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Transkript:

1 '=:,5 Johannes Franke* / Ralf Böhme** 'LH7LOJXQJYRQ$OWIRUGHUXQJHQGXUFKGHQÄVFKZDFKHQ³YRUOlXILJHQ9HUZDOWHU,(LQI KUXQJ Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen vom 13. 3. 2003 seine Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung fortgebildet. Im ersten Fall 1 hatte ein Gläubiger, der mit seiner Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens lediglich Insolvenzgläubiger wäre, den vorläufigen Insolvenzverwalter veranlaßt, eine Altforderung zu befriedigen. Denn der Gläubiger hatte sich geweigert, eine für die Fortführung des Unternehmens notwendige Leistung (hier: Inbetriebnahme einer industriellen Anlage und Einweisung von Personal) zu erbringen, wenn nicht neben der Zahlung des Entgeltes für die neue Leistung auch seine Altforderung befriedigt würde. Die zweite Fallgestaltung 2 war ähnlich gelagert. Auch hier hatte sich der Gläubiger nur dann zur Erbringung einer zur Fortführung des Unternehmens notwendigen Leistung (hier: Durchführung einer Reparatur) bereit erklärt, wenn durch den vorläufigen Insolvenzverwalter sämtliche offene Forderungen aus vorangegangenen Aufträgen beglichen würden. In beiden Fällen war der unter Erlass eines Zustimmungsvorbehaltes bestellte vorläufige Insolvenzverwalter dem Ansinnen des Gläubigers nur widerstrebend nachgekommen, allerdings nicht ohne auf die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung hinzuweisen. Die Kläger, welche inzwischen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt wurden, verlangten nun die auf die Altverbindlichkeiten geleistete Zahlung im Wege der Insolvenzanfechtung zurück. Die Fallgestaltungen sind von erheblicher praktischer Relevanz, da der Insolvenzverwalter zur Fortführung des Unternehmens oft Leistungen von Geschäftspartnern in Anspruch nehmen muss, die ihrerseits die Befriedigung von Altverbindlichkeiten verlangen. Der BGH hält in beiden Fallgestaltungen die Anfechtung der Abrede zur Tilgung * Rechtsanwalt, Hannover. ** Ass. iur, Leipzig. 1 BGH, Urt. v. 13. 3.2003 IX ZR 64/02, DZWIR 2003, 291 (mit Anm. *XQGODFK6FKLUUPHLVWHU) = NJW 2003, 1865 = NZI 2003, 315 = ZInsO 2003, 417 = ZIP 2003, 810. 2 BGH, Urt. v. 13. 3. 2003 IX ZR 56/02, ZInsO 2003, 420 = ZIP 2003, 855.

2 von Altforderungen durch den Insolvenzverwalters für wirksam.,,$qihfkwedunhlwghv(ui OOXQJVJHVFKlIWV QDFK $EV1U,QV2" Zunächst beschäftigte sich der BGH mit der Frage, ob bereits die dingliche Verfügung (also der Tilgung der Altforderung) eine anfechtbare Rechtshandlung gemäß 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellt..hlqh0dvvhvfkxogjhpl $EV,QV2 Der Senat verneinte das Vorliegen einer Masseschuld, was der Anwendbarkeit des 130 InsO entgegengestanden hätte (in einem Fall hatte dies die Berufungsinstanz bejaht 3 ). Eine Masseschuld könne durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nach 55 Abs. 2 InsO nicht begründet werden, weil das Insolvenzgericht weder ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen ( 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO) noch den vorläufigen Insolvenzverwalter ermächtigt hatte, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen. Die Rechtsprechung des BGH hat im Umkehrschluss zur Folge, dass der vorläufige Insolvenzverwalter, der im Rahmen eines vollständigen oder beschränkten Verfügungsverbotes handelt, Masseverbindlichkeiten gemäß 55 Abs. 2 InsO begründet und in diesen Fällen eine Insolvenzanfechtung ausscheiden muss 4. Dieses Ergebnis ist sachgerecht, denn die Geschäftspartner des starken vorläufigen Insolvenzverwalters sind in ihrem Vertrauen auf die Insolvenzbeständigkeit ihrer Ansprüche wesentlich schutzbedürftiger, als Geschäftspartner des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters 5. %HQDFKWHLOLJXQJGHU,QVROYHQ]JOlXELJHU Weiter prüft der BGH die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger, lässt diese Frage aber unbeantwortet. Zwar habe die Bezahlung der Altforderung die Insolvenzmasse verringert 3 LG Karlsruhe, ZIP 2002, 362, 363. 4 Ebenso /HLWKDXV, NZI 2003, 317 ff. 5 FK-InsO/6FKXPDFKHU, 55 Rdn. 31.

3 und die Insolvenzgläubiger benachteiligt, jedoch ließ der Senat ausdrücklich offen, ob eine Anfechtung nach 130 InsO dann ausgeschlossen ist, wenn der Insolvenzverwalter eine Rechtshandlung anficht, der er selbst als vorläufiger Insolvenzverwalter zugestimmt hat. Der Senat deutet an, dass der Gläubiger möglicherweise in seinem Vertrauen darauf, dass eine Gläubigerbenachteiligung nicht zur Anfechtung führen kann, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter der Verfügung des Schuldners zustimmt, schutzbedürftig ist. Warum der BGH zu dieser Frage keine Stellung bezieht und einen Umweg über die Anfechtung des Grundgeschäftes nach 132 InsO geht 6, ist nicht nachvollziehbar. Der Senat ist der Meinung, dass der Zustimmungsvorbehalt ( 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO) des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters neben seiner primären Aufgabe, die künftige Insolvenzmasse zu schützen, nicht zugleich das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Insolvenzbeständigkeit von Zustimmungen eines derart ausgestatteten vorläufigen Verwalters erschüttern solle 7. Diese Auffassung ist aus mehreren Gründen zu kritisieren: D'LH=DKOXQJHUIROJWHGXUFKGHQ 6FKXOGQHU Die Anordnung des Insolvenzgerichts, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, ist allein eine Sicherungsmaßnahme, die eine nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners verhüten soll. 8 Aufgabe des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters ist es damit nur, nachteilige Rechtsgeschäfte des Schuldners durch Versagung der Zustimmung zu verhindern. Nach der Gesetzeskonzeption soll weiterhin der Schuldner und gerade nicht der vorläufige Verwalter am Rechtsverkehr teilnehmen. Somit bräuchte das Vertrauen des Rechtsverkehrs in Hand- 6 Siehe unten III. 7 BGH, aao (Fn. 1), DZWIR 2003, 291, 292 (mit Anm. *XQGODFK6FKLUUPHLVWHU). 8 Vgl. 21 Abs. 1 Satz 1 InsO.

4 lungen des vorläufigen Insolvenzverwalters gar nicht geschützt werden, weil allein der Schuldner handelt. Allerdings ist es in der Praxis so, dass der schwache vorläufige Verwalter im Rechtsverkehr wesentlich stärker in Erscheinung tritt, als es das Gesetz vorsieht. Faktisch regelt er die Angelegenheiten des Schuldners. Gerade bei der Fortführung des Unternehmens hat der Verwalter eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen, Verhandlungen mit Vertragspartnern zu führen und Willenserklärungen für den Schuldner abzugeben (Bestellungen von Material, Kündigungen von Mitarbeitern, etc.). Oft wird er als Stellvertreter des Schuldners handeln. Deshalb lässt es sich gar nicht vermeiden, dass ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter in den meisten Fällen nach außen wie ein starker vorläufiger Verwalter wahrgenommen wird 9. Daher ist es denkbar, dass der Vertragspartner in die Insolvenzbeständigkeit eines Rechtsgeschäfts vertraut, bei dem ein schwacher vorläufiger Verwalter stark auftritt. Diese Fälle kann der BGH aber nicht zu Lasten der Insolvenzmasse lösen, wenn er (möglicherweise) eine Anfechtung nach 130 InsO für ausgeschlossen hält 10. Vielmehr muss dann die Anfechtbarkeit nach 130 InsO bejaht und der Vertragspartner auf den Schadensersatzanspruch gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß 60 InsO verwiesen werden. E $XFK GDV *UXQGJHVFKlIW EHGXUIWH GHU =XVWLPPXQJGHV9HUZDOWHUV Ein anderer Gesichtspunkt lässt die Andeutungen des Senats als inkonsequent erscheinen. Wenn der BGH bei der Prüfung des 130 InsO in Erwägung zieht, daß das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Insolvenzbeständigkeit der Zustimmung möglicherweise zu schützen sei, so ist unverständlich, warum er sich diese Gedanken bei der Anfechtung des Grundgeschäfts gemäß 9 So lag es auch im Fall BGH, aao (Fn. 2), ZIP 2003, 855. 10 0DURW]NH, EWiR 2002, 351, 352.

5 132 InsO 11 nicht macht. Denn auch die Verpflichtung zur Tilgung der Altschulden bedurfte der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Nach der hier vertretenen Auffassung hätte der Senat eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger und damit die Anfechtbarkeit des Erfüllungsgeschäfts bejahen müssen. Denn auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO lagen vor.,,,$qihfkwedunhlwghv*uxqgjhvfkliwv QDFK $EV1U,QV2 In beiden Fallgestaltungen sind die kausalen Abreden, aufgrund derer die Insolvenzverwalter die Schuldnerinnen zur Tilgung der Altschulden verpflichteten, nach Ansicht des Senats gemäß 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO wirksam angefochten worden. 5HFKWVJHVFKlIWGHV6FKXOGQHUV Ein nach dem Eröffnungsantrag abgeschlossenes Rechtsgeschäft des Schuldners lag vor, weil in Ermangelung eines allgemeinen Verfügungsverbotes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schuldnerin bei dieser verblieben war, 12 und die Insolvenzverwalter im Namen und mit Vollmacht der Schuldnerinnen gehandelt haben. 8QPLWWHOEDUH*OlXELJHUEHQDFKWHLOLJXQJ Die Abrede hat nach Auffassung des BGH auch die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach den Entscheidungen immer dann gegeben, wenn der Schuldner für das, was er aus seinem Vermögen weggibt, unmittelbar keine vollwertige Gegenleistung erhält 13. Es kommt also ausschließlich auf das Wertverhältnis der ausgetauschten Leistungen an 14. Nach Auffassung des Senats hatten die Schuldnerinnen für die Begleichung der Altforderungen in beiden Fallgestaltungen keine äquivalente Leistung erhal- 11 Siehe unten III. 2. 12 Vgl. 22 InsO. 13 Vgl. MK-InsO/.LFKKRf, 132 Rdn. 11. 14 *XQGODFK6FKLUUPHLVWHUDZWIR 2003, 293, 294.

6 ten. Diese enge Definition der unmittelbaren Benachteiligung begründet der BGH mit drei gewichtigen Argumenten: Zunächst mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, gemäß 1 InsO Hauptziel des Insolvenzverfahrens, wonach einem Gläubiger keine Sondervorteile gewährt werden dürfen 15. Es würden diejenigen Gläubiger in den Genuss einer bevorzugten Befriedigung kommen, die eine Insolvenzforderung wie eine Masseforderung durchsetzen könnten. Weiterhin sollen Erpressungen des vorläufigen Insolvenzverwalters durch einzelne Geschäftspartner mit einer starken Marktstellung verhindern werden. Gerade dieser Gesichtspunkt ist in der Literatur hervorgehoben worden 16. Der BGH will auch den Nachahmungseffekt verhindern, welcher unweigerlich mit dem ersten Nachgeben des vorläufigen Verwalters bei anderen Geschäftspartnern eintreten würde. Es spielt zudem keine Rolle, dass die Leistungen der Geschäftspartner möglicherweise der Masse einen Vorteil gebracht haben. Nach Ansicht des BGH hängen diese Vorteile nicht unmittelbar mit der angefochtenen Rechtshandlung zusammen. Die Argumentation des BGH ist zu Recht kritisiert worden, da die Altverbindlichkeiten auch ohne eine Zahlungsvereinbarung zwischen Verwalter und Gläubiger fällig waren 17. Wenn aber ein Rechtsgrund für die Zahlungen bestand, so vermag die erneute Verpflichtung zur Zahlung die anderen Gläubiger nicht zu benachteiligen. Anknüpfungspunkt für die Anfechtung kann daher nur das Erfüllungsgeschäft sein..hlqvfkxw]z UGLJHU9HUWUDXHQVWDWEH VWDQG Schließlich sah der Senat in den vorliegenden Sachverhalten keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gemäß 242 BGB, 15 Vgl. 6PLG, InsO, 1 Rdn 11; FK-InsO/6FKPHUEDFK 1 Rdn. 12. 16 Ebenso )ULWVFKH, DZWIR 2002, 324, 326 f.; 0DURW] NH EWiR 2002, 351, 352; 7HW]ODII, EWiR 2002, 487, 488. 17 *XQGODFK6FKLUUPHLVWHUDZWIR 2003, 293, 294.

7 der dem Insolvenzverwalter eine Anfechtung verwehrt hätte. Ein solcher schutzwürdiger Vertrauenstatbestand hätte vorgelegen, wenn die Geschäftspartner damit rechnen durften, ein nicht mehr entziehbares Recht errungen zu haben 18. Dies lehnte der Senat in beiden Fällen ab, weil die vorläufigen Insolvenzverwalter den Zahlungen nur widerstrebend nachgekommen waren und ausdrücklich auf die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung hingewiesen hatten. Dieser die Insolvenzanfechtung ausschließende Vertrauenstatbestand ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt 19. Deshalb ist jedem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt anzuraten, bei Rechtsgeschäften der hier vorliegenden Art ausdrücklich auf die Anfechtbarkeit hinzuweisen.,9=xvdpphqidvvxqj Der BGH hält die Anfechtungsklagen für begründet, da das Grundgeschäft in Form der Abrede zur Tilgung von Altschulden gemäß 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar sei. Das Ergebnis verdient Zustimmung, nicht aber die Begründung. Das Gericht hätte bereits die Anfechtbarkeit des Erfüllungsgeschäfts nach 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO bejahen müssen. 18 BGHZ 118, 374, 381 f. = NJW 1992, 2483, 2484. 19 Vgl. /HLWKDXV, NZI 2003, 317, 318.