanden (z. B. im Bodenseegebiet und im Donau-Iller-Lech-Gebiet). Einzelne kleinere Vorkommen sind aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bekannt. In Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen, Thüringen und Hessen sowie Rheinland-Pfalz sind alle früheren Vorkommen erloschen. Abb. 3: Verbreitung des Sumpf-Glanzkrauts in Deutschland (Karte: BfN, www.bfn.de/0316_bewertung_arten.html, ergänzt um TK 2306,und 2405) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 4

2.2.2 Bestandssituation in Niedersachsen Die letzten niedersächsischen Bestände von Liparis loeselii unterliegen erheblichen Bestandsschwankungen, wobei über die Ursachen der Schwankungen nur wenig bekannt ist. Zählungen an den zunächst zwei Wuchsstellen finden im dreijährigen Rhythmus seit dem Jahr 2000 statt (PETERSEN 2003, 2006, 2009). Das Hauptvorkommen ist der Fachbehörde für Naturschutz seit 1985 bekannt. Eine Einzelpflanze in Ortsnähe wurde als dritter Wuchsort 2006 entdeckt, eine vierte Wuchsstelle mit zuletzt knapp 50 Individuen konnte 2009 neu gefunden werden. Tab 2: Bestandsentwicklung von Liparis loeselii auf der Insel Borkum von 2000-2009 Jahr Anzahl Pflanzen Wuchsstellen Anzahl Quadranten 2000 2.541 1 2 2003 3.167 1 2 2006 11.318 2 3 2009 808 3 4 2.3 Schutzstatus FFH-Richtlinie: Bundesnaturschutzgesetz: Anhang II prioritäre Art Anhang IV Anhang V 7, Abs. 2, Nr. 13: besonders geschützte Art 7, Abs. 2, Nr. 14: streng geschützte Art 2.4 Erhaltungszustand Aufgrund der zahlreichen Bestandsverluste, die in den letzten Jahrzehnten zu verzeichnen waren, ergibt sich in der Gesamtbewertung für Niedersachsen ein schlechter Erhaltungszustand (s. Tab. 3) Tab. 3: Bewertung des Erhaltungszustands (FFH-Bericht 2007) in Deutschland und Niedersachsen Kriterien atlantische Region kontinentale Region D NI D NI Range s s Population s s Habitat s s Zukunftsaussichten u u Gesamtbewertung s s x = unbekannt g = günstig u = unzureichend s = schlecht Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 5

Dass die Zukunftsaussichten für den Erhalt der Art in Niedersachsen nicht ebenfalls schlecht sind, liegt an den doch insgesamt stabilen Beständen auf Borkum. In der derzeit letzten Untersuchung (PETERSEN 2009) wurden an beide Hauptbestände in der Matrix zur Bewertung des Erhaltungszustandes entsprechend (BFN 2009, s. Tab. 4) für die Bereiche Zustand der Population, Habitatqualität und Beeinträchtigungen ein hervorragend vergeben. Die beiden 2006 bzw. 2009 entdeckten Vorkommen wurden entsprechend der geringeren Größe der Population und im Fall des Einzelexemplars in Ortsnähe aufgrund einer vom Optimum deutlich abweichenden Vegetationsstruktur und erkennbaren Beeinträchtigungen entsprechenden schlechter bewertet. 2.5 Beeinträchtigungen und Gefährdungen Gefährdungsgrad: Rote Liste Deutschland (1996): 2 Stark gefährdet Rote Liste Niedersachsen (2004): 2 Stark gefährdet Arealkundliche Bewertung nach WELK (2002): Internationale Bestandsgefährdung: Internationale biogeographische Verantwortung: 5 Europaweit stark gefährdet 4 Große Verantwortung Deutschlands Grundsätzlich sind Bestände von Liparis loeselii durch folgende Faktoren zumindest potenziell gefährdet: Entwässerung und Kultivierung oder Aufforstung von Moorstandorten Nutzungsaufgabe extensiv genutzter Moor- und Feuchtwiesen Fortschreitende natürliche Sukzession Nährstoffeintrag bzw. Eutrophierung (natürlicher Art) Rohstoffgewinnung, Abgrabung und Verfüllung Ausgrabung der Pflanzen. Die Hauptvorkommen des Sumpf-Glanzkrauts auf Borkum wachsen in feuchten bis nassen Dünentalbereichen, die von großer Dynamik (Meer und Wind) geprägt sind. Die voll besonnten Kalkflachmoor-Bereiche werden in der Regel vom Herbst bis ins Frühjahr überstaut. Die ph- Werte liegen im neutralen bis basischen Bereich. Die Vegetation hat überwiegend eine offene, niedrigwüchsige Struktur, eine Streuauflage ist nicht vorhanden, ebenso fehlen Störzeiger. Der einzige anthropogene Nutzungseinfluss ergibt sich aus einem extensiven genutzten Wanderweg, der jedoch keine negativen Folgen hat, sondern im Gegenteil für hervorragend ausgebildete Bestände der Fadenenzian-Gesellschaft z. T. mit Liparis loeselii verantwortlich ist. Ebenso hat die Beweidung durch zahlreiche Kaninchen einen positiven Effekt auf die Bestände. Im nahen Umfeld findet zur Zeit keine direkte Beeinflussung des hydrologischen Regimes statt. Mitverantwortlich für das Vorkommen von Liparis loeselii ist wahrscheinlich das Austreten von kalkreichem Quellwasser (GROOTJANS et al. 1995). Das Einzelvorkommen in Ortsnähe weist dagegen keine optimalen Standortbedingungen auf, weder bezüglich der hydrologischen Bedingungen und der Nähe zum Meer, noch bezüglich der Vegetationsstruktur und des Nutzungseinflusses. Das erst 2009 entdeckte Vorkommen erweist sich bezüglich der nur halboffenen Vegetationsstruktur und der Lage im erweiterten Einflussbereich der Grundwassergewinnung als zumindest potenziell gefährdet. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 6

3 Erhaltungsziele Das wichtigste Ziel für die letzten Wuchsorte und Populationen des Sumpf-Glanzkrautes ist die Erhaltung und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes an den bekannten Wuchsorten. Insbesondere sollte gewährleistet sein, dass weder künftige Küstenschutzmaßnahmen noch Einflüsse der Trinkwassergewinnung die Bestände gefährden und sich für die Art geeignete Standorte im Rahmen der natürlichen Dynamik ungehindert entwickeln können. Weiterhin sollten Wiederherstellungsmaßnahmen an ehemaligen Standorten sowohl auf weiteren Ostfriesischen Inseln, als auch im Binnenland in Erwägung gezogen werden werden. Tab. 4: Matrix zur Bewertung des Erhaltungszustands (Quelle: BfN [2009]: Überarbeitete Bewertungsbögen der Bund-Länder-Arbeitskreise als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 7

4 Maßnahmen 4.1 Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen Die Bestände von Liparis loeselii am Ostende und das 2009 neu aufgefundene Vorkommen im Nord-Osten von Borkum sind sehr gut ausgebildet. Es sind derzeit keine Pflegemaßnahmen erforderlich. Auf Grund der Lage und der Standortfaktoren gilt für das Vorkommen am Ortsbereich eine deutlich schlechtere Entwicklungsprognose. Pflegemaßnahmen zur Schaffung von feuchten, offenen Pioniersituationen würden sich positiv auswirken. In Bezug auf die ehemaligen Vorkommen der Orchidee auf Borkum im Muschelfeld und im Kleinen Dünental am Wasserwerk könnten sich die hier seit 1999/2000 durchgeführten Pflegemaßnahmen positiv auswirken und Liparis loeselii ein erneutes Aufkommen ermöglichen. Die Standortbedingungen sind hier durchaus geeignet. An weiteren ehemaligen Wuchsorten ist dies nicht mehr der Fall. Bestrebungen, Liparis loeselii auf anderen Ostfriesischen Inseln und im Binnenland wieder Lebensraum zu schaffen, sollten Voruntersuchungen vorausgehen, um einen möglichen Erfolg der Maßnahmen abschätzen zu können. 4.2 Gebiete für die Umsetzung mit Prioritätensetzung Die einzigen verbliebenen niedersächsischen Wuchsorte des Sumpf-Glanzkrautes auf Borkum haben für den Erhalt der Art höchste Priorität. Nach Abschluss von Voruntersuchungen und Instandsetzungsarbeiten an ehemaligen Wuchsorten und im Binnenland kann sich bei positiver Entwicklung und im Erfolgsfall eine vergleichbar hohe Priorität ergeben. 4.3 Bestandsüberwachung und Untersuchungsbedarf Ein kontinuierliches Monitoring aller bekannten Vorkommen von Liparis loeselii wird derzeit alle drei Jahre durchgeführt, einschließlich der Suche nach weiteren Vorkommen auf Borkum. Voruntersuchungen an ehemaligen Wuchsorten auf anderen Inseln und im Binnenland sollten begonnen werden, um einen möglichen Erfolg von umfangreichen Maßnahmen abschätzen zu können. 5 Schutzinstrumente Weitere Instrumente (wie z.b. Pflegemaßnahmen, Beweidung oder Mahd) zum nachhaltigen Schutz bzw. Erhalt der Habitate und Populationen des Sumpf-Glanzkrauts sind auf Grund des Status des Gebiets als FFH-Gebiet und Nationalpark nicht erforderlich. Sinnvoll ist jedoch die: Schaffung bzw. der Ausbau eines Zuständigkeits- und Meldesystems für alle niedersächsischen Vorkommen im Rahmen des Pflanzenarten-Erfassungsprogramms, um bei Verschlechterung des Zustands oder drohender Vernichtung rasch einschreiten und handeln zu können. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 8

6 Literatur BFN (2009): Bewertung des Erhaltungszustandes der Arten nach Anhang II und IV der Flora- Fauna-Habitat-Richtlinie in Deutschland. Überarbeitete Bewertungsbögen der Bund-Länder- Arbeitskreise als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring. Planungsbüro für angewandten Naturschutz (München) & Institut für Landschaftsökologie, AG Biozönologie (Uni Münster) im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. GARVE, E. (2004): Rote Liste und Florenliste der Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen. 5. Fassung, Stand 1.3.2004. Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 24 (1/04): 1-76, Hildesheim. GARVE, E. (2007): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen. Unter Mitarbeit von A. Schacherer, E. Bruns, J. Feder und T. Täuber. Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachs. 43: 1-507, Hannover. GROOTJANS, A., E. LAMMERTS & C.VAN BEUSEKOM (1995): Kalkrijke duinvalleien op de Waddeneilanden. KNNV, Utrecht. KORNECK, D., M. SCHNITTLER & VOLLMER, I. (1996): Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta et Spermatophyta) Deutschlands. Schriftenreihe Vegetationskunde 28: 21-187, Bonn-Bad Godesberg. PETERSEN, J. (2003, 2006, 2009): Monitoring der Vorkommen von Liparis loeselii auf Borkum im Rahmen der FFH-Berichtspflicht. Unveröff. Gutachten im Auftrag des NLWKN. RENNWALD, E. (Koordinator, 2000): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Schriftenreihe Vegetationskunde 35: 89-800, Bonn-Bad Godesberg. WELK, E. (2002): Arealkundliche Analyse und Bewertung der Schutzrelevanz seltener und gefährdeter Gefäßpflanzen Deutschlands. Schriftenreihe Vegetationskunde 37: 1-337, Bonn- Bad Godesberg. Impressum Herausgeber: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Fachbehörde für Naturschutz Postfach 91 07 13, 30427 Hannover www.nlwkn.niedersachsen.de > Naturschutz Ansprechpartner im NLWKN für diesen Vollzugshinweis: Dr. Thomas Täuber Zitiervorschlag: NLWKN (Hrsg.) (2011): Vollzugshinweise zum Schutz von Pflanzenarten in Niedersachsen. Pflanzenarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii). Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 9 S., unveröff. G03 Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN 9