VERSCHUBKOLLISION IN BRUCK A.D. MUR am 25. Oktober 2010 Österreichische Bundesbahnen Strecke 10501 Bahnhof Bruck a.d. Mur Fbf Die Untersuchung erfolgt in Übereinstimmung mit dem mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz BGBl. I Nr. 123/2005) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schifffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden, sowie auf Grundlage der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 29. April 2004. Zweck der Untersuchung ist ausschließlich die Feststellung der Ursache des Vorfalles zur Verhütung künftiger Vorfälle. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens oder der Haftung. Bei den verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Ohne schriftliche Genehmigung der Bundesanstalt für Verkehr darf dieser Bericht auch nicht auszugsweise - wiedergegeben werden. Besuchsadresse: A-1210 Wien, Trauzlgasse 1 Postadresse: A-1000 Wien, Postfach 207 Homepage: Unfalluntersuchungsstelle des Bundes Fachbereich Schiene Summarischer Bericht
Bundesanstalt für Verkehr Seite 2 / 10 Summarischer Bericht Inhalt Verzeichnis der Abkürzungen... 2 Abbildungsverzeichnis... 2 1. Allgemeine Angaben... 3 1.1. Ort... 3 1.2. Zeitpunkt... 3 1.3. Witterung, Sichtverhältnisse... 4 1.4. Beteiligte Fahrten... 4 1.5. Zulässige Geschwindigkeit... 4 1.6. Örtliche Besonderheiten... 4 2. Sachverhaltsdarstellung... 4 2.1. Hergang... 4 2.2. Lageskizze... 5 2.3. Auswertung Registriereinrichtung Tfz 1063 019-2... 6 2.4. Aussage Tfzf des Verschubtriebfahrzeuges (auszugsweise und sinngemäß)... 6 2.5. Aussage des Verschubmitarbeiters (auszugsweise und sinngemäß)... 7 2.6. Aussage des Verschubleiters (auszugsweise und sinngemäß)... 7 3. Ursache... 7 4. Verletzte Personen und Sachschäden... 8 4.1. Verletze Personen... 8 4.2. Schäden an Fahrzeugen... 8 4.3. Schäden an der Infrastruktur... 8 4.4. Schäden an Umwelt... 8 4.5. Betriebsbehinderungen... 8 5. Untersuchungsverfahren... 9 6. Sonstige, nicht unfallkausale Unregelmäßigkeiten... 9 Anlage 1: Bilddokumentation... 10 Verzeichnis der Abkürzungen Bf Fbf Fdl IM La ÖBB RU Tfz Tfzf UUB VzG Z Bahnhof Frachtenbahnhof Fahrdienstleiter Infrastruktur Manager (Eisenbahn Infrastrukturunternehmen) Übersicht über die Langsamfahrstellen und Besonderheiten Österreichische Bundesbahnen Railway Undertaking (Eisenbahnverkehrsunternehmen) Triebfahrzeug Triebfahrzeugführer Unfalluntersuchung des Bundes Verzeichnis örtlich zulässiger Geschwindigkeiten Zug Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Skizze Eisenbahnlinien Österreich... 3 Abbildung 2 Lageskizze Quelle IM... 5 Abbildung 3 Auswertung der Registriereinrichtung... 6 Abbildung 4 Auszug aus DV V3, 14... 7 Abbildung 5 Auszug aus DV V3, 14... 8 Abbildung 6 Auszug aus DV V3, 17... 8
Bundesanstalt für Verkehr Seite 3 / 10 Summarischer Bericht Verzeichnis der Regelwerke Richtlinie 2004/49/EG Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit EisbG Eisenbahngesetz 1957, österreichisches Bundesgesetzblatt aus 2006, Teil I, 125. Bundesgesetz UUG 2005 Unfalluntersuchungsgesetz, österreichisches Bundesgesetzblatt aus 2005, Teil I, 123. Bundesgesetz MeldeVO Eisb Meldeverordnung Eisenbahn 2006, österreichisches Bundesgesetzblatt aus 2005, Teil II, 279. Verordnung ÖBB DV V2 Signalvorschrift des IM Vorbemerkungen Gemäß UUG 2005, 5 haben Untersuchungen als ausschließliches Ziel die Feststellung der Ursache des Vorfalles, um Sicherheitsempfehlungen ausarbeiten zu können, die zur Vermeidung gleichartiger Vorfälle in der Zukunft beitragen können. Die Untersuchungen zielen nicht darauf ab, Schuld- oder Haftungsfragen zu klären. Der gegenständliche Vorfall wird mit einem summarischen Bericht abgeschlossen, der die Fakten und gegebenenfalls Sicherheitsempfehlungen beinhaltet. 1. Allgemeine Angaben 1.1. Ort IM ÖBB Infrastruktur AG Strecke 10501 Wien Südbahnhof Staatsgrenze nächst Spielfeld-Straß Gleis 353, km 156,300 Abbildung 1 Skizze Eisenbahnlinien Österreich 1.2. Zeitpunkt Montag, 25. Oktober 2010, um 14:02
Bundesanstalt für Verkehr Seite 4 / 10 Summarischer Bericht 1.3. Witterung, Sichtverhältnisse 5 C, Regen, keine Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse 1.4. Beteiligte Fahrten Verschubfahrt Zusammensetzung: Tfz 1063 019-2 10 Wagen 182,2 m Länge 531 t Gesamtgewicht (Masse gemäß Maß- und Eichgesetz) 1.5. Zulässige Geschwindigkeit Gemäß ÖBB DV V3 Abschnitt II, 10 Absatz 4, beträgt die Geschwindigkeit bei Verschubfahrten v max = 25 km/h. 1.6. Örtliche Besonderheiten Gemäß EisbG, 4, Absatz 1 handelt es sich um eine Hauptbahn, welche von dem IM ÖBB Infrastruktur AG betrieben wird. Gemäß EisbG, 12, Absatz 1 ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Behörde zuständig. Der Bf. Bruck a.d. Mur Fbf befindet sich auf der zweigleisigen, elektrisch betriebenen Normalspurstrecke Wien Südbahnhof Staatsgrenze nächst Spielfeld-Straß. 2. Sachverhaltsdarstellung 2.1. Hergang Bei der geschobenen Verschubfahrt mit zehn nicht an die durchgehende Bremsluftleitung angeschlossene Wagen von Gleis 104 nach Gleis 353, kam es zu einer Kollision mit einer auf Gleis 353 stehenden Wagengruppe. Dabei entgleisten der erste Wagen der Verschubfahrt und die ersten drei Wagen der stehenden Wagengruppe. Durch die Wucht des Aufpralls kippten die Wagen zur Seite und kollidierten somit auch mit einer auf Gleis 357 abgestellten Wagengruppe. Bei dieser Wagengruppe entgleiste ebenfalls ein Wagen und kippte in Richtung Gleis 359, auf dem Z 56652 stand. Zwei Wagen des Zuges wurden seitlich ca. 10 cm von der Schienenoberkante abgehoben. Insgesamt entgleisten durch diese Kollision zehn Wagen. Nachdem das Verschubsignal V10 Verschubverbot aufgehoben zeigte, erteilte der für die Verschubfahrt zuständige Verschubmitarbeiter dem Tfzf
Bundesanstalt für Verkehr Seite 5 / 10 Summarischer Bericht über Verschubfunk den Auftrag mit der geschobenen Verschubfahrt zu beginnen. Da der Verschubmitarbeiter ca. 200 m des Verschubweges einsah und annahm, dass weitere 200 m auf Gleis 353 frei sind, stieg dieser nicht wie vorgesehen am ersten Wagen als Spitzenverschieber, sondern zwischen dem 7. und 8. Wagen auf. Ohne den Verschubweg einzusehen, wurden weitere Aufträge über Verschubfunk an den Tfzf erteilt. Beim letzen erteilten Auftrag vor der Kollision ( 150 m schieben ) betrug die dokumentierte Geschwindigkeit des Verschubteiles ca. 27 km/h. Dieser Auftrag wurde vom Tfzf wiederholt; beim Loslassen der Sprechtaste wurden vom Tfzf die Worte da nicht eines anderen Verschubmitarbeiters wahrgenommen. Trotz sofort eingeleiteter Bremsung konnte die Kollision mit der auf Gleis 353 stehenden Wagengruppe nicht verhindert werden. Durch die Kollision entgleisten insgesamt zehn Wagen. Die Fahrzeuge, die Ladung sowie die Gleise 351, 353, 355, 357 wurden zum Teil erheblich beschädigt. Es wurden keine Personen verletzt. Da bei der geschobenen Verschubfahrt keine Luftbremse verwendet wurde und die Bremsung durch das Tfz von mindestens 1/5 der Wagenachsen nicht erreicht wurde, hätte der Tfzf über die Anwendung der schwachen Bremsung verständigt werden müssen. 2.2. Lageskizze Wien Südbahnhof Staatsgrenze nächst Spielfeld-Straß Abbildung 2 Lageskizze Quelle IM
Bundesanstalt für Verkehr Seite 6 / 10 Summarischer Bericht 2.3. Auswertung Registriereinrichtung Tfz 1063 019-2 Abbildung 3 Auswertung der Registriereinrichtung Die Registriereinrichtung wurde von der ÖBB - Produktion GmbH ausgewertet und der UUB zur Verfügung gestellt. Die zulässige Geschwindigkeit wurde gemäß ÖBB DV V3 Abschnitt II, 10 Absatz 4, geringfügig überschritten. 2.4. Aussage Tfzf des Verschubtriebfahrzeuges (auszugsweise und sinngemäß) Nach dem Abziehen einer Wagengruppe nach Gleis 104 wurde über Verschubfunk der Auftrag Reserve 250 m schieben erteilt. Während der Verschubfahrt wurde noch zweimal der Auftrag Schieben und anschließend die Zielangabe noch 150 m erteilt. Die Zielangabe wurde wiederholt. Beim Loslassen der Sprechtaste wurden am Verschubfunk die Worte da nicht eines anderen Verschubmitarbeiters gehört. Darauf wurde eine
Bundesanstalt für Verkehr Seite 7 / 10 Summarischer Bericht Schnellbremsung eingeleitet, die jedoch die Kollision nicht mehr verhindern konnte. 2.5. Aussage des Verschubmitarbeiters (auszugsweise und sinngemäß) Nach der Freistellung des Verschubsignals V10 wurden dem Tfzf über Verschubfunk der Auftrag 100 m Schieben in Richtung Gleis 363 erteilt. Der geschobene Verschubteil bestand aus zehn nicht an die durchgehende Bremsluftleitung angeschlossene Wagen und dem Tfz. Der Verschubweg war auf eine Länge von ca. 200 m einsehbar. Auf Grund der Annahme, dass auf Gleis 353 weitere 200 m frei sein, wurde nicht auf den 1. Wagen sondern zwischen dem 7. und dem 8. Wagen aufgestiegen. Dem Tfzf wurden über Verschubfunk weitere Aufträge erteilt, wobei der letzte Auftrag lautete noch 150 m schieben. Während des Sprechvorganges musste sich der Verschubfunk neue aufbauen (ca. 3 Sekunden); danach erfolgte die Kollision mit der auf Gleis 353 stehenden Wagengruppe. 2.6. Aussage des Verschubleiters (auszugsweise und sinngemäß) Die Verschubleitung wurde um ca. 6:30 Uhr an den Verschubmitarbeiter übertragen. Bei der Durchführung von Vorbereitungsarbeiten für die nächsten Zugbilde- und Verschubtätigkeiten wurden am Verschubfunk die letzten Aufträge für die geschobene Verschubfahrt wahrgenommen. Bei Erkennen der Unregelmäßigkeit in der Entfernungsangabe wurden über Verschubfunk sofort Haltaufträge abgegeben, die jedoch die Kollision nicht mehr verhindern konnten. 3. Ursache Nichtbeachtung der bestehenden Vorgaben gemäß DV V3, 14, Absatz 10: Abbildung 4 Auszug aus DV V3, 14
Bundesanstalt für Verkehr Seite 8 / 10 Summarischer Bericht Abbildung 5 Auszug aus DV V3, 14 Nichtbeachtung der bestehenden Vorgaben gemäß DV V3, 17 Absatz 1 und 2: Abbildung 6 Auszug aus DV V3, 17 4. Verletzte Personen und Sachschäden 4.1. Verletze Personen Keine verletzten oder getöteten Personen 4.2. Schäden an Fahrzeugen Schwere Schäden an den Fahrzeugen 4.3. Schäden an der Infrastruktur Schwere Schäden an den Gleisen 351, 353, 355 und 357 4.4. Schäden an Umwelt Keine Schäden 4.5. Betriebsbehinderungen Verspätungen im Güterverkehr
Bundesanstalt für Verkehr Seite 9 / 10 Summarischer Bericht 5. Untersuchungsverfahren Lokalaugenschein vor Ort durch die UUB am 25. Oktober 2010 Die Unterlagen der Beteiligten trafen 28. Jänner 2011 trafen bei der UUB ein 6. Sonstige, nicht unfallkausale Unregelmäßigkeiten Keine Dieser summarische Bericht ergeht an: Unternehmen / Stelle ÖBB Infrastruktur AG ÖBB Produktion GmbH ÖBB Rail Cargo Austria AG BMVIT BMWFJ - Clusterbibliothek Funktion IM/RU Traktionsleister RU Behörde Europäisches Dokumentationszentrum Wien, am 06. Juni 2011 Der Untersuchungsleiter: Ing. Daniel Krätschmer BSc
Bundesanstalt für Verkehr Seite 10 / 10 Summarischer Bericht Anlage 1: Bilddokumentation