* * * Ophrys oestrifera M. Bieb. subsp. akcakarae Kreutz - eine neue Ophrys-Unterart aus der Südosttürkei

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Transkript:

Jour. Eur. Orch. 38 (1): 161 171. 2006. C.AJ. Kreutz Ophrys oestrifera M. Bieb. subsp. akcakarae Kreutz - eine neue Ophrys-Unterart aus der Südosttürkei Keywords Orchidaceae; Ophrys oestrifera subsp. akcakarae, Ophrys holoserica subsp. aramaeorum, Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica; Turkey Zusammenfassung Kreutz, C.A.J. (2006): Ophrys oestrifera subsp. akcakarae - eine neue Ophrys Unterart aus der mittleren Osttürkei.- Jour. Eur. Orch. 38 (1): 161-171. In Mai 2004 wurden vom Verfasser über neue und interessante Funde aus dem Südosten der Türkei berichtet (KREUTZ 2004). Eine neue, wahrscheinlich auf die Provinzen Diyarbakir und Siirt beschränke Sippe, wird in diesem Artikel als Ophrys oestrifera subsp. akcakarae neu beschrieben. Sie ist eine Unterart aus dem großblütigen Ophrys oestrifera-komplex. Summary Kreutz, C.A.J. (2006): Ophrys oestrifera subsp. akcakarae - eine neue Ophrys Unterart aus der mittleren Osttürkei.- Jour. Eur. Orch. 38 (1): 161-171. In May 2004 new and interesting orchidsites form the southeast of Turkey were reported by the author (KREUTZ 2004). In this article Ophrys oestrifera subsp. akcakarae, a taxa probably limited to the provinces of Diyarbakir and Siirt, has been described as a new subspecies. She belongs to the largeflowered Ophrys oestrifera species-group. * * * Wie schon in KREUTZ (2004) berichtet, sind die Orchideen in der Türkei in den letzten 30 Jahren besonders gut erforscht worden (RENZ & TAUBENHEIM 1984; U. & D. ROCKBRODT und K. & R.-B. HANSEN 1992; KREUTZ 1998,2000,2003 Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006. 161

und 2004). Das gilt weniger für den mittleren Osten (Provinzen Diyarbakir, Bingöl und Tunc;eli) und Südosten (Provinzen Mardin, Batman, Siirt, Simak und Hakkari), weil diese Gebiete für Ausländer ab 1990 Sperrgebiet waren. Mitte bis Ende Mai 2004 habe ich eine kleine Reisegruppe im Südosten der Türkei gefuhrt und über unsere Erfahrungen und Orchideenfunde bereits berichtet (KREUTZ 2004). In diesem Artikel wurde auch über Funde von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum (P. Delforge) Kreutz berichtet, eine Sippe aus dem Ophrys holoserica-komplex, die von DELFORGE (2000) aus der Umgebung von Lice und Kulp beschrieben wurde, der auch von weiteren Funden zwischen Siirt und Simak berichtete. Während unseres Besuches zwischen Lice und Kulp im Mai 2004, aber auch schon 1988 (KREUTz 1998) konnten wir Ophrys holoserica subsp. aramaeorum an mehreren Fundorten nachweisen, so auch im Gebiet zwischen Siirt und Simak. Dabei wurde noch eine weitere Ophrys-Sippe beobachtet (in KREUTZ 2004 als Ophrys aramaeorum mit Fragezeichen bezeichnet!), die aber stark nach einer großblütigen Ophrys oestrifera tendiert. Daraufhin haben wir mehrere Fundorte zwischen Lice und Kulp sowie östlich von Kulp besucht und immer wieder wurde diese neue Sippe gefunden, an mehreren Fundorten sogar in sehr großer Anzahl. Auch im Gebiet zwischen Siirt und Simak wurden diese Pflanzen mehrmals beobachtet. In diesem Artikel wird diese neue Sippe beschrieben und mit Ophrys holoserica subsp. aramaeorum und Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica Renz & Taubenheim verglichen, ihre bei den nahewandten Unterarten aus diesem Gebiet. Ophrys oestrifera M. Bieb. subsp. akcakarae Kreutz subsp. nov. Descriptio: Planta 25-45 cm alta, gracilis. Caulis erecta dispersim floribus 3-8 mediocris. Sepala late ovata patentia 7-13 mm longa 3-4 mm lata obtusa c1are ad fusce rosea, mediale erecto vel parum retrocurvato.petala triangularia 1-2,5 mm longa 1-1,5 mm lata rubescentia vel c1are rosea, marginibus saepe fortiter albescentiter pilosis. Labellum rotundate ovatum 7-11 mm longum 5-7 mm latum, distaliter trilobatum valde tuberculatum ventricose convexum brunneum ad rubrobrunneum, marginis saepe albescentiter pilosis. Macula diviter maculata margine eburneo fere labelli extremitate attingens, dimidio superiore fusce ad atropurpurea parte basali aurantiaca. Appendices parvae latae lutescentes prorsum flexae. Beschreibung: Pflanze mittelgroß, 25-45 cm hoch, schlank. Laubblätter grün bis bläulichgrün, am Grunde rosettig gehäuft, die unteren eiförmig-lanzettlich bis länglich-ianzettlich, nach oben in tragblattartige stängelumfassende Laubblätter übergehend. Stängel aufrecht, mit 3-8 Blüten, diese mittelgroß und relativ locker am Stängel verteilt. Sepalen 7-13 mm lang und 3-4 mm breit, breit-eiförmig, abstehend, hell- bis dunkelrosa, oft mit grünem Mittelnerv, stumpf; das mittlere 162 Journal Europäischer Orchideen 38(1 ):2006.

Sepalum aufrecht oder leicht rückwärts gebogen. Petalen 1-2,5 mm lang und 1-1,5 mm breit, dreieckig, etwa 1/6 so lang wie die Sepalen, rötlich oder hellrosa, an den Rändern oft kräftig weißlich behaart. Lippe 7-11 mm lang und 5-7 mm breit, rundlich-eiformig, im oberen Teil dreilappig, stark gehöckert, bauchig gewölbt, braun- bis rötlichbraun, am Rande oft weißlich behaart. Malzeichnung reich gegliedert mit elfenbeinfarbiger Umrandung und fast bis zum Lippenende reichend, in der oberen Hälfte dunkel- bis schwarzviolett gefärbt; die Malzeichnung schließt ein orangefarbenes Basalfeld ein. Anhängsel klein aber breit, gelblich und nach vorne gebogen. Blütezeit: Ophrys oestrifera subsp. akcakarae blüht relativ spät, nämlich von Mitte bis Ende Mai. Holotypus: Turcia, Provinz Diyarbakir, etwa 10 km W Kulp, UTM 37S FC 65300/59670, Eichengebüsch mit niederem Laubwald und grasigen Freiflächen, 840m, 20.5.2004, leg. C.A.J. Kreutz, in Herbario Leiden (L) Etymologie: Der Name bezieht sich auf das Akyakara Gebirge, nördlich von Lice und Kulp, wo die neue Sippe an den südlichen Abhängen an mehreren Stellen vorkommt. Verbreitungs gebiet: Türkei: Provinzen Diyarbakir, Siirt und Sirnak. Fundorte in der Türkei (Bezugsellipsoid WGS84): 1. Lice - Kulp (Diyarbakir); etwa 22 km E Lice, Eichengebüsch, Quellhang, Wiesenflächen, 37S FC 62560/59559, 20.5.2004, 820m. 2. Lice - Kulp (Diyarbakir); etwa 28 km E Lice, Eichengebüsch mit FeuchtsteIlen, 37S FC 65304/59659, 20.5.2004, 810m. 3. Lice - Kulp (Diyarbakir); etwa 10 kmw Kulp, Eichengebüsch mit niederem Laubwald und grasigen Freiflächen, 37S FC 65300/59670, 20.5.2004, 840m. 4. Lice - Kulp (Diyarbakir); etwa 6 km W Kulp, Feuchtwiese, 37S FC 70112/56381,20.5.2004,790m. 5. Siirt - Sirnak (Siirt); südlich von Üzümük, Quellhang und Magerrasen, 38S KG 61270174910, 21.5.2004, 1360m. 6. Eruh - Sirnak (Sirnak); nördlich Me~indagi Pass, Eichengebüsch und Magerwiesen, 38S KG 48540/83050,21.5.2004, 936m. Journal Europäischer Orchideen 38( I ):2006. 163

10cm Abb. 1: Typusbogen von Ophrys oestrifera subsp. akcakarae, in Herbario Leiden (L) 164 Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006.

Zur Abgrenzung von Ophrys oestrifera subsp. akcakarae und Ophrys holoserica subsp. aramaeorum (in DELFORGE, 2000 als Ophrys aramaeorum). Die Beschreibung in DELFORGE (2000) und die Abbildungen von Ophrys aramaeorum können für Diskussionen Anlass geben, weil die Abbildungen nicht immer mit der Beschreibung dieser Art übereinstimmen. Nach dieser Beschreibung handelt es sich bei Ophrys aramaeorum um eine relativ kleinblütige Art. Die Lippe des Holotypus ist 9 mm lang und 11,5 mm breit und variiert nach DELFORGE (1.c.) von 6,5-9 (-11) mm Länge und 8-12 (-13,5) mm Breite, ist also trapezförmig. Die Lippe ist nur schwach gehöckert, stark behaart und das Basalfeld ist heller als die Lippenfarbe. Die Sepalen sind 12 mm lang und 6 mm breit, die Petalen 2,5 mm lang und 2 mm breit. Die Pflanzen sind nach DELFORGE (1.c.) sehr hochwüchsig, zierlich und vielblütig, der Blütenstand besonders locker, die Pflanze ist 55 cm hoch (Holotypus), und die Pflanzenhöhe dieser Art variiert nach seiner Beschreibung von 25 bis 80 cm. Die Blütezeit ist }v1ai. Nach DELFORGE (l.c.) gehört die neue Sippe in den Ophrys tetraloniae Formenkreis, also in die klein- und spätblühende Ophrys holoserica-gruppe. DELFORGE (1.c.) bildet auf Seite 211 zwei Blüten ab, die untere Abbildung (aufgenommen am locus typicus zwischen Lice und Kulp in der Provinz Diyarbakir) zeigt eine typische Ophrys holoserica subsp. aramaeorum (breite Ophrys holoserica-ähnliche Lippe mit typischer Zeichnung), wie sie vor allem in der Provinz Siirt vorkommt. Die obere Abbildung, aufgenommen bei Siirt, zeigt Blüten, die schon stark nach Ophrys oestrifera subsp. akcakarae tendieren. Aus der obigen Beschreibung und Klassifizierung von Delforge geht deutlich hervor, dass die von ihm beschriebene Ophrys aramaeorum in die Ophrys holoserica-gruppe gehört und mit ihr Pflanzen gemeint sind, die vor allem in den Provinzen Siirt und Simak, wie zum Beispiel auf dem Friedhof von Üzümük (Siirt) und in der weiteren Umgebung am Me~indagi-Pass (Simak) wachsen. Diese Pflanzen sind besonders hochwüchsig und sehr schlank. Das Typus Exemplar von Delforge wurde zwischen Lice und Kulp gesammelt, wo Ophrys holoserica subsp. aramaeorum auch vorkommt, aber viel seltener ist. Nach DELFORGE (1.c.) blüht Ophrys holoserica subsp. aramaeorum ab Mitte Mai bis Mitte Juni, zusammen mit Himantoglossum affine und Anacamptis pyramidalis, die ebenfalls im gleichen Gebiet vorkommen. Dies deckt sich auch mit meinen Beobachtungen. Ophrys oestrifera subsp. akcakarae blüht deutlich früher, etwa zwei Wochen vor der Blütezeit der oben genannten Sippen. Zusammengefasst sind die Pflanzen von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum viel schlanker und höher, die Blütenzahl ist viel größer. Die Blüten sind sehr locker am Stängel verteilt, sind größer und breiter und stehen schräg von der Blütenstandsachse ab. Diese Unterart gehört in den Verwandtschaftskreis von Ophrys holoserica. Ophrys oestrifera subsp. akcakarae gehört deutlich in die großblütige Ophrys oestrifera-gruppe. Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006. 165

ZELESNY hat mehrere typische Abbildungen von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum auf seiner Internetseite wiedergegeben (www.orchid.de). Ergänzende Beschreibung von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum P. Delforge Die Beschreibung in Delforge bezieht sich teilweise auf beide Unterarten, deswegen habe ich hier seine Beschreibung von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum teilweise geändert und ergänzt. Ophrys holoserica subsp. aramaeorum P. Delforge emend. Kreutz Beschreibung: Pflanze 40-80 cm hoch, hochwüchsig und sehr schlank. Laubblätter hellgrün bis dunkelgrün, die unteren breit-eiförmig bis eiförmiglanzettlich, nach oben in tragblattartige Laubblätter übergehend. Stängel aufrecht mit 8 bis 12 (-14) Blüten. Blüten mittelgroß bis groß, sehr locker am Stängel verteilt und schräg von der Blütenstandachse abstehend. Sepalen 9-13 mm lang und 5-9 rum breit, breit-eiformig, hellrosa, oft mit grünem Mittelnerv, relativ stumpf bis spitz; das mittlere Sepalum aufrecht, bisweilen leicht vorwärts gebogen. Petalen 1,5-2 mm lang und 1-3 mm breit, dreieckig bis länglichdeieckig, etwa 1/5 so lang wie die Sepalen, hellrosa, an den Rändern kahl oder sehr schwach weißlich behaart. Lippe 9-13 mm lang und 11-15 mm breit, trapezförmig, ungeteilt, ganzrandig, im oberen Teil ungehöckert, bisweilen relativ stark gehöckert, schwach bauchig gewölbt, braun bis dunkelbraun, am Rande weißlich behaart. Malzeichnung ziemlich reich gegliedert und nlmidoriert. Malzeichnung variabel, fast über die ganze Lippe verteilt oder auch nur einfach x- bis H-förmig mit kleinen Verzweigungen, violett oder rötlichbraun, weiß umrandet. Anhängsel breit, gelblich bis gelblichgrün, nach vorne gebogen. Fundorte in der Türkei (Bezugsellipsoid WGS84): 1. Siirt - $imak (Siirt); Friedhof von Üzümük, Magerasen mit Gebüsch, 38S KG 44190/84620,21.5.2004, 850m 2. Eruh - $imak ($irnak); nördlich Me~indagi Pass, Eichengebüsch und Magerwiesen, 38S KG 48540/83050,21.5.2004, 936m. 3. Eruh - $imak ($irnak); nördlich Me~indagi Pass, Eichengebüsch und Magerwiesen, 38S KG 48570/83450,21.5.2004, 870m. 4. Lice - Kulp (Diyarbakir); etwa 6 km W Kulp, Feuchtwiese, 37S Fe 70112/56381, 20.5.2004, 790m. 166 Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006.

Verwandtschaft zu ähnlichen Sippen Ophrys oestrifera subsp. akcakarae gehört zum Ophrys oestrifera-fonnenkreis. Die zwischen ihr und den beiden nahestenden Sippen im Gebiet (Ophrys holoserica subsp. aramaeorum und Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica) bestehenden Unterschiede werden nachstehend in einer Tabelle verdeutlicht. Ophrys oestrifera Ophrys umbilicata Ophrys holoserica subsp. akcakarae subsp. khuzestanica subsp. aramaeorum Habitus ziemlich kräftig sehr schlank kräftig, hochwilchsig und schlank 25-45 cm hoch 20-60 cm hoch 40-80 cm hoch Blütenzaltl 3-8 4-7 (-12) 8-12 (-14) Blütengrösse mittelgroß klein mittelgroß bis groß Sepalen 7-13 mm lang und 7-10 mm lang, 9-13 mm lang, 3-4 mm breit, 2-4 mm breit, 5-9 mm breit, hellrosa, hell- bis dunkelrosa, meist mit einigen oft mit grünem Mittelnerv meist mit grünem grünen Nerven Mittelnerv Petaien i -2,5 mm lang, 1-2,5 mm lang, t,5-2 mm lang, 1-1,5 mm breit 1-2mmbreit 1-3 mmbreit Lippengrösse 7-11 mm lang, 6-8mm lang, 9-13 mm lang, 5-7 mm breit 4-6 mm breit 11-15 mm breit Lippenform rundlich-eifömig elliptisch, ganzrandig, trapezförmig, ungeteilt, im oberen Teil Seitenlappen seitlich ganzrandig, im oberen Teil drei lappig und abstehend meist gehöckert stark gehöckert Lippenflirbung braun- bis dunkelbraun, braun bis dunkelbraun rötlichbraun selten hellbraun Höcker ziemlich kräftig meist sehr klein fehlend bisweilen relativ stark gehöckert Malzeichnung reich gegliedert mit Grundform H- bis X-förmig, einfuch H- bis X-förmig elfenbeinfarbiger basale und apikale mit kleine Verzweigungen Umrandung Teile getrennt Die Fundorte zwischen Lice und Kulp (Diyarbakir) Die Fundorte in dieser Umgebung liegen fast alle südexponiert und die Pflanzen wachsen hauptsächlich in kleinen Flusstälern, auf Feuchtwiesen, in und am Rande von Gebüschinseln, die hauptsächlich aus Eichen bestehen, und entlang von Bachufern. Wie schon in KREUTZ (2004) berichtet, waren die Orchideen im Vergleich zu einem Besuch im Jahre 1988 stark rückgängig. Die Eichengebüsche waren mindestens zur Hälfte reduziert und zwischen den Gebüschinseln waren Getreidefelder angelegt worden. Auch die Feuchtgebiete, die für Orchideen wichtige Standorte an den Rändern der Gebüschinseln sowie entlang der Bachufer wurden stark landwirtschaftlich genutzt. Darüber hinaus wurden die restlichen Wiesenflächen von Schafen und Kühen beweidet. Während eines ganzen Tages wurde das Gebiet zwischen Lice und Kulp sowie auch westlich von Lice und östlich von Kulp weitgehend abgesucht, wobei J oumal Europäischer Orchideen 38( 1 ):2006. 167

bevorzugt die Orchideen in den Gebüschinseln und an feuchten Stellen kartiert wurden (KREUTZ 2004). Wie auch damals während meines ersten Besuches 1988 (KREUTZ 1998) in diesem Gebiet wurden an mehreren Stellen zwei unbekannte Ophrys-Sippen gefunden. Wie oben schon mehrmals angegeben, hat DELFORGE (2000) diese Pflanzen als Ophrys aramaeorum (Ophrys holoserica subsp. aramaeorum) beschrieben, die andere Sippe wurde in diesem Bericht als Ophrys oestrifera subsp. akcakarae neu beschrieben. Ophrys oestrifera subsp. akcakarae wächst vor allem im Gebiet zwischen Lice und Kulp und östlich von Kulp (Diyarbakir), Ophrys holoserica subsp. aramaeorum hauptsächlich zwischen Siirt und Simak (Siirt-Simak). Wir konnten beide Unterarten an mehreren Fundorten im Gebiet Lice - Kulp nachweisen. Ophrys oestrifera subsp. akcakarae bevorzugt mäßig feuchte Stellen auf basischen Böden. Geschützt vor Beweidung wächst diese Unterart fast ausschließlich in und am Rande von Eichengebüsch, seltener auch in feuchten Niederungen sowie in und am Rande von Quellhängen und auf mäßig feuchten Magerwiesen. Sie blüht relativ spät, von Mitte bis Ende Mai, etwa ein bis zwei Wochen später als Ophrys bornmuelleri subsp. carduchorum Renz & Taubenheim Ophrys cilicica Schlechter, Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica Renz & Taubenheim und Ophrys schulzei Bommüller & H. Fleischmann, Taxa die in der direkten Umgebung vorkommen. Vor allem während unseres Besuches im Jahre 2004 wurde Ophrys oestrifera subsp. akcakarae an mehreren Stellen in der weiteren Umgebung von Lice und Kulp gefunden. Sie fällt im Gelände durch ihren Ophrys oestrifera ähnlichen Habitus sofort auf. Die Pflanzen sind etwa 25 bis 45 cm hoch, relativ reichblütig und ihre Blüten zeigen Merkmale des großblütigen Ophrys oestrifera-formenkreises. Sie ist problemlos von Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica zu unterscheiden, die im Gebiet eine gewisse Ähnlichkeit aufweist (schlanke Pflanzen aber kleinere Blüten). Ophrys oestrifera subsp. akcakarae ist im Gebiet Lice/Kulp zahlenmäßig die häufigste Ophrys Sippe Die anderen Ophrys-Taxa (Ophrys holoserica subsp. aramaeorum, Ophrys bornmuelleri subsp. carduchorum, Ophrys cilicica, Ophrys umbilicata subsp. khuzestanica und Ophrys schulzei) sind im Gebiet viel seltener und in den letzten Jahren sehr stark zurück gegangen. Die Fundorte zwischen SUrt und Sirnak (Siirt-Sirnak) Das ganze Gebiet ist hoffnungslos überweidet und Orchideen findet man nur noch vereinzelt auf Friedhöfen und an einigen schwer erreichbaren Stellen. Bei Üzümlük, etwa 25 km südöstlich von Siirt, wurde der Friedhof am südlichen Ortsende besucht. Wie auch andere Friedhöfe in der Türkei zeigen, war auch hier der Baumbestand fast vollständig abgeholzt. Ausserdem war die Vegetation gedüngt und stark beweidet. In diesem Friedhof wurden mehrere Pflanzen von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum beobachtet. Diese 168 Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006.

Pflanzen weichen von denen aus der Umgebung von Lice - Kulp (Diyarbakir) ab, indem die Blüten etwas größer sind und noch mehr zur typischen Ophrys holoserica tendieren. Ausserdem sind diese Pflanzen sehr stattlich und erreichen eine durchschnittliche Höhe von 70 cm. Wie schon angegeben hat DELFORGE (2000) seine Ophrys aramaeorum aus dem Gebiet zwischen Lice und Kulp beschrieben, die Pflanzen auf dem Friedhof bei Üzümlük stellen meiner Meinung nach typische Pflanzen dieser Sippe dar, weil sie mehr nach typischen und großblütigen Ophrys holoserica Pflanzen tendieren, was auch aus der Beschreibung dieser Sippe bei DELFORGE (2000) hervorgeht. Während unseres Besuches waren die Pflanzen in Hochblüte und auf diesem Friedhof konnten wir etwa 30 blühende Exemplare nachweisen. Zwischen Siirt und Eruh wurden weitere Fundorte besucht und an einigen Stellen konnten kleinere Populationen von Ophrys holoserica subsp. aramaeorum nachgewiesen werden. Vor allem in und am Rande von Eichengebüschen und Magerwiesen nördlich vom Me~indagi Pass wurden viele Exemplare von Ophrys oestrifera subsp. akcakarae gefunden. An der Straße zwischen Eruh und $imak 'wurden dann weitere potentielle Fundorte besucht, aber das ganze Gebiet ist stark überweidet und außerdem nicht immer für Orchideen geeignet, weil hier an vielen Stellen der kalkhaltigen Boden fehlt und durch Schiefer ersetzt wird. Ophrys oestrifera subsp. akcakarae blüht im Gebiet Lice/Kulp und zwischen Siirt und $imak (vor allem in der Umgebung von Eruh) etwa zwei Wochen früher als Ophrys holoserica subsp. aramaeorum, nämlich von Mitte bis Ende Mai, Ophrys holoserica subsp. aramaeorum bis Mitte Juni. Danksagung Herzlich danke ich den Herren Gügel (München) und Baumgartner (Kehl) für Ihre wertvolle Diskussionen und Prof. Dr. Eccarius (Eisenach) für die kritische Durchsicht des Manuskriptes. Literatur DELFORGE, P. (2000): Ophrys aramaeorum, sp. nova, une espece orientale du groupe d'ophrys tetraloniae.- Les Natural. belges 81 (Orchid. 13): 225-231. DELFORGE, P. (2001): Guide des Orchidees d'europe, d'afrique du Nord et du Pro ehe-orient. 2e edition, entierement revue et corrigee.- Delachaux et Niestle S. A., Lausanne. KREUTZ, C.A.J. (1998): Die Orchideen der Türkei (Beschreibung, Lebensweise, Schutz, Gefahrdung, Ikonographie, Verbreitung).- Selbstverlag Seckel & Kreutz, Raalte & Landgraaf. KREUTZ, C.A.J. (2000): Orchidaceae. In: A. GÜNER, N. ÖZHATAY, T. EKIM & K. HÜSNÜ C. BA~ER.- Flora of Turkey and the East Aegean Islands 11: 274- Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006. 169

305. - Edinburgh University Press, Edinburgh. KREUTZ C.AJ. (2003): Feldführer der türkischen Orchideen.- Eigenverlag, Landgraaf KREUTZ C.A.J. (2004): Neue und interessante Funde im Südosten der Türkei, sowie Bemerkungen zum ständigem Rückgang der Orchideen in diesem Land.- Jour. Eur. Orch. 36 (4): 1045-1059. KREUTZ, C.A.J. & R. PETER (1998): Untersuchungen an Ophrys-Arten der Süd- und Osttürkei, Teil 2.- Jour. Eur. Orch. 30 (1): 81-156. Vorabdruck 30.09.1997. RENZ, 1. & G. TAUBENHEIM (1984): Orchidaceae. In: P.H. DAVIS, Flora of Turkey and the East Aegean Islands 8: 450-552, 587-599.- Edinburgh. RÜCKBRODT, U. & D. und K. & R.-B. HANSEN (1992): Bemerkungen zu den in der Türkei vorkommenden Orchideenarten und ihrer Verbreitung.- Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 9 (1): 4-103, 161-176. Anschrift des Autors Karel Kreutz Oude Landgraaf 35A NL-6373 BE Landgraaf. Farbtafel, Seite 171: 1 2 3 4 Abb. 1: Ophrys oestrifera subsp. akcakarae: Lice (Diyarbakir), 20.5.2004, C.AJ. KREUTZ Abb. 2: Ophrys oestrifera subsp. akcakarae: Me~indagi Pass (Simak), 21.5.2004, C.AJ. KREUTZ Abb.3: Ophrys holoserica subsp. aramaeorum: Üzümük (Siirt), 21.5.2004, C.A.J. Kreutz Abb.4: Ophrys holoserica subsp. aramaeorum: Eruh (Simak), 21.5.2004, C.A.J. Kreutz 170 Journal Europäischer Orchideen 38(1):2006.

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