Staudenanzucht und die Wurzelentwicklung am urbanen Standort. Prof. Dr. Hartmut Balder, Beuth Hochschule für Technik Berlin

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Transkript:

Staudenanzucht und die Wurzelentwicklung am urbanen Standort Prof. Dr. Hartmut Balder, Beuth Hochschule für Technik Berlin 5. Fachymposium Stadtgrün Pflanzenkonzepte für die Stadt der Zukunft 11. und 12. November 2015

Staudenanzucht und die Wurzelentwicklung am urbanen Standort Prof. Dr. habil. Hartmut Balder (balder@beuth-hochschule.de) FB V Life Sciences & Technology Gartenbauliche Phytotechnologie / Urbanes Pflanzen- und Freiraum-Management

Urbane Standorte mit Stauden- klein und großflächig

Urbane Standorte nur punktuelle Staudenverwendung

Standortgerechte Pflanzenverwendung - Probleme in der Praxis - langsamer Flächenschluss Verunkrautung Wuchsbeeinträchtigungen Blattchlorosen Mangelnder Blühtenflor Ausfälle hoher Pflegeaufwand Vandalismus

Problematik urbaner Flächen Anthropogen belastete Böden Alkalische Böden Geringe Nährstoffvorräte Geringe Durchwurzelungstiefe Bodenverdichtungen Unzureichende Bodenluft Hohe Temperaturen Geringe Luftfeuchtigkeit Trockenheit Barfrost Schadstoffeinträge Wie sicher urbane Areale bepflanzen?

Problem: Entkoppelung von Produktion und urbaner Pflanzenverwendung Voraussetzungen für funktionale Gehölzverwendung Vitale Pflanzen Gesunde Pflanzen Stressadaptierte Pflanzen Regenerative Pflanzen Schnittverträgliche Pflanzen Schaffung von Wachstum Sicherung der Wachstumsfaktoren Vermeidung von Belastungen

Wertschöpfungskette zu Ende gedacht? Ertragsdenken in der urbanen Pflanzenverwendung?

Pflanzen dürfen nicht nur abgestellt, sondern müssen gepflanzt werden! Planungs-Check Pflanze am Ort entwicklungsfähig? Belastungen des Ortes erkannt? Barrieren bedacht? Ist Etablierung gesichert? Pflege möglich? Pflege gesichert?

Hinweise und Ideen zur nachhaltigen Pflanzenverwendung

Baustellenbezogener Einkauf der Baumschulware, z. B. Gehölze Wurzelnackte Baumschulware weist je nach Anzuchtquartier unterschiedliche Feinwurzelanteile und Wurzelgrößen auf Containerware kann zu jeder frostfreien Jahreszeit verwendet werden organisch-mineralische Substrate in der Anzucht Ballenware besteht im Kern aus dem Boden der Anzuchtquartiere dem zu Folge unterschiedliche Wurzelsysteme auf Sandböden weit streichende und lockere große Ballen auf Lehmböden kompakte feste und kleinere Ballen Alle bedürfen zur Sicherung der Wasserversorgung in der Anwuchsphase einer unterschiedlichen Pflanztechnik. Aber: keine Materialschlachten!

Verfahrenstechnik oder Materialschlacht?

Nicht Hinstellen, sondern Pflanzen! Regelwerke ersetzen nicht den grünen Daumen!

Wie den Ballen behandeln? Ziele: - Verzahnung - Anwuchssicherung - Wurzelförderung

Förderung des Anwuchses? Wurzellenkung? Ballenpflanzung Platane 3 Monate nach Pflanzung Wurzelnackte Pflanzung Lehmhaltiger Ballen in strukturstabilem Substrat Wurzellenkung in die Tiefe

Ballenpflanzung Wurzelnackte Pflanzung Potentiale zur Anwuchsförderung nutzen! ungeschnitten geschnitten

Pflanzeneinkauf Pflanzenqualität Pflanzeneinkauf Herkunft Klima Pflanzenqualität Boden Herkunft Kulturtechnik Klima Gesundheit Boden Kulturtechnik Gesundheit Ziel: gleichmäßige Wasserversorgung schnelle Wurzelentwicklung

Wasseraufnahme mit / ohne Körnungsbruch Lehmsubstrat: Lehmballen nimmt verzögert Wasser auf! Sandsubstrat: Lehmballen bleibt trocken! (aus: Balder, 1998)

Längenausprägung der Wurzeln (Ulmus resista) Pflanzung mit unterschiedlicher Ballenbehandlung nach 1 Veg. (Schneeweiß, 2013) 18

Gleiche Problematik bei der Staudenverwendung? Ziel: Schnelle und sichere Etablierung an urbanen Standorten Pflegeleichte Vegetationskonzepte Gute Wurzelausbreitung!

Standortvorbereitung Logistik Anlieferung: geringes Gewicht (leichte Substrate, kleine Containergrößen) Verpackung in Transportsystemen

Wenig Info s für den Kunden zur Pflanztechnik, aber Substrate zur Bodenverbesserung!

Anzucht meist in organischen Betriebserden oder Industrieprodukten (RAL)

Anzuchtphilosophien gut versorgt schwach versorgt

Wachstum am Standort (Rudbeckia) Ausgangssituation luxuriös schwach versorgt luxuriös schwach versorgt 9.9.2015 (23 Tage) 17.8.2015 7.10.2015 (51 Tage)

Wachstum (Rudbeckia) in unterschiedlichen Substraten nach 13 Tagen sandig organisch lehmig strukturstabil

nach 24 Tagen sandig lehmig organisch strukturstabil

Etablierung in unterschiedlichen Substraten Lavendel (Lavendula augustifolia) Ausgangsmaterial: TKS-Anzucht gleiche Nährstoffversorgung! sandig lehmig organisch strukturstabil

sandig lehmig TKS strukturstabil nach 7 Tagen nach 31 Tagen

48 dpa Chlorosen / Triebigkeit 0 = keine 1 = schwach 2 = mittel 3 = stark S: 1, 5 1,6 sandig lehmig L: 1,5 1,3 TKS: 1,0 2,4 SS: 1,1 2,0 TKS strukturstabil n = 24

organisch sandig lehmig strukturstabil nach 48 Tagen nach 1 Jahr

Wildkrautkontrolle vorbeugen ist besser als bekämpfen! Unkrautvlies

Bodenfeuchte in 30 cm Bodentiefe April November 2008 200 180 Plantex schattig 160 140 offener Boden 120 100 80 60 Messpunkt 1 (68956) 2 (68958) 3 (69015) Plantex Gold halbschattig 4 5 (69021) Plantex Gold sonnig 6 (69024) Plantex Gold schattig 40 20 0 Niederschläge 28.03.2008/ 15,0 C 11.04.2008/ 7,5 C 25.04.2008/ 14,0 C 09.05.2008/ 17,0 C 23.05.2008/ 16,5 C 06.06.2008/ 20,0 C 20.06.2008/ 18,5 C 04.07.2008/ 17,5 C 18.07.2008/ 18,0 C 01.08.2008/ 23,5 C 15.08.2008/ 18,0 C 29.08.2008/ 18,5 C 12.09.2008/ 16,5 C 26.09.2008/ 12,0 C 10.10.2008/ 11,5 C 24.10.2008/ 8,0 C

Unterschiedliche Zielsetzungen bei Pflanzenproduzenten und Pflanzenverwendern? Kulturwahl kurze Standzeiten handelt ertragsorientiert Schaffung von Wachstumsbedingungen Sicherung von Wachstumsbedingungen moderne Produktionstechnik Gestaltungsziel Wachstum nicht im Vordergrund wenig ertragsorientiert lange Standzeiten unterschiedliche Pflege Anpassung an wissenschaftliche Erkenntnisse?

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Literatur Balder, H., 1998: Die Wurzeln der Stadtbäume. Ulmer Verlag, Stuttgart. Balder, H. und Schneeweiß, F., 2014: Gehölze mit Ballen nicht nur hinstellen, sondern funktional pflanzen. Pro Baum 2, 2 10 Schneeweiß, F., 2013: Die Auswirkungen auf den Vitalitätszustand von Alleebäumen, unter besonderer Berücksichtigung des Bodenwasserhaushaltes, in Abhängigkeit von der Ballenvorbehandlung bei der Pflanzung. Masterarbeit, Beuth Hochschule für Technik Berlin