AUFGABE 5: LÖSUNGSVORSCHLAG 1. Ermitteln Sie die zentrale Aussage des Textes! Der Autor beschreibt die Entstehung des Rückversicherungsvertrages von 1887 und sieht in Bismarcks "konkurrierenden Beziehungen Deutschlands zu Russland und zu Österreich" einen von Bismarck nicht leichtfertig, sondern bewusst herbeigeführten Gegensatz, der dem Tatbestand "unaufhebbarer Machtgegensätze" der Großmächte in Europa entspricht und Bismarcks Außenpolitik insofern entgegenkommt, als durch seine ablenkende Wirkung der Friede in Europa und Deutschlands Stellung in Europa als gesichert betrachtet werden kann. 2. Erläutern Sie - Bismarcks sog. "Kissinger Diktat" als Grundlage seiner Außenpolitik, - die Bestimmungen und Verpflichtungen aller im Text genannten Bündnisse, - die mit den Bündnissen jeweils verfolgten politischen Ziele des Kanzlers! - Bismarck nach 1871: Das Reich erhebt keine territorialen Ansprüche mehr, es ist saturiert und leistet damit seinen Beitrag zur Erhaltung des Friedens in Europa. - Die Außenpolitik des Reiches muss unabhängig und eigenständig bleiben. - Die Gefahr eines Krieges mit Frankreich bedeutet die Notwendigkeit, es zu isolieren. - Sich widersprechende Bündnisse, z.b. der Zweibund mit Österreich von 1879 oder der Rückversicherungsvertrag mit Russland von 1887 sollen sich gegenseitig blockieren, bevor noch das Risiko des Bündnisfalls eintreten kann. - In Ergänzung des Zweibundes von 1879 soll das Bündnis mit Russland von 1887 auch zum Interessenausgleich zwischen Österreich und Russland auf dem Balkan beitragen. - Spannungen der Großmächte untereinander sind, wenn sie nicht eskalieren, der Position des Reiches eher nützlich. - Von der Sonderrolle Frankreichs abgesehen, sollen die Großmächte so gelenkt werden, dass sie eines Bündnisses mit Deutschland bedürfen und untereinander keine Koalitionen gegen das Reich abschließen. - Durch Förderung oder Bremsung ihrer Interessen im Osten sollen England und Russland gleichzeitig von Mitteleuropa abgelenkt werden. Der Zweibund von 1879 - Dringlichkeit der Erneuerung des Dreikaiserabkommens - unabhängigere Position gegenüber Russland - Erweiterung der mitteleuropäischen Machtbasis durch eine Defensivallianz mit Österreich- Ungarn im Rahmen des Dreikaiserabkommens - Bündnis mit Österreich verhindert Teilhabe Österreichs an antideutscher Koalition, z.b. in einer Tripelallianz mit Frankreich und Russland - Abwehr einer deutschfeindlichen Koalition - Defensivcharakter des Zweibundes soll Russland an Verwirklichung seiner Ziele gegen Österreich hindern.
- geheimes, auf fünf Jahre befristetes Bündnis mit Österreich-Ungarn vom 24.9.1878 verlängert 1883 um fünf Jahre - gegenseitige Hilfe bei einem russischen Angriff oder Beteiligung Russlands bei einem Angriff Dritter - Neutralität bei Angriffen Dritter Dreikaiservertrag von 1881 - Die nach dem Berliner Kongress von 1878 andauernden russisch-deutschen sowie die russisch-österreichischen Spannungen sollen abgebaut werden. - Russland soll für eine Erneuerung des Dreikaiserabkommens gewonnen werden. - Ziel der deutschen Politik im Orient ist die Erhaltung des Friedens. - Für Bismarck ist das Einverständnis der konservativen Mächte die Grundlage für die Sicherung des Friedens in Europa und Zielpunkt seiner Außenpolitik. - geheimes Dreikaiserabkommen vom 18.6.1881 für die Dauer von drei Jahren - gegenseitige Achtung der Balkaninteressen Österreichs (westlicher Balkan) und Russlands (Bulgarien) - Verpflichtung zu Absprachen bei Angriff der Türkei - Neutralität bei Angriff einer vierten Macht Dreibundvertrag von 1882 - Deutschland will Isolierung Frankreichs. - neben dem östlichen System ein erweitertes und verstärktes Mitteleuropa bilden - Italien kann wegfallendes Russland ersetzen. - Bund mit Italien schützt gegen Frankreich und Russland. - Entlastung für Österreich an südlicher Flanke - geheimes Bündnis zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien - Deutschland und Österreich helfen, wenn Frankreich Italien angreift. - Italien hilft, wenn Frankreich Deutschland angreift. - Angriff einer anderen Macht verpflichtet zur gegenseitigen Neutralität. - Gegenseitige Hilfe bei Angriff von zwei oder mehr Großmächten. Bündnisse für den Mittelmeerraum und den Orient 1887 Englisch-italienische Vereinbarung über den Mittelmeerraum am 12.2.1887 (Beitritt Österreich- Ungarns am 23.3. und Spaniens am 4.5.1887 zum sog. Mittelmeerabkommen) - Bismarck verspricht Unterstützung Englands in Ägypten. - Bismarck fördert Unterstützung Österreichs durch Italien und England. - Das Mittelmeerabkommen entlastet auch Deutschland gegen Frankreich. - gegenseitige Unterstützung gegen Angriffe Dritter - Aufrechterhaltung des Status quo im Mittelmeer, in der Adria, in der Ägäis und im Schwarzen Meer Orientdreibund zwischen England, Österreich-Ungarn und Italien 1887 - Bismarck fördert Unterstützung Österreichs durch Italien und England - Sicherung des Status quo im östlichen Mittelmeer - Sicherung der Unabhängigkeit der Türkei gegen Russland - Die Freiheit der Meerengen und die Bewahrung der türkischen Rechte gegenüber Bulgarien sind gewährleistet. Rückversicherungsvertrag zwischen Deutschland und Russland 1887
- Verständigung mit Russland soll Frankreich in Schach halten. - Vertrag dient der Politik der Sicherung des Friedens zwischen Österreich und Russland - Ersatz für den gescheiterten Dreikaiservertrag. - Begünstigung Russlands auf dem Balkan hat ablenkende Wirkung. - Unabhängigkeit Deutschlands verlangt generelle Zurückhaltung in Balkanfragen und spezielle Distanz gegenüber Österreichs antirussischer Balkanpolitik. - geheimes Abkommen zwischen Deutschland und Russland vom 18. Juni 1887, abgeschlossen auf drei Jahre, sog. Rückversicherungsvertrag - wohlwollende Neutralität bei Angriff einer dritten Großmacht - Neutralitätspflicht entfällt bei einem Angriff Deutschlands auf Frankreich oder einem Angriff Russlands auf Österreich-Ungarn. - deutsche Unterstützung russischer Politik in Bulgarien und der Meerengenfrage - Das "ganz geheime" Zusatzabkommen begünstigt Russlands Vorstoß zu den Meerengen. 3. Welche Position bezieht Bismarck während der in seine Regierungszeit fallenden Balkankrisen? Der Berliner Kongress von 1878-1875 bis 1876 Aufstände in der Herzegowina und in Bosnien ermuntern Österreich-Ungarn zu Annexionsplänen. - 1877/78 russisch-türkischer Krieg - 1878 russische Einheiten vor Konstantinopel und Vorfriede von San Stefano - England und Österreich-Ungarn erzwingen Einberufung eines europäischen Kongresses zur Revision dieses Friedens und zur Beilegung der Streitpunkte. - Bismarck verfolgt auf dem Balkan keine direkten imperialistischen Ziele - Österreichs Balkaninteressen sollen geschützt werden. - Russland soll auf dem Balkan nicht zu mächtig werden. - Bismarck will "ehrlicher Makler" sein: 1878 Einladung zur Konferenz in Berlin durch die deutsche Reichsregierung; Beschlüsse: * Ostrumelien autonom unter der Oberhoheit des Sultans * Okkupation Bosniens und der Herzegowina durch Österreich * Unabhängigkeit von Montenegros Serbien und Rumänien - Bismarck verhindert einen Krieg zwischen Russland und England. - Interessengegensätze auf dem Balkan sollen nach Bismarcks Vorstellung die Großmächte auch künftig von Deutschland ablenken. - Bismarck antwortet auf den sog. "Ohrfeigenbrief". Die west-östliche Doppelkrise 1885/86 - russisch-österreichischer Balkangegensatz ungelöst; Bismarck unterstützt Österreichs Großmachtstellung - Entgegen innerdeutscher Kritik bemüht sich Bismarck um Unabhängigkeit zwischen Russland und England und Verlängerung des Dreikaiserbündnisses. - Bismarcks möchte Serbien unter österreichische, Bulgarien unter russische Vormundschaft bringen. - Bismarck begünstigt das russisch-bulgarische Anliegen, ohne dabei Österreichs Großmachtstellung auf dem Balkan schädigen zu wollen.
- Alexander von Battenberg widersetzt sich Bismarcks Forderung nach Unterwerfung unter Russland und Preisgabe der nationalistischen Politik seines großbulgarischen Staates. - Bismarck unterstützt gegen Österreich und England Russlands Interesse an Bulgarien, warnt aber vor einer auch gegen Österreich gerichteten militärischen Besetzung. - Bismarck will nämlich einem Bündnis mit Russland nicht das gute Verhältnis zu Österreich opfern. 4. Nennen Sie Ursachen für den Wettlauf der Großmächte um bestimmte imperialistische Ziele! a. Wirtschaftliche Expansion - Erwerb von Kolonien als sichere Rohstoffquellen und Absatzmärkte - Ausweitung der Produktion und Erhöhung des Kapitalbedarfs - Zusammenwachsen von Banken und Industrie und der dadurch geförderte Kapitalexport b. Bevölkerungswachstum - als Voraussetzung für die Industrialisierung - Förderung der Auswanderung in die Kolonien zur Gewinnung von Siedlungsland c. Ideologie - Überlegenheitsgefühl und Herrschaftsanspruch gegenüber den unterentwickelten, meist schwarzen Völkern - Rassistische Theorien in Anlehnung an verzerrt wiedergegebene Theorien Darwins über das Recht des Stärkeren (Sozialdarwinismus) - Sendungsbewusstsein und Stolz auf die eigene Rasse (besonders ausgeprägt in England) d. Öffentliche Propaganda - Verbände wie der "Kolonialverein" (1882), der "Alldeutsche Verband" (1891) und der "Flottenverein" (1898), die von der Großindustrie finanziell unterstützt werden, propagieren imperialistische Ziele. - Die Regierungen nutzen die Begeisterung für koloniale Erwerbungen, um von inneren Spannungen abzulenken. e. Technische Neuerungen - Erfindungen wie Telegraf, Telefon, Eisenbahn, Verbrennungsmotor, Dampfschiff - Kommunikation über weite Entfernungen f. Rivalität der Großmächte - Angst der Regierungen, bei der Verteilung der Erde zu kurz zu kommen und ohne ausreichende Kolonien zu einer zweitrangigen Macht herabzusinken. - Streben nach territorialer Expansion und Erwerb von Kolonialland 5. In welchen Fällen kam es dabei zu einer krisenhaften Zuspitzung?
Genannt und kurz beschrieben sollten werden - der Faschoda-Konflikt, - die Position Englands, Deutschlands und der Burenrepubliken in Südafrika, - die britisch-deutsche und die britisch-französische Kolonialrivalität in Afrika, - die Vorgeschichte des Helgoland-Sansibar-Vertrages.