Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 26

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Transkript:

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 26 Grunderwerbsteuer Verpflichtung zur Übernahme künftiger Erschließungskosten ist kein Entgelt für den Grundstückserwerb BKPV 78/2002 BFH-Urteil vom 15.03.2001 II R 39/99 (BFH/NV 2002 S. 130) Leitsatz: Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrages noch unerschlossenes Grundstück als solches ( unerschlossen ) zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht und übernimmt der Erwerber gleichzeitig mit dem Abschluss des Kaufvertrages gegenüber der Gemeinde oder einem von ihr nach 124 Abs. 1 BauGB beauftragten Erschließungsträger die Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, liegt hierin kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks. Sachverhalt: I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 26. Juli 1996 von den Eheleuten M. ein (nach Vermessung) 828 qm großes unbebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von DM. Das Grundstück wurde als derzeit nicht erschlossen verkauft. Die Kläger schlossen ferner in Teil B der Urkunde mit einem von der Gemeinde beauftragten privaten Erschließungsträger einen Erschließungsvertrag, in dem dieser sich verpflichtete, die Erschließung bis zum 30. November 1997 vollständig durchzuführen. Die Erschließungskosten betrugen 70.000 DM. Den Klägern stand u.a. dann ein Rücktrittsrecht bezüglich dieses Vertrags zu, wenn der Kaufvertrag aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen aufgehoben oder nicht durchgeführt werden sollte. Nach 15 Nr. 2 Buchst. d des Kaufvertrags waren sie berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn der Erschließungsvertrag aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen aufgehoben oder nicht vollzogen werden sollte oder sie den Rücktritt vom Erschließungsvertrag erklärten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) setzte die Grunderwerbsteuer für die Erwerbe der Kläger durch zwei Bescheide vom 20. August 1996 fest. Als Gegenleistung legte er jeweils 50 v.h. des Kaufpreises einschließlich der Erschließungskosten zugrunde. Die Einsprüche der Kläger hatten nur insoweit Erfolg, als das FA im Hinblick auf den von den Klägern zwischenzeitlich mitgeteilten endgültigen Kaufpreis die Grunderwerbsteuer jeweils auf DM herabsetzte. Die weiter gehenden Einsprüche, die sich gegen die Einbeziehung der Erschließungskosten in die Bemessungsgrundlage richteten, wies das FA durch Einspruchsentscheidungen vom 29. Januar und 3. Februar 1997 als unbegründet zurück. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 793 veröffentlichten Urteil ab, weil die von den Klägern zu tragenden Erschließungskosten als sonstige Leistung i.s. von 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 Teil der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung seien. Mit der Revision machen die Kläger eine Verletzung von 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 geltend. Sie beantragen, das Urteil des FG Köln vom 28. Januar 1999 5 K 794/97 aufzuheben und die Grunderwerbsteuerbescheide vom 20. September 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 29. Januar bzw. 3. Februar 1997 dahin abzuändern, dass die Grunderwerbsteuer jeweils um 700 DM herabgesetzt wird. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Heft 1/2002 Seite 191

Fach 9/Blatt 26 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Entscheidungdgründe: II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Herabsetzung der Steuer ( 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Zu Unrecht hat das FG in der Verpflichtung der Kläger gegenüber dem Erschließungsträger, die auf das erworbene Grundstück entfallenden (künftigen) Erschließungskosten zu übernehmen, eine Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks gesehen. 1. Nach 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 unterliegt der Erwerb eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist gemäß 8 Abs. 1 GrEStG 1983 die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist dabei, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde (vgl. z.b. Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 11. März 1981 II R 77/78, BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537; vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590; vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34). a) Sind die öffentlichen Erschließungsanlagen im Sinne des Baugesetzbuches (BauGB), die ein Grundstück zu einem erschlossenen Grundstück machen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages bereits vorhanden, kann Gegenstand eines solchen Vertrages nur das erschlossene Grundstück sein, selbst wenn nach den Vertragserklärungen das Grundstück als unerschlossen erworben werden soll. Denn es liegt nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs zu machen, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. In diesen Fällen ist deshalb nicht nur der auf die Erschließung entfallende Kaufpreisanteil, sondern auch ein neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis gesondert ausgewiesener Betrag, mit dem die bereits vorhandene Erschließung des Grundstücks abgegolten werden soll, Entgelt für den Erwerb des Grundstücks. Zu den Erschließungsanlagen gehören im Wesentlichen die Verkehrs- und Grünanlagen sowie die Anlagen zur Ableitung von Abwässern sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Baugesetzbuch, Kommentar, Stand 1. September 2000, 123 Rdnr. 3 f.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl. 1999, 5 Rdnr. 1 ff.). Nicht zu den Erschließungsanlagen im Sinne des BauGB gehören die auf den (Privat-)Grundstücken selbst notwendigen Anschlüsse, wie die Zufahrtswege und die Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.o., 123 Rdnr. 4 a.e.; vgl. Quaas, Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, 1985, S. 4). b) Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs i.s. von 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983. Der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist Entgelt für den Grundstückserwerb (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 1979 II R 56/74, BFHE 128, 92, BStBl II 1979, 577). c) Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrages noch unerschlossenes Grundstück als solches ( unerschlossen ) zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht und übernimmt der Erwerber gleichzeitig mit dem Abschluss des Kaufvertrages gegenüber der Gemeinde oder einem von ihr nach 124 Abs. 1 BauGB beauftragten Erschließungsträger die Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, liegt hierin kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks. Denn Gegenstand eines solchen Erwerbsvorgangs ist nach dem Inhalt der hier allein maßgeblichen zivilrechtlichen Übereignungspflicht nur das unerschlossene Grundstück (BFH in BFHE 128, 92, BStBl II 1979, 577). Nach der Rechtsprechung des BFH zum (einheitlichen) für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung maßgeblichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs (vgl. zuletzt Urteil in Seite 192 Heft 1/2002

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 27 BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34), die das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist zwar für die Frage, ob Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, nicht nur auf das tatbestandserfüllende Rechtsgeschäft, d.h. auf den Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers, sondern auch auf mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder solche Umstände abzustellen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Ein derartiger rechtlicher oder objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Entrichtung der Erschließungskosten scheidet aber wegen des sich aus der öffentlich-rechtlichen Erschließungslast der Gemeinde (vgl. 123 BauGB) ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung regelmäßig aus. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Erwerb eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand sind hier nicht anwendbar. Nach 123 BauGB ist die Erschließung Aufgabe der Gemeinde. Es liegt in deren kommunalpolitischem Ermessen, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird (vgl. hierzu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwG- vom 4. Oktober 1974 IV C 59.72, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1975, 402). Die Verpflichtung zur Erschließung besteht der Allgemeinheit und nicht dem einzelnen Bürger (Grundstückseigentümer) gegenüber (vgl. Quaas, a.a.o., S. 5; Driehaus, a.a.o., 5 Rdnr. 9). Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht ( 123 Abs. 3 BauGB). Errichtet die Gemeinde als Trägerin der Erschließungslast die Erschließungsanlagen (u.u. unter Beauftragung entsprechender Unternehmer), erbringt sie keine Leistung an diejenigen Grundstückseigentümer, deren Grundstücke durch diese Maßnahmen erschlossen werden, sondern erfüllt nur eine allgemeine öffentliche Aufgabe. Dies hindert die Annahme eines objektiv sachlichen Zusammenhangs der Erschließung des Grundstücks mit der Verpflichtung des Grundstücksveräußerers zur Verschaffung des Eigentums an dem Grundstück und schließt es aus, die im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde liegende Erschließung dem Verkäufer eines Grundstücks bzw. einer (durch Absprachen verbundenen) Verkäuferseite zuzurechnen. Soweit sich der Erwerber eines Grundstücks im Grundstückskaufvertrag gegenüber der Gemeinde zur Tragung der Erschließungskosten verpflichtet, übernimmt er nur eine ihn ohnehin als Folge der Erschließung treffende zukünftige Beitragsschuld (vgl. im Ergebnis schon BFH-Urteil vom 27. Juni 1968 II 112/64, BFHE 93, 183, BStBl II 1968, 690). Nichts anderes gilt, wenn anstelle der Gemeinde die Erschließung von einem privaten Erschließungsträger vorgenommen wird. Auch in diesem Fall stellt die gegenüber dem privaten Erschließungsträger im Zusammenhang mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages eingegangene Verpflichtung des Grundstückserwerbers, für die Durchführung der Erschließung einen bestimmten Betrag zu zahlen, kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks dar. Denn es liegt auch bei der Einschaltung eines Erschließungsträgers im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird. Diese bleibt öffentliche Aufgabe und stellt keine mit der zivilrechtlichen Übereignungspflicht objektiv zusammenhängende Leistung an einen bestimmten Grundstückserwerber dar. Denn die Gemeinde kann nach 124 Abs. 1 BauGB nur die technische Durchführung und kostenmäßige Abwicklung der Erschließung auf den privaten Erschließungsträger übertragen, nicht aber die ihr gemäß 123 Abs. 1 BauGB obliegende Erschließungslast. Der Abschluss des Erschließungsvertrages mit dem privaten Erschließungsträger erfolgt grundsätzlich nicht zugunsten der Eigentümer der zu erschließenden Grundstücke (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.o., 124 Rdnr. 16 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG), sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse. Der Erschließungsträger ist aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrages der Gemeinde gegenüber zur Herstellung der Erschließungsanlagen verpflichtet. Kommt er seinen Verpflichtungen nicht nach, aktualisiert sich die Erschließungsaufgabe der Gemeinde mit der Folge, dass sie die Erschließung (wieder) selbst übernehmen bzw. vollenden muss (Urteil des BVerwG vom 22. August 1975 IV C 7.73, BVerwGE 49, 125, 127 f., NJW 1976, 341; Urteil des Oberverwaltungsgerichts -OVG- Nordrhein-Westfalen vom 15. März 1989 3 A 919/86, Kommunale Steuerzeitschrift 1989, 195; Driehaus, a.a.o., 6 Rdnr. 7, 9, m.w.n.). Soweit der Erschließungsträger im Rahmen der von ihm durchzuführenden kostenmäßigen Abwicklung privatrechtliche Vereinbarungen mit den Erwerbern über die Höhe ihrer Heft 1/2002 Seite 193

Fach 9/Blatt 27 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Kostenbeteiligung trifft, - weil er Aufwendungsersatz weder durch öffentlich-rechtlichen Beitragsbescheid (vgl. Urteil des BVerwG in BVerwGE 49, 125) noch kraft zivilrechtlicher Ansprüche nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ( 677 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-) bzw. wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach 812 ff. BGB (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 8. November 1973 VII ZR 246/72, BGHZ 61, 359) erlangen kann - ändert dies an dem öffentlichen Charakter der Erschließung nichts. Die rechtliche Wirkung der Vereinbarung erschöpft sich in der Regelung der Kostenbeteiligung; sie macht die Erschließung nicht zu einer Leistung an den Zahlungsverpflichteten. Das auf einer hiervon abweichenden Rechtsauffassung beruhende Urteil des FG ist aufzuheben. Soweit sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537 etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat daran nicht mehr fest. 2. Die Sache ist spruchreif. Die Grunderwerbsteuerbescheide vom 20. August 1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 29. Januar bzw. 3. Februar 1997 sind rechtswidrig, soweit das FA in die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung auch die Erschließungskosten einbezogen hat. Die angefochtenen Verwaltungsakten sind gemäß 100 Abs. 1 Satz 1 FGO entsprechend zu ändern. Das von den Klägern erworbene Grundstück war im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch unerschlossen. Nach dem Inhalt des Grundstückskaufvertrages sollte das Grundstück in diesem (unerschlossenen) Zustand Gegenstand der Übereignungsverpflichtung sein. Die Verkäufer des Grundstücks haben sich somit nicht verpflichtet, das Grundstück in erschlossenem Zustand zu übereignen. Die Annahme eines objektiv sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Erschließungsvertrag scheidet wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Erschließung aus. Etwas anderes ergibt sich weder daraus, dass beide Vereinbarungen in einer einzigen Urkunde getroffen wurden, noch erfordert der Umstand, dass (ausschließlich zugunsten der Kläger) Rücktrittsrechte vereinbart wurden, eine andere Beurteilung. Die in dem Kaufvertrag (Teil B) im Rahmen des Erschließungsvertrages von den Klägern gegenüber dem privaten, von der Gemeinde beauftragten Erschließungsträger übernommene Verpflichtung, Erschließungskosten in Höhe von 70.000 DM zu zahlen, stellt kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks dar. Erschließungskosten aufgrund privatrechtlichen Vertrags mit von der Gemeinde beauftragtem (privatem) Erschließungsträger sind keine Gegenleistung für den Grundstückserwerb BKPV 79/2002 BFH-Urteil vom 15.03.2001 - II R 51/00 (BFH/NV 2001 S. 1297) Leitsätze: 1. Verpflichtet sich der Erwerber eines noch nicht erschlossenen Grundstücks, das in diesem Zustand zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht wird, gleichzeitig mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Gemeinde oder einen von ihr nach 124 Abs. 1 BauGB beauftragten Erschließungsträger, die Kosten der zukünftigen Erschließung des Grundstücks zu übernehmen, so liegt darin keine Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks. 2. Ein rechtlicher oder objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Entrichtung der Erschließungskosten im Sinne der von der Rechtsprechung zum Erwerb eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand entwickelten Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.1999 II R 17/99, BFHE 189 S. 550, BStBl II 2000 S. 34) scheidet wegen des sich aus der öffentlich-rechtlichen Erschließungslast der Gemeinde ( 123 BauGB) ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung regelmäßig aus. Seite 194 Heft 1/2002

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 28 Sachverhalt: I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 22.3.1997 zu je 1/3 Miteigentumsanteil ein ca. 648 qm großes, unbebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 58.320 DM. Die Kläger erklärten, ihnen sei bekannt, dass das Grundstück noch nicht erschlossen und noch kein Bauland sei ( 4 Abs. 1 des Vertrags). Das Grundstück sollte in diesem Zustand verkauft werden. Die Verkäuferin verwies darauf, dass in Zusammenarbeit mit der Gemeinde ein Bebauungsplan erstellt werde. Dies bedeute aber keine verbindliche Zusicherung der Bebaubarkeit des Grundstücks. Diese sei erst mit der Sicherstellung und Fertigstellung der notwendigen Erschließungsmaßnahmen gegeben. Die notwendige, von der Gemeinde noch zu bestätigende Erschließung des aus insgesamt 67 Grundstücken bestehenden Neubaugebietes sollte durch eine private Erschließungsgesellschaft, die A-GmbH, vorgenommen werden. Die Kläger verpflichteten sich, die auf das erworbene Grundstück entfallenden Erschließungskosten zu tragen, und unterwarfen sich für Erschließungskosten in Höhe von 32.400 DM als Gesamtschuldner gegenüber der A-GmbH der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Die Verkäuferin sicherte zu, den Auftrag zur Projektierung und anschließenden Erschließung nach Vorliegen der notwendigen Genehmigungen zu erteilen und die Erschließungskosten der bis dahin nicht verkauften Parzellen zu finanzieren bzw. zu bezahlen. Jeder der Kläger hatte zur Organisation und Durchführung der Erschließung einen Geschäftsanteil an der A-GmbH in Höhe eines Nennbetrags von 4.200 DM zu einem Preis in gleicher Höhe zu erwerben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) sah die Erschließungskosten als Teil der Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks an. Er setzte deshalb durch Bescheide vom 30.5.1997 gegen jeden der Kläger nach einer Gegenleistung von 30.236 DM (1/3 von 90.720 DM) Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.058 DM fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche, mit denen die Kläger begehrten, als Gegenleistung nur den Kaufpreis anzusetzen, wies er durch Einspruchsentscheidungen vom 29.6.1998 zurück. Das Finanzgericht (FG) setzte auf die daraufhin erhobene Klage die Grunderwerbsteuer antragsgemäß mit der Begründung herab, die Erschließungskosten seien keine sonstige Leistung i.s. von 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Das Urteil des FG ist in EFG 2000, 1028 veröffentlicht. Mit der Revision macht das FA eine Verletzung von 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 geltend. Es beantragt, das Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 29.3.2000 3 K 1542/98 GE aufzuheben und die Klage abzuweisen. Entscheidungsgründe: II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen ( 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FG hat die Kosten der (künftigen) Erschließung für das von den Klägern erworbene Grundstück, die zu tragen sich die Kläger im Grundstückskaufvertrag verpflichtet haben, zu Recht nicht als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks angesehen. Nach 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 unterliegt der Erwerb eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist gemäß 8 Abs. 1 GrEStG 1983 die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist dabei, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde (vgl. z.b. Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 11.3.1981 II R 77/78, BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537, vom 24.1.1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590, vom 27.10.1999 II R 17/99, BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34). a) Sind die öffentlichen Erschließungsanlagen im Sinne des Baugesetzbuches -BauG-, die ein Grundstück zu einem erschlossenen Grundstück machen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Heft 1/2002 Seite 195

Fach 9/Blatt 28 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Grundstückskaufvertrages bereits vorhanden, kann Gegenstand eines solchen Vertrages nur das erschlossene Grundstück sein, selbst wenn nach den Vertragserklärungen das Grundstück als unerschlossen erworben werden soll. Denn es liegt nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs zu machen, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. In diesen Fällen ist deshalb nicht nur der auf die Erschließung entfallende Kaufpreisanteil, sondern auch ein neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis gesondert ausgewiesener Betrag, mit dem die bereits vorhandene Erschließung des Grundstücks abgegolten werden soll, Entgelt für den Erwerb des Grundstücks. Zu den Erschließungsanlagen gehören im Wesentlichen die Verkehrs- und Grünanlagen sowie die Anlagen zur Ableitung von Abwässern sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Baugesetzbuch, Kommentar, Stand 1.9.2000, 123 Rdnr. 3 f.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl. 1999, 5 Rdnr. 1 ff.). Nicht zu den Erschließungsanlagen i.s. des BauGB gehören die auf den (Privat-)Grundstücken selbst notwendigen Anschlüsse, wie die Zufahrtswege und die Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.o., 123 Rdnr. 4 a.e.; vgl. Quaas, Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, 1985, S. 4). b) Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs i.s. von 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983. Der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist Entgelt für den Grundstückserwerb (vgl. BFH-Urteil vom 9.5.1979 II R 56/74, BFHE 128, 92, BStBl II 1979, 577 = SIS 79 02 93). c) Wird - wie im Streitfall - ein im Zeitpunkt des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrages noch unerschlossenes Grundstück als solches ( unerschlossen ) zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht und übernimmt der Erwerber gleichzeitig mit dem Abschluss des Kaufvertrages gegenüber der Gemeinde oder einem von ihr nach 124 Abs. 1 BauGB beauftragten Erschließungsträger die Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, liegt hierin kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks. Denn Gegenstand eines solchen Erwerbsvorgangs ist nach dem Inhalt der hier allein maßgeblichen zivilrechtlichen Übereignungspflicht nur das unerschlossene Grundstück (BFH in BFHE 128, 92, BStBl II 1979, 577). Nach der Rechtsprechung des BFH zum (einheitlichen), für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung maßgeblichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs (vgl. zuletzt Urteil in BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34), die das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist zwar für die Frage, ob Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, nicht nur auf das tatbestandserfüllende Rechtsgeschäft, d.h. auf den Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers, sondern auch auf mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder solche Umstände abzustellen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Ein derartiger rechtlicher oder objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Entrichtung der Erschließungskosten scheidet aber wegen des sich aus der öffentlich-rechtlichen Erschließungslast der Gemeinde (vgl. 123 BauGB) ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung regelmäßig aus. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Erwerb eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand sind hier nicht anwendbar. Nach 123 BauGB ist die Erschließung Aufgabe der Gemeinde. Es liegt in deren kommunalpolitischem Ermessen, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird (vgl. hierzu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwG- vom 4.10.1974 IV C 59.72, NJW 1975, 402). Die Verpflichtung zur Erschließung besteht der Allgemeinheit und nicht dem einzelnen Bürger (Grundstückseigentümer) gegenüber (vgl. Quaas, a.a.o., S. 5; Driehaus, a.a.o., 5 Rdnr. 9). Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht ( 123 Abs. 3 BauGB). Errichtet die Gemeinde selbst als Trägerin der Erschließungslast die Erschließungsanlagen (u.u. unter Beauftragung entsprechender Unternehmer), erbringt sie keine Leistung an diejenigen Grundstückseigentümer, deren Grundstücke durch diese Maßnahmen erschlossen werden, sondern erfüllt nur eine allgemeine öffentliche Aufgabe. Dies hindert die Annahme eines objektiv sachlichen Zusammenhangs der Erschließung des Grundstücks mit Seite 196 Heft 1/2002

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 29 der Verpflichtung des Grundstücksveräußerers zur Verschaffung des Eigentums an dem Grundstück und schließt es aus, die im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde liegende Erschließung dem Verkäufer eines Grundstücks bzw. einer (durch Absprachen verbundenen) Verkäuferseite zuzurechnen. Soweit sich der Erwerber eines Grundstücks im Grundstückskaufvertrag gegenüber der Gemeinde zur Tragung der Erschließungskosten verpflichtet, übernimmt er nur eine ihn ohnehin als Folge der Erschließung treffende zukünftige Beitragsschuld (vgl. im Ergebnis schon BFH-Urteil vom 27.6.1968 II 112/64, BFHE 93, 183, BStBl II 1968, 690). Nichts anderes gilt, wenn anstelle der Gemeinde die Erschließung von einem privaten Erschließungsträger vorgenommen wird. Auch in diesem Fall stellt die gegenüber dem privaten Erschließungsträger im Zusammenhang mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages eingegangene Verpflichtung des Grundstückserwerbers, für die Durchführung der Erschließung einen bestimmten Betrag zu zahlen, kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks dar. Denn es liegt auch bei der Einschaltung eines Erschließungsträgers im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde, ob, wie und wann eine Erschließung vorgenommen wird. Diese bleibt öffentliche Aufgabe und stellt keine mit der zivilrechtlichen Übereignungspflicht objektiv zusammenhängende Leistung an einen bestimmten Grundstückserwerber dar. Denn die Gemeinde kann nach 124 Abs. 1 BauGB nur die technische Durchführung und kostenmäßige Abwicklung der Erschließung auf den privaten Erschließungsträger übertragen, nicht aber die ihr gemäß 123 Abs. 1 BauGB obliegende Erschließungslast. Der Abschluss des Erschließungsvertrages mit dem privaten Erschließungsträger erfolgt grundsätzlich nicht zugunsten der Eigentümer der zu erschließenden Grundstücke (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.o., 124 Rdnr. 16 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG), sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse. Der Erschließungsträger ist aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrages der Gemeinde gegenüber zur Herstellung der Erschließungsanlagen verpflichtet. Kommt er seinen Verpflichtungen nicht nach, aktualisiert sich die Erschließungsaufgabe der Gemeinde mit der Folge, dass sie die Erschließung (wieder) selbst übernehmen bzw. vollenden muss (Urteil des BVerwG vom 22.8.1975 IV C 7.73, BVerwGE 49, 125, 127 f., NJW 1976, 341; Urteil des Oberverwaltungsgerichts -OVG- Nordrhein-Westfalen vom 15.3.1989 3 A 919/86, Kommunale Steuerzeitschrift 1989, 195; Driehaus, a.a.o., 6 Rdnr. 7, 9, m.w.n.). Soweit der Erschließungsträger im Rahmen der von ihm durchzuführenden kostenmäßigen Abwicklung privatrechtliche Vereinbarungen mit den Erwerbern über die Höhe ihrer Kostenbeteiligung trifft, - weil er Aufwendungsersatz weder durch öffentlich-rechtlichen Beitragsbescheid (vgl. Urteil des BVerwG in BVerwGE 49, 125) noch kraft zivilrechtlicher Ansprüche nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ( 677 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-) bzw. wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach 812 ff. BGB (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 8.11.1973 VII ZR 246/72, BGHZ 61, 359) erlangen kann - ändert dies an dem öffentlichen Charakter der Erschließung nichts. Die rechtliche Wirkung der Vereinbarung erschöpft sich in der Regelung der Kostenbeteiligung; sie macht die Erschließung nicht zu einer Leistung an den Zahlungsverpflichteten. Soweit sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537 etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat daran nicht mehr fest. Das von den Klägern erworbene Grundstück war im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages noch unerschlossen. Nach dem Inhalt des Grundstückskaufvertrages sollte das Grundstück in diesem (unerschlossenen) Zustand Gegenstand der Übereignungsverpflichtung sein. Die Verkäuferin des Grundstücks hat sich somit nicht verpflichtet, das Grundstück in erschlossenem Zustand zu übereignen. Die Annahme eines objektiv sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundstückskaufvertrag und der Vereinbarungen über die zukünftige Erschließung scheidet wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Erschließung aus. Etwas anderes ergibt sich weder daraus, dass beide Vereinbarungen in einer einzigen Urkunde getroffen wurden, noch erfordert der Umstand, dass auch die Verkäuferin des Grundstücks verpflichtet war, die Erschließung zu fördern und die Erschließungskosten der bis dahin nicht verkauften Parzellen zu finanzieren, eine andere Beurteilung. Die im Grundstückskaufvertrag von den Klägern übernommene Verpflichtung, Erschließungskosten zu tragen, stellt kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks dar. Ohne Rechtsverstoß hat deshalb das FG die Steuer gegenüber jedem Kläger auf 680 DM ermäßigt. Heft 1/2002 Seite 197

Fach 9/Blatt 29 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Entgelt für die vorzeitige Nutzungsüberlassung des veräußerten Grundstücks gehört nicht zur Gegenleistung für den Grundstückserwerb BKPV 80/2002 BFH-Urteil vom 08.08.2001 II R 49/01 (BFH/NV 2002 S. 130) Leitsatz: Überlässt der Grundstücksverkäufer im Wege einer Vorleistung dem Käufer bereits vor der Zahlung des Kaufpreises die Nutzungen des Grundstücks, so stellt die vorzeitige Nutzungsüberlassung eine selbständige (Neben-)Leistung des Verkäufers dar, die weder in seiner kaufvertraglichen Verpflichtung zur Übertragung von Besitz und Nutzungen aufgeht, noch mit ihr identisch ist. Das für die Nutzungsüberlassung gesondert vereinbarte Entgelt gehört nicht zur Gegenleistung i.s. der 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983. Sachverhalt: I. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom August 1991 wurde der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) an einer aus mehreren Grundstücken bestehenden, teilweise bebauten Gesamtfläche von insgesamt 9.931 qm ein einheitliches Erbbaurecht bis zum 30. Juni 2090 zu einem nach Eintragung des Erbbaurechts zu zahlenden Entgelt von 18,5 Mio. DM ( Einmalentschädigung ) bestellt. Die Übergabe des Grundstücks sollte zum 1. August 1991 als erfolgt gelten. Die Klägerin war verpflichtet, vom Zeitpunkt der Übergabe bis zur Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch (April 1992) eine Vergütung in Höhe von 7,5 v.h. p.a. von 18,5 Mio. DM zu zahlen ( 3 Abs. 3 des Vertrages). Die von der Klägerin an die Eigentümerin der Grundstücke, die B-Verwaltungs GmbH (B-GmbH), gezahlte Nutzungsentschädigung betrug 978.958,33 DM. Die B-GmbH hatte ihrerseits durch Grundstückskaufvertrag vom selben Tage von der Klägerin eines dieser Grundstücke, nämlich eine 645 qm große Teilfläche, zu einem Kaufpreis von 1.750.000 DM erworben. Hierbei wurde u.a. vereinbart, dass der Kaufpreisanspruch der Klägerin mit dem Zahlungsanspruch ( Einmalentschädigung ) der B-GmbH aus dem Erbbaurechtsbestellungsvertrag verrechnet werden sollte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) beurteilte den Erbbaurechtsbestellungs- und den Grundstückskaufvertrag als zwei selbständige Erwerbsvorgänge. Er setzte wegen der Erbbaurechtsbestellung durch Bescheid vom Oktober 1991 nach einer Gegenleistung von 18,5 Mio. DM Grunderwerbsteuer in Höhe von 370.000 DM und wegen des Grundstückskaufs durch weiteren Bescheid vom Oktober 1991 nach einer Gegenleistung von 1.750.000 DM Grunderwerbsteuer gegen die B-GmbH fest. Mit Änderungsbescheid vom Dezember 1995 erhöhte das FA die Steuer auf 389.656 DM. Hierbei ging das FA von einer Gegenleistung in Höhe von 19.482.812,50 DM (18,5 Mio. DM zuzüglich geschätzter Nutzungsentschädigung ) aus. Der Einspruch der Klägerin, mit dem sie unter Hinweis auf 16 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 eine Herabsetzung der Steuer um 35.000 DM begehrte, weil die Bestellung des Erbbaurechts als Rückerwerb im Sinne dieser Vorschrift zu werten sei, hatte lediglich in geringem Umfang Erfolg. Das FA setzte die Steuer nach Bekanntwerden der endgültigen Höhe der Nutzungsentschädigung im Rahmen der Einspruchsentscheidung auf 389.579 DM herab. Den weitergehenden Einspruch wies es als unbegründet zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 856 veröffentlicht ist, sah in dem Erwerb des Grundstücks und in dem Erwerb des Erbbaurechts ebenfalls zwei voneinander unabhängige Erwerbsvorgänge. Entgegen der Ansicht des Niedersächsischen FG (Urteil vom 1. April 1992 III 225/88, EFG 1993, 245) könnten der Erwerb eines Grundstücks und die Bestellung eines Erbbaurechts an diesem Grundstück durch dessen Erwerber zugunsten des Veräußerers auch bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den den Erwerbsvorgängen zugrunde liegenden Verträgen nicht als ein nur einmal Grunderwerbsteuer auslösendes sog. einheitliches Vertragswerk behandelt werden. Die Steuer Seite 198 Heft 1/2002

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 30 könne auch nicht nach 1 Abs. 6 oder 7 bzw. den 5 und 6 GrEStG 1983 ermäßigt werden. Diese Vorschriften seien weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 und Abs. 7 sowie der 5 und 6 GrEStG 1983. Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Berlin vom 4. März 1999 1 K 1090/96, soweit es ihr gegenüber ergangen ist, den Grunderwerbsteuerbescheid vom Dezember 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom Februar 1996 dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 352.727 DM herabgesetzt wird. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Beschluss vom 31. Juli 2001 II R 46/99 die vom FG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klageverfahren der Klägerin sowie der B-GmbH gegen die diese jeweils betreffenden Bescheide getrennt ( 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Entscheidungsgründe: II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist - soweit sie die Klägerin betrifft - aufzuheben. Unter Abweisung der weitergehenden Klage sind der Grunderwerbsteuerbescheid vom Dezember 1995 und die Einspruchsentscheidung vom Februar 1996 aufzuheben ( 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass der Erwerb des Anspruchs auf Bestellung des Erbbaurechts in vollem Umfang der Grunderwerbsteuer unterliegt. Als Gegenleistung durfte jedoch nur der Erbbauzins ( Einmalentschädigung ) und nicht auch das Entgelt für die (vorzeitige) Besitzüberlassung ( Nutzungsentschädigung ) angesetzt werden. 1. a) Nach 1 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 unterliegt der Erwerb eines Anspruchs auf entgeltliche Bestellung eines Erbbaurechts der Grunderwerbsteuer. Die Klägerin hat durch den Abschluss des Erbbaurechtsvertrags mit der B-GmbH einen Anspruch auf Bestellung des Erbbaurechts an den im Vertrag bezeichneten Flurstücken, darunter dem zuvor an die B-GmbH veräußerten Grundstück, erworben. Der Auffassung der Klägerin, sie habe einen Anspruch auf Bestellung des Erbbaurechts hinsichtlich dieses Grundstücks nicht mehr erwerben können, weil der Kaufvertrag so ausgelegt werden müsse, dass Gegenstand der Übereignungsverpflichtung das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin verkennt in tatsächlicher Hinsicht, dass sie sich nicht selbst ein Erbbaurecht bestellt und sodann ein belastetes Grundstück veräußert hat (zur Zulässigkeit der Bestellung eines Erbbaurechts an einem eigenen Grundstück vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 1981 V ZR 222/80, Der Deutsche Rechtspfleger -Rpfleger- 1982, 143). Gegenstand des Kaufvertrags war das unbelastete Grundstück. Das Erbbaurecht bestellt hat erst die B-GmbH. Nur dieser, tatsächlich verwirklichte Sachverhalt kann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, nicht dagegen eine rechtlich mögliche andere Gestaltung. In rechtlicher Hinsicht hat die von den Vertragsparteien gewählte Gestaltung zur Folge, dass zwei Erwerbsvorgänge vorliegen, die sich auf unterschiedliche Gegenstände beziehen. Nach 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 steht das Erbbaurecht einem Grundstück gleich. Zivilrechtlich handelt es sich beim Erbbaurecht zwar um eine Belastung des Eigentums ( 1 Abs. 1 der Verordnung über das Erbbaurecht). Das Erbbaurecht gewährt dem Berechtigten jedoch eine eigentumsähnliche Form der Herrschaft an der Grundstücksfläche. Durch die Bestellung eines Erbbaurechts kann weitgehend der gleiche rechtliche und wirtschaftliche Erfolg erzielt werden wie durch die Übertragung des vollen Eigentums. Eben wegen dieser Annäherung der Rechte aus dem Erbbaurecht an das Eigentum stellt 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 die Erbbaurechte den Grundstücken gleich (vgl. Urteil des BFH vom 28. November 1967 II R 37/66, BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223; Viskorf, in: Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 14. Aufl., 2 Rn. 117 f., 134, 136). Die Bestellung eines Erbbaurechts stellt grunderwerbsteuerrechtlich einen im Verhältnis zum Erwerb des Eigentums am Grundstück selbständigen Grundstücksumsatz dar. Das Heft 1/2002 Seite 199

Fach 9/Blatt 30 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Erbaurecht ist danach nicht ein bloßer Ausschnitt des Grundstückseigentums, sondern ein eigener Steuergegenstand. Daraus folgt zugleich, dass es sich bei der Bestellung eines Erbbaurechts seitens des Erwerbers eines Grundstücks zugunsten des Veräußerers nicht um einen steuerfreien Rückerwerb i.s. von 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG 1983 handelt. Die Vertragsparteien haben weder den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Kaufvertrag noch einen ebenfalls steuerpflichtigen Erbbaurechtsvertrag rückabgewickelt, sondern die sich aus beiden Verträgen ergebenden zivilrechtlichen Rechtsfolgen eintreten lassen und aufrechterhalten. b) Liegen aber zwei selbständig der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgänge vor, kann sich aus der Rechtsprechung des BFH zum (einheitlichen) grunderwerbsteuerrechtlich maßgeblichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs beim Erwerb eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand (vgl. zuletzt Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34) keine andere Beurteilung ergeben. Der Gegenstand der jeweiligen Erwerbsvorgänge und der Umfang der jeweiligen Gegenleistung ergeben sich allein und unmittelbar aus den in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht getrennt zu beurteilenden Verträgen. c) Das FG hat es schließlich rechtsfehlerfrei abgelehnt, die Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Grundstücks nach 1 Abs. 6 oder 7 oder den 5 und 6 GrEStG 1983 zu ermäßigen. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind offenkundig nicht gegeben. 2. Die Vorentscheidung ist gleichwohl aufzuheben, weil das FG die Nutzungsentschädigung gemäß 3 Abs. 3 des Erbbaurechtsvertrags zu Unrecht als Teil der Gegenleistung ( 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983) für die Bestellung des Erbbaurechts behandelt hat. Die Vereinbarung über die Zahlung der Vergütung für die Grundstücksnutzung in der Zeit bis zur Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch stellt eine vertragliche Regelung der gesetzlich in 452 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgeschriebenen Kaufpreisverzinsung dar. Danach ist der Käufer verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, von welchem an die Nutzungen des gekauften Gegenstandes ihm gebühren. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor, da der Kaufpreis erst nach Eintragung des Erbbaurechts (April 1992), frühestens am Januar 1992 fällig wurde, und der Klägerin die Nutzungen des Grundstücks bereits ab dem 1. August 1991 zustanden. Dieser von der Klägerin für die (vorzeitige) Überlassung der Nutzungen zu zahlende Zins ist nicht Teil der von ihr geschuldeten Vergütung für die Bestellung des Erbbaurechts. Denn als Kaufpreis i.s. von 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 kann nur der Geldbetrag angesehen werden, den der Erwerber für den Erwerb des Grundstücks (Erbbaurechts) an den Verkäufer (Eigentümer) zu zahlen hat. Dies ist im Streitfall die vereinbarte Einmalvergütung in Höhe von 18,5 Mio. DM. Die übernommene Zahlungsverpflichtung stellt auch keine sonstige Leistung der Klägerin i.s. von 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 dar. Denn diese Zahlung wurde von der Klägerin nicht als Entgelt für den Erwerb des Erbbaurechts erbracht, sondern für die vorzeitige Nutzungsüberlassung der Grundstücke, zu der die B-GmbH nach der im bürgerlich-rechtlichen Modellfall des gegenseitigen Vertrages vorgesehenen Zug-um-Zug-Erfüllung der beiderseitigen Ansprüche (sog. funktionelles Synallagma; 320, 322 BGB) nicht verpflichtet war. Sie stellt Aufwand für den Erwerb einer geldwerten Vermögensposition (vorzeitige Nutzungsmöglichkeit) dar, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG 1983 fällt. Überlässt der Grundstücksverkäufer im Wege einer Vorleistung dem Käufer bereits vor der Zahlung des Kaufpreises die Nutzungen des Grundstücks, so stellt die vorzeitige Nutzungsüberlassung eine selbständige (Neben-)Leistung des Verkäufers dar, die weder in seiner kaufvertraglichen Verpflichtung zur Übertragung von Besitz und Nutzungen aufgeht, noch mit ihr identisch ist. Denn mit der vereinbarten Vorleistung (Nutzungsüberlassung) verzichtet der Verkäufer zu seinem Nachteil auf die Zug-um-Zug-Erfüllung der beiderseitigen Ansprüche (nach 320, 322 BGB), wonach jeder Vertragspartner die Leistung des anderen erst dann verlangen kann, wenn er gleichzeitig die eigene Leistung anbietet (vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 14. Aufl., 15 I, S. 205). Verzichtet der Verkäufer im Kaufvertrag auf diese Rechtsposition, indem er sich einer Vorleistungspflicht unterwirft, so Seite 200 Heft 1/2002

Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Fach 9/Blatt 31 gewährt er dem Käufer einen zusätzlichen geldwerten Vorteil in Gestalt der vorzeitigen Nutzungsüberlassung. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor, da der Kaufpreis erst nach Eintragung des Erbbaurechts (15. April 1992), frühestens am 2. Januar 1992, fällig wurde, und der Klägerin die Nutzungen des Grundstücks bereits ab dem 1. August 1991 vorzeitig zustanden. Die Vertragsparteien haben im Streitfall die Nutzung des Grundstücks zum Gegenstand eines besonderen, im Verhältnis zum Kaufvertrag (hier: Erbbaurechtsbestellungsvertrag) selbständigen Nutzungsverhältnisses gemacht, was auch dadurch deutlich wird, dass der Übergang der Nutzungen (für wenige Tage) rückwirkend auf den 1. August 1991 vereinbart wurde. Dieser Umstand spricht dagegen, die Überlassung der Nutzungen als (untrennbaren) Teil der kaufvertraglichen Pflichten der B-GmbH anzusehen. 3. Die Sache ist spruchreif. Gegenleistung ist allein der Erbbauzins in Höhe von 18,5 Mio. DM. Anhaltspunkte dafür, dass die für die Nutzungsüberlassung vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, sind angesichts des der Vereinbarung zugrunde liegenden Zinssatzes von 7,5 v.h./p.a. nicht ersichtlich. Die Steuer beträgt demnach - wie im ursprünglichen Bescheid vom Oktober 1991 festgesetzt - 370.000 DM. Der Änderungsbescheid vom Dezember 1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom Februar 1996, die beide eine höhere Steuer ausweisen, sind aufzuheben. Landzuteilung nach 54 Abs. 2 FlurbG grunderwerbsteuerpflichtig; Mehrabfindung nach 44 Abs. 3 FlurbG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen BKPV 81/2002 Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 19.07.2001 - IV 233/2000 - vorläufig nicht rechtskräftig - (StED 2001 S. 571) Leitsätze: 1. Eine Landzuteilung nach 54 Abs. 2 FlurbG ist nicht als Abfindung in Land gemäß 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. 2. Eine in Geld auszugleichende Mehrabfindung nach 44 Abs. 3 FlurbG ist nach 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Heft 1/2002 Seite 201

Fach 9/Blatt 31 Beratungsdienst für Kommunalbetriebe Seite 202 Heft 1/2002