Persönlicher ERASMUS-Erfahrungsbericht Studienfach Gastuniversität Gastland Aufenthaltsdauer (Monat/Jahr Monat/Jahr) Poltik, Verwaltung + Volkswirtschaftslehre Institut d Études Politiques de Paris (Sciences Po Paris) Frankreich 08 /12 04/13 1) Vorbereitung des Auslandsaufenthalts Ich erfuhr von der Möglichkeit, einen Austausch mit Sciences Po zu machen, durch einen Kommilitonen. Dass die Chance besteht, Zeit an dieser privilegierten Schule zu verbringen, hätte ich mir vorher nicht vorstellen können und hatte auch nicht konkret danach gesucht. Der Kommilitone stieß auch nur durch Zufall auf einen Zettel in der Mensa mit dem Hinweis auf diese Austauschmöglichkeit. Sofort nahm ich die Bewerbung bei Frau Julka Jantz in Angriff. Ich hatte am Französischen Gymnasium Berlin neben dem Abitur auch mein Baccalauréat absolviert und hatte großes Interesse meine schulischen deutsch-französischen Erfahrungen auch auf universitärem Level weiterzuführen. Die Nachweise für französische Sprachkenntnisse und das Bewerbungsschreiben auf Französisch stellten also kein Problem für mich dar. (Weitere Bewerbungsunterlagen: Lebenslauf, Beglaubigte Kopie des Abiturzeugnisses und anderer akademischer Examina, Liste der bisher erworbenen Leistungsnachweise und Kopien dieser Leistungsnachweise) Nach Einreichen der Unterlagen wurde ich irgendwann zu einem Vorstellungsgespräch bei Frau Jantz eingeladen. Nach dem Gespräch hörte man länger nichts mehr und es war weder für mich, noch für andere Kommilitonen, die sich für das selbe Programm beworben hatten, leicht, Antworten auf Fragen bezüglich des Austauschprogramms von Frau Jantz zu bekommen. Doch irgendwann erhielt man eine Email von Sciences Po mit der Bestätigung und allen weiteren Informationen bezüglich Wahl der Kurse, Einführungswoche usw. womit sich die meisten Fragen erledigten. Man konnte sich aus einer Liste von Kursen aussuchen, wofür man sich interessiert und was zeitlich zusammenpassen würde und an einem Tag im Juli um Punkt 15Uhr war die Einschreibung. Innerhalb von 20 Sekunden waren die meisten Kurse vergeben und man musste sich sehr beeilen, so
viele Kurse wie möglich von seiner Liste zu bekommen. Wer nicht um Punkt 15Uhr vor dem PC saß war schlecht dran. Alle Fragen bezüglich Krankenkasse und Unterkunft beantworteten sich durch den Mail und Internet-Auftritt und -Austausch von/mit Sciences Po. Ich hatte über die Barmer eine europäische Krankenversicherung und brauchte nicht extra eine französische Versicherung abschließen. Meine Unterkunft habe ich mir privat organisiert. 2) Studium an der Gastuniversität Ein Studium an Sciences Po unterscheidet sich grundlegend von dem an einer deutschen öffentlichen Universität wie der Universität Potsdam. Sciences Po ist eine sehr elitäre Einrichtung mit großem Ansehen in der französischen Gesellschaft und der internationalen Studien -und Arbeitswelt. Die Aufnahmeprüfungen für Franzosen sind extrem hart und selektiv (rund ein Bewerber auf 10 wird genommen). Viele Franzosen können sich nichts größeres Vorstellen, als an Sciences Po zu studieren. Wer dort studiert, der ist bereit viel zu arbeiten und weiß, dass er als Absolvent von Sciences Po sehr gute Jobaussichten hat. Das Grundlevel und die Grund- Arbeitsbereitschaft ist an Sciences Po also sehr hoch. Die Studenten an Sciences Po gehen im dritten Jahr ins Ausland. Diese Kapazitäten nutzt die Uni und empfängt jedes Jahr etliche internationale Austauschstudenten. Man kann als Erasmus-Student nicht ganz nachempfinden, was es bedeutet an Sciences Po zu studieren, weil man deutlich weniger Kurse belegt pro Semester (Studenten an Sciences Po belegen oft pro Semester mehr als 50 Lp) und in einem oder zwei Semestern auch nicht in selbem Maße an dem sehr ausgeprägten sozialen universitären Leben teilhat. (Es gibt etliche künstlerische, sportlerische, politische und organisatorische studentische Vereinigungen, Organisationen und Vertretungen). Generell wird von den Austauschstudenten auf Grund der Sprache natürlich auch nicht das Selbe abverlangt wie von den französischen Studierenden. Man belegt eine Vorlesung, zu der ein Seminar gehört und zusätzlich kleinere vertiefende Seminare auf verschiedensten Gebieten (bei mir war pro Semester ein Kurs auf Englisch, die anderen alle auf Französisch). Auch einen Sprachkurs pro Semester belegt man, bei mir: Englisch. In der Vorlesung und dem dazugehörigen Seminar ist man ausschließlich mit anderen Erasmusstudenten zusammen, während man die anderen Kurse mit französischen Studenten zusammen besucht.
In Sciences Po herrscht ein ganz anderer Studienrhythmus. Man ist ab der zweiten Woche spätestens fest in die Kurse eingespannt und hat ab dann bis zum Ende des 12-Wöchigen Semesters eigentlich jede Woche Prüfungen, Tests, Referate, Hausarbeiten abzugeben, Texte zu lesen... Nach den 12 Wochen gibt es noch eine kurze Prüfungszeit und dann hat man alles hinter sich und kann sich seine Vorlesungsfreie Zeit vollkommen unabhängig von universitären Pflichten organisieren. Durch diesen strengen Rhythmus lässt Sciences Po einem nicht die Wahl wie viel man arbeitet. Man arbeitet automatisch viel. Alle arbeiten, ohne sich besonders überwinden zu müssen. Was Vielen an deutschen Unis, vor allem während des Semester so schwer fällt, wird hier einfach umgangen, in dem man den Studenten keine Wahl lässt und Ihnen während des Semester viele Aufgaben gibt. Trotzdem herrscht in den meisten Kursen kein zu strenges, gezwungenes Arbeitsklima. Man hat einfach nur regelmäßig mehr zu arbeiten. Ein gutes Sprachniveau ist sehr zuträglich, wenn man mehr als nur die Grundanforderungen erfüllen will. Wie gestaltet sich die Lehre in Sciences Po? Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass Sciences Po sehr stark auf die Vermittlung von konkretem, handfestem Wissen ausgelegt ist, das die Studenten aufnehmen und sich aneignen, um es dann wiedergeben zu können. Viele Dozenten sind bekannte Persönlichkeiten und Koriphäen auf ihren Gebieten, die sehr individuelle Lehrpläne und Lehrausrichtungen haben, ohne generelle, theoretische Einführungen in Themenbereiche zu machen. Oft sind es Leute aus Forschungseinrichtungen, Regierungskreisen, Unternehmen, Parlamenten... Es gibt auch Seminare und Vorlesungen mit theoretischem Charakter, doch die Mehrzahl der Kurse beschäftigt sich mit konkreten, angewandten Informationen. Die Wissensvermittlung verläuft meist durch einen Vortrag des Dozenten (die Studenten schreiben mit) und gegen Ende findet meistens ein Referat statt. Selten gibt es Diskussionsrunden oder eine sehr starke studentische Beteiligung. (In den Seminaren, die die Vorlesungen begleiten, bringen sich die Studenten am meisten ein.) Pro Seminar hat man also mindestens ein Referat, eine Hausarbeit, eine Zwischenprüfung oder Endprüfung, sowie viele weitere Prüfungsformen
( presentation de l actualité, fiche technique, commentaire d un exposé, débat ) vorzunehmen. Es ist sehr wichtig einen guten Überblick über alle Kurse zu haben und zum Anfang des Semesters, wenn es an die Verteilung der Aufgaben geht, möglichst so taktisch wie möglich sich seine Aufgaben zu legen, damit man nicht in einer Woche zu viel zu tun hat. Die Anforderungen liegen also hauptsächlich in dem kontinuierlichen, vielen Arbeiten und im Einteilen der Arbeit, und nicht etwa in der zu großen Komplexität einzelner Aufgaben. Es sei denn die Sprache stellt eine zu große Hürde dar. Man fühlt sich als ausländischer Studierender von Lehrenden und Studierenden gut aufgenommen und man wird sehr gut integriert in die Lehrveranstaltungen, wobei viel Rücksicht auf sprachliche Differenzen gelegt wird. Die Leistungsbewertung ist sehr speziell. Eine 16/20 ist quasi so was wie die Höchstnote. Nur ab und zu bekommen Studenten eine höhere Note. 20/20 ist eigentlich ausgeschlossen. Also wird beispielsweise eine 13/20 als gute Note angesehen. Die Verwaltungsbüros sind sehr zuvorkommend und stehen einem bei allen Fragen zur Seite. Die technischen Möglichkeiten der Uni sind auf dem besten Stand. Die Bibliothek hat eine immense Auswahl an Literatur, ist allerdings oft überfüllt. Vor allem die Computer sind häufig besetzt. Informationen zur Uni, zum Austauschprogramm und auch eine Liste der angebotenen Kurse gibt es hier: http://college.sciences-po.fr/siteparis/etudiantsechange 3) Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden Es gibt sehr viele Möglichkeiten einheimische und ausländische Studenten kennenzulernen. In der Begrüßungswoche gibt es zahlreiche Angebote Dinge mit anderen ausländischen Studenten zu unternehmen, die von Studenten von Sciences Po organisiert werden. Es gibt zudem ein Buddy-Programm. Jedem Austauschstudent wird ein Buddy zugeteilt, ein Student an Sciences Po, den man als Ansprechpartner hat. Darüber hinaus ergeben sich in den Zahlreichen Seminaren und Sprachkursen Möglichkeiten einheimische Studenten kennenzulernen.
4) Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt Ich war vor dem Aufenthalt bereits fast zweisprachig. Der Aufenthalt hat mir allerdings einige sprachliche Feinheiten näher gebracht und mich in der Sprache generell etwas sicher werden lassen. 5) Wohn- und Lebenssituation Die Wohn- und Lebenssituation in Paris ist nicht sehr einfach. Die Mieten sind sehr hoch und man findet schwer eine Wohnung. Zwischen 650 und 900 Euro bekommt man eine kleine Wohnung. Man sollte sich etwas vor Ort suchen. Von Berlin aus, ist es ohne Kontakte schwer eine Wohnung ausfindig zu machen. Ich habe über Bekannte eine Wohnmöglichkeit gefunden. Die Studentenheime haben relativ aufwendige Aufnahmekriterien und sind auch sehr voll. Sciences Po stellt keine Möglichkeit eines Metro-Tickets zur Verfügung. Man muss sich selber eine Jahreskarte beantragen. Das beläuft sich so auf um die 350 Euro. Sehr gewöhnungsbedürftig ist, dass die Metro nur bis kurz nach Mitternacht und am Samstag maximal bis kurz nach ein Uhr Nachts fährt. Sonst gibt es dann außer Taxi zu fahren oder zu laufen nur die Möglichkeit, sich Fahrräder auszuleihen. Diese Nennen sich vélib. Überall in der Stadt gibt es Stationen, an denen man ein Fahrrad ausleihen und wieder abstellen kann. In den ersten Wochen des Semesters haben einige Banken in der Eingangshalle von Sciences Po Stände aufgebaut, an denen man direkt ein Konto eröffnen kann. Bei einigen Banken bekommt man eine Prämie für eine Kontoeröffnung (z.b. BNPParibas). Essen gehen in Paris ist sehr teuer. Es gibt im Gegensatz zu Berlin wenige Angebote günstig, unkompliziert und schnell essen zu gehen. Meistens sind es gleich teure Restaurants. Man brauch eine Weile um Möglichkeiten ausfindig zu machen auch günstiger zu essen oder etwas trinken zu gehen (außerhalb von Happy Hours sind die Preise in Bars oft mehr als doppelt so teuer wie hier). Die Supermärkte sind auch generell etwas teurer. Es gibt in der Uni eine Kantine, in der man günstig belegte Baguettes und Getränke kaufen kann. Wenn man eine europäische Krankenversicherung hat braucht man keine französische Krankenverischerung abschließen. Letztlich läuft es so, dass man beim Arzt alles privat zahlen muss und dann in Deutschland bei der Krankenkasse die Rechnung einreichen muss. Es wird dann ein gewisser Prozentsatz übernommen.
Die Freizeitangebote von Sciences Po sind sehr vielfältig. Es gibt etliche Sportangebote. Von Rugby, zu Fußball und Joga. Es gibt Theatergruppen, Kunstateliers, Fotokurse. Trotz all den Anforderungen von Sciences Po an die Studenten, liegt der Uni viel daran, auch einen Ausgleich zum Studieren mit Sport, Musik und Kunst zu schaffen. 6) Rückblick Mich hat dieser Einblick in eine Universität, die sich so sehr von der Uni Potsdam unterscheidet sehr weitergebracht. Im Zentrum von Paris, in schönen, alten, geschichtsträchtigen Gebäuden, deren schwellen ein großer Teil der französischen Elite übertreten hat, zu studieren ist zudem sehr reizvoll. Man lernt viele interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen. Der finanzielle Aufwand ist allerdings erheblich.