Manuskript Notizbuch Titel Milch, Eier und Klopapier Nahrungsmittel nach Hause liefern lassen AutorIn: Hanna Maier Redaktion: Sendedatum: 08.05.2017 Wirtschaft und Soziales Sendezeit Programm: 10.05-12.00 Uhr Bayern 2 ID/Prod.-Nr.: Produktion: Arbeitstage: 5 Mitwirkende: Beitragslänge: Musik: Wortmeldung: Moderation/Infos: Laura Stenzel (Studentin und Kundin), Christoph Marx (Avocando), Mo (Lieferer für Amazon) ~5 min Am Freitag hat der Online-Händler Amazon sein neues Angebot Amazon Fresh auf den Markt gebracht. In Berlin und Potsdam kann man jetzt seine Lebensmittel online bestellen und bekommt sie innerhalb von zwei Stunden nach Hause geliefert. Vorläufer war Amazon Prime Now. Ähnliches Konzept, nur für Lebensmittel und die klassischen Amazon- Produkte gleichzeitig. Perspektivisch soll es Amazon Fresh bundesweit geben. Das Konzept ist aber nicht neu. Viele Lebensmittelhändler haben schon eigene Lieferdienste eingerichtet. Doch die Deutschen waren bisher zaghaft: Die Zeitfenster von meist zwei Stunden, innerhalb derer geliefert wird, sind vielen zu groß. Außerdem wissen viele nicht, was passiert, wenn sie zum Lieferzeitpunkt nicht da sind oder ob der Lieferservice die Pfandflaschen mitnimmt. Und kosten die Lebensmittel vom Bringdienst nicht auch viel mehr als im Supermarkt? Hanna Maier hat sich schlau gemacht. Seite 15
BEITRAG OT1 Laura nutzt Rewe online (19 sec): Also ich nutz Rewe online ab und zu (Kindergequengel: Luis hat die Höhle kaputt gemacht) Ich komme gleich, ja? Wir bauen sie gleich wieder auf, ja? Also, am allerliebsten nutze ich Rewe Online von den ganzen Lieferdiensten, weil die auch Milch und Joghurt und alles haben. (Atmo weiterlaufen lassen) Laura Stenzel ist Mutter, studiert Medizin und lebt in einer Münchner Altbauwohnung im dritten Stock. Kein Auto, zwei Kinder und ein anstrengendes Studium lassen ihr wenig Zeit für Alltägliches. Deswegen bestellt sie ihre Lebensmittel manchmal im Internet. OT2 Ein- bis zweimal im Monat kauft sie dort ein (12 sec): Vielleicht kauf ich so naja, mindestens einmal im Monat, würde ich sagen, und wenn ein bisschen mehr Geld da ist, dann auch zweimal im Monat, dann so im Schnitt. Die Lebensmittel kosten Online etwa so viel wie im Laden auch. hinzu kommt noch die Liefergebühr zwischen drei und fünf Euro. Insgesamt gibt Stenzel jedes Mal so etwa 100 Euro aus. Das ist es ihr wert: Denn dafür muss sie die schweren Sachen nicht tragen. Und bei der nächsten Lieferung nimmt der Lieferant auch die leeren Pfandflaschen wieder mit. Praktisch und bequem soll es für Laura Stenzel sein. Doch in Deutschland bestellt bisher nur etwa ein Prozent der Verbraucher seine Lebensmittel online. Das liegt zum einen daran, dass die meisten Märkte nur in Ballungsgebieten liefern. Aber auch Laura Stenzel hat gute Gründe, zusätzlich selbst in den Supermarkt zu gehen: OT3 Trotzdem noch zum Supermarkt (16 sec): Vor allem Gemüse hole ich lieber noch so im Supermarkt Ich suche es mir lieber noch selber aus und Seite 25
schau, ob es frisch ist. Aber bei Milch und Wasser und Öl und Waschmittel (lacht) das muss ich nicht im Laden kaufen (Kindergequengel). Leute wie Laura Stenzel sind für Christoph Marx die Lieblingskundschaft: Urban geprägt, mit dem Smartphone unterwegs und immer unter Zeitdruck. Marx betreibt Avocando, eine Art Vermittlungsplattform für Lebensmittel. Wer zum Beispiel online nach einem Bolognese-Rezept sucht, bekommt von seiner Firma angeboten, das Fleisch und die Tomaten direkt nach Hause geliefert zu bekommen. Er kennt den Online-Markt für Lebensmittel also gut und ist überzeugt davon, dass Händler und Kunden Vorteile haben: OT4 Marx zu Vor- und Nachteilen (34 sec): Die Kunden ziehen aus dem Versand den Vorteil einer höheren Bequemlichkeit, einer größeren Auswahl, einer besseren Vergleichbarkeit. Für die Händler besteht natürlich die Möglichkeit, die Kunden durch einen guten Service noch enger zu binden. Weil die Supermarktdichte in Deutschland ist nun mal sehr hoch. Und online, wenn man da einmal eine gute Erfahrung gemacht hat, dann bleiben die Verbraucher diesem Händler auch sehr häufig treu. Und gerade jetzt in der aktuellen Zeit, wo Digitalisierung und Smartphones eine immer größere Rolle spielen, ergeben sich da für die Händler natürlich auch Möglichkeiten, neue Kundengruppen zu gewinnen. Denn der Lebensmitteleinzelhandel ist schwer umkämpft. Und dann kam im vergangenen Jahr auch noch Amazon dazu. In Berlin und München bietet der Online-Händler seinen Premium-Kunden seitdem an, neben den klassischen Amazon-Produkten auch Lebensmittel zu liefern. Seit Amazon auf dem Markt ist, werben die anderen Supermärkte immer aggressiver um Kunden, sagt Christoph Marx von Avocando. Sie verteilen Gutscheine und Werbeprämien. Etwas, das im stationären Einzelhandel undenkbar wäre. Seite 35
(Atmo Lager) Amazon hingegen spart sich teure Supermärkte mit Lichtkonzepten und Schnick-Schnack und hat stattdessen ein unterirdisches Lager in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs. Hier warten dutzende Fahrrad-, Motorroller- und Autofahrer auf ihre Touren. Meistens sind es Männer aus aller Herren Länder. Etwa zehn einzelne Lieferpakete nehmen sie pro Tour mit. Angeblich sind es insgesamt bis zu 1.000 pro Tag. Schnell und vergleichsweise günstig kommen Brot, Eier, Wasserflaschen und Stereoanlage innerhalb von einer Stunde bei den Münchnern an. Einer dieser Fahrer ist Mo. Der junge Senegalese ist als Jura-Student in München und arbeitet 40 Stunden in der Woche von 16 bis Null Uhr für den Lieferservice von Amazon. OT5 Mos Arbeit ist anstrengend (17 sec): Am Anfang das war schwierig. Meine erste Woche habe ich mich gesagt, nächste Woche werde ich mit diese Arbeit aufhören. Weil das ist ganz anstrengend bei diese schlechte Wetter zu fahren boah aber ein Tag, zwei Tag, war ich daran gewohnt und am Ende mache ich weiter. Schon seit einem dreiviertel Jahr ist Mo dabei. Er bekommt 12 Euro 50 pro Stunde, das findet er vollkommen okay. Die Atmosphäre zwischen den Kollegen sei zwar nett, aber auch hektisch. Und der Druck sei groß. Auch wenn er seinen Job gerne macht, erzählt Mo, dass er Ärger bekommt, wenn die Auslieferung auch nur eine Minute zu spät kommt. Außerdem sind Freitag und Samstag für ihn Pflichttage, da muss er arbeiten. Da ist am meisten los: OT6 Freitags ist die Hölle los (16 sec): Sonntag ist ein Feiertag, alle Geschäfte sind natürlich zu. Deswegen die Münchner Leute bestellen so viel, dass eine Seite 45
richtige krise am Freitag oder Samstag hier in die Lager ist, das ist ganz katastrophal. Das ist verheerend. Seite 5