Gesellschafterdarlehensrecht

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Transkript:

Prof. Dr. Georg Bitter Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht Gesellschafterdarlehensrecht Darstellung anhand von Fällen Auszug: Gesellschafterdarlehen im Konzern www.georg-bitter.de VID-Workshop Gesellschaftsrecht und Insolvenz am 15. April 2016 in Hannover 1 Gliederung!!!!! 1. Grundzüge + Telos des Rechts der Gesellschafterdarlehen 2. Tatbestand der Gesellschafterdarlehen 3. Rechtsfolgen bei Gesellschafterdarlehen 4. Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Grundlagen Sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Teil 1 Treuhandfälle Teil 2 Hybridkapital Teil 3 Verbundene Unternehmen (Konzern) 5. Gesellschafterbesicherte Drittdarlehen 6. Nutzungsüberlassung 7. Gesellschafterdarlehen und Insolvenzgründe 2

Hinweis: Der nachfolgende Abdruck ist ein Auszug aus dem kompletten Foliensatz, der auf meiner Homepage www.georg-bitter.de unter Lehrstuhlinhaber / Vorträge beim Vortrag vom 9.10.2015 erhältlich ist. Hier abgedruckt sind nur die in der Gliederung mit einem Ausrufezeichen sowie durch Fettdruck hervorgehobenen Teile des Foliensatzes. 3 Nicht abgedruckt: Folien 3 94 4

Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Grundlagen Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 159 ff., 180 ff. 95 Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen 1. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt: 39 I Nr. 5 InsO (1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt: 5. nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. 2. Frühere Regelung im Eigenkapitalersatzrecht: 32a III 1 GmbHG (3) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für andere Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehnsgewährung nach Absatz 1 oder 2 wirtschaftlich entsprechen. 3. Keine sachliche Änderung durch die Neuformulierung bezweckt 96

Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Vergleich zum Darlehen Folien 101 ff. Zurechnung Hauptfall: Treuhand = Handeln für fremde Rechnung Folien 99, 107 ff. gesellschaftergleicher Dritter Hauptfall: echtes Hybridkapital Folien 100, 122 ff. Literatur: Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 165 ff., 180 ff. 97 Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Beispiel: stille Beteiligung sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs stille Beteiligung des (echten) Gesellschafters neben dessen Gesellschaftsanteil entspricht der Darlehensgewährung des Gesellschafters personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Atypisch stiller Gesellschafter als gesellschaftergleicher Dritter 1. Einordnung der atypisch stillen Beteiligung als solche 2. Darlehen des atypisch stillen Gesellschafters Literatur: Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 176, 221 ff., 240 f. 98

Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Grundlagen 1. Zurechnungsfälle zwei Richtungen der Zurechnung Mittelüberlassung durch Dritten wird dem Verbandsmitglied zugerechnet Gesellschafterposition eines Dritten wird dem Kreditgeber zugerechnet Hauptfall: Treuhand = Handeln für fremde Rechnung Folien 107 ff. Doppelrolle als Gesellschafter + Kreditgeber ist formal auf zwei Personen aufgespalten, liegt aber wirtschaftlich bei einer Person Unterfall: nahestehende Personen i.s.v. 138 InsO als Strohmänner Wichtig: keine Prüfung erforderlich, ob der Dritte einem Gesellschafter vergleichbare Vermögens- und Mitwirkungsrechte hat 99 Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Grundlagen 2. Gesellschaftergleicher Dritter Dritter ist kein Verbandsmitglied = kein (echter) Gesellschafter Dritter handelt bei der Mittelüberlassung für eigene Rechnung Prüfung erforderlich, ob der Dritte einem Gesellschafter vergleichbare Vermögens- und Mitwirkungsrechte hat nur hier Relevanz des Streits um den Normzweck Folien 5 ff. gleiche Kriterien für Nachrang und Anfechtbarkeit (str., a.a. z.b. Thole) Doppeltatbestand: variable Erlösbeteiligung (Gewinn- und/oder Vermögensteilhabe) und (typisierte) Möglichkeit der Einflussnahme Irrelevanz der Insiderstellung Literatur: Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 181 ff. 100

Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 165 ff. 101 Sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs: Vergleich zum Darlehen Warenkredite = Lieferungen mit deutlich hinausgeschobener Fälligkeit OLG Schleswig v. 29.5.2013 9 U 15/13, NZI 2013, 936, 937 Stundungen von zunächst nicht aus Kreditverträgen stammenden Forderungen OLG Hamburg v. 27.7.2012 11 U 135/11, ZIP 2013, 74, 76 Stehenlassen (von Gehaltsansprüchen) LAG Hannover v. 27.01.2012 6 Sa 1145/11, ZIP 2012, 1925 (Arbeitnehmer einer GmbH, deren Mitgesellschafter er zu einem Drittel ist) Folie 104 OLG Schleswig v. 29.5.2013 9 U 15/13, NZI 2013, 936 f. (Vergütungsanspruch eines Liquidators) Folie 105 BGH v. 10.7.2014 IX ZR 192/13, ZIP 2014, 1491 (Rn.50) Folie 105 Aber ggf. (unanfechtbare) Sicherheit, z.b. beim Eigentumsvorbehalt 102

Sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs: Vergleich zum Darlehen Unechtes Factoring = Kreditgewährung gegen (unanfechtbare) Sicherheit Finanzierungsleasing = Kreditgewährung gegen (unanfechtbare) Sicherheit (a.a.: Nutzungsüberlassung i.s.v. 135 III InsO) Stille Beteiligung neben dem Gesellschaftsanteil Folie 98 (linke Seite) Kapital- und Gewinnrücklage OLG Koblenz v. 15.10.2013 3 U 635/13, ZIP 2013, 2325 (Ausschüttung von Gewinnvorträgen) Folie 106 Auszahlung nach ordentlicher Kapitalherabsetzung Literatur: Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 165 ff. 103 Vergleich zum Darlehen Fall Nr. 2 Stehenlassen von Gehaltsansprüchen LAG Hannover, 27.01.2012 6 Sa 1145/11, ZIP 2012, 1925 Leitsatz 1: Macht ein Arbeitnehmer einer GmbH, deren Mitgesellschafter er zu einem Drittel ist, über mehrere Jahre offene Nettolohnansprüche nicht geltend, ist das als Stundung der Forderung zu qualifizieren, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht i.s.v. 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auf die früher relevanten Merkmale der "Krise der Gesellschaft" oder der "fehlenden Kreditwürdigkeit" zum Zeitpunkt der Rechtshandlung kommt es nach Inkrafttreten des MoMiG für Insolvenzverfahren, die nach dem 01.11.2008 eröffnet worden sind, nicht mehr an. Leitsatz 2: Diese Forderung kann als nachrangige Insolvenzforderung nur auf besondere Aufforderung des Insolvenzgerichts nach Maßgabe von 174 Abs. 3 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet werden. 104

Vergleich zum Darlehen Fall Nr. 2 Stehenlassen von Gehaltsansprüchen OLG Schleswig v. 29.5.2013 9 U 15/13, NZI 2013, 936 Leitsatz: Stellt ein Liquidator seine erbrachten Leistungen regelmäßig monatlich in Rechnung, so gilt die Forderung als gestundet und insoweit dem Insolvenzschuldner als Darlehen gewährt, wenn er sie nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit abrechnet. BGH v. 10.7.2014 IX ZR 192/13, ZIP 2014, 1491 Leitsatz 1: Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg. Leitsatz 3: Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung. Rn. 50 + 51: s.o. Folie 16 best. BGH v. 29.1.2015 IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 (Rn. 70 f.) Folie 17 105 Vergleich zum Darlehen Fall Nr. 5 Gewinnrücklage OLG Koblenz v. 15.10.2013 3 U 635/13, ZIP 2013, 2325 Leitsatz: Durch die Ausschüttung von Gewinnvorträgen durch einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer wird eine Forderung aus einer Rechtshandlung zurückgewährt, die einem Gesellschafterdarlehen nach 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wirtschaftlich entspricht. Sie ist nach 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Aus den Entscheidungsgründen: Das Stehenlassen des Gewinns durch Gewinnvortrag durch den Alleingesellschafter-Geschäftsführer ist anfechtungsrechtlich als Gesellschafterdarlehen zu behandeln. Bei dem Gewinnvortrag bleiben die Erträge, anders als bei der Gewinnausschüttung, noch in der Gesellschaft. Die Gesellschafter belassen der Gesellschaft vorübergehend bereits vorhandene Mittel ( ). In diesem Sinne kann ein Gewinnvortrag auch als vorübergehende Rücklage bis zum nächsten Ergebnisverwendungsbeschluss bezeichnet werden ( ). Anschluss an Mylich, ZGR 2009, 474, 492 ff. (dort Differenzierung zwischen Finanzierungsertrag [Gewinn] und Finanzierungsquelle [Rücklage]) Revision beim BGH unter IX ZR 252/13 106

Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Teil 1 Treuhandfälle (hier nicht abgedruckt) Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 192 ff. 107 Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Teil 2 Hybridkapital (hier nicht abgedruckt) Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 218 ff. 122

Wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen Personelle Ausdehnung des Anwendungsbereichs Teil 3 Verbundene Unternehmen Scholz/Bitter, GmbHG, Bd. 3, 11. Aufl. 2015, Anh. 64 Rn. 247 ff. 140 Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 13 Darlehen für fremde Rechnung/Vertragskonzern M-AG 100 % 40 % Anspruch auf Verlustausgleich T-GmbH Darlehen 1 Mio. Euro S-GmbH Frage: Nachrang der Darlehensforderung in der Insolvenz der T-GmbH? Abw. 1: Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zw. M-AG + S-GmbH Abw. 2: S-AG statt S-GmbH 141

Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 14 Darlehen durch Schwester für eigene Rechnung M-AG 100 % 40 % T-GmbH Darlehen 1 Mio. Euro S-GmbH Frage: Nachrang der Darlehensforderung in der Insolvenz der T-GmbH? Abw. 1: Beteiligung der M-AG an der S-GmbH: 50 % bzw. 51 % Abw. 2: S-AG statt S-GmbH; Anteil der M-AG > 50 % Abw. 3: Veranlassung der Darlehensvergabe durch den Vorstand der M-AG 142 Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Darlehen durch Schwester für eigene Rechnung BGH v. 18.7.2013 IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64 = WM 2013, 1565 = ZIP 2013, 1579 m. Anm. Bitter Leitsatz 2: Eine von der Schuldnerin zur Sicherung eines Darlehens gewährte Forderungsabtretung ist anfechtbar, wenn der Gesellschafter der Schuldnerin mit 50 v.h. an der darlehensgebenden Gesellschaft beteiligt und zugleich deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist. Rn. 23: Auch wenn Rechtshandlungen Dritter in 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO nicht ausdrücklich erwähnt sind, wird durch die tatbestandliche Einbeziehung gleichgestellter Forderungen in diese Vorschriften der Anwendungsbereich des 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG af auch in personeller Hinsicht übernommen ( ). Eine im Vergleich zu dem früheren Recht einschränkende Auslegung bei der Inanspruchnahme verbundener Unternehmen ist sowohl nach dem Wortlaut der Regelungen als auch nach dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen nicht angezeigt ( ). Mithin können die hierzu im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2008 II ZR 108/07, WM 2008, 1164 Rn. 9 ff; vom 28. Februar 2012 II ZR 115/11, WM 2012, 843 Rn. 16 ff) auch bei Anwendung des 135 Abs. 1 InsO fruchtbar gemacht werden. 143

Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Darlehen durch Schwester für eigene Rechnung Rn. 24: Danach werden Finanzierungshilfen Dritter erfasst, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung infolge einer horizontalen oder vertikalen Verbindung einem Gesellschafter gleichsteht (BGH, Urteil vom 5. Mai 2008, aao Rn. 9). Die Beteiligung kann in der Weise ausgestaltet sein, dass ein Gesellschafter an beiden Gesellschaften, der Darlehen nehmenden und der Darlehen gebenden Gesellschaft, und zwar an der letztgenannten maßgeblich beteiligt ist. Dazu genügt bei einer GmbH vorbehaltlich einer abweichenden Regelung der Stimmmacht in der Satzung eine Beteiligung von mehr als 50 v.h. (BGH, Urteil vom 5. Mai 2008, aao Rn. 10; Urteil vom 28. Februar 2012, aao Rn. 18). Eine maßgebliche Beteiligung ist aber auch dann anzunehmen, wenn der Gesellschafter einer hilfenehmenden GmbH zwar nur zu genau 50 v.h. an der hilfeleistenden GmbH beteiligt, aber zugleich deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 II ZR 206/02, WM 2005, 176, 177; vom 28. Februar 2012, aao Rn. 20). Urteilsanmerkung von Bitter, ZIP 2013, 1583, 1586 f.: frühere Rechtsprechung des II. Zivilsenats wird 1:1 fortgesetzt Kritik: Benachteiligung der Minderheitsgesellschafter der hilfeleistenden Schwestergesellschaft 144 Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 14a Darlehen bei Betriebsaufspaltung BGH v. 29.1.2015 IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 = ZIP 2015, 589 (Rn. 51) A B S GmbH 50 % 50 % Kommanditisten Komplementärin GbR Darlehen KG 145

Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 14a Darlehen bei Betriebsaufspaltung BGH v. 29.1.2015 IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 = ZIP 2015, 589 (Nutzungsüberlassung) Rn. 50: Leistungen Dritter werden erfasst, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung infolge einer horizontalen oder vertikalen Verbindung einem Gesellschafter gleichsteht. Die Beteiligung kann in der Weise ausgestaltet sein, dass ein Gesellschafter an beiden Gesellschaften, der die Leistung annehmenden und der die Leistung gewährenden Gesellschaft, und zwar an der letztgenannten maßgeblich beteiligt ist (BGHZ 198, 64 Rn. 24). Eine maßgebliche Beteiligung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Gesellschafter auf die Entscheidungen des hilfeleistenden Unternehmens, nämlich auf die Gewährung oder auf den Abzug der Leistung an das andere Unternehmen, einen bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan der Hilfe gewährenden Gesellschaft durch Gesellschafterbeschlüsse gemäß 46 Nr. 6 GmbHG entsprechende Weisungen erteilen kann ( ). Dazu genügt bei einer GmbH & Co. KG eine Beteiligung von mehr als 50 vh ( ). Rn. 51: Beteiligung von genau 50 % kann genügen bei Betriebsaufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft wegen Zurechnung der wechselseitigen Beteiligungen bei koordiniertem Zusammenwirken der Gesellschafter 146 Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 15 Darlehensrückzahlung an Schwestergesellschaft M-AG 100 % 100 % T-GmbH Rückzahlung des Darlehens auf Weisung der M-AG S-GmbH Frage: Insolvenzanfechtung gemäß 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO gegen die S-GmbH oder die M-AG? 147

Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 16 Gesellschafter-Gesellschafter A B A B 70 % 30 % H-GmbH 70 % 30 % 100 % Darlehen X-GmbH Darlehen X-GmbH Darlehen Frage: Unterliegen die Darlehen dem Gesellschafterdarlehensrecht? Abwandlung: H-AG statt H-GmbH 148 Wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlung Fall Nr. 16 Gesellschafter-Gesellschafter BGH v. 21.2.2013 IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 = ZIP 2013, 582 Leitsatz 2: Zu den gleichgestellten Forderungen gehören grundsätzlich auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind. Rn. 21: Der mittelbar an einer Gesellschaft Beteiligte ist hinsichtlich seiner Kredithilfen für die Gesellschaft wie ein unmittelbarer Gesellschafter zu behandeln. Dies gilt jedenfalls für den Gesellschafter-Gesellschafter, also denjenigen, der an der Gesellschafterin der Gesellschaft beteiligt ist und aufgrund einer qualifizierten Anteilsmehrheit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterin ausüben kann ( ). Rn. 22: Angesichts dieser Beteiligungsverhältnisse [scl.: jeweils Alleingesellschafterin] kann dahinstehen, ob was nahe liegt auch bereits nach Überschreiten der Kleinbeteiligungsschwelle ein von dem Gesellschafter-Gesellschafter gewährtes Darlehen dem Nachrang des 39 Abs. 1 Nr. 5 unterliegt ( ). 149

2016 Prof. Dr. Georg Bitter Universität Mannheim Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht Schloss, Westflügel 68131 Mannheim www.georg-bitter.de Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim e.v. (ZIS) www.zis.uni-mannheim.de 214