Die Architekturmodelle auf der Weltausstellung in Paris 1937

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Transkript:

Die Architekturmodelle auf der Weltausstellung in Paris 1937 Im vorderen Bereich der Ausstellungshalle wurden den Besuchern des Deutschen Pavillons die sogenannten Führerbauten in Form von sechs Architekturmodellen präsentiert. Zu ihnen zählte das Modell des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg (Abb. 2), welches mittig im Raum positioniert war. Unter dem Architekten Paul Ludwig Troost (1878 1934) und ab 1934 unter Albert Speer (1905 1981) entstand das Gesamtkonzept für die Bebauung eines 30 km² großen Geländes in Nürnberg, das die Bedeutung des NS-Regimes veranschaulichen und die Parteitage als Propagandafeste in Szene setzen sollte. Entlang einer 8 Kilometer langen Achse reihten sich Luitpoldarena, Kongresshalle, Deutsches Stadion, die beiden Aufmarschplätze (Zeppelinfeld und Märzfeld) sowie Bahnhöfe und Lager. Das Modell in Paris bot den Besuchern einen Überblick über den Umfang des Bauvorhabens und die offizielle Architektur des NS-Regimes. Die Repräsentationsbauten bewiesen den Hang zu aufwändiger Gestaltung in klassisch-antiker Formensprache mit Marmor imitierendem Jurakalk und zur Inszenierung mit Fahnen, Girlanden, NS-Symbolen und nächtens durch Kunstlicht. Eingangs auf der rechten Seite (Pos. A) befanden sich Modelle der Kongresshalle in Nürnberg und eines Reichsautobahnabschnitts. Gegenüber, vor der linken Wand (Pos. B), standen Modelle des Adolf-Hitler-Platzes in Weimar und des KdF-Seebades Prora auf Rügen (Abb. 3). Auftraggeber des Seebades, das der Architekt Clemens Klotz ab 1935 entwarf, war Robert Ley, Führer der Deutschen Arbeitsfront und Reichsorganisationsleiter. Prora war ein 5 Kilometer langer, segmentbogenförmiger Gebäudekomplex, dessen acht 500 Meter lange Bettenhäuser parallel zum Strand lagen und 20.000 Urlauber unterbringen sollten. Gegliedert war die Anlage durch quergelagerte Gemeinschaftshäuser, die bis zum Strand reichten, Liegehallen, Theater, Restaurants, Cafés, Spielräume und einen zentralen Festplatz für Massenveranstaltungen. Als moderner Stahlskelettbau war die Anlage dem Funktionalismus verpflichtet, gleichzeitig zeigte sie eine volkstümliche Bauweise bei den Gefolgschaftshäusern für die Angestellten und die klassizistische, monumentale Formensprache der Staatsarchitektur für den Repräsentationsbereich. Ganz so wie die zeitgenössische nationalsozialistische Kunstbetrachtung zwischen Partei- bzw. Staatsbauten und den Freizeit- und Erholungsheimen unterschied, bei denen es auf die Einbettung in die Landschaft, auf Rationalität und Funktionalität ankam. Auf der

Weltausstellung stieß das Modell Prora auf großes Interesse, denn ein Seebad für 20.000 Urlauber, in dem alle Zimmer Meerblick aufwiesen, galt als sehr fortschrittlich und imponierte Architekten genauso wie Reiseveranstaltern anderer Länder. Nachdem der Besucher die Ausstellungshalle durchschritten und die Abteilungen betrachtet hatte, gelangte er zum Ehrenpodium, das, auf Kunst und Handwerk fokussiert, als Resümee der Gesamtpräsentation erschien. In der Mitte stand das schon von weitem sichtbare Modell des Hauses der Deutschen Kunst für München (Abb. 4). Dieses Ausstellungsgebäude an der Prinzregentenstraße wurde nach Entwurf von Paul Ludwig Troost zwischen 1933 und 1937 erbaut und parallel zur Weltausstellung eröffnet. Es handelt sich um einen modernen Pfahlbau, der ähnlich dem Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung mit Natursteinplatten verkleidet ist, ein großes Oberlicht, Bronzetüren und einen roten Fußboden aufweist. Die besondere Positionierung der Modelle direkt am Eingang und als Höhepunkt am Ende der Halle zeigt, welchen hohen Stellenwert diese Bauprojekte im Dritten Reich einnahmen und dass man durch sie versuchte, das neue Deutschland international als Kultur- und Kunstnation darzustellen. Dass dies gelang, machen die 15 Grands Prix deutlich, die Deutschland für die Architekturentwürfe erhielt. In diesen Modellen, die unterschiedliche Baufunktionen veranschaulichten - Repräsentationsbauten (Weimar, Nürnberg), Kulturbau (München), Freizeitbau ( Prora ) und Infrastruktur (Autobahn) - drückten sich im NS-Verständnis das technische und künstlerische Können, der Arbeitswille und die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes aus, mit denen man die internationale Anerkennung suchte. Sie führten die Bedeutung des Reiches und den Führerwillen vor Augen, ohne dass Hitler im Pavillon in bildlicher Form in Erscheinung trat. Das Modell des Hauses der Deutschen Kunst bot sich altargleich auf dem chorähnlichen Ehrenpodium dar und demonstrierte dadurch den herausragenden Stellenwert der Kunst im Dritten Reich. Die ausschließliche Konzentration auf Handwerk und Kunst stellte, als gemeinsames Ziel, visuell und faktisch die gesamte Halle mit ihren vielen technischen Exponaten unter das Zeichen einer nationalsozialistischen kulturellen Einheit. Sämtliche Modelle wurden 1935 auf dem Reichsparteitag in Nürnberg, 1936 zur Olympiade in Berlin, 1937 parallel zur Weltausstellung auf inländischen

Ausstellungen und schließlich 1938 auf der Münchener Architektur-und Kunsthandwerkausstellung gezeigt. Nur das Modell des Hauses der Deutschen Kunst ist im Original erhalten, alle anderen bestehen heute lediglich als Nachbildungen. Sarah Brandt Quellen: Karl Drechsel, Das Haus der Deutschen Kunst. Neuer Glaspalast München, München 1934; Ruppel (Hg.) 1937; Gerhard Starcke, Frankreich in 8 Tagen erlebt. Die Weltausstellung in Paris, in: Arbeitertum 7, 1937, H. 12, S. 14-17. Literatur: Yasmin Doosry, Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen : Studien zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Tübingen, Berlin 2002; Martin Kaule, Geschichte und Gegenwart des KdF-Seebads Rügen, Berlin 2014; Winfried Nerdinger, Bauen im Nationalsozialismus. Bayern 1933 1945, München 1993. Abb. 1: Grundriss Deutscher Pavillon (Markierungen Sarah Brandt)-

Abb. 2: Modell des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg [Hoffmann 1937, S. 27].

Abb. 3: Modell des KdF-Bades Prora auf Rügen von Clemens Klotz mit dem Festhallenentwurf von Erich zu Putlitz [Baugilde. Zeitschrift der Fachgruppe Architekten in der Reichskammer der bildenden Künste 18, 1936 H. 28), S. 819]. Abb. 4: Ehrenpodium mit Modell des Hauses der Deutschen Kunst in München [Postkarte, Photo Hoffmann, 1937 (Privatbesitz)].