Aiman, Salem und Omar waren beste Freunde. Sie gingen gemeinsam in die Schule, spielten nachmittags zusammen im Park und jeden Samstag waren sie zum Arabischlernen in der Moschee. Die Drei waren wirklich unzertrennlich. Eines Nachmittags fuhren die Freunde mit ihren Fahrrädern durch den Park, als sie am Spielplatz einen Jungen mit einem Skateboard sahen. Er war wohl in eine Pfütze gefallen, denn seine Kleider waren über und über mit Matsch verschmutzt. Und seine Hose war am Knie zerrissen. Guckt euch den an! kicherte Omar ein wenig hämisch. Will der etwa so auf den Spielplatz? Der ist ja voll dreckig! Ja! lachte Aiman, Igitt! Und nass ist er auch noch. Hat er sich etwa in die Hose gemacht?! Schon fingen sie an zu lachen, und der Junge sah aus, als ob ihm das ziemlich peinlich wäre. Er nahm sein Skateboard in die Hand und lief zur Schaukel. Hey! rief Aiman schnell, du machst die Schaukel schmutzig. Hier dürfen nur saubere Kinder spielen klar? Ich darf spielen wo ich will sagte der Junge. Die drei Freunde stellten sich um ihn und schauten ihn bedrohlich an. Da nahm er sein Skateboard in die Hand, stellte es neben den Spielplatz auf den Gehweg und stellte sich darauf. Mit euch will ich sowieso nicht spielen, sagte er, und fuhr davon. Quelle: Nadia Naji Illustration: Tangenda Design grünebanane Kinderprojekt von muslimehelfen e.v. Kaiser-Wilhelm-Str.15 67059 Ludwigshafen Tel 0621 / 4054 67 42 Fax 0621 / 4054 67 40 www.grünebanane.de team@gruenebanane.de Lizenz: Dieses(s) Werk bzw. Inhalt von muslimehelfen e.v. steht unter einer Creative Commons Namensnennung - nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz. Beruht auf einem Inhalt unter www.grünebanane.de. Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter http://grünebanane.de/urheberrechte erhalten.
Seite 2 Aiman, Salem und Omar kamen sich ziemlich stark vor. Bald schon hatten sie den Jungen mit dem Skateboard vergessen. Tage und Wochen vergingen und die Sommerferien fingen an. Salem und Omar gingen mit ihren Familien in den Urlaub. Nur Aiman blieb zurück. Das war ziemlich langweilig! Den ganzen Tag lang zog er ziellos umher und wusste nicht was er tun sollte. Seine Mutter versuchte, ihn ein wenig abzulenken. Sie backten zusammen Kuchen, spielten Brettspiele und einmal gingen sie sogar zusammen ins Theater. Aber Aiman vermisste seine Freunde sehr. Als er an einem besonders sonnigen Tag alleine zum Spielplatz radelte, sah er den Jungen mit dem Skateboard wieder. Diesmal war er nicht allein. Er hatte zwei Freunde bei sich. Als die drei Aiman sahen, fingen sie an zu tuscheln, und der Junge zeigte immer wieder auf Aiman. He du! rief schließlich einer von den dreien. Der war ziemlich groß und hatte ein kreisrundes Gesicht, das Aiman wütend anstarrte, du hast hier nichts zu suchen! Ach ja? meinte Aiman mutiger, als er sich fühlte, ist das etwa dein Spielplatz? Dieser Spielplatz ist nur für Deutsche sagte der Junge mit dem runden Gesicht. Ich bin auch Deutscher! sagte Aiman beleidigt. Ich meinte richtige Deutsche, nicht so welche wie du, lachte der Junge mit dem runden Gesicht. Ihr macht doch nur Ärger. Du hast neulich meinen Freund hier nicht spielen lassen. Und jetzt bist du dran. Los, ab nach Hause! Aiman wollte sich wehren. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Aber ohne Salem und Omar kam er sich nicht mehr so stark vor. Pah! machte er, mit euch will ich sowieso nicht spielen! Dann stieg er auf sein Fahrrad und fuhr davon.
Seite 3 Die bleiben ruhig, auch wenn man sie provoziert, und fangen keinen Streit an. Aber DIE haben doch angefangen! wehrte sich Aiman. Und wir müssen uns doch verteidigen! Weist du, Aiman, was der beste Weg ist, einen Feind zu besiegen? fragte Papa geheimnisvoll. Was denn? Aiman lehnte sich weit nach vorne, um das Geheimnis zu hören. Papa schaute ihm tief in die Augen. Man macht ihn sich zum Freund sagte er bestimmt. So wie unser Prophet (s) es immer getan hat. Viele versuchten ihn zu provozieren. Sie beschimpften ihn, machten sich über ihn lustig und versuchten, ihm Angst zu machen. Aber er blieb immer freundlich und hilfsbereit. So besiegte er viele Feinde. Und das Beste daran war, er gewann dabei jedes Mal neue Freunde. Das ist viel besser als Zanken. Denk mal drüber nach. Zuhause setzte er sich traurig an den Küchentisch. Nanu? hörte Aiman plötzlich Papa hinter sich, Wie siehst du denn aus? Ist was passiert? Aiman erzählte seinem Vater von den Jungen im Park. Als sein Bericht zu Ende war, machte er sich auf seinem Stuhl ganz groß. Aber wenn Omar und Salem wieder da sind, und wir die Jungen noch mal sehen, dann können die was erleben! Und dann? wollte Papa wissen, werdet ich euch dann bis in alle Ewigkeit zanken? Wenn wir mit denen fertig sind, spielte sich Aiman auf, dann trauen die sich nie wieder mit uns zu zanken! So, so sagte Papa nachdenklich, dabei dachte ich, ich hätte einen starken Sohn. Hast du doch auch! sagte Aiman verdutzt. Das wird sich zeigen, sagte Papa, denn stark sein hat nichts mit kämpfen zu tun oder damit, anderen Angst zu machen. Was denn dann? wollte Aiman wissen. Stark sein ist, wenn man sich von anderen nicht provozieren lässt. Provo- was? fragte Aiman. Provozieren, sagte Papa. Das ist wenn andere versuchen, einen wütend zu machen. Und die wirklich Starken, das sind die, die das nicht mit sich machen lassen. Aiman dachte darüber nach. Den ganzen restlichen Tag, und die ganze Nacht und den ganzen Tag danach. Er hatte immer gedacht, dass stark sein, etwas damit zu tun hatte, dass andere Angst vor einem hatten. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto dümmer fand er diese Vorstellung. So wie der Prophet (s) es gemacht hatte, war doch viel schlauer. Bald kamen Omar und Salem aus dem Urlaub nach Hause. Endlich! Aiman konnte es kaum erwarten, wieder mit ihnen Fahrrad zu fahren. Im Park war es mittlerweile Herbst geworden und der Wind pfiff den Jungen um die Ohren. Sie waren schon fast am Spielplatz, als sie wieder den Jungen mit dem Skateboard sahen. Er wollte durch eine Pfütze rasen. Aber dann schlitterte das Skateboard plötzlich unter ihm weg und schoss mitten in die Rosenhecke am Wegrand. Der Junge plumpste vor der Hecke auf den Boden, blieb einen momentlang verdutzt sitzen und sprang dann zur Hecke in der sein Skateboard verschwunden war. Aiman und seine Freunde sahen zu. Omar und Salem fingen an zu kichern. Aber Aiman konnte diesmal nicht darüber lachen. Kommt mit, sagte er, vielleicht braucht er Hilfe Seine Freunde schauten ihm verwundert nach und folgten ihm langsam. Der Junge mit dem Skateboard
Seite 4 kniete auf dem Boden und versuchte verzweifelt an sein Board zu kommen, das tief unter der Hecke in den Rosendornen festhing. Aiman setzte sich neben ihn und lugte unter die Hecke. Das ist ja ganz schön tief gerutscht, sagte er. Willst du dich jetzt über mich lustig machen? brummte der Junge aufgebracht. Es tut mir Leid wegen neulich, sagte Aiman nur und streckte den Jungen die Hand hin. Ich bin Aiman und das sind meine Freunde Omar und Salem. Omar und Salem winkten etwas verlegen. Ich bin Jonas, sagte der Junge mit dem Skateboard. Jonas deutete unter die Rosenhecke: Ich komm an mein Board nicht ran. Es sind zu viele Dornen. Wir könnten die Hecke mit unseren Fahrrädern nach hinten drücken! meldete Salem sich zu Wort, vielleicht kommst du dann besser dran. Gemeinsam setzten sie Salems Plan in die Tat um. Sie drückten ihre Fahrräder so fest sie konnten gegen die Hecke. Jonas streckte den Arm weit aus und bekam ein Vorderrad des Skateboards zu fassen. Aiman erwischte das zweite Rad. Gemeinsam zogen sie das Skateboard unter der Hecke hervor. Danke, sagte Jonas als er sein leicht zerkratztes Board wieder in den Händen hielt. Ihr seid ja doch nicht so übel. Du auch nicht, grinste Aiman. Jonas war überhaupt nicht übel. Er war sogar super nett. Aiman, Omar und Salem durften auf seinem Skateboard ein paar Runden drehen, und Jonas zeigte ihnen sogar ein paar Tricks darauf. Sie landeten regelmäßig auf ihrem Hosenboden und sahen nach ein paar Versuchen ziemlich verdreckt aus. Doch ihre Augen leuchteten und ihr Lachen hörte man quer durch den Park. Die Freunde von Jonas waren auch nett. Sogar der Junge mit dem runden Gesicht, der übrigens Kevin hieß, stellte sich als sehr lustig heraus als sie das nächste Mal alle zusammen auf dem Spielplatz tobten. He Kevin kicherte Aiman als sie gerade eine Pause machten, ich denke der Spielplatz ist nur für richtige Deutsche! Kevin tippte sich lachend an die Stirn. Wer sagt denn so was? Na du! grinste Aiman zurück und war froh, dass sie nun gemeinsam spielen konnten. Er hatte seine Feinde zu Freunden gemacht. Und irgendwie fühlte er sich dadurch stärker und mutiger als je zuvor.
Fragen Was bedeuten die Worte provozieren, Skateboard, zanken und richtige Deutsche Wie heißen die 5 Jungen, die in dieser Geschichte vorkommen? Anhand der Namen kann man manchmal erkennen, woher jemand stammt. Stimmt das in dieser Geschichte auch? Kevin sagt zu Aiman, er sei kein Deutscher. Denkst Du, er hat Recht? Andere nicht zu mögen und schlechter zu behandeln, nur weil sie anders aussehen oder sprechen, nennt man Rassismus. Hast Du das schon mal selbst erlebt? Wie hat es sich angefühlt? Hast Du Freunde, deren Eltern aus anderen Ländern stammen? Zähle sie auf und versuche ihre Länder auf einer Landkarte zu finden. Was weißt Du über diese Länder und Kulturen? Im Islam sind alle Muslime Brüder und Schwestern darf es dann Rassismus im Islam geben? Denkst Du, dass es richtig ist, andere Menschen, die keine Muslime sind, schlechter zu behandeln? Wie hat sich der Prophet Mohammed (s) dazu verhalten? Viele sagen schlechte Dinge über den Islam, die Muslime oder über unseren Propheten (s) Warum denkst Du, sagen sie so etwas? Können wir mit unserem eigenen Verhalten etwas dagegen tun? Vergleiche dazu das Verhalten von Aiman und seinen Freunden. Kennst Du Erzählungen darüber, wie sich der Prophet Mohammed (s) verhalten hat, als man ihn schlecht behandelt hat? Sucht gemeinsam in Büchern, was Ihr dazu findet. Hast du alles gut beobachtet? v.2