5.4 Lagenwechsel minimieren oder das Bohren von Löchern in Leiterplatten



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Transkript:

5.4 Lagenwechsel minimieren oder das Bohren von Löchern in Leiterplatten Autoren: Martin Grötschel, Thorsten Koch und Nam Dũng Hoàng 5.4.1 Aufgabe Diese Aufgabe behandelt ein Problem, das beim Entwurf von Leiterplatten auftritt. Die Aufgabe ist rein kombinatorischer Natur, man benötigt keine Kenntnisse der Elektromechanik. Einfache Leiterplatten haben zwei Seiten (auch Lagen genannt), auf die Strom leitende Bahnen (genannt Leiterbahnen) aufgebracht werden können. Wir nennen diese Lagen obere und untere Lage. Abbildung 24 zeigt eine unbestückte Leiterplatte und ihren Schatten, der die Löcher in der Leiterplatte sichtbar macht. Diese Löcher (auch Vias genannt) dienen entweder dem Anschluss von Bauteilen oder dazu, eine Leiterbahn auf der oberen Lage mit einer Leiterbahn auf der unteren Lage zu verbinden. Eine Leiterbahn kann also mit Hilfe eines Vias die Lage wechseln. Die Leiterbahnen stellt man in Konstruktionszeichnungen durch Linien dar. Diese Linien können Knicke haben und sich auch verzweigen. Abbildung 25 zeigt 7 Leiterbahnen, die als verschiedenfarbige Linien dargestellt sind. Die Leiterbahnen in unserem Beispiel führen zum nördlichen oder südlichen Rand und verlaufen (noch) alle auf der oberen Lage. 184

Abbildung 24: Unbestückte Leiterplatte 185

Abbildung 25: Leiterbahnen Zwei Leiterbahnen dürfen sich jedoch nicht überschneiden, denn jede Überkreuzung führt zu einem Kurzschluss. Überkreuzungen werden dadurch vermieden, dass eine der beiden Leiterbahnen irgendwo vor der Kreuzung die Seite der Platte wechselt. Das geschieht dadurch, dass ein Loch (Via) durch die Platte gebohrt wird und so eine der beiden sich kreuzenden Bahnen auf der oberen und die andere auf der unteren Lage geführt wird. Abbildung 26 zeigt Leiterbahnen, die sowohl auf der Oberseite, als auch auf der Unterseite der Leiterplatte verlaufen. Die Unterscheidung von Ober- und Unterseite einer Leiterplatte machen wir durch unterschiedliche Linienarten deutlich: Leiterbahnen mit komplett ausgefüllten Linien gehen auf der Oberseite der Leiterplatte entlang (hier Leiterbahn 1) und Leiterbahnen mit 186

Abbildung 26: Leiterbahnen auf Ober- und Unterseite einer Leiterplatte umrandeten Linien verlaufen auf der Unterseite der Leiterplatte (hier Leiterbahnen 2 und 3). Wie man die Leiterbahnen der Leiterplatte aus Abbildung 25 den beiden Lagen zuweisen kann, zeigt Abbildung 27. Dies ist eine häufig in der Industrie genutzte sogenannte Standardlösung. Alle horizontalen Linien werden auf der Unterseite und alle vertikalen Linien auf der Oberseite der Leiterplatte geführt. Das bedeutet, dass in jeden Knick einer Leiterbahn ein Loch gebohrt wird, um an dieser Stelle die Seite der Leiterplatte zu wechseln. Man muss übrigens nicht unbedingt in einen Knick bohren. In unserem Beispiel dürfen Leiterbahnen auf der Leiterplatte sowohl oberhalb als auch unterhalb beginnen, sie können oberhalb oder unterhalb aufhören. Hierfür gibt es keine Vor- 187

Abbildung 27: Standardlösung schriften. Das muss bei einer realen Leiterplatte jedoch nicht so sein. Hier kann es vorkommen, dass eine Bahn auf der oberen Lage beginnen und unten enden muss oder umgekehrt. Die Bohrlöcher sind mit roten Kreisen markiert. In unserem Beispiel müssen wir, wenn wir die Standardlösung der Industrie verwenden wollen, zwölf Löcher bohren, um die Lagenwechsel (Seitenwechsel) vorzunehmen. Es geht aber viel besser. Wie Abbildung 28 zeigt, kommt man mit nur vier Löchern statt zwölf aus und erreicht so eine erhebliche Aufwandsersparnis. In Abbildung 29 sind 10 Leiterbahnen zu sehen. Diese sind nummeriert und farblich gekennzeichnet. Alle Leiterbahnen führen 188

Abbildung 28: Lösung mit nur vier Löchern zu den Rändern der Leiterplatte. Man beachte, dass es Leiterbahnen mit 2, 3 und 4 Endpunkten gibt. Ihre Aufgabe: Bestimmen Sie eine bestmögliche kurzschlussfreie Realisierung des Leiterbahnengeflechts aus Abbildung 29. Mit anderen Worten, bestimmen Sie die minimale Anzahl der Lagenwechsel (Bohrungen durch die Leiterplatte, so dass die Leiterbahnen ohne Kurzschluss aufgebracht werden können). Noch genauer, bestimmen Sie Punkte auf den Leiterbahnen, an denen ein Loch gebohrt werden soll, damit die Leiterbahn die Lage wechseln kann, und zwar so, dass je zwei kreuzende Leiterbahnen auf unterschiedlichen Lagen sind und dass die Anzahl 189

Abbildung 29: Leiterbahngeflecht der zu bohrenden Löcher so gering wie möglich ist. Antwortmöglichkeiten: 1. 9 oder weniger Bohrungen 2. 10 Bohrungen 3. 11 Bohrungen 190

4. 12 Bohrungen 5. 13 Bohrungen 6. 14 Bohrungen 7. 15 Bohrungen 8. 16 Bohrungen 9. 17 Bohrungen 10. 18 Bohrungen Hinweis: Betrachten wir die Leiterbahn 1. Von dem mit 1 gekennzeichneten Punkt am linken Rand (Westen) führt eine gerade rot gefärbte Linie zu dem mit 1 markierten Punkt am rechten Rand (Osten). Zwischen den Leiterbahnen 2 und 7 zweigt von der roten horizontalen Linie eine rote Linie nach Süden ab. Wenn man in den Verzweigungspunkt ein Loch bohrt, so hat man verschiedene Lagenzuweisungen zur Auswahl: Man kann die nach Westen laufende rote Linie oben auf der Leiterplatte, die nach Osten laufende unten führen oder umgekehrt; gleichzeitig hat man die Freiheit, die nach Süden laufende rote Linie oben oder unten zu führen. Verzweigungspunkte bieten also Gestaltungsmöglichkeiten. Projektbezug: In Abbildung 24 haben Sie eine unbestückte Leiterplatte und ihren Schatten auf einem weißen Blatt Papier gesehen, so dass die 191

Abbildung 30: Zwei Seiten einer bestückten Leiterplatte Löcher, die in eine solche Leiterplatte gebohrt werden müssen, gut sichtbar sind. Die beiden Seiten einer bestückten Leiterplatte sehen Sie in Abbildung 30. Einige Löcher haben die Beinchen von Bauteilen aufgenommen, andere dienen dazu, den Strom einer Leiterbahn von der einen auf die andere Seite der Leiterplatte zu führen. Alle Löcher sind nun mit Lötzinn (oder anderem stromleitenden Material) gefüllt. Das Bohren der Löcher ist zeitaufwendig und führt nicht selten zu Beschädigungen der Platte. Schlecht verlötete Löcher beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit der Leiterplatte. Ein Ziel beim Entwurf von Leiterplatten ist daher, die Anzahl der zu bohrenden Löcher so klein wie möglich zu halten. Diese Mathekalenderaufgabe ist eine (ein wenig vereinfachte) Version des Leiterplattenbohrproblems. Dieses Bohrproblem nennt man im Jargon des Leiterplatten-und VLSI-Designs Via-Minimierung, weil es gilt, die Anzahl der Vias (Löcher, Durchkontaktierungen) so klein wie möglich zu halten. 192

5.4.2 Lösung Richtige Lösung: Antwort 1 Abbildung 32 zeigt eine mögliche Lösung der Aufgabe mit 8 Vias. Es gibt verschiedene Lösungen mit 8 zu bohrenden Löchern. Mit 7 oder weniger Löchern kann man keine kreuzungsfreie Verdrahtung des Leiterbahnengeflechts aus Abbildung 29 erreichen. Das Via-Minimierungsproblem ist im Sinne der Komplexitätstheorie N P-schwer. Dies bedeutet, dass es im Allgemeinen (falls die noch offene Vermutung P N P richtig ist) nicht möglich ist, einen kurzen Beweis für die Optimalität einer zulässigen Lösung dieses Problems zu führen. In speziellen Anwendungsbeispielen kann das jedoch gelingen. Wie macht man so etwas? In einem ersten Schritt versucht man, durch (systematisches und überlegtes) Ausprobieren eine gute Lösung zu finden. Im Falle unserer Aufgabe möchte man eine kurzschlussfreie Realisierung der Leiterbahnen aus Abbildung 29 bestimmen, die möglichst wenige Bohrungen benötigt. Hat man k Bohrlöcher gefunden und glaubt, dass es nicht mit weniger geht, dann muss man eine untere Schranke für die Anzahl der Bohrlöcher bestimmen. Besagt die untere Schranke, dass mindestens k Bohrungen benötigt werden, so hat man einen Beweis für die Optimalität der Zahl k gefunden. Die Bestimmung einer guten unteren Schranke ist in der Regel schwierig. In unserem Falle hat Daniel Glöckner, ein Teilnehmer am Adventskalenderwettbewerb 2007, eine Lösung mit 8 Bohrlöchern gefunden und einen Beweis dafür angegeben, dass es nicht mit weniger Bohrungen geht. Sein Beweis verläuft wie folgt (Originalzitat aus der eingesandten Lösung): Bei der Lösung des Problems ist es von Vorteil, eine untere 193

Schranke für die Anzahl der Bohrungen zu haben. Betrachtet man das Netz genauer, so erkennt man eine Situation, in der man um eine Bohrung nicht herumkommt. Dies ist genau an den Stellen der Fall, wo ein freier Fleck von einer ungeraden Anzahl unterschiedlicher Leiterbahnstücke umschlossen ist. Im Folgenden bezeichne Segment ein Stück einer Leiterbahn, das von Kreuzungen mit anderen Leiterbahnen oder Lagenwechseln durch Bohrungen begrenzt wird. Ein Kreis bezeichne eine (minimale) Menge von Segmenten, die lückenlos einen freien Fleck der Leiterplatte umschließen. Ein guter Kreis habe eine gerade, ein schlechter Kreis eine ungerade Anzahl Segmente. Nur wenn ein Kreis ein guter Kreis ist, ist es möglich, die Segmente abwechselnd der oberen bzw. unteren Lage zuzuordnen, ohne beim Schließen des Kreises das letzte Segment auf der gleichen Lage zu haben, wie das angrenzende erste Segment. Folglich hat jede Lösung des Problems nur gute Kreise. Ein schlechter Kreis lässt sich nur durch eine Bohrung auf einem seiner Segmente in einen guten Kreis umwandeln. In dem gegebenen Leiterbahnennetz gibt es 9 schlechte Kreise (markiert in der Abbildung durch ein X). Der große schlechte Kreis bei H8 teilt sich drei seiner Segmente mit anderen schlechten Kreisen (D8, F6, I10). Diese drei Segmente sind die einzigen, an denen zwei schlechte Kreise aneinanderstoßen. Da hier die Möglichkeit besteht, zwei schlechte Kreise mit nur einer Bohrung gleichzeitig umzuwandeln, kann für den Kreis H8 keine Bohrung gezählt werden, so dass man eine unter Schranke von nur 8 Bohrungen erhält. Wenn man optimistisch ist und davon ausgeht, dass diese untere Schranke erreicht werden kann, wird man nun die 24 mögli- 194

Abbildung 31: Schlechte Kreise, nach Daniel Glöckner. 195

chen Positionen für Bohrungen (bunte Punkte in der Abbildung) auf den Segmenten der 8 kleinen schlechten Kreise genauer unter die Lupe nehmen. 10 dieser Positionen (gelb) bilden Paare (C2-B3, E1-A5, D3-C4, E6-D7, G7-E9), wo an beiden Stellen gleichzeitig eine Bohrung gesetzt werden müsste, um nicht einen neuen schlechten Kreis zu schaffen. Bei 9 anderen Positionen (rot) gibt es nicht die Möglichkeit durch eine andere geplante Bohrung einen neuen schlechten Kreis zu verhindern. Daraus folgt, dass bei D13, E12, F5, I11, K5, K10, L7, M12 und N13 nicht gebohrt werden darf. Hieraus folgt wiederum, dass 4 der Kreise nur durch Bohrungen bei C11, G9, M6 und O11 (grün) umgewandelt werden können. Die verbleibende Position C8 (grau) kommt nicht in Frage, da bei diesem Kreis eine der gepaarten Positionen gewählt werden muss, um den Kreis bei F6 umwandeln zu können. Wie man nach einigem Überprüfen feststellt, sind alle 6 durch die Paare gegebenen Möglichkeiten (mal zwei wenn man noch die Lagen tauscht) Lösungen des Problems. Also wurde die untere Schranke erreicht. Der Beweis der unteren Schranke 8 durch Daniel Glöckner ist durchaus knifflig. Für große Leiterplatten ist eine derartige Argumentation selten (einigermaßen nachvollziehbar) möglich. Hierzu muss die aufwändige Maschinerie der ganzzahligen Optimierung eingesetzt werden. 5.4.3 Variationen Bei realen Leiterplatten sind Hunderte oder gar Tausende von Löchern zu bohren. Neben den bereits erwähnten Vorgaben, 196

dass Leiterbahnen auf vorher festgelegten Lagen enden müssen, kann es sein, dass das Bohren von Löchern in bestimmten Zonen nicht erlaubt ist. Bohrlöcher z. B. benötigen mehr Platz als Leiterbahnen, und wenn zwei Leiterbahnen sehr eng nebeneinander geführt werden, kann es passieren, dass eine Bohrung in eine der beiden Bahnen, die andere Leiterbahn berührt (das führt zu einem Kurzschluss, und man hat Ausschuss produziert). In der Leiterplatte aus Abbildung 29 könnte es zum Beispiel sein, dass die vom südlichen Rand nach oben verlaufenden Leiterbahnen 6 und 3 so eng nebeneinander liegen, dass die in der Optimallösung aus Abbildung 32 vorkommende Bohrung in Leiterbahn 5 (die zwischen den Bahnen 6 und 3 liegt) zu einem Kurzschluss führt. Die Frage ist dann, ob es eine andere Optimallösung gibt, die ohne eine solche Bohrung auskommt. Man kann nun nachweisen, dass beim Ausschluss einer Bohrung in Leiterbahn 5 zwischen den Leiterbahnen 6 und 3 mindestens 9 Bohrlöcher erforderlich sind. Mit 9 Bohrungen kommt man übrigens auch aus, wenn man fordert, dass nur an Knicken bzw. Verzweigungen gebohrt werden darf. Eine solche Lösung ist in Abbildung 33 zu sehen. 197

Abbildung 32: Optimallösung 198

Abbildung 33: Lösung, wenn nur an Verzweigungen gebohrt werden darf. 199