Chromatin structure and gene control

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Chromatinstruktur und die Kontrolle von Genen Chromatin structure and gene control Turck, Franziska Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, Köln Korrespondierender Autor E-Mail: turck@mpiz-koeln.mpg.de Zusammenfassung Jede Zelle höherer Lebewesen enthält einen Zellkern, in dem das Erbgut verpackt vorliegt. Um Gene ablesen zu können, müssen Proteinkomplexe aktiv werden, um Abschnitte des Erbguts auszupacken. Andere Proteinkomplexe haben die Aufgabe, das Auspacken zu erschweren und so der Ausprägung der Gene entgegen zu wirken. Summary Each cell of higher organisms contains a nucleus where the genetic material is tightly packed. In order to utilize genes, parts of the genetic material need to be unpacked, and protein complexes are involved in the process. Other protein complexes, conversely, function to prevent access to genes disabling gene expression. Ordnung ist das halbe Lebewesen 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 1/6

Ein Zellkern ist gepackt m it Chrom atinsträngen, die einen Superkom plex aus DNS und Proteinen darstellen. Der Proteinanteil des Chrom atins besteht hauptsächlich aus Histonen - Proteine, die Kom plexe bilden, um die die DNS gewickelt wird. Eine Perle aus DNS und einem Histon-Kom plex wird als Nucleosom bezeichnet. Chrom atinschnüre können weiter verdrillt werden, um eine noch höhere Packungsdichte zu erreichen. Unbekannt Ein Art Quantensprung der Evolution zu höheren Lebewesen war die Akquise eines Zellkernes sowie eines dazugehörigen Ordnungssystems, das es ermöglichte, das Erbgut innerhalb dieses abgeschlossenen Organells unterzubringen. Diese geordnete Struktur bezeichnet man als Chromatin. Chromatin besteht aus Erbinformation in Form der Desoxyribonukleinsäure (DNS), die sich um Komplexe aus Proteinen, bezeichnet als Histone, wickelt. Der so entstehende Superkomplex kann in elektronenmikroskopischen Aufnahmen aussehen wie eine Perlenkette, kann aber auch weiter verdrillt sein, um eine noch größere Packungsdichte zu erreichen (Abb. 1). Einen Preis hat die bessere Ordnung allerdings: Während das Erbgut in Bakterien, also kernlosen Zellen, sozusagen nackt ist und damit direkt abgelesen werden kann, ist die verpackte DNS der höheren Lebewesen nur bedingt zugänglich. Das erschwert Prozesse wie die Replikation das ist die Verdopplung der DNS bei der Zellteilung - und die Transkription - das Ablesen der DNS - erheblich. Aus diesem Grunde benötigen beide Prozesse eine Vielzahl an Helferkomplexen, die den Zugang zur DNS zumindest lokal und zumeist nur temporär ermöglichen. Chromatin-Helfer und Histonkode Die Chromatin-Helferkomplexe verschieben Proteinkomplexe entlang der DNS, tauschen Proteinkomplexe aus oder verändern die Packungsdichte des Chromatins. Oft werden eine Reihe verschiedener Helfer nacheinander benötigt, um ein Gen zu aktivieren oder wieder abzuschalten. Dabei hinterlassen sie oft eine Art Lesezeichen in Form von chemischen Veränderungen der Histone, die von anderen Helfern spezifisch erkannt werden und dazu dienen, den nächsten Helferkomplex zu rekrutieren. Die Vielzahl dieser möglichen Histonmodifikationen führte vor einigen Jahren zur Formulierung der Histonkode-Hypothese. Diese Hypothese besagt, dass die 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 2/6

Kombination verschiedener Histonveränderungen erlaubt, Aussagen darüber zu machen, ob ein Gen gerade abgelesen wird oder nicht [1]. Während es die Aufgabe vieler Chromatin-Helferkomplexe ist, das Ablesen des Erbguts zu ermöglichen, haben andere Helferkomplexe die Funktion, genau dieses zu verhindern. Auch diese Komplexe haben ihren Histonkode, das heißt spezielle Histonmodifikationen, die daran beteiligt sind, dass bestimmte Gene nicht oder besonders schwer ablesbar sind. Verschlossene Gene Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt von 500.000 Basenpaaren eines der fünf Chrom osom en der Ackerschm alwand (Arabidopsis thaliana). Die Position der Gene dieses Ausschnittes ist durch gelbe Sym bole gekennzeichnet, die Position von Sequenzen, die ihren Ursprung in virenähnlichen Transposons haben, ist rot verm erkt. In verschiedenen Farben ist die Signalstärke verschiedener Chrom atin-lesezeichen wiedergegeben - je höher das Signal, desto wahrscheinlicher ist dieser Bereich m it dem Lesezeichen m arkiert. Die violetten, orangen und grünen Spuren überlappen nicht und deuten an, dass ganze Bereiche des Chrom atins unterschiedlich strukturiert sind. Die blaue Spur kennzeichnet die Position eines Chrom atin-helferkom plexes. Da die blaue und violette Spur weitgehend identische Signale aufweisen, kann m an davon ausgehen, dass der Helfer- Kom plex dazu beträgt, dieses Chrom atin-lesezeichen zu interpretieren. Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung/Turck Welchen Sinn hat es für einen Organismus, Gene zu besitzen, die nur schwer zugänglich sind? Zum einen ist nicht jedes Gen, das sich im Erbgut befindet, dem Organismus zu Nutzen. Tatsache ist, dass besonders in höheren Lebewesen das Erbgut mit Genen angefüllt vorliegt, die ursprünglich aus Viren oder virenähnlichen Genen entstanden sind. Diese Gene werden in der Regel abgestellt, indem das umgebende Chromatin besonders kompakt und damit unzugänglich gemacht wird. Ganz anders ist die Situation bei Genen, deren Aktivität eine Schlüsselfunktion in der Entwicklung eines bestimmten Zelltyps spielt. Hier ist es wichtig, dass das kontrollierte Gen nur dann abgelesen wird, wenn es gebraucht wird, ansonsten aber komplett ausgeschaltet bleibt. Das Chromatin-Lesezeichen, das mit dem Abschalten dieser wichtigen Gene einhergeht, ähnelt dem für die schädlichen Gene, spricht aber andere Helferkomplexe an. Histonkode mit pflanzlichem Dialekt 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 3/6

Der Chrom atin-kom plex der Polycom b-gruppe, PRC2, wird zu einem Gen rekrutiert und setzt dort ein Lesezeichen, indem eine Am inosäure des Histon 3 Proteins chem isch verändert wird. Ein zweiter Kom plex, PRC1, wird nun rekrutiert und bleibt an dem Lesezeichen hängen. Dadurch wird das Gen unzugänglich gem acht und kann nicht m ehr abgelesen werden. Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung/Turck Wenn man das Auftreten von Histonmodifikationen in Pflanzen und Tieren vergleicht, lässt sich als Erstes feststellen, dass die Aminosäure-Bausteine, die im Rahmen des Histonkodes verändert werden, zu dem Bereich der Histone gehören, der innerhalb aller Lebensformen die stärkste Ähnlichkeit zeigt. Dies lässt auf eine konservierte Funktion der Lesezeichen schließen. Moderne Techniken, man fasst sie unter der Bezeichnung genomische Immunpräzipitation zusammen, erlauben es, das Auftreten bestimmter Modifikationen vieler Gene oder sogar das ganze Erbgut eines Organismus gleichzeitig zu untersuchen. Bei diesen Analysen tritt zu Tage, dass Tiere, Pflanzen und sogar Hefen zwar im Großen und Ganzen den Histonkode teilen, manchmal aber einen gewissen Dialekt des Kodes verwenden [2]. So ist zum Beispiel das Abschalten von Genen mit viralem Ursprung in Tieren mit einer subtil anderen chemischen Veränderung eines bestimmten Histons verknüpft als in Pflanzen. Dies lässt darauf schließen, dass das Protein, welches die 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 4/6

Histonmodifikation in beiden Organismen spezifisch erkennt, ein anderes ist oder andere Bindungseigenschaften besitzt. Es kann auch passieren, dass ein Protein eines pflanzlichen Chromatin-Komplexes die Bestimmung wechselt und andere Funktionen übernimmt als das entsprechende Protein in Tieren. Das Protein HP1 (HETEROCHROMATIN PROTEIN1) erkennt in Tieren die Histonveränderung, die virale Gene abschaltet. In der Mo d e llp fla n z e Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) ist das verwandte Protein LHP1 (LIKE- HETEROCHROMATIN 1) in denjenigen Prozess eingebunden, der Gene reguliert, die in der Pflanzenentwicklung eine Rolle spielen (Abb. 2) [3]. Sexy Beine und Chromatin als Entwicklungshelfer Der genetische Signalweg, auf dessen Seite sich das LHP1 Protein in Pflanzen geschlagen hat, wurde zuerst durch die Untersuchung von Mutanten der Fruchtfliege entdeckt. Diese Mutanten haben einen abnormalen Körperbau, bei dem Körpersegmente ihre Bestimmung verändern, sodass alle Beinpaare der Fliegen wie das erste aussehen, welches die so genannten Sex-Kämme trägt. Da jetzt alle Beinpaare diese Kämme aufwiesen, werden die Mutanten mit dem Sammelbegriff Polycomb-Gruppe bezeichnet. Die Gene, die in den Fruchtfliegenmutanten betroffen sind, sind inzwischen identifiziert, und die dadurch veränderten Proteine sind nach und nach in ein generelles Modell eingebunden worden (Abb. 3). Ein Zielgen wird durch die Polycomb Gruppe reguliert, indem ein erster Komplex rekrutiert wird, der aus Proteinen dieser Gruppe besteht und Polycomb Repressive Complex 2 (PRC2) heißt,. PRC2 setzt das Chromatin-Lesezeichen, das zu dem Signalweg gehört. Dieses Lesezeichen wird von einem zweiten Komplex, dem Polycomb Repressive Complex 1 (PRC1), erkannt. PRC1 bleibt an dem Lesezeichen hängen und verschließt so den Zugang zu dem Gen, das dann nicht mehr abgelesen werden kann [4]. Mutanten der Ackerschm alwand, in denen Kom ponenten der Polycom b-gruppe ausgeschaltet wurden, sehen recht unterschiedlich aus. Werden diese Mutationen m iteinander kom biniert, wie hier durch Doppelabkürzungen unter den jeweiligen Pflanzen angezeigt, dann verliert die Pflanze im m er m ehr ihre eigentliche Gestalt (WT entspricht nicht m utierten Pflanzen) und nur eine Ansam m lung von undifferenzierten Zellen bleibt zurück. Ganz ohne Polycom b-gruppen Aktivität können Pflanzen gar nicht überleben. Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung/Turck Im Gegensatz zur Situation in Fruchtfliegen, wo sich die Mutanten der Polycomb-Gruppe im Prinzip ähneln, sehen entsprechende Mutanten der Ackerschmalwand sehr unterschiedlich aus (Abb. 4). Das liegt daran, dass sich die Gene, die die Erbinformation für PRC1- und PRC2- Komponenten der Ackerschmalwand tragen, vervielfacht haben und dann die Aufgaben auf verschiedene Schultern verteilt haben. Kombiniert man Mutationen der einzelnen Komponenten, erhält man Pflanzen, die mehr und mehr in ihrer Entwicklung gestört sind und schließlich nur noch als undifferenzierter Zellklumpen überleben. Diese Zellen haben gewissermaßen vergessen, welchen Zelltyp sie eigentlich ausbilden sollten. Aus diesem Grunde spricht man auch davon, dass der Polycomb-Gruppen-Signalweg für das molekulare Gedächtnis von Zellen verantwortlich ist. Die 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 5/6

weitere Untersuchung von Signalwegen zur Regulation der Genexpression via Chromatin-Komplexen und Komponenten wird wesentlich dazu beitragen, Genome und ihre Evolution mithin die Entstehung des Lebens als Ganzes im Zusammenhang zu begreifen und den Begriff des Gens, einstmals durch den Botaniker Wilhelm Johannsen im Jahre 1909 geprägt [5], fortschreitend zu definieren. Originalveröffentlichungen Nach Erweiterungen suchenbilderweiterungchanneltickerdateilistehtml- ErweiterungJobtickerKalendererweiterungLinkerweiterungMPG.PuRe-ReferenzMitarbeiter (Employee Editor)PersonenerweiterungPublikationserweiterungTeaser mit BildTextblockerweiterungVeranstaltungstickererweiterungVideoerweiterungVideolistenerweiterungYouTube- Erweiterung [1] T. Jenuwein, C. D. Allis: Translating the histone code. Science 293, 1074-80 (2001). [2] P. Loidl: A plant dialect of the histone language. Trends in Plant Science 9, 84-90 (2004). [3] F. Turck, F. Roudier, S. Farrona, M. L. Martin-Magniette, E. Guillaume, N. Buisine, S. Gagnot, R. A. Martienssen, G. Coupland, V. Colot: Arabidopsis TFL2/LHP1 specifically associates with genes marked by trimethylation of histone H3 lysine 27. PLoS Genetics 3, e86 (2007). [4] S. Farrona, G. Coupland, F. Turck: The impact of chromatin regulation on the floral transition. Seminars in Cell and Developmental Biology 19, 560-73 (2008). [5] W. Johannsen: Elemente der exakten Erblichkeitslehre. Gustav Fischer Verlag, Jena (1909). 2010 Max-Planck-Gesellschaft www.mpg.de 6/6