Behavioral Finance: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins privater Investoren Univ.- Prof. Dr. Teodoro D. Cocca Abteilung für Asset Management Institut für betriebliche Finanzwirtschaft Antrittsvorlesung, 13. Dezember 2006
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins Der Roman erzählt von Leichtigkeit und Schwere, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen. Wir tragen nicht diese große Verantwortung, dass all unser Handeln immer wieder kehrt, sondern können im Glauben daran, dass wir nur einmal Leben, in aller Leichtigkeit unser Sein genießen. Es ist sozusagen oft gar nicht von Bedeutung, wie wir uns entscheiden, da wir im Vorhinein nicht sagen können, was richtig ist und eben aus diesem Grund müssen wir verhältnismäßig wenig Verantwortung übernehmen. Wir können dann einfach sagen, ich habe nur dieses eine Leben, wie hätte ich wissen sollen, was die richtige Entscheidung ist. 2
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins Der Roman erzählt von Leichtigkeit und Schwere, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen. Wir tragen nicht diese große Verantwortung, dass all unser Handeln immer wieder kehrt, sondern können im Glauben daran, dass wir nur einmal Leben, in aller Leichtigkeit unser Sein genießen. Es ist sozusagen oft gar nicht von Bedeutung, wie wir uns entscheiden, da wir im Vorhinein nicht sagen können, was richtig ist und eben aus diesem Grund müssen wir verhältnismäßig wenig Verantwortung übernehmen. Wir können dann einfach sagen, ich habe nur dieses eine Leben, wie hätte ich wissen sollen, was die richtige Entscheidung ist. Ist es leicht oder schwer durch unsere Handlungen einen Anlageerfolg zu erreichen? Kaufen und in aller Leichtigkeit unseres Seins unsere Anlagen einfach liegen lassen (Buy and Hold)? Kommt es überhaupt darauf an wie man anlegt? Oder kann man den Markt sowieso nicht schlagen, weshalb jede Anstrengung zwecklos ist? Wie können wir von den Erfahrungen anderer lernen? 3
Inhaltsverzeichnis 1. Von der modernen Portfolio Theorie 2. zur Behavioral Finance 3. Rationalität der Märkte 4. Rationalität der Individuen 5. Anlagestrategien 6. Schlusswort 4
Startpunkt: Moderne Portfolio Theorie Harry M. Markowitz Im Zentrum der Theorie steht der Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite. Beide Variablen Rendite und Risiko bilden die Grundlage für die Performance einer Anlage. Capital Asset Pricing Model (CAPM) Beschreibt eine lineare Abhängigkeit der zu erwartenden Rendite einer Kapitalanlage von nur einer Risikoeinflussgröße (Ein-Faktor- Modell). Ziel: Gleichgewichtskurse für einzelne riskante Anlagemöglichkeiten herzuleiten (William F. Sharpe / John Lintner). E(r M ) r f E(r P ) i 1 M Wertpapierlinie E( r ) = r + ( r r f m f ) β i 5
Die Basis der modernen Finanztheorie Grundannahme: Anleger sind überwiegend vollständig informiert, haben keine Probleme bei der Informationsverarbeitung, entscheiden rational Beispiel: 1. Spiel A: Münze werfen und bei Zahl 200 gewinnen, bei Kopf kein Gewinn B: kein Münzenwurf und 100 lukrieren 2. Spiel A: Münze werfen und bei Zahl 200 verlieren, bei Kopf kein Verlust B: kein Münzenwurf und gleich 100 zahlen Für den rationalen Investor sind beide Spiele Spiegelungen, weshalb die Entscheidung für oder gegen das Spiel in beiden Fällen gleich sein sollte. 6
Inhaltsverzeichnis 1. Von der modernen Portfolio Theorie 2. zur Behavioral Finance 3. Rationalität der Märkte 4. Rationalität der Individuen 5. Anlagestrategien 6. Schlusswort 7
Behavioral Finance Bei der Behavioral Finance handelt es sich um einen Forschungsansatz, innerhalb dessen versucht wird, das Geschehen auf den Finanzmärkten unter Einbeziehung der spezifischen menschlichen Verhaltensweisen zu erklären. Dabei werden neben ökonomischen Aspekten explizit auch Methoden und Erkenntnisse der Psychologie und der Soziologie berücksichtigt. Drei Quellen, die zu suboptimalen bzw. fehlerhaften Entscheidungen führen können: (1) ein eingeschränkter Informationsstand, der aufgrund von Marktunvollkommenheiten, wie z.b. Informationskosten, entsteht, (2) die beschränkten kognitiven Verarbeitungsfähigkeiten des Menschen, aufgrund derer die Komplexität der Entscheidungssituationen, z.b. durch die Mehrdimensionalität des Zielsystems und die Komplexität der Marktprozesse selbst, häufig nicht bewältigt werden kann sowie (3) psychischer Stress, der z.b. durch Zeitdruck oder Verlustangst hervorgerufen wird. 8
Rationalität vs. Irrationalität Nichts ist so unheilvoll wie eine rationale Investment-Politik in einer irrationalen Welt. John Maynard Keynes (1883-1946), britischer Nationalökonom Rationalität Vernünftigkeit, eine rationale, vernünftige Haltung (Ratio: Vernunft; logischer Verstand) Irrationalität Verstandesmässig nicht fassbare, vernunftwidrige Haltung. Rationalität des Marktergebnisses vs. Marktakteure 9
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Stimmung der Anleger im Börsenkreislauf 5500,00 Euphorie 5000,00 4500,00 Gier Hoffnung 4000,00 3500,00 3000,00 2500,00 Skepsis 2000,00 1500,00 1000,00 Optimismus Angst Panik Depression Nasdaq, Sep 1998 Juli 2002 11
Sind Märkte rational? Grössen-Effekt: Aktien mit einer niedrigen Kapitalisierung weisen über längere Zeiträume tendenziell höhere Aktienrenditen auf als solche mit einer hohen. (Vgl. Banz (1981), Dimson und Marsh (2000)). Kennzahlen-Effekt: z.b. Aktien mit einem tiefen Kurs-Gewinn-Verhältnis (Value Stocks) haben eine höhere Rendite als Aktien mit einem hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (Growth Stocks). (Vgl. Fama/French (1992), Lakonishok/Shleifer/Vishny(1994)). Kalenderanomalien: Aktien erzielen innerhalb bestimmter Kalenderperioden mit größerer Wahrscheinlichkeit höhere Renditen als in anderen vergleichbaren Perioden; z.b. Januar- Effekt. Preisinkonsistenzen: Beispiel Shell und Royal Dutch. Ein Gut sollte in einem friktionslosen Markt überall gleichviel kosten, sonst ist Arbitrage möglich. ( Law of one price ). (Vgl. Froot und Dabora (1999)). 12
Inhaltsverzeichnis 1. Von der modernen Portfolio Theorie 2. zur Behavioral Finance 3. Rationalität der Märkte 4. Rationalität der Individuen 5. Anlagestrategien 6. Schlusswort 13
Entscheidungsfindungs-Prozess Daten Informations- Selektion Feedback Informations- Verarbeitung Entscheidung Informations- Evaluation 14
Entscheidungsfindungs-Prozess Daten Informations- Selektion Feedback Informations- Verarbeitung Gambler s fallacy Anchoring Framing Overconfidence Illusion of control Disposition effect Unterdiversifikation Home bias Entscheidung Informations- Evaluation Prospect Theory 15
Unterdiversifikation Im Durchschnitt hält ein Anleger Aktien von 3 Unternehmen! Eklatante Unterdiversifikation Quelle: Cocca, Equity Ownership, 2006 16
Heimmarktorientierung Geografische Aufteilung des Aktienbestandes in % 2006 2004 2002 Heimmarkt 76.1 73.4 76.0 Restliches Europa 12.1 14.1 15.7 USA 8.1 8.8 6.2 Übrige Welt 3.7 3.6 2.1 Grösster Teil des Aktienbestandes wird in heimische Titel investiert! Eklatante geografische Unterdiversifikation Quelle: Cocca, Equity Ownership, 2006 17
Entscheidungsfindungs-Prozess Daten Informations- Selektion Feedback Informations- Verarbeitung Gambler s fallacy Anchoring Framing Overconfidence Illusion of control Disposition effect Unterdiversifikation Home bias Entscheidung Informations- Evaluation Prospect Theory 18
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Investment Strategies Based on Behavioral Finance Contrarian und Value Investment Kombination Momentum and Reversal Strategien, welche Stimmungs-Indikatoren nutzen Algorithmisches Trading 20
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Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins Der Roman erzählt von Leichtigkeit und Schwere, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen. Wir tragen nicht diese große Verantwortung, dass all unser Handeln immer wieder kehrt, sondern können im Glauben daran, dass wir nur einmal Leben, in aller Leichtigkeit unser Sein genießen. Es ist sozusagen oft gar nicht von Bedeutung, wie wir uns entscheiden, da wir im Vorhinein nicht sagen können, was richtig ist und eben aus diesem Grund müssen wir verhältnismäßig wenig Verantwortung übernehmen. Wir können dann einfach sagen, ich habe nur dieses eine Leben, wie hätte ich wissen sollen, was die richtige Entscheidung ist. 22
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins Der Roman erzählt von Leichtigkeit und Schwere, von unserem Sein und der Tragweite unserer Handlungen. Wir tragen nicht diese große Verantwortung, dass all unser Handeln immer wieder kehrt, sondern können im Glauben daran, dass wir nur einmal Leben, in aller Leichtigkeit unser Sein genießen. Es ist sozusagen oft gar nicht von Bedeutung, wie wir uns entscheiden, da wir im Vorhinein nicht sagen können, was richtig ist und eben aus diesem Grund müssen wir verhältnismäßig wenig Verantwortung übernehmen. Wir können dann einfach sagen, ich habe nur dieses eine Leben, wie hätte ich wissen sollen, was die richtige Entscheidung ist. Unser grösster Feind sind wir selber! Aus Fehlern lernen! Man kann den Markt also schlagen. Jetzt wissen Sie es. 23
Die unerträglichere Leichtigkeit des Seins privater Investoren