Wandel des Sozialen Netzwerkes von Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund demographischer Veränderungen Hintergrund Vorgehen und Methode Demographie Soziales Netzwerk Diskussion ZVFK Zentrum für Versorgungsforschung Köln www.zvfk.de Seminar für Sozialpolitik WiSo-Fakultät der Universität zu Köln
I. Hintergrund Das Alter behinderter Menschen rudimentäre Datenlage 100 90 80 70 60 50 40 30 20? Bevölkerung insgesamt Menschen mit Behinderung 10 0 1979 1983 1987 1991 1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019 2023 Bestandsanalyse Trendanalyse
I. Hintergrund 300 250 200 150 100 Bestehende Daten über Menschen mit Behinderungen (Amtliche Schwerbehindertenstatistik, SOEP etc.) unscharf, keine Zusammenhangsanalysen möglich, Ursprungs-Daten werden nach fünf Jahren gelöscht.. Tausende Amtliche Schwerbehindertenstatistik 50 0 0-3 4-5 6-14 15-17 18-24 25-34 35-44 45-54 55-59 60-61 62-64 65+ Unzureichende Alterseinteilung (65plus)
II. Methoden der Datengewinnung INA-Studie (= Inanspruchnahme, soziales Netzwerk und Alter am Beispiel von Angeboten der Behindertenhilfe) BE1 BE2 BE3 BE4 BE5 BE6 Art der Einrichtung Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen Wohnen Arbeiten Niedersachsen Bundesland Hamburg NRW Bayern NRW NRW Lage Großstadt Kleinstadt Ländliche Gegend Ländliche Gegend Großstadt Großstadt
II. Methoden der Datengewinnung INA-Studie: Befragtenpopulationen und Stichproben Menschen mit Behinderung X Komplexe Version Reduzierte Version (n 1a = 169) Leichte Version (n 1b = 304) Angehörige und gesetzliche Betreuer (n 2 =194) Angehörige (n 2a =130) gesetzliche Betreuer (n 2b =64) Pädagogische Mitarbeiter (n 3 =175)
III. Demographie Geschlechterverteilung in den Einrichtungen des Brüsseler Kreis Geschlechterverteilung von Menschen mit Behinderung in D männlich 62% weiblich 38% männlich 52% weiblich 48% N = 465; fehlend = 8 N = 6.638.892 Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland, 2003
III. Demographie Altersverteilung in den Einrichtungen des Brüsseler Kreis Altersverteilung der Bevölkerung in D, 2004, Jahresende 30 25 20 15 15,2 in % 21,5 26,5 17,4 Alter in Jahren 11,3 40 35 30 25 20 in % Alter in Jahren Alter in Jahren (BK) 10 5 0 3,6 18-20 bis 30 bis 40 bis 50 bis 60 bis 70 3,4 bis 80 0,9 0,2 bis 90 90 + 15 10 5 0 20-40 bis 50 bis 60 bis 70 bis 80 bis 90 90 + N = 442; fehlend = 31 M = 44,82; Min = 18; Max = 94; SD = 14.65 N = 65.788.327 mod. Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen
III. Demographie Veränderung des Bewohnerklientels in Einrichtungen der Behindertenhilfe: Menschen mit Behinderungen altern weit über das Rentenalter hinaus Anteil der Rentner (65 Jahre plus) in Einrichtungen der Behindertenhilfe (2005/2006) 35 30 32,3 25 20 15 10 5 0 11,3 INA-Studie Niederlande Quelle: eigene Berechnung der INA-Daten, bzw. Havemann/Stöpler 2005)
III. Demographie Variable Familienstand Operationalisierung, Verteilung Variable Berufsstand Operationalisierung, Verteilung Partnerschaft Ja, ich habe eine/n feste/n Freund/in. (n=67;? 39,6%) Arbeitstätigkeit Ja, ich gehe arbeiten. (n=125;? 74,0%) Ja, wir leben als Paar zusammen. (n=27;? 16,0%) Ja, ich arbeite in einem normalen Betrieb. (n=5;? 3,0%) Familienstand Kinder Ja, ich bin verheiratet. (n=8;? 4,7%) Ja, ich habe eigene Kinder. (n=32;? 19,0%; Min=1; Max=6;) Ausbildung Ja, ich arbeite in einer WfMmB. (n=118;? 69,8%) Ja, ich habe einen Beruf erlernt. (n=60;? 35,5%) N = 169 Schule Ja, ich habe eine Schule besucht. (n=159;? 94,1%) N = 169
IV. Soziales Netzwerk Soziale Beziehungen Quantitative Aspekte Qualitative Aspekte Konzept des Sozialen Netzwerks Konzept der Sozialen Unterstützung
IV. Soziales Netzwerk Übertragung der Theorie auf die Behindertenhilfe in Abgrenzung zur Altenhilfe: Der Aufbau eigener informeller Netzwerke für Menschen mit Behinderung erschwert oder zum Teil sogar unmöglich. Daher ergibt sich hier das Bild, dass Unterstützungsleistungen des informellen, familiären Netzwerks überwiegend von den eigenen Eltern (seltener von Geschwistern oder weiteren Verwandten) erbracht werden. Im Gegensatz dazu bietet sich beispielsweise in der Altenpflege ein anderes Bild. Hilfeund Pflegeleistungen werden hier insbesondere durch die Ehepartner meist durch die Ehefrau und die (Schwieger-) Kinder hier insbesondere die (Schwieger-)Töchter erbracht (auch: Borchers/Miera 1993, Halsig 1998). Informelles Netzwerk: Ausrichtung der Sozialen Unterstützung in der Behindertenhilfe Informelles Netzwerk: Ausrichtung der Sozialen Unterstützung in der Altenhilfe
Gründe für die Inanspruchnahme der Angebote der Behindertenhilfe aus Sicht der Angehörigen/Betreuer Überlastung der Pflegepersonen/Angehörigen 42,9% Pflege/Betreuung führte zu Spannungen 21,4% Pflegeperson wurde pflegebedürftig/verstarb 18,1%! eigener Wunsch geeignete Betreuung/soziale Einbindung bisherige Wohnung/Einrichtung nicht geeignet 13,7% 13,2% INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer wollte Angehörigen nicht zur Last fallen 3,8% sonstige Gründe 16,5% 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
Alter der Person mit Behinderung beim ersten Einzug in eine Wohneinrichtung der Behindertenhilfe (ohne betreutes Wohnen) 25 20 Gesamtgruppe unter der Bedingung: Pflegeperson pflegebedürftig/verstorben 19,4 18,4 18,2 21,1 INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer 15,8 16,5 15,8 % 15 10 13,5 7,6 7,9 10,5 11,2 6,5 7,9 5 3,5 2,6 3,5 0 0 0-3 4-10 11-15 16-20 21-30 31-40 41-50 über 50 keine Gesamt: M = 23,31 Median = 20 (Jahre) Angabe Auswahl: M = 33,15 Median = 35 (Jahre)
Wer traf die Entscheidung zur Nutzung 80 70 60 72,4 57,1 INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer % 50 40 30 20 10 0 11,8 Person mit Behinderung 2,4 5,3 Angehörige Betreuer sonstige keine Angabe
Anzahl der Personen(gruppen), die von Menschen mit Behinderung mindestens ein- bis mehrfach monatlich getroffen werden % 25 20 15 10 14,95 17,01 24,23 18,04 13,4 7,73 INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer Negative Korrelation mit Alter -0,401** 5 1,55 2,58 0,52 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Anzahl der Personen(gruppen) Insgesamt 45,4 % der Menschen mit Behinderung haben weniger als einmal monatlich oder sogar nie Kontakt zu Personen, die als Freunde oder Bekannte ausgewiesen werden können.
Kontakthäufigkeit der Menschen mit Behinderung zu den Eltern 30 25 29,9 23,7 INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer 20 17 % 15 10 8,8 9,8 9,8 5 1 0 Person(en) gibt es nicht täglich ein-mehrf. ein-mehrf. wöchentl. monatl. seltener nie keine Angabe
Welche Personen werden von den Menschen mit Behinderung oft getroffen? 35 30 33,3 INA-Studie, reduzierter Fragebogen ohne Werkstatt 29,5 28,1 % 25 20 15 20,2 20,8 24 10 7,1 5 3,2 0 Partner Mutter Vater Geschw. and.verwandte Kollegen Freunde/Bek. Betreuer
Fehlende Personen(gruppen) im sozialen Netzwerk der Menschen mit Behinderung. Personen gibt es nicht Vater Partner Mutter Andere Verwandte Geschwister Kollegen Freunde/Bekannte (%) 63,3 55,2 43,4 24,7 18,8 13,7 6,3 INA-Studie, reduzierter Fragebogen ohne Werkstatt => Insgesamt 10 % der Menschen mit Behinderung geben an, keine Familie mehr zu haben
Generelle Hilfe- und Unterstützungspersonen der Menschen mit Behinderung Hilfe- und Unterstützungspersonen Mitarbeiter Familienangehörige Ehrenamtler gute Freunde Bekannte Prozent 64 % 47 % 20 % 7 % 9 % INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer
Generelle Hilfe- und Unterstützungspersonen in verschiedenen Altersstufen 70 60 50 47,6 66,7 52,1 49,3 62,5 43,3 60,5 INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer % 40 30 20 10 9,5 16,4 18,8 27,9 20,9 0 18-30 31-45 46-60 >60 Jahre Mitarbeiter Ehrenamtliche Familienmitglieder
Belastung durch Hilfeleistungen - in Anlehnung an die Häusliche Pflegeskala (nach Gräßel) - 70 60 50 62,1 Angehörige gesamt nicht verwandt INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer % 40 30 38,2 43,2 37,3 36,4 31 20 10 24,5 20,5 0 niedrige Belastung mittlere Belastung hohe Belastung 6,9
Tendenzieller Zusammenhang geleistete Unterstützung Belastung Unterstützungsbereitschaft Unterstützung Belastung Bereitschaft mehr zu unterstützen Unterstützung Belastung Bereitschaft mehr zu unterstützen Korrelation 0,378** Korrelation 0,230* INA-Studie, Befragung der Angehörigen/Betreuer
Praktische Hilfe- und Unterstützungspersonen der Menschen mit Behinderung Hilfe- und Unterstützungspersonen Mitarbeiter Partner Betreuer Freunde/Bekannte Mutter Geschwister Kollegen Andere Verwandte Vater oft (%) 40,9 22,8 16,7 8,5 8,5 8,5 5,4 4,4 3,2 manchmal (%) 35,5 6,4 20 29,8 10,6 14,9 16,1 4,4 3,2 INA-Studie, reduzierter Fragebogen ohne Werkstatt
Emotionale Hilfe- und Unterstützungspersonen der Menschen mit Behinderung. Hilfe- und Unterstützungspersonen Mitarbeiter Partner Freunde/Bekannte Mutter Betreuer Geschwister Kollegen Vater Andere Verwandte oft (%) 37,8 26,8 16,3 15,3 14 10,4 9,3 5,2 4,2 manchmal (%) 38,8 6,2 38,3 18,4 26,9 27,1 24,7 5,2 15,6 INA-Studie, reduzierter Fragebogen ohne Werkstatt
V. Diskussion und Fazit Zusammenfassend ergibt sich aus den Ergebnissen zum sozialen Netzwerk der Menschen mit Behinderung, dass: 1) die sozialen Netze von Menschen mit Behinderung meist nur schwach ausgeprägt sind. 15% verfügen über keine Netzwerkpersonen, die mindestens ein- bis mehrfach monatlich getroffen werden. 2) jede zehnte Person mit Behinderung im Erwachsenenalter bereits keine Familie mehr hat. In Anbetracht des demographischen Wandels ist ein Anstieg dieser Personengruppe zu erwarten.
V. Diskussion und Fazit 3) Angehörige, die den Menschen mit Behinderung Unterstützung leisten hoch belastet sind. Über die Situation der Angehörigen von erwachsenen Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, ist allerdings zu wenig bekannt, hier besteht weiterer Forschungsbedarf. 4) insbesondere den formellen Netzwerken, also den Mitarbeitern der Einrichtungen als Unterstützungspersonen eine besondere Rolle zugesprochen werden kann. Hier muss die Qualifikation ebenfalls im Lichte des demographischen Wandels an die neuen An- und Herausforderungen angepasst werden.
V. Diskussion und Fazit In ihrer Gesamtheit zeigen die Ergebnisse der demographischen Daten, dass schon jetzt ein hoher Anteil der Menschen mit Behinderung das Rentenalter erreicht hat (11,3%) und in den nächsten Jahren fast ein weiteres Drittel des Bewohnerklientels aus der Werkstatt ausscheiden wird.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! ZVFK Zentrum für Versorgungsforschung Köln www.zvfk.de Seminar für Sozialpolitik WiSo-Fakultät der Universität zu Köln