Begrüssung Foto: Gürbe 1
2
Änderungen Gewässerschutzgesetz (GSchG) Am 11. Dezember 2009 haben die eidgenössischen Räte mit einer Änderung der Gewässerschutzgesetzgebung vom 24. Januar 1991 einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Lebendiges Wasser" beschlossen. Die Änderungen des Gewässerschutzgesetzes traten am 1. Januar 2011 in Kraft. Im Wesentlichen werden durch das neue Bundesrecht die folgenden Gegenstände neu geregelt: Sicherung des Gewässerraums Revitalisierung der Gewässer Wiederherstellung der Fischgängigkeit bei Wasserkraftanlagen Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Wasserkraftwerken Reaktivierung des natürlichen Geschiebehaushalts der Gewässer. Ziel des Bundes zur Revitalisierung der Gewässer Rund 15'000 Kilometer Fliessgewässer in der Schweiz sind stark verbaut und in einem schlechten Zustand. Zirka ein Viertel dieser Gewässer, dies entspricht rund 4'000 Kilometer, sollen unter Berücksichtigung des Nutzens der Revitalisierungen für die Natur und Landschaft und der wirtschaftlichen Auswirkungen in den nächsten 80 Jahren revitalisiert werden. Ziel dabei ist, dass Gewässer als naturnahe Lebensräume aufgewertet werden Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität. Projektablauf und Arbeitsprozesse Die Kantone mussten dem BAFU die strategische Planung der Revitalisierung von Fliessgewässer bis zum 31. Dezember 2013 zur Stellungnahme einreichen und bis zum 31. Dezember 2014 verabschieden. Die Planung ist alle 12 Jahre für einen Zeitraum von 20 Jahren zu erneuern. 3
Unter einer Revitalisierung wird laut Gewässerschutzgesetz (Art. 4 Bst. m GSchG) "die teilweise Wiederherstellung der natürlichen Funktionen eines verbauten, korrigierten, überdeckten oder eingedolten oberirdischen Gewässers mit baulichen Massnahmen" verstanden. Die Gewässerrenaturierung als Ziel und Leitbild umfasst die vollständige Wiederherstellung aller natürlichen Funktionen. Warum die Revitalisierung von Fliessgewässern dringend notwendig ist, lässt sich daran erkennen, dass heute nur noch wenige Bach- und Flussabschnitte in der Schweiz als naturbelassen bezeichnet werden können (FIBER 2014): Rund ein Viertel der schweizerischer Fliessgewässer sind begradigt, kanalisiert oder eingedolt. Viele Staudämme und Wasserkraftwerke verändern den natürlichen Abfluss. In der Schweiz beeinträchtigen über 100'000 künstliche Wanderhindernisse die Fischwanderung. Viele Fischarten sind ausgestorben oder stehen auf der Roten Liste. In der Schweiz sind alle grossen Wanderfische wie Lachs, Meerforelle, Stör und Maifisch verschwunden. Die Nase und die Seeforelle sind vom Aussterben bedroht bzw. stark gefährdet. Der lokale Verlust vieler Arten beeinträchtigt Nahrungsketten und damit auch ganze Ökosysteme. Abbildungen: Beispiele begradigter Fliessgewässer im Kanton Bern (links: Hasliaare, rechts: Gürbe) 4
Im Kanton Bern ist die Revitalisierungsplanung Teil eines umfassenden "Gewässerentwicklungskonzepts" (GEKOBE). Im GEKOBE wurden nebst der Revitalisierung auch die Planungen Sanierung Fischgängigkeit, Schwall-Sunk, Geschiebetrieb und Gewässerraum sowie Interkantonale Aareplanung koordiniert. Jedes dieser GEKOBE Teilprojekte bestand aus einem Projektleiter und einem Kernteam, die zusammen die Zwischen- und Endergebnisse der Teilprojekte erarbeiteten. Die Arbeiten wurden durch verwaltungsinterne Begleitgruppen begleitet. Jedes Teilprojekt wurde zudem durch ein externes Büro fachlich unterstützt. Die Koordination zwischen den GEKOBE Teilprojekten erfolgte im Rahmen von im April 2014 durchgeführten Workshops durch die Projektleitung. 5
Das Vorgehen des Kantons Bern zur Revitalisierungsplanung orientierte sich grundsätzlich an der Vollzugshilfe BAFU. Grundlagendaten Um festzustellen, welchen Nutzen für Natur und Landschaft eine Revitalisierung generieren würde, wurden als erstes Grundlagendaten zusammengestellt: Gewässernetz: Die GIS-Analysen wurden auf dem kantonalen Gewässernetz GN5 durchgeführt. Ökomorphologie Stufe F: Der Datensatz beschreibt den aktuellen strukturellen Zustand ("Natürlichkeitsgrad") des Gewässers und angrenzenden Umlands. Die Ökomorphologiedaten gaben somit Hinweise darauf, wie stark ein Gewässerabschnitt von einer Revitalisierung profitieren würde. Für ein natürliches oder naturnahes Gewässer wäre der Profit null oder sehr gering, bei einem stark beeinträchtigten oder eingedolten Gerinne hätten Revitalisierungsmassnahmen dagegen eine grosse Auswirkung auf den Natürlichkeitsgrad. Anlagen im Gewässerraum: Die Bestimmung der Anlagen im Gewässerraum erlaubte eine sehr grobe Aussage zum erwarteten finanziellen Aufwand, mit dem bei der Revitalisierung eines Gewässers zu rechnen wäre. Ein hoher Anteil Anlagen verringerte zudem den räumlichen Handlungsspielraum für Revitalisierungen und damit die Umsetzungschancen eines Projekts. Generell konnte gesagt werden, dass Gewässerabschnitte mit einem hohen Anteil Anlagen im Gewässerraum für Revitalisierungen weniger in Frage kamen als solche mit einem geringen Anteil. Der Gewässerraum für diese Analyse wurde gemäss Übergangbestimmungen des Bundes berechnet und kann daher nicht mit den Gewässerräumen aus Teilprojekt in Beziehung gesetzt werden. Ökologisches Potenzial und landschaftliche Bedeutung: Im Gegensatz zur übrigen Umweltschutzgesetzgebung wird im Kontext des GSchG der Begriff Ökologisches Potential im Sinne einer ökologischen Bedeutung verwendet und nicht als Potential im eigentlichen Sinn. Die Bestimmung des ökologischen Potenzials und landschaftlichen Bedeutung stellte eine der grössten Herausforderungen im ganzen Planungsprozess dar. Die Zusammenfassung von letztendlich 17 6
verschiedenen Datensätzen aus den Bereichen Ökologie, Landschaft und Biotopflächen in einer einzigen Bewertung erforderte die Mitarbeit des ganzen Kernteams und dauerte mehrere Sitzungen mit Neuberechnungen und Plausibilisierungen. Im Gegensatz zur Wissenschaft und gängigen Praxis, wird im Gewässerschutzgesetz der Begriff ökologisches Potential im Sinne von ökologischer Bedeutung, also eines Zustands verwendet. Beispiel Viele der Gewässer im Raum Rubigen weisen ein hohes ökologisches Potenzial und landschaftliche Bedeutung auf. Entlang der Aare befinden sich viele wertvolle Lebensräume und Inventare, was zu dieser Bewertung führt. Gesamthaft weisen gut 1'500 km Flüsse und Bäche ein hohes ökologisches Potenzial und landschaftliche Bedeutung auf, 2'800 km ein mittleres. Knapp zwei Drittel der Gewässer ist mit einem geringen ökologischen Potenzial bewertet. 6
GIS-Analyse Schritt 1: Bestimmung des Aufwertungspotenzials durch Verknüpfung der Ökomorphologie mit den Anlagen im Gewässerraum. Das Aufwertungspotenzial macht eine Aussage zum Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Revitalisierung. Gross ist das Aufwertungspotenzial bei stark verbauten oder eingedolten Gewässern, welche kaum oder keine Anlagen im Gewässerraum haben. Schritt 2: Verknüpfung des Aufwertungspotenzials mit dem ökologischen Potenzial und der landschaftlichen Bedeutung. Die Verknüpfungen 1 und 2 wurden gemäss Bundesvorgaben ausgeführt. Es bestand diesbezüglich kein Handlungsspielraum. Plausibilisierung Schritt 3: Bestimmung des Nutzens für die Natur und Landschaft im Verhältnis zum voraussichtlichen Aufwand (Nutzen.80) durch Plausibilisierung der Ergebnisse der GIS-Analyse. Die Plausibilisierungen erfolgten auf Expertenbasis und unter Einbezug der Grundlagendaten sowie weiteren für die GIS-Analyse nicht zur Verfügung stehenden relevanter Daten. Schritt 4: Bestimmung der zeitlichen Priorität der Revitalisierungsmassnahmen (Priorität.20), unter Berücksichtigung von Synergien sowie von möglichen Konflikten (Koordination mit Nachbarkantonen; GEKOBE- Koordinationsworkshops und Koordination mit anderen Planungen z.b. 7
Hochwasserschutz, Landwirtschaft; Verwaltungsinterne Mitwirkung; Stellungnahmen der Mitglieder der Begleitgruppe GEKOBE; Stellungnahme BAFU). 7
Die Karte "Nutzen.80" beschreibt den Nutzen einer Revitalisierung für Natur und Landschaft im Verhältnis zum voraussichtlichen Aufwand. Dieser Nutzen ist unterteilt in die Kategorien gering, mittel und gross. Im Kanton Bern weisen 655.2 Kilometer Fliessgewässer ein grosses, 1'330.1 Kilometer ein mittleres und 3'679.4 Kilometer ein geringes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Die Karte stellt das Resultat der vorgängig erwähnten Plausibilisierungsschritten dar. Der Vergleich mit der vorigen Folie zeigt, dass ein hohes ökologisches Potenzial nicht automatisch zu einem hohen Nutzen von Revitalisierungen führt. 8
Das Revitalisierungsprogramm 2016-2035 beschreibt die zeitliche Priorität der Massnahmen. Die Priorität ist unterteilt in die Kategorien hoch und mittel, wobei es auch Massnahmen gibt, deren räumliche Verortung entlang der Revitalisierungsstrecke während der Planungsphase nicht genau feststand. Zusätzlich wurden Strecken ausgeschieden, die grundsätzlich ein grosses Potenzial aufweisen, deren Umsetzung allerdings bis ins Jahr 2035 eher nicht realistisch ist. Die Gesamtlänge der im Revitalisierungsprogramm 2016-2035 ausgeschiedenen Strecken beträgt noch gut 500 Kilometer, davon wurde für rund 175.5 Kilometer einen hohen und für rund 326.5 Kilometer einen mittleren Nutzen für Natur und Landschaft definiert. 9
Nebst einem Schlussbericht und den Karten Priorität.20 und Nutzen.80 wurde für jede Revitalisierungsstrecke der Karte Priorität.20 ein Objektblatt erstellt. Darauf sind wichtige Angaben der jeweiligen Revitalisierungsplanung erfasst. Nebst einem entsprechenden Kartenausschnitt der Revitalisierungsstrecke inkl. Priorität, beinhalten die Objektblätter u.a. Informationen zu den Massnahmentypen, zur verwaltungsinternen Mitwirkung sowie dem Koordinationsbedarf mit anderen (GEKOBE-) Planungen. 10
Foto: Eine naturnahe Flusslandschaft entlang der Sense mit Referenzcharakter für Revitalisierungen ((Übergeordnete Präsentation: Überblick zu den weiteren Schritten)) 11