Bedingungen für Elternschaft und gelingende Vereinbarkeit in der Wissenschaft Ergebnisse des Projekts Balancierung von Wissenschaft und Elternschaft BAWIE Dr. Inken Lind, Kathrin Samjeske
I. Zielsetzungen / Methodik II. III. IV. Stichprobenbeschreibung Ergebnisse Lebens- und Arbeitssituation Kinderwünsche und Barrieren Wissenschaftler/innen ohne Kinder Wissenschaftler/innen mit Kindern Fazit und Konsequenzen
Zielsetzung und Methodik Ziele: Erkenntnisse zu aktueller Situation, Bedingungen generativer Entscheidungen und gelingender Vereinbarkeit Methodik: Quantitativ Qualitativ Vollerhebung des wissenschaftlichen Personals an 19 Universitäten (Online-Erhebung) 60 vertiefende Telefon-Interviews
Online-Erhebung Items: 257 Themenbereiche: Partnerschaft, Berufliche Situation, Kinderwünsche, Elternschaft, Vereinbarkeit, Zufriedenheit mit zentralen Lebensbereichen, Angaben zur Person Rücklauf: 22% Gesamt (Frauen: 30%; Männer: 19%)
Stichprobe: N = 8.680 Alter: Geschlecht: Qualifikation: Elternschaft: MW = 38,5 Jahre 49% bis zu 35 Jahre 57% Männer 43% Frauen 44% Doktoranden/innen 39% Promotion 17% Habilitation 53% Männer mit Kind(ern) 40% Frauen mit Kind(ern)
Zugehörigkeit zu Fächergruppen nach Geschlecht
Ergebnisse der quantitativen Erhebung
Partnerschaftliche Situation Feste Partnerschaft: Dual Career Couple: Qualifikation: Wissenschaftler/in: 83% der Männer 80% der Frauen 72% Gesamt 78% der Frauen 68% der Männer 56% Partner/innen Akademiker/innen 26% Partner/innen promoviert/habilitiert 29% Frauen mit Partner in Wissenschaft 18% Männer mit Partnerin in Wissenschaft
Rollenverteilung (Eher) traditionelle Rollenverteilung: 57% der Frauen überwiegend/stärker zuständig 12% der Männer überwiegend/stärker zuständig Egalitäre Rollenverteilung: 50% der kinderlosen Wissenschaftler/innen 27% der Wissenschaftler/innen mit Kindern
Stellenstatus
Arbeitssituation Stellenstatus: Befristung: 71% befristet beschäftigt 86% befristet Beschäftigte im Mittelbau Frauen häufiger (80%) als Männer (65%) Kinderlose Männer häufiger als Väter ab 35 Jahre (86% vs. 74%)
Wochenarbeitszeit Mehr als 30 Stunden: Bis 20 Stunden: 70 % Gesamt 63 % Mittelbau 22 % Gesamt 26 % Mittelbau Frauen haben häufiger 50% Stellen, unabhängig von einer Mutterschaft Durchschnittliche Mehrarbeit: 12 Stunden
Einschätzung der akademischen Perspektiven
Einschätzung der akademischen Perspektiven 44% bewerten Perspektiven negativ Frauen bewerten Perspektiven pessimistischer als Männer (MW= 3,36 vs. 3,7) Mütter bewerten pessimistischer als kinderlose Wissenschaftlerinnen (MW= 3,23 vs. 3,44)
Also ich denke, bisher hab ich die Sachen relativ zügig gemacht und habe jetzt eben diese Gruppenleitung. Das ist eigentlich ( ) keine schlechte Ausgangsvoraussetzung. Aber ich weiß, welches Risiko ich eingehe mit dieser Entscheidung für das Kind jetzt. Frau Dr. A., 32 J., schwanger Solang ich keine Kinder habe, sind die Perspektiven eigentlich einigermaßen gut. Wenn ich welche hätte, äußerst schlecht. Frau Dr. C, 34 Jahre, keine Kinder
Stellenwert von Aspekten wissenschaftlicher Arbeit
Stellenwert verschiedener Aspekte Inhalte: am wichtigsten, vor allem den Müttern Balance von Beruf und Familie: am zweitwichtigsten, vor allem Eltern Aufstieg und Position: am wenigsten wichtig, für Eltern wichtiger als für Kinderlose
Erschöpfungssymptome
Gesamtstichprobe MW = 3,8 Erschöpfungssymptome Frauen häufiger Erschöpfungssymptome als Männer (MW = 4,0 vs. 3,61) Kinderlose häufiger Erschöpfungssymptome als Eltern (MW= 3,87 vs. 3,34) Mittelbauangehörige häufiger Erschöpfungssymptome als Professoren/innen (MW= 3,81 vs. 3,74) Kein direkter Zusammenhang zwischen Wochenarbeitszeit und Erschöpfungssymptomen
Kinderwünsche Kinderlose: Eltern: 70% eindeutige Kinderwünsche 17% ambivalent 12% keine Kinderwünsche (mehr) 27% weitere Kinderwünsche 20% ambivalent 54% kein weiterer Kinderwunsch
Realisierungswahrscheinlichkeit Kinderwunsch
Realisierungswahrscheinlichkeit nach akademischen Perspektiven
Barrieren gegen Familiengründung
Also mir war immer klar, dass ich gerne Familie möchte. Das war eigentlich immer ein Wunsch, und das sah bei meinem Partner ähnlich aus. Es war klar, solange von uns keiner auch eine auf ein bisschen mehr als ein halbes Jahr Perspektive eingerichtete Stelle hat und dann noch an verschiedenen Orten, ist es einfach nicht drin. Frau Dr. D., 32 J., keine Kinder Dass ich Kinder haben wollte, das war für mich eigentlich schon sehr schnell klar ( ).Wir hätten mit Sicherheit auch schon deutlich früher Kinder bekommen, wenn einfach die Stellensituation für uns etwas besser geklärt gewesen wäre, bzw. wenn einfach ein bisschen mehr eine Perspektive da drin gewesen wäre. Herr Dr. Y., 32 Jahre, erwartet erstes Kind
Realisierungswahrscheinlichkeit Kinderwunsch Prädiktoren: Alter Stabile Partnerschaft Positive berufliche Perspektive Stellenwert der WLB Vermutete negative Konsequenzen
Barrieren Realisierung Kinderwunsch: Hauptsächlich im beruflichen Bereich: 36% Frauen; 31% Männer Hauptsächlich im persönlichen Bereich: 28% Frauen; 39% Männer In beiden Bereichen: 36% Frauen; 30% Männer
Profilgruppen kinderloser Wissenschaftler/innen
Wissenschaftler/innen mit Kindern Zeitpunkt der Familiengründung Erschöpfung Work-Life-Balance Konsequenzen der Elternschaft Schwierigkeiten der Vereinbarkeit / Wünsche Aspekte der Institutionen / Fächergruppen Profilgruppen von Eltern
Zeitpunkt der Familiengründung
Familiengründung: Während Pomotion: 26% Nach Promotion: 25% Frauen auf niedrigeren Stufen Kinderzahl: Beruf Partner/in: Stellenstatus: Familiengründung / Kinderzahl Frauen 1,6 Kinder Männer 1,9 Kinder Wissenschaftler-Paare weniger Kinder Befristet Beschäftigte weniger Kinder
Erschöpfungssymptome nach Familienphase und Geschlecht
Zufriedenheit mit Work Life Balance
Berufliche Konsequenzen der Elternschaft Negative Konsequenzen erleben: u.a.: Zurückhaltende Förderung: Ausschluss aus Netzwerken: Negative Leistungszuschreibung: Weniger Publikationen: 48% der Mütter 24% der Väter 49% Mütter; 12% Väter 41% Mütter; 15% Väter 32% Mütter; 7% Väter 83% Mütter; 60% Väter
Die Kinder haben meinen Karriereweg natürlich sehr stark verzögert ( ). Ich wollte eigentlich auch noch ins Ausland gehen und so, das hab ich alles dadurch nicht gemacht und es war dann auch klar, dass ich Stellenangebote in bestimmten anderen Orten nicht annehmen konnte. Frau Dr. B. 47, 2 Kinder
, dass man unter vielen Wissenschaftlern nicht mehr für voll genommen wird, wenn man nicht von morgens acht bis nachts um zehn anwesend ist ( ). Weil ganz viele sich eben nicht um die Familie kümmern oder alleinstehend sind. Die sind von morgens sieben/acht da bis nachts um elf und am Wochenende auch. Und dann ist man halt dann nicht mehr so angesehen, wenn man jetzt andere Prioritäten setzt. Herr Dr. P., 34 J., 1 Kind
u.a.: Größte Schwierigkeiten bei Vereinbarkeit Hohe Anforderungen an Arbeitsstunden (37%) Zusammentreffen von Qualifikations- und Familienphasen (32%), besonders für Mütter Mangelnde Kinderbetreuung (30%) Mobilitätsanforderungen (28%) Altersgrenzen (25%) Nachteile beim beruflichen Aufstieg (15%)
Zufriedenheit mit Vereinbarkeit nach Universität Mittelwerte variieren zwischen 3,03 und 3,71 (sign.) Eltern zufriedener als Kinderlose (MW= 3,68 vs. 3,32) Männer zufriedener als Frauen (MW= 3,65 vs. 3,34)
Zufriedenheit mit Vereinbarkeit nach Fächergruppen Mittelwerte variieren zwischen 3,04 und 3,85 Vereinbarkeit am besten bewertet von: Ingenieurwissenschaftler/innen (MW=3,85) Vereinbarkeit am schlechtesten bewertet von: Mediziner/innen (MW=3,04)
Zufriedenheit mit Vereinbarkeit nach Fächergruppen Tendenziell: Je höher der Frauenanteil in einer Fächergruppe, desto negativer die Bewertung der Vereinbarkeit ABER: Ausnahmen! (z.b. Math./Naturwissenschaften) Komplexe Verschränkungen zwischen Geschlecht / Universität / Disziplin / Kontexten
Es gibt hier eine hervorragende Gleichstellungsbeauftragte und eine ganze Reihe Programme, die durchgezogen werden. ( ) Wir haben auch in unserer Abteilung in den leitenden Positionen Mitarbeiter, die halt langfristig in der Regel beschäftigt sind. Wir haben im Augenblick wirklich mehr Arbeitsgruppenleiter, die Frauen sind als Männer und alle haben entweder Kinder, oder kriegen gerade ein Kind. Also das geht im Prinzip schon. Und die Forschungsleistung ist, würd ich sagen, trotzdem bestimmt nicht schlechter als die von anderen Instituten. Herr Prof. T, 42 J., 2 Kinder
Wie gesagt, das hängt halt sehr stark immer an dem jeweiligen Chef, was der da zulässt oder nicht. Und ich denke, es hängt halt auch sehr häufig damit zusammen, in welchem ja Lebensabschnitt der Chef sich befindet. Herr Dr. N. 32 J., erwartet erstes Kind
Wünsche für bessere Vereinbarkeit Männer o. Kind/er Männer mit Kind/ern Frauen o. Kind/er Frauen mit Kind/ern Flexible Kinderbetreuung 48,80 52,4 55,3 61,1 verläßliche langfristige Perspektive 37,9 35,7 34,3 40 Arbeitszeitflexibilität 25,4 29,4 38,5 41,5 0 10 20 30 40 50 60 70 Angaben in %
Profilgruppen Wissenschaftler/innen mit Kindern
Was erleichtert die Balancierung? Persönlich: Feste, zufriedenstellende Partnerschaft Hohe Unterstützung durch Partner/in Hohe berufliche Motivation Strukturell: Planungssicherheit Unterstützendes berufliches Umfeld Anerkennung von Leistung(sfähigkeit) Vermeidung beruflicher Nachteile Flexible Arbeitszeiten/-orte Kinderbetreuung
Kurzfristig: Konsequenzen Spielräume in bestehenden Strukturen nutzen Kommunikation von Vereinbarkeitsoptionen und Wertschätzung von Elternschaft Mittelfristig: Beseitigung negativer beruflicher Konsequenzen für Eltern Planungssicherheit in Karrieren Flexible Kinderbetreuungseinrichtungen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bedingungen für Elternschaft und gelingende Vereinbarkeit in der Wissenschaft Ergebnisse des Projekts Balancierung von Wissenschaft und Elternschaft BAWIE Dr. Inken Lind, Kathrin Samjeske