Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Ähnliche Dokumente
Evangelisch-Lutherisches Pfarramt St. Christophorus Siegen Dienst am Wort. vor zwei Wochen habe ich euch schon gepredigt, dass das

In das LEBEN gehen. Kreuzweg der Bewohner von Haus Kilian / Schermbeck

DIE SPENDUNG DER TAUFE

Mit Ostern steht und fällt alles. Predigt über 1. Korintherbrief 15,12-20 Ostermontag Er ist wahrhaftig auferstanden! 2016

ERSTE LESUNG Jes 66, 10-14c

Liebe Gemeinde ich nehme das letzte Wort dieser unglaublichen Geschichte auf. Der

ERSTE LESUNG Jes 22, 19-23

Die Heilige Taufe. HERZ JESU Pfarrei Lenzburg Bahnhofstrasse 23 CH-5600 Lenzburg. Seelsorger:

Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würden, das anders ist, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht.

Predigt für einen Sonntag in der Trinitatiszeit (20.)

Was ist Bekehrung? Die Bekehrung als der Anfang eines neuen Lebens

Predigten von Pastor Patrick Klein

Das Problem mit der Heilsgewissheit

ERSTE LESUNG Sach 9, 9-10 SIEHE, DEIN KÖNIG KOMMT ZU DIR; ER IST DEMÜTIG

Ich finde, gut gekleidete Leute sagen etwas aus über sich selbst. Und sie sind hübsch anzusehen. Kleider machen Leute.

Lektorenpredigt zu Lukas 7, Liebe Gemeinde,

11. Januar 2015, 1. Sonntag nach Epiphanias Predigt über Römer 12, 1-8 gehalten von Prädikantin Eta Reitz im Gemeindezentrum Fulerum.

WESEN UND WIRKEN DES HEILIGEN GEISTES

Katholische Priester finden die Wahrheit

5. Treffen Kommunion. Liebe Schwestern und Brüder,

Michael Diener Steffen Kern (Hrsg.) Ein Impuls für die Zukunft der Kirche

Predigt am 1. Sonntag nach Weihnachten am 28. Dezember 2014 in St. Salvator, Gera.

Abendgottesdienst der Diakonie am Sonntag Sexagesimae, Ettenhausen, Uhr

Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe, Ehre! Und Friede auf Erden (3 mal), Friede den Menschen, die Gott lieben.

Die Gnade unsers HErrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Gib nicht auf zu beten, denn Gott wird dich unterstützen!

EIN völlig NEUES LEBEN. Wie man Christus annimmt und was das bedeutet

Mk. 16,1-8: Predigt für den deutsch-englischen Gottesdienst am Ostermontag 2015

DIE BEDEUTUNG DER AUFERSTEHUNG. church documents DIE BEDEUTUNG DER AUFERSTEHUNG VON ENGEL CARL RAHM

Der Heilige Stuhl BENEDIKT XVI. GENERALAUDIENZ. Aula Paolo VI Mittwoch, 16. Januar [Video]

Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

Jahreslosung Psalm 73, 28 Gott nahe zu sein, ist mein Glück

Gott in drei Beziehungen

Jahreslosungen seit 1930

Das Neue Testament 6.Klasse

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Informationen zur Taufe - Evangelische Kirche Traisa

Also: Wie es uns geht, das hat nichts mit dem zu tun, ob wir an Gott glauben.

Predigt an Ostermontag,

Christentum, Judentum Hinduismus, Islam

2 Kindertaufe in zwei Stufen 6HKUJHHKUWH(OWHUQ

Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter beim Jubiläumsgottesdienst 1200 Jahre Götting am 26. Juli 2009 in Götting-St.

Lasst uns aufeinander Acht haben!

Predigt zu Hesekiel 37,1-14

NACHFOLGE... BIBELTEXT PETRUS BEGANN UND SAGTE ZU IHM: SIEHE, WIR HABEN ALLES VERLASSEN UND SIND DIR NACHGEFOLGT.

PREDIGT am Sonntag, den 25.Januar 2015, Uhr Universitätsgottesdienst in der Hauptkirche St. Katharinen Hamburg

"Durch Leiden werden mehr Seelen gerettet, als durch die glänzenste Predigt."

Musterbriefe für die Caritas-Sammlung 2015 Hier und jetzt helfen

Ä8QGLFKELQQLFKWZLGHUVSHQVWLJJHZHVHQ³*RWWHV6WLPPHK UHQOHUQHQ

PREDIGT HANS IM GLÜCK AN OKULI ZU LUKAS 9,57-62

Pfingsten - Das Christentum feiert Geburtstag

EIN KIND, AUSSERHALB DER HEILIGEN MESSE. in den Bistümern des deutschen Sprachgebietes

Darf sich ein Christ scheiden lassen?

dieses Buch hier ist für mich das wertvollste aller theologischen Bücher, die bei mir zuhause in meinen Bücherregalen stehen:

Rätsel und Spiele rund um Paulus

Die Vergebung als Weg zur Befreiung und Frieden

Hebräerbrief. Zweck: Hebräer 3,12-14 A. Mit diesen Worten eröffnet der Schreiber den Zweck seiner Lektion.

Die schönsten. Segenswünsche. im Lebenskreis

predigt am , zu römer 16,25-27

Die 30 Silberstücke Seite 2

Warum lässt Gott das zu?

Beweise für die Auferstehung

Predigt am Sonntag Misericorias Domini, 19. April 2015 über Johannes 10, 11-16

Predigt am Sonntag Miserikordias Domini 14. April 2013 in der Versöhnungskirche Dresden-Striesen von Pfarrer Dr. Hans-Peter Hasse

Auferstehung mitten im Leben

ARTIKEL 7 VON DORT WIRD ER KOMMEN, ZU RICHTEN DIE LEBENDEN UND DIE TOTEN. I Er wird wiederkommen in Herrlichkeit

Mit Gott rechnen. 3. Ausgeben. 3. Ausgeben. Einzelübung. Mammons Trick der Konsumtempel. Was war Dein bisher schönster Lustkauf?

Tod und Auferstehung zu neuem Leben Römer 6:3-9 Mit der Auferstehung Jesu steht und fällt der christliche Glaube. Wenn Jesus von den Toten

HGM Hubert Grass Ministries

Fürbitten für die Trauung - 1

Hintergrundinformationen zu Matthäus 13,1-23 Das vierfache Ackerfeld

Wenn Gott redet... Apostelgeschichte 8,26-39 Pastor Friedemann Pache

Valentinstag Segnungsfeier für Paare

Gottesdienstbausteine. Die größte Katastrophe ist das Vergessen. Inhalt

1. Predigt in der Predigtreihe über den Heiligen Geist Gottesdienst vom 6. Juni 2015 Thema: Der heilige Geist sein Wesen und seine Personalität

Predigttext: 1 Johannes 5,11-13 (Predigtreihe IV, Erneuerte Perikopenordnung)

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

«Selig sind die Toten»

Römer 7 Christen Homepage wir@was-christen-glauben.info Römer 7

Erläuterungen von Kurt Seidel und Gerhard Hörster, Dietzhölztal-Ewersbach

26. November 2014 Universität Zürich. Dr.med. Timo Rimner Christen an den Hochschulen

1. LESUNG Apg 2, 14a Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht Lesung aus der Apostelgeschichte

Auferstehung und Erhöhung Jesu als Zentrum unserer Hoffnung (Apg 2,22-36; 3,12-21)

Predigt, Hochfest der Gottesmutter Maria/Neujahr Texte: Num 6,22-27; Lk 2,16-21

Liebe Gemeinde, Der Herr ist auferstanden! Halleluja! so haben wir einander zugerufen.

Besucherbefragung im Kinder- und Jugendzentrum Mühle

[Luther]Kapitel 6 {1 Was sollen wir nun sagen? Sollen wir denn in der Sünde beharren, damit die Gnade umso mächtiger werde?

Predigt für die Osterzeit (Rogate) Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Kraft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.

FÜRBITTEN. 2. Guter Gott, schenke den Täuflingen Menschen die ihren Glauben stärken, für sie da sind und Verständnis für sie haben.

Predigt über Markus 16,1-8 am in Ittersbach. Ostersonntag Lesung: 1 Kor 15,1-11

Alpha- Live Kurs 2013

ERSTE LESUNG 2 Kön 5, 14-17

Weinfelder. Predigt. Glücklich ihr Atheisten? (Ostern) April 2015 Nr Korinther 15, 3-10

Du sollst keine anderen Götter haben neben mir

Leseprobe Vertraut auf Gottes Liebe ISBN

Gebet für den Frieden in Syrien und im Nahen Osten am 7. September 2013 anlässlich des Appells von Papst Franziskus

Transkript:

Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern www.bayern-evangelisch.de Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Katharina-von-Bora-Straße 7-13 80 333 München Telefon Zentrale: 089/5595 0 Telefax: 089/5595-666 E-Mail: pressestelle@elkb.de Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm Predigt am Karfreitag, 25. März 2016 in der St. Matthäus Kirche in München Predigttext: 2. Kor. 5,14-21: Denn die Liebe Christi drängt uns, zumal wir überzeugt sind, dass, wenn einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben. Und er ist darum für alle gestorben, damit, die da leben, hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. Darum kennen wir von nun an niemanden mehr nach dem Fleisch; und auch wenn wir Christus gekannt haben nach dem Fleisch, so kennen wir ihn doch jetzt so nicht mehr. Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Liebe Gemeinde, es sind Worte wie aus einer anderen Welt, die wir eben gehört haben. Der Apostel Paulus schreibt von Liebe, von Versöhnung, von der neuen Kreatur, von der Gerechtigkeit, die von nun an herrscht. Und wir kommen hierher in den Karfreitagsgottesdienst des Jahres 2016 mit ganz anderen Gefühlen. Wir sind erschrocken über einen neuen Gewaltexzess, diesmal in der Hauptstadt Europas. Wir empfinden Ohnmacht angesichts einer terroristischen Bedrohung, gegen die uns kein noch so effektiver und umfassender Sicherheitsapparat verlässlich schützen kann. Wir empfinden tiefes Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer von Brüssel, die aus dem Nichts heraus einen der Liebsten verloren haben. Und wir empfinden vielleicht Zorn gegenüber Menschen, die wissentlich und bewusst solches Leid verursachen, indem sie Bomben zünden. Und der Zorn wird größer, wenn sie sich dabei auf den Namen Gottes berufen und Gott damit lästern. Ja, es gäbe schon viele Gründe, in dieser Situation nun selbst das Heil in der Gewalt zu suchen. Den Hass nun selbst mit Hass zu beantworten. Und vielleicht eine ganze Religion zum Ziel dieses Hasses werden zu lassen. Oder auf Rache aus zu sein. Ein Zeitungskommentar am Tag nach den Anschlägen endete mit dem Satz: Sie sind Mörder. Wäre ich ein Polizist, ich würde sie erschießen. Würden wir so reagieren, dann, liebe Gemeinde, hätten die Terroristen gewonnen. Dann wäre es ihnen gelungen, die Saat des Hasses in unseren Gesellschaften aufgehen zu lassen. Dann hätten sie es geschafft, die Orientierung an der Menschenwürde, die unsere demokratischen Verfassungen so kostbar macht, auszuhöhlen. Damit das nicht passiert, deswegen ist der Karfreitag so wichtig. Deswegen ist es so wichtig, dass wir des Leidens und Sterbens Jesu Christi gedenken. Deswegen ist es so wegweisend, wenn wir bedenken, was damals passiert ist. Denn die Karfreitagsgeschichte ist die Geschichte einer Gewalttat. Es ist die Geschichte eines Gewaltopfers. Und es ist die Geschichte von Menschen, die der Gewalt ohnmächtig gegenüberstehen.

Ein Mann zieht umher und predigt. Allein durch sein Wort und durch seine unglaubliche Ausstrahlung gewinnt er die Herzen der Menschen. Wo Menschen Hass und Feindschaft säen, predigt er Liebe. Wo Menschen über andere richten und sie verurteilen, wendet er sich ihnen barmherzig zu. Wo Menschen leichtfertig leben, kündigt er Rechenschaft an. Wo Menschen an ihrer Schuld zu ersticken drohen, vergibt er ihnen. Wo Menschen die Welt untergehen sehen, strahlt er Hoffnung aus. Die Menschen spüren: der Geist, der in diesem Prediger wohnt und in ihm zum Ausdruck kommt, ist der Geist Gottes selbst. Er wird zur Gefahr für die politischen und religiösen Autoritäten. Sie stellen ihm nach. Und weil sie ihm mit Worten nicht gewachsen sind, greifen sie zur Gewalt. Jetzt hätte eigentlich das passieren müssen, was dann immer passiert. Beide Seiten sammeln ihre Regimenter. Es kommt zum gewaltsamen Aufstand. Oder wenn im Volk keine Einigkeit herrscht, zum Bürgerkrieg, mit verschiedenen Kriegsparteien und zahllosen Opfern. Es gibt in der Passionsgeschichte eine Passage, in der deutlich wird, dass dieses Möglichkeit durchaus bestanden hätte. Dass Jesus seine Anhänger hätte mobilisieren und seine Verhaftung hätte verhindern können. Jesus hält sich mit seinen Jüngern im Garten Gethsemane auf, als bewaffnete Leute heranrücken, um ihn festzunehmen eine große Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes so heißt es im Matthäusevangelium. Sie nehmen ihn fest. Einer von denen, die bei Jesus waren, so wird weiter berichtet, streckte die Hand aus und zog sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab. Da hätte er beginnen können, der Aufstand. Da hätte Jesus das Signal geben können, um seine Jünger gegen die drohende Verhaftung und Hinrichtung zu mobilisieren. Aber Jesus sagt: Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte? (Mt 26,51-53).

Jesus wählt nicht den Weg der Gewalt. Damit nimmt das seinen Lauf, was wir Christen nun seit so vielen Jahrhunderten am Karfreitag bedenken, was Künstler in allen Epochen in eindrucksvollen Bildern gemalt haben und was die Musik überall in den Kirchen in die Herzen der Menschen gebracht hat und bringt. Heute abend werden wir hier in der Matthäuskirche Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion hören. Was da beschrieben wird, ist kein Aufstand, ist kein Kampf, ist kein Krieg. Sondern was da beschrieben wird, sind Menschen, die leiden, die mitleiden, die trauern. Und die lieben. Die, die Jesus besonders lieb sind, stehen unter dem Kreuz. Seine Mutter, ihre Schwester, seine Jüngerin Maria Magdalena und wie Johannes schreibt der Jünger, den er lieb hatte. Die verschiedenen Evangelien berichten von einem Jesus, der leidet, der mit dem Tod ringt und der am Ende einen Schrei der Gottverlassenheit ausstößt. So wie Menschen heute leiden, so wie sie heute dem Tod ausgeliefert sind, so wie sie heute an Gott verzweifeln. Sie berichten von einem Folteropfer, das sich an die Seite all der Folteropfer der Geschichte, all der Opfer sinnloser Gewalt von heute, stellt. Der Karfreitag spricht mitten hinein in die Situation der Angst und Ohnmacht gegenüber der Gewalt, die uns im Jahr 2016, und besonders in diesen Tagen nach den Brüsseler Anschlägen das Herz schwer macht. Die Frage: wo ist Gott angesichts von so viel Gewalt? diese Frage ist beantwortet. Er ist mitten unter den Opfern der Gewalt. Er ist mitten unter denen, die angesichts des Todes ihrer Liebsten verzweifelt sind. Er ist mitten unter denen, die Angst haben, was als nächstes kommt. Er ist mitten unter denen, die sich jetzt vor der Ausbreitung von Hass und Menschenfeindlichkeit fürchten. Er ist mitten unter uns. Niemand unterschätze die Kraft, die davon ausgeht, dass der leidende, der gepeinigte, der gekreuzigten Christus jetzt mitten unter uns ist. Niemand unterschätze, was es heißt, dass derjenige jetzt mitten unter uns ist, der die Gewalt überwunden

hat. Niemand unterschätze die Macht der Liebe, die unsere Herzen erreicht, wenn der jetzt unter uns ist, der diese Liebe mit seiner ganzen Person ausgestrahlt hat. Weil Christus unter uns ist, werden wir nicht mit Hass reagieren. Wir werden nicht den Anheizern folgen. Wir werden nicht der Angst das Feld überlassen. Wir werden Botschafter der Versöhnung sein. Nichts weniger als das schärft uns Paulus ein. Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Was heißt das für uns in Zeiten des Terrors? Was heißt das in einer Zeit, in der wir uns ja nun auch mit polizeilichen Mitteln gegen die Bedrohung durch hinterhältige Gewalttäter wehren müssen. In denen es auch zur Aufgabe des Staats gehört, die Menschen dagegen zu schützen? Botschafter der Versöhnung sein, heißt, dass in allem, was an Maßnahmen notwendig ist, die Logik der Gewalt nicht Macht über unsere Herzen gewinnt. Botschafter der Versöhnung sein, heißt, die Angst zu überwinden und mit Kraft, Liebe und Besonnenheit zu reagieren. Botschafter der Versöhnung heißt: sich auf Christus auszurichten, vom Sieg des Lebens zu wissen und auf seinem Weg der Liebe mitgehen, auch wenn die Welt etwas anderes erzählt. Es heißt, aus der Zuversicht zu leben. Der Blick ändert sich, wenn wir auf die Welt mit den Augen der Versöhnung schauen. Es geht nicht mehr um die Einteilung von gut und böse. Es geht um die Einsicht, dass keiner von uns frei ist von Schuld. Und dass Gott uns einen Weg weist, wie wir mit dieser Schuld umgehen können. Es ist ein Weg der Reue und der Buße und vor allem der Zusage, dass Gott uns Menschen vergibt, wo wir ihn darum bitten. Er wendet sich uns barmherzig zu, in jeder Situation dieses Lebens. Das sagt der Blick auf den leidenden Christus, der uns versöhnt.

Und noch etwas: Wir werden die Hoffnung nie aufgeben, dass durch die Kraft der Menschwerdung Gottes, durch die Versöhnungskraft Jesu Christi, selbst Unmenschen zu Menschen werden können. Manchmal ist es gut, wenn man den griechischen Urtext neutestamentlicher Texte genau anschaut, um sie zu verstehen. Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber... sagt Paulus. Da steht nicht: versöhnte die Frommen, da steht nicht: versöhnte die Christen, da steht nicht: versöhnte die Menschen guten Willens. Nein! Da steht: Gott versöhnte die Welt mit sich selber. Auf Griechisch: ton kosmon den ganzen Kosmos!! Dieser Satz anders kann ich ihn nicht lesen ist eine große Liebeserklärung an die Welt. Dieser Satz von der Versöhnung der Welt ist ein Aufruf, ganz in der Welt zu leben, die Welt mit neuen Augen zu sehen, sich für die Welt zu engagieren, sich dafür einzusetzen, dass die Botschaft von der Versöhnung sich ausbreitet zwischen Menschen, zwischen Völkern oder zwischen sozialen Klassen. Die Welt braucht uns Christen. In Zeiten des Terrors vielleicht mehr denn je. Denn wir Christen nennen uns nach einem, der als Gewaltopfer gestorben ist. Wir Christen sind an die Seite derer gestellt, die heute Gewalt erleiden. Und wir Christen leben von der Versöhnungsbotschaft. Wir hören sie manchmal selbst nicht. Aber wir lassen uns immer wieder von neuem von ihr rufen. Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Diese Welt ist nicht verloren. Sie wartet darauf, dass die neue Kreatur sichtbar wird. Sie wartet auf Ostern. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN