Newsletter Februar 2008 RAe Schauseil & Bauer, Rudolstadt -



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Transkript:

Newsletter Februar 2008 RAe Schauseil & Bauer, Rudolstadt - Sehr geehrte Damen und Herren (Kollegen), dies ist der Newsletter der Anwaltskanzlei Schauseil & Bauer aus Rudolstadt. Er beschäftigt sich vorwiegend mit Fragen des Schadensersatzrechts und informiert zusammenfassend insbesondere über aktuelle Entscheidungen der Gerichte in Thüringen. Daneben berücksichtigen wir auch wichtige Rechtsprechung des BGH und anderer Gerichte, wobei dabei der Schwerpunkt auf Ostdeutschland/Mitteldeutschland gelegt wird. A. Haftung: 1) 7, 17, 18 StVG, 10 StVO Vorfahrt nach Ende einer verkehrsberuhigten Zone BGH Urt. v. 20.11.07, VI ZR 8/07 = VA 08, 39 Leitsatz: Die besonderen Pflichten des 10 Satz 1 StVO gelten für den Fahrer, der einen verkehrsberuhigten Bereich verlässt, auch dann, wenn das Zeichen 326 (Ende) nicht unmittelbar im Bereich der Einmündung oder Kreuzung, sondern einige Meter davor aufgestellt ist. Entscheidend ist, ob das Einfahren in eine andere Straße bei objektiver Betrachtung noch als Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs im Sinne des 10 StVO erscheint. Dies ist in der Regel zu bejahen, wenn das Zeichen 326 nicht mehr als 30 m vor der Einmündung oder Kreuzung aufgestellt ist und keine konkreten Anhaltspunkte eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. 2) 7, 17, 18 Abs. 3, 3 Abs. 1, 15 StVO Alleinige Haftung desjenigen, der auf Autobahn mit liegen gebliebenem Kfz kollidiert; Verschulden des Fahrers des liegen gebliebenen Kfz nicht feststellbar AG Pößneck / Zweigstelle Bad Lobenstein Urt. v. 10.01.2008, 1 C 210/07 Aus den Gründen: 1) Zur Verursachung des Klägers: Nach Auffassung des Gerichts hätten diese Fahrzeuge auf der Standspur für den Kläger ein Hinweis auf eine unter Umständen bestehende Gefahrenstelle

geben müssen. Der Kläger hätte also spätestens 300 m vor der eigentlichen Unfallstelle in irgendeiner Art und Weise reagieren müssen, indem er z. B. seine Geschwindigkeit reduziert hätte. Davon ist aber nicht auszugehen, da nach eigenen Angaben des Klägers dieser sich mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h dem Beklagtenfahrzeug genähert hat und erst kurz davor eine Gefahrenbremsung eingeleitet hat, die jedoch die Kollision nicht mehr verhindern konnte. Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger damit gegen 3 Abs. 1 StVO verstoßen, da er seine Geschwindigkeit dieser Gefahrensituation nicht angepasst hatte... 2) Zur Verursachung des Beklagten: Zwar ist der Beklagte nach 15 StVO dazu verpflichtet, die Unfallstelle entsprechend abzusichern, zumal nach Angaben des Polizeibeamten O. davon auszugehen ist, dass das auf der linken Fahrspur liegen gebliebene Fahrzeug der Beklagtenseite erst 150 m vor der eigentlichen Unfallstelle zu erkennen war. Die Beweisaufnahme konnte nicht mehr klären, ob der Beklagte zu 2) wie von ihm an gegeben tatsächlich die Warnblinkanlage eingeschaltet hatte, oder ob diese aufgrund der Beschädigungen am Beklagtenfahrzeug nicht mehr funktionstüchtig war, was wiederum dem Beklagten zu 2) nicht angelastet werden kann. Des Weiteren ist der Beklagte zu 2) nach 15 StVO verpflichtet, ein auffälliges warnendes Zeichen gut sichtbar in ausreichender Entfernung aufzustellen, bei schnellem Verkehr in etwa 100 m Entfernung. Aufgrund der kurzen Zeitdauer war dies dem Beklagten zu 2) aber nicht mehr möglich. Dem Beklagten zu 2) ist dabei nicht vorzuwerfen, dass er noch, bevor er das Warndreieck aufgestellt hat, per Handy die Polizei verständigt hat, da letztendlich nur die Polizei in der Lage war, die Unfallstelle ausreichend abzusichern und auch mit der Unfallaufnahme zu betrauen war. Von einem schuldhaften Zögern ist deshalb nicht auszugehen. 3) 7, 17, 18 StVG, 9 Abs. 5, 10 StVO Haftungsabwägung: Je 50 % für rückwärts aus Grundstück herausfahrenden Pkw, der mit einem ebenfalls rückwärts fahrenden Pkw auf der Straße kollidiert AG Sömmerda Urt. v. 15.01.2008, 1 C 178/07 Aus den Gründen: Nach der Rechtsauffassung des Gerichts trifft beide Unfallbeteiligten gleichermaßen die höchste an einen Kraftfahrer zu stellende Sorgfaltspflicht: nämlich eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Dies gilt für den Kläger gemäß 10 StVO, für die Beklagte zu 2. gemäß 9 Abs. 5 StVO. Soweit die Beklagten für sich nur eine Haftung aus 1 Abs. 2 StVO sehen wollen, steht dem bereits der Wortlaut der StVO entgegen. Diese unterscheidet Verkehrsteilnehmer gerade nicht danach, ob sie sich bereits fahrend im fließenden Verkehr befinden oder nicht. Grundsätzlich ist jeder Verkehrsteilnehmer, der öffentliche Wege im Rahmen des Gemeingebrauchs

benutzt. Das gilt auch dann, wenn sich sein Fahrzeug nur teilweise im öffentlichen Verkehrsraum befindet oder wenn sein Verhalten bereits auf die bevorstehende Verkehrsteilnahme bezogen ist (vgl. König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., 1 StVO, Rdn 17 m.w.nw.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger mit dem Versuch, die Einfahrt seines Grundstücks zu verlassen. Auch wenn dies den Beklagten schematisch erscheint, verbietet der eindeutige Gesetzeswortlaut einen korrigierenden Rückgriff auf den vermeintlichen Willen des Verordnungsgebers, bestimmte Formen von Verkehrsteilnehmern besonders zu schützen. Dies ist mit der Ausgestaltung der Einzelvorschriften hinreichend erfolgt. Etwas anderes gilt für sog. ruhenden Verkehr, auf den sich die beklagtenseits zitierten Entscheidungen großteils beziehen - sie behandeln zutreffend das Verhältnis von Rückwärtsfahrern und parkenden Fahrzeugen... Sinnwidrig ist das Kumulieren der Sorgfaltspflichten aus 9 Abs. 5 StVO und 10 StVO. Ein Verkehrsteilnehmer kann nur einmal seiner Sorgfaltspflicht genügen. Mehr geht nicht. Völlig neben der Sache liegt auch die klägerische Ansicht, 10 StVO gelte nicht zugunsten rückwärts fahrender Fahrzeuge. Er gilt gegenüber allen Verkehrsteilnehmern.. Auch ist das Rückwärtsfahren der Beklagten zu 2. nicht per se grob verkehrswidrig. Anmerkung: Das klägerische Fahrzeug fuhr rückwärts aus einem Grundstück heraus und kollidierte dabei mit dem ebenfalls rückwärts auf der Straße fahrenden Beklagtenfahrzeug. Das Gericht sah hier insoweit zurecht die äußerste Sorgfalt auf beiden Seiten verletzt und nahm daher eine Haftungsverteilung von 50:50 vor. Wir halten dies dennoch für falsch. Das Gericht lies sich aber nicht davon überzeugen, dass es hier nicht um eine Abwägung von Sorgfaltspflichten geht (insoweit trifft es natürlich zu, dass die äußerste Sorgfalt nur einmal verletzt werden kann). Es geht vielmehr um die Abwägung von Verursachungsbeiträgen, deren Maß die Betriebsgefahr ist, die sich durchaus durch mehrere Umstände erhöhen kann und dabei kann es durchaus auch sein, dass ein mehrfaches schuldhaftes Verhalten vorliegt. Es leuchtet insoweit sicher ein, dass die Gefahr, einen Unfall zu verursachen, größer ist, wenn man rückwärts aus einem Grundstück heraus fährt, anstatt vorwärts auszufahren. Im letzteren Fall hat man schlicht einen besseren Überblick auf das Verkehrsgeschehen. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen 10 StVO vor, aber auch noch ein Verstoß gegen 9 Abs. 5 StVO. Dagegen hat derjenige, der sich rückwärts im fließenden Verkehr bewegt, lediglich die äußerste Sorgfalt des 9 Abs. 5 StVO zu beachten. Hier hätte also unseres Erachtens eine Haftungsverteilung von 2/3: 1/3 stattfinden müssen. B. Personenschaden:./. C. Sachschaden: (1) 249, 254 BGB

Nutzungsausfall: Anspruch über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs BGH, Urteil vom 18.12.2007, VI ZR 62/07 = VA 08, 37 Dem Geschädigten kann über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs Nutzungsausfallentschädigung zuzubilligen sein, soweit diese die wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Ankauf und Wiederverkauf eines Zwischenfahrzeugs zusätzlich entstehen würden, nicht wesentlich übersteigt. (2) 249, 254 BGB Kein Nutzungsausfall, wenn Kosten für Anmietung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs übernommen werden BGH Urteil vom 4.12.2007, Az: VI ZR 241/06 = VA 08, 38 Steht nach Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs dem Geschädigten ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung und werden ihm die Kosten für dessen Anmietung erstattet, so kann ihm eine Nutzungsentschädigung schon mangels eines fühlbaren wirtschaftlichen Nachteils nicht zugebilligt werden. Anmerkung: Das Urteil ist auch interessant, weil es sich mit der Frage befasst, ob Nutzungsausfall ggf. auch für gewerbliche Fahrzeuge zu zahlen ist. Eine Reihe von Gerichten hatte dies bisher pauschal abgelehnt (OLG Hamm DAR 2001, 359, 360; OLG Düsseldorf SP 2000, 93 = NZV 1999, 472; OLG Oldenburg SP 2000, 316; LG Berlin SP 2002, 130 [nur Vorhaltekosten]; LG Siegen SP 2000, 56; LG München I SP 2001, 385; AG Berlin-Mitte SP 2000, 277; AG Köln SP 1998, 168; AG Halle-Saalkreis SP 1999, 167; LG Gera Urt. v. 16.08.2000, 1 S 670/99). Der BGH folgt dieser Meinung nur, wenn das Fahrzeug unmittelbar der Erbringung gewerblicher Leistungen dient (z.b. bei einem Taxi). Es heißt dort (BGH a.a.o.) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine Entschädigung für zeitweise entzogene Gebrauchsvorteile auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, Behördenfahrzeugen oder Fahrzeugen gemeinnütziger Einrichtungen in Betracht, falls sich deren Gebrauchsentbehrung nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrages (entweder in entgangenen Einnahmen oder über die mit der Ersatzbeschaffung verbundenen Unkosten) niederschlägt (vgl. Senatsurteile BGHZ 70, 199, 203 f.; vom 26. März 1985 - VI ZR 267/83 - VersR 1985, 736, 737). Wo das Fahrzeug unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, wie etwa bei einem Taxi oder LKW, muss der Geschädigte den Ertragsentgang konkret berechnen (vgl. Senatsurteil BGHZ 70, 199, 203). Wenn aber kein konkret bezifferbarer Verdienstentgang vorliegt, ist es dem Geschädigten grundsätzlich nicht verwehrt, an Stelle des Verdienstentgangs eine Nutzungsentschädigung zu verlangen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere ein fühlbarer wirtschaftlicher

Nachteil für den Geschädigten eingetreten ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 239, 249; vom 26. März 1985 - VI ZR 267/83 - aao; vgl. auch BGHZ 40, 345, 353). - Hervorhebung RA Schauseil Der BGH will diese Frage nicht abschließend entscheiden, neigt aber dieser Lösung zu. Dem dortigen Kläger stand schon deswegen kein weiterer Nutzungsausfall zu, weil er keinen fühlbaren wirtschaftlichen Schaden erlitten hatte. Er hatte nämlich von seinem Autohaus zu einem Pauschalpreis ein Mietfahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen. (3) 249 BGB, 287 ZPO Behauptete Schäden an mehrfach vorgeschädigtem Fahrzeug Kammergericht Beschl. v. 11.10.2007 12 U 46/07 = MDR 08, 142 MDR-Leitsätze: 1. Hat das Fahrzeug des Klägers vor dem streitgegenständlichen Ereignis mehrere Unfälle erlitten, obliegt es dem Kläger die Ursächlichkeit zwischen dem neuen Unfall und dem danach vorliegenden Schaden zu beweisen, wofür er ausschließen muss, dass Schäden gleicher Art schon früher vorhanden waren. 2. Eine Schadensschätzung nach 287 ZPO kommt erst in Betracht, wenn der Kläger darlegt und bewiesen hat, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist. 4) 242, 249, 254 BGB Warnpflicht des Geschädigten bei nicht gegebener Vorfinanzierungsmöglichkeit a) LG Mühlhausen Urt. v. 20.09.2007, 1 S 104/07 Zusammenfassung (RA Schauseil): 1. Wenn sich die Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs durch zögerliche Regulierung des KH-Versicherers verlängert und der Geschädigte den Kaufpreis nicht vorfinanzieren kann, ist ihm für die gesamte Zeit Nutzungsausfall zu zahlen (vgl. auch LG Mühlhausen 1 S 230/00 = zfs 01, 362). Nichts anderes gilt, wenn der Geschädigte die Reparaturkosten nicht vorfinanzieren kann. Die Regulierung des Unfallschadens 4 Monate nach einem Verkehrsunfall ist in diesem Sinne als zögerlich anzusehen. 2. Unverzüglich nach Beendigung der Reparatur muss der Geschädigte dem Versicherer aber anzeigen, dass er wirtschaftlich zu einer Vorfinanzierung nicht in der Lage ist. Zeigt der Geschädigte dies zu spät an, ist ein bis dahin eingetretener Verzögerungsschaden nicht zu ersetzen.

3. Die nicht vorhandene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist dem Versicherer lediglich anzuzeigen. Hat dieser Zweifel, muss er konkrete Angaben vom Geschädigten erbitten. 4. Ist der Dispositionskredit des Geschädigten ausgeschöpft, ist er zu einer weiteren Kreditaufnahme nicht verpflichtet. b) AG Gera Urt. v. 29.01.2008, 7 C 911/07 Aus den Gründen: Der Geschädigte ist zur Vorfinanzierung der Reparaturkosten und somit der zügigen Wiederherstellung der Verfügbarkeit des Fahrzeuges verpflichtet, wenn ihm dies ohne Einbußen an seiner Lebensführung möglich ist. Sofern er hierzu Kredit aufnehmen muss oder gar eine Kreditaufnahme gar nicht möglich ist, ist er jedoch verpflichtet, dies dem Schädiger mitzuteilen, damit dieser in der Lage ist, seinerseits unter Berücksichtigung dieser finanziellen Aspekte zu disponieren. Für die Versicherung kommt dabei insbesondere in Betracht, unabhängig von der Klärung der Haftungsquote aus Sicht der Versicherung zunächst eine Deckungszusage gegenüber der Reparaturfirma abzugeben, um sich dann später mit dem Geschädigten auseinander zu setzen. Diese Möglichkeit hat der Kläger vorliegend den Beklagten genommen, indem er erst mit seinem Schreiben vom 07.03.2007 die Beklagte zu 3 über seine finanzielle Situation in Kenntnis gesetzt hat. Damit kann der Kläger gegenüber den Beklagten auch erst ab Zugang seiner Mitteilung, dass er die Reparatur nicht vorfinanzieren kann, Nutzungsausfallentschädigung geltend machen, denn es ist davon auszugehen, dass bei frühzeitiger Mitteilung schon zum 04.02.2007 oder 05.02.2007 unverzüglich eine Reparaturfreigabeerklärung oder eine anderweitige Lösung seitens der Beklagten zu 3 vorgenommen worden wäre. Anmerkung: Grundsätzlich ist der Geschädigte gehalten und verpflichtet, den Unfall aus eigenen Mitteln zu finanzieren (vgl. BGH NJW 1974, 34; OLG Karlsruhe DAR 1990, 21; LG Bautzen SP 1999, 277; LG Schwerin SP 1996, 416; LG Berlin SP 1999, 167; AG Bautzen SP 1997, 329; AG Eisenach SP 1995, 270; AG Annaberg SP 1999, 168; AG Rostock SP 1996, 319; LG Gera Urt. v. 24.11.2004, 1 S 228/04). Das ist im Einzelnen allerdings streitig! Kann er nicht selbst vorfinanzieren, so darf der Geschädigte einen Kredit aufnehmen. Er hat dabei alle Umstände, die die Kreditaufnahme seiner Meinung nach notwendig machen oder wirtschaftlich vernünftig erscheinen lassen, darzulegen und zu beweisen (LG Berlin a.a.o.; AG Annaberg a.a.o.; AG Krefeld SP 2000, 278). In aller Regel verstößt die Aufnahme eines "Unfallkredits" gegen die Schadensminderungspflicht (OLG Karlsruhe DAR 1990, 21). Auf die beabsichtigte Kreditaufnahme ist die gegnerische Versicherung zudem rechtzeitig, d.h. vor Kreditaufnahme (!), hinzuweisen, damit ggf. durch diese eigene schadensmindernde Handlungen (Vorschusszahlungen) vorgenommen werden können (LG Mühlhausen a.a.o.; LG Konstanz SP 2005, 18; LG Halle SP 2000, 386; LG Gera a.a.o.; AG Gera a.a.o.).

5) 249, 254 BGB Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Gutachterkosten OLG Jena Beschluss vom 12.10.2007, 5 U 119/07 = MDR 08, 211 MDR-Leitsätze: 1. Die Kosten eines vorgerichtlich zum Zwecke der Berechnung des eingetretenen Verdienstausfallschadens eingeholten Sachverständigengutachtens sind erstattungsfähig, sofern der Geschädigte diesen nicht selbst berechnen kann. 2. Der Geschädigte ist nicht auf Berechnungsmöglichkeiten der gegnerischen Versicherung zu verweisen. D. Andere Rechtsgebiete: 1) Kaufrecht: Fahrzeughändler übernimmt Altfahrzeug und löst laufenden Kredit ab: Käufer kann beim Rücktritt vom Vertrag nur Herausgabe des Altfahrzeugs verlangen BGH Urt. v. 20.02.2008, VIII ZR 334/06 Auto-Käufer, die für einen Teil des Kaufpreises einen Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben haben, können bei Rückgängigmachung des Vertrags nicht den für den Altwagen angerechneten Geldbetrag, sondern nur den in Zahlung gegebenen Altwagen selbst zurückverlangen. Dies gilt selbst dann, wenn die Parteien vereinbaren, dass der Käufer eines Neufahrzeugs zwar den vollen Kaufpreis zu entrichten hat, der Verkäufer aber das Altfahrzeug des Käufers übernimmt und einen dafür noch laufenden Kredit ablöst. 2) Kaufrecht: Unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen kann zum Schadenersatzanspruch des Verkäufers führen! BGH 23.01.2008, VIII ZR 246/06 Erweist sich das Mangelbeseitigungsverlangen eines Käufers als unbegründet, so kann der Verkäufer gegen den Käufer einen Schadensersatzanspruch haben. Voraussetzung hierfür ist, dass der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass die Kaufsache nicht mangelhaft ist, sondern die Ursache der Störung in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt. Ist dagegen ungewiss, ob ein Mangel vorliegt, sind Schadensersatzansprüche des Verkäufers ausgeschlossen. 3) Berufsrecht der Anwälte Interessant auch für den Bereich des Verkehrsrechts, da es häufiger vorkommen dürfte, dass Anwälte Geschädigte vertreten und diesen ggf. zu offenbaren haben, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung eine ständige Mandantin ist. So handhaben wir es jedenfalls seit Jahren und haben dadurch auch das eine oder andere Mandat nicht bekommen. Der BGH hat jetzt diese Verfahrensweise zur Pflicht gemacht.

Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 26/2008 Verpflichtung des Rechtsanwalts, auf Mandatsbeziehungen zum Gegner der von ihm vertretenen Partei hinzuweisen In einem heute veröffentlichten Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof erstmals die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen ein Anwalt verpflichtet ist, vor Abschluss des Anwaltsvertrages auf Mandatsbeziehungen seiner Sozietät zum Gegner seines Auftraggebers hinzuweisen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Anwalt hatte die jetzige Klägerin außergerichtlich gegen eine Großbank vertreten und dafür ein Stundenhonorar von 500 netto verlangt und erhalten. Als die Klägerin ihn beauftragte, gegen die Bank zu klagen, schrieb ihr der Anwalt, er könne dies nicht, weil sein Sozius die Bank regelmäßig vor Gericht vertrete und er "den stärksten Umsatzbringer" nicht "vergraulen" wolle. Die Klägerin, die bereits Honorar in Höhe von 22.003,50 gezahlt hatte, kündigte das Mandat sofort und verlangte Schadensersatz. Das Oberlandesgericht hat wie zuvor das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Anwalt die Bank nicht gegen die Klägerin vertreten, also keinen Parteiverrat begangen habe. Dieses Urteil hatte keinen Bestand. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraus. Umstände, welche Zweifel an der Unabhängigkeit des Anwalts begründen können, hat dieser offen zu legen. Häufige Mandatsbeziehungen zum Gegner sind offenbarungspflichtig, weil sie zu besonderer Identifikation mit dessen Angelegenheiten und zu wirtschaftlicher Abhängigkeit führen können. Ist der Anwalt aus Rücksicht auf den Gegner von vornherein nicht bereit, einen Rechtsstreit zu führen, hat er erst recht darauf hinzuweisen, damit der Auftraggeber entscheiden kann, ob er diesen oder doch einen anderen Anwalt beauftragen will. Unterlässt der Anwalt die gebotenen Hinweise, kann er zur Rückzahlung des erhaltenen Honorars verpflichtet sein. Weil der wirkliche Grund der Weigerung, für die Klägerin gerichtlich tätig zu werden, sowie die Schadenshöhe streitig waren, wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. BGH Urteil vom 8. November 2007 IX ZR 5/06 Leitsätze: 1. Wird eine Anwaltssozietät häufig von dem Gegner der Partei, die ihr ein neues Mandat anträgt, beauftragt, so muss sie auch dann auf diesen Umstand hinweisen, wenn ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit den vom Gegner erteilten Aufträgen nicht besteht. 2. Ist der Anwalt von Anfang an nicht bereit, den Mandanten auch gerichtlich gegenüber dem Gegner zu vertreten, so hat er dies ungefragt zu offenbaren. 3. Steht fest, dass der Anwalt seine vorvertragliche Aufklärungspflicht über Mandatsbeziehungen seiner Sozietät zum Gegner der Partei oder über Grenzen

seiner Vertretungsbereitschaft verletzt hat, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Mandat nicht erteilt worden wäre, wenn der Mandant das Auftragsverhältnis alsbald nach entsprechender Kenntnis beendet. E. In eigener Sache: Die seit Dezember 2007 verschickten Newsletter können auf unserer Homepage unter Aktuelles nachgelesen werden. Vielen Dank für Ihr Interesse. Freundliche (kollegiale) Grüße aus Rudolstadt RA Thomas Schauseil - Fachanwalt für Verkehrsrecht - Anwaltskanzlei Schauseil & Bauer Angerstraße 1, 07407 Rudolstadt Tel. (03672) 42 003 od. 43 10 73 Fax (03672) 43 10 75 E-Mail: info@schauseil-bauer.de Internet: www.schauseil-bauer.de