Rohrvortrieb Qualitätssicherung durch Online-Überwachung der Rohrbelastung

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- 107 - Rohrvortrieb Qualitätssicherung durch Online-Überwachung der Rohrbelastung Dr.-Ing. Joachim Beyert, Aachen 1 ) 1 ) RWTH Aachen, Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement Zusammenfassung: Beim Rohrvortrieb werden Rohre von einer Startgrube auf eine Zielgrube zu durch den Boden gepresst. Hierbei werden e Rohre hohen Belastungen ausgesetzt. Auch bei normenkonformer Vorgehensweise kommt es immer wieder zu Schäden an Vortriebsrohren mit hohen Folgekosten. Zur Vermeidung einer Überbelastung der Vortriebsrohre wurde ein Überwachungssystem entwickelt, mit dem e Spannungsverteilung in den einzelnen Rohrfugen ermittelt und visualisiert werden kann und somit kritische Rohrbelastungen, e zu Schäden führen, frühzeitig erkannt werden können. 1 Einleitung Kanäle und Leitungen können in offener Bauweise oder in geschlossener Bauweise verlegt werden. Was e Belastung und Bemessung der Rohre anbelangt, sind bei der geschlossenen Bauweise e während des Einbauvorgangs auftretenden Vortriebskräfte zumeist maßgebend. Diese Vortriebskräfte werden von einer Vortriebspresse im Startschacht auf das jeweils zuletzt eingebaute Rohr aufgebracht und von Rohr zu Rohr bis zur Vortriebsmaschine übertragen (Bild 1). Bild 1: Rohrvortrieb

- 108 - Insgesamt ergibt sich e aufzubringende Vortriebskraft aus dem so genannten Spitzenwiderstand am Schneidrad der Vortriebsmaschine und der Mantelreibung zwischen Rohren und Boden. Mit zunehmender Vortriebsstreckenlänge nimmt daher auch e aufzubringende Vorpresskraft zu (Bild 2). Zur Verbesserung der Übertragung der Presskräfte von Rohr zu Rohr werden Fugenzwischenlagen eingesetzt. Das Vortriebsrohr in Kombination mit der Fugenzwischenlage muss so ausgelegt werden, dass e Presskräfte schadlos aufgenommen werden. Mantelreibung (Summenlinie) Vorpresskraft Bohrkopfandruck / Schneidkraft Bild 2: Spitzenwiderstand, Mantelreibung und Vorpresskraft beim Rohrvortrieb Aber auch bei sorgfältiger und normenkonformer Dimensionierung der Rohre kommt es beim Rohrvortrieb vereinzelt zu Schäden (Bild 3). Bild 3: Schäden an Vortriebsrohren Die Ursache hierfür ist zumeist eine Überlastung der Rohre, e seltener Folge einer unzulässigen Erhöhung der Presskräfte ist, sondern oftmals aus einer zu großen Verwinkelung der Vortriebsrohre resultiert. Die Gründe für größere Rohrverwinkelungen können unterschiedlicher Natur sein und z. B. aus dem Boden (Schichtungen, Hindernisse) und zu star-

- 109 - ken Korrektursteuerungen herrühren. Um auch in esen Fällen Schäden vermeiden zu können, wurde am Institut für Baumaschinen und Baubetrieb der RWTH Aachen (ibb) ein Überwachungssystem entwickelt, mit dem e Spannungsverteilung in den Rohrfugen visualisiert und überwacht werden kann. 2 Belastung von Vortriebsrohren Die maximal zulässige Vorpresskraft für Rohrvortriebe wird auf der Grundlage des Arbeitsblattes ATV-A161 [1] der Abwassertechnischen Vereinigung e.v. (ATV) festgelegt. Sie wird für eine theoretische Rohrverwinkelung (gerader Rohrvortrieb: z/da=1) für standarsierte Rohre vom Rohrhersteller angegeben oder bei begehbaren Rohrvortrieben und gekrümmten Vortriebstrassen durch eine statische Berechnung vor Beginn der Vorpressarbeiten ermittelt. Bild 3 zeigt e Spannungsverteilung und den Rechengang zur Ermittlung der zulässigen Vortriebskraft für z/d a =1 nach ATV A161 z Zulässige Vorpresskraft (=1,6): βld γ βld βld zulv = A = A = A max 1,6 2 3,2 max s V V da s 0 Querschnittsfläche 2 2 (d d ) π A = a i 4 LD = Längsdruckfestigkeit [N/mm²] 10 9 max 0 6 5 4 3 2 1 0 0,1 d =1,0 a d =0,9 a d =0,8 a d =0,7 a 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 z 0,9 1,0 d a Bild 4: Berechnung der maximalen Vorpresskraft nach ATV-A161 [1] Bei der Bemessung von Vortriebsrohren wird davon ausgegangen, dass e Spannungsverteilung linear verläuft, dass der Elastizitäts-Modul der Fugenzwischenlage konstant ist, dass das gewählte z/da während des Vortriebs nicht überschritten wird. Ob e ersten beiden Voraussetzungen tatsächlich so zutreffen, wurde in einem Forschungsprojekt vom ibb-institut für Baumaschinen und Baubetrieb eingehend untersucht [2]. Hierbei wurden u. a. Vortriebsrohre in einem speziell hierfür entwickelten Versuchsstand einem Belastungsablauf unterzogen, der weitgehend e in situ Randbengungen nachstellt (Bild 5).

- 110 - Bild 5: Versuchsstand zur Untersuchung von Vortriebsrohren und Fugenzwischenlagen In dem Versuchsstand werden bei einem Belastungsversuch zwei Rohre unter einer definierten Vorpresskraft verwinkelt. Hierbei wird e Vorpresskraft in Stufen gesteigert und e Verwinkelung in einer Laststufe mehrfach wiederholt. In der Rohrfuge werden dann mit einer speziellen Druckmessfolie über e gesamte Querschnittsfläche e Druckspannungen (Kontaktspannungen) gemessen. Das Ergebnis einer solchen Spannungsmessung zeigt Bild 6. Bild 6: Messsensor (links) und Ergebnis einer Spannungsmessung in der Rohrfuge Es zeigt sich, dass e Spannungsverteilung nach mehrfacher Belastung der Fugenzwischenlage nicht mehr linear ist, sondern zum Rand hin überproportional ansteigt und dass es schon bei kleineren Verwinkelungen zu einer hohen Lastspitze kommen kann. Die Versuche wurden mit Beton- und Steinzeugvortriebsrohren DN 300 und 400 sowie den üblicherweise verwendeten Fugenzwischenlagen aus Spanplatten (V100) durchgeführt.diese Belastungs-

- 111 - bilder wurden dann zur Verifizierung von FEM-Berechnungen eingesetzt. Es wurde untersucht, welche Spannungen in den hoch belasteten Endbereichen der Vortriebsrohre auftreten, wie sie in der Rohrwandung weitergeleitet werden und was nun e Ursache für e eingangs dargestellten Schäden ist. Bei der Auswertung der Berechnungen zeigte es sich, dass e hohen, konzentriert in den Rohrspiegel eingeleiteten Druckspannungen zu raalen Zugspannungen in der Rohrwandung führen, e ursächlich für schalenförmige Abplatzungen an der Außenseite von Vortriebsrohren sind. In Bild 7 sind ese raal wirkenden Zugspannungen dargestellt. Erreichen ese Spannungen Werte im Bereich von ca. 10 % der maximal zulässigen Druckspannungen des Rohrwerkstoffes, kommt es zu Abplatzungen an Vortriebsrohren im Fugenbereich. Bild 7: Zugspannungen im Vortriebsrohr Bei weitergehender Längsbelastung der Vortriebsrohre ohne Zunahme der Verwinkelung kann es dann plötzlich zum großflächigen Versagen des Vortriebsrohres kommen. Hierbei stellen sich als Schadensbilder entweder größere Scherbenbildung oder Längsrisse im Rohrschaft ein. 3 Online-Spannungsüberwachung Im Institut konnte e tatsächlich auftretende Spannungsverteilung in der Rohrfuge mit einer speziellen Druckfolien-Messtechnik ermittelt werden. Diese Messtechnik ist allerngs nur für den Laborbetrieb geeignet und für den rauen Betrieb auf Baustellen nicht geeignet. Daher musste ein anderer Weg gefunden werden. Schon Mitte der 90iger Jahre waren vom ibb Untersuchungen in Köln begleitet worden, bei denen e Fugenzwischenlage als Sensor herangezogen wurde und e Verformung der Fugenzwischenlage als Messgröße zur Ermittlung der Spannung im Rohrspiegel genutzt wurde [3]. Voraussetzung für esen Weg ist allerngs e genaue Kenntnis über das Verhalten des Fugenzwischenlagenmaterials unter allen bei Rohrvortrieb auftretenden Belastungen. Als Material von Fugenzwischenlagen werden in erster Linie Holzwerkstoffe (Spanplatte V100) seltener Vollhölzer verwendet. Die Verformungseigenschaften von Holzwerkstoff- oder Vollholz-Fugenzwischenlagen zeichnen sich durch ein elastisches Materialverhalten im niedrigen Lastbereich und durch ein nicht linear elastisch-plastisches Materialverhalten im höheren Lastbereich aus.

- 112 - [N/mm 2 ] Die Ermittlung des Spannungsverformungsverhaltens mit einem konstanten E-Modul führt deshalb zu falschen Ergebnissen. Zur Beschreibung des Materialverhaltens einer Fugenzwischenlage unter vortriebsspezifischen Belastungen wurde vom ibb ein Standard- Prüfverfahren entwickelt, in dem e oben genannten Fugenzwischenlagenmaterialien untersucht werden und e Eingangsparameter für ein empirisches Materialmodell erfasst werden. Bild 8 zeigt das nicht lineare Spannungs-Stauchungsverhalten bei mehrmaliger, gesteigerter Belastung sowie den E-Modul-Verlauf für eine Stauchungsstufe von 10 %. E [N/mm 2 ] 10,0 8,0 6,0 4,0 VERSUCH: Z 03 06 11 01 PROBENMATERIAL: HOLZWERKSTOFF-FZL 19,3 mm PROBENFLÄCHE: 13186,64 m m 2 PROBENDICKE: 19,30 mm PRÜFPROGRAMM: 19_W.prg 10 mm 130mm 19,3mm 200,0 170,0 140,0 110,0 VERSUCH: Z 03 06 11 01 PROBENMATERIAL: HOLZWERKSTOFF-FZL 19,3 mm PROBENFLÄCHE: 13186,64 mm 2 PROBENDICKE: 19,30 mm PRÜFPROGRAMM: 19_W.prg 10 mm 130m m 19,3mm 2 10,0 10, 0 EW k = 0 k ( ε ) = wk ε 10,0 w 0 = 70,00 10,0 w = 514, 70 1 10,0 w 2 = 21.521,75 2 R = 0, 69 2,0 80,0 0,0 0,000 0,025 0,050 0,075 0,100 0,125 0,150 0,175 0,200 [-] 50,0 0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09 [-] Bild 8: Zyklische Belastung von 10,3 mm-holzwerkstoff-prüfkörpern Zerlegt man nun eine Fugenzwischenlage in entsprechend kleine Elemente und ordnet esen Elementen eine Verformung zu, kann mit dem entwickelten Materialmodell jedem Element eine Druckspannung zugewiesen werden. Geschieht es über eine Parallelberechnung für alle Elemente, ergibt sich hieraus e Spannungsverteilung auf e Fugenzwischenlage. Die Eingangsgröße hierfür ist e jeweilige Stauchung der einzelnen Fugenzwischenlagenelemente. Die Werte für e Stauchung der Fugenzwischenlage erhält man durch Vermessung des Fugenspalts zwischen zwei Vortriebsrohren. Zur praktischen Umsetzung der im Institut erarbeiteten Methode wurde eine für den rauen Baustellenbetrieb geeignete Messtechnik entwickelt. An ausgewählten Fugen wird mit vier Wegsensoren das Fugenspaltmaß gemessen. Die Sensoren sind in den um 45 versetzten Viertelspunkten angeordnet. Die Messwerte werden während des Rohrvortriebs kontinuierlich an einen Rechner weitergeleitet und mit einer eigens entwickelten Software, dem Kernstück des Systems, weiterverarbeitet (Bild 9). Y Hauptebene Hauptebene Nullebene Vortriebskraft (Steifigkeitsmethode) Vortriebskraft (ATV-A 161) Bild 9: Spannungsverteilung in der Rohrfuge und Lage der resultierenden Vortriebskraft

- 113 - Hiermit kann e aktuelle Rohrverwinkelung visualisiert und in einem weiteren Rechengang aus esen Werten e Verformung der Fugenzwischenlage sowie e Spannung in eser Messfuge errechnet werden. Hierbei wird e Verformungsgeschichte der Fugenzwischenlage berücksichtigt, d. h., aus den Vorbelastungen wird e maximale plastische Verformung und der aktuelle E-Modul jedem Fugenzwischenlagen-Element zugewiesen. Die jeweilige aktuelle Spannungsverteilung in der Rohrfuge wird dann angezeigt. 4 Praxiserprobung Das am ibb entwickelte System wurde im Sommer 2003 im Zuge dreier Rohrvortriebsstrecken in Köln in der Praxis erprobt. Die Anordnung der Messtechnik ist in Bild 10 dargestellt. Messstrecke Startbaugrube 20m 2m 2,830m 2,906m Messrad Messfuge 2 Messfuge 1 14 13 12 11 10 3 2 1 Hauptpressstation Betonwiderlager Zwischenpressstation Messdehnerstation Maschinenrohr 2 Maschinenrohr 1 Schneidrad Bild 10: Anordnung der Messtechnik im Rohrstrang Die Verwinkelung der Rohre wurde in zwei Messfugen (Messfuge 1 und 2) gemessen. Der zweiten Messfuge folgte eine Messdehnerstation, mit der e Vorpresskraft rekt hinter Messfuge 2 erfasst werden konnte. Die gute Übereinstimmung der in der zweiten Messfuge mit der oben beschriebenen Messtechnik und Software-Entwicklung ermittelten Vortriebskraft und der rekt in der Messdehnerstation gemessenen Kraft zeigt Bild 11. [MN] 1,5 1,0 KANALBAUMAßNAHME: KÖLN-KLETTENBERG LUXEMBURGER STRAßE LOS 1 VORTRIEB 3 / MESSFUGE 2 / BAUABSCHNITT 0-20m FUGENZWISCHENLAGE: SPANNPLATTE NOVOPAN V100 19,3mm 0,5 0,0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Stationierung 18 [m] Bild 11: In Messfuge 2 ermittelte und mit der Messdehnerstation gemessene Vorpresskraft Hiermit konnte gezeigt werden, dass das Messprinzip der Fugenwegmessung zur Ermittlung der Spannungsverteilung in der Rohrfuge realistische Ergebnisse liefert. Die Verwinkelungsmessung in zwei Fugen erlaubt auch der Fragestellung nachzugehen, ob e nachfolgenden Vortriebsrohre in gleicher Weise verwinkeln wie e vorlaufenden Vortriebsrohre oder ob sich so genannte Einschleifeffekte ergeben und e Verwinkelung nachlaufender Rohre abnimmt. Darüber hinaus stellt sich auch e Frage, inwiefern der Rohrstrang der Vortriebsmaschine folgt, d. h., ob e Lagedaten der Vortriebsmaschine Rückschlüsse auf e Verwinkelung der Vortriebsrohre zulassen. Beide Fragestellungen sind in Bild 12 behandelt.

- 114 - Bild 12: Vergleich der Lageabweichung der Vortriebsmaschine und der Rohrverwinkelung der Messfuge 1 und 2 Im unteren Teil der Darstellung ist an den Kurvenverläufen der Verwinkelung von Messfuge 1 und 2 gut zu erkennen, dass sich offensichtlich keine signifikant kleineren Verwinkelungen bei Messfuge 2 ergeben; Einschleifeffekte treten somit anscheinend nicht auf. Der Vergleich der Lageabweichungen der Vortriebsmaschine mit den gemessenen Rohrverwinkelungen zeigt ebenfalls eine gute Übereinstimmung: Dort, wo e Vortriebsmaschine eine Kurve fährt, treten auch e größten Verwinkelungen auf. 5 Fazit und Ausblick Mit dem am ibb entwickelten Messsystem und Software-Programm können, wie e Praxiserprobung zeigt, Spannungsverteilungen bei Vortriebsrohren während des Vortriebs ermittelt und angezeigt werden. Hiermit kann nun für einen Vortrieb begleitend e jeweils zulässige Vortriebskraft zu jedem Zeitpunkt angegeben werden. Überbeanspruchungen der Vortriebsrohre können erkannt und vermieden werden. Es ist möglich, vorausschauend Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn eine Überbeanspruchung der Rohre droht. Die Attraktivität des Rohrvortriebs wird für den Auftraggeber hierdurch gesteigert, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit werden verbessert. Schrifttum [1] ATV Arbeitsblatt 161: Statische Berechnung von Vortriebsrohren, Abwassertechnische Vereinigung e.v. GFA, St. Augustin, Januar 1990 [2] Forschungsprojekt: Sicherung und Verbesserung der Rohrvortriebstechnik als umweltschonendes Verlegeverfahren bei Sanierung und Neubau von Kanälen. BMBF; Förderkennzeichen 02WK 9996/0, Laufzeit 2000-2003 [3] Deisenroth, Wilfried; Uffmann, Hans-Peter; Averesch, Ulrich: Die Spannungungsverteilung in der Rohrfuge während des Rohrvortriebs. Tiefbau, Ingenieurbau, Straßenbau, (1997) 6