Chancen von Frauen in der Arbeit stärken gerade in der Krise!

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Transkript:

15. September 2009 Chancen von Frauen in der Arbeit stärken gerade in der Krise! Gemeinsames Positionspapier des DGB Nord und der Landesgruppen Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern in der SPD-Bundestagsfraktion Frauen sind unverzichtbare Leistungsträgerinnen unserer Gesellschaft. Sie erreichen gute Bildungsabschlüsse, sind berufstätig und übernehmen darüber hinaus immer noch den Großteil der Kindererziehung und Pflege von Angehörigen. Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt aber nicht gleichberechtigt. Es fehlt ihnen nach wie vor an gleicher Teilhabe an existenzsichernder und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, fairer Bezahlung, beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Führungsfunktionen und Sitzen in Spitzengremien. Gleichzeitig ist eine gerechte Aufteilung der Familienarbeit weit entfernt von der Realität. Gegen die Benachteiligung von Frauen in der Arbeit haben die Landesgruppen Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern in der SPD- Bundestagsfraktion und der DGB Nord ein gemeinsames Positionspapier beschlossen. Frauen in der Arbeit 1. Bestandsaufnahmen Lohnungleichheit und Tarifbindung Ein Vergleich mit den Staaten der Europäischen Union zeigt: Die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern ist in Deutschland besonders ausgeprägt. Mit durchschnittlich 23 Prozent weniger Lohn für Frauen gehört Deutschland zum hinteren Mittelfeld in Europa. Außerdem profitieren Frauen weniger von Tariflöhnen, da deutlich weniger Frauen in einem Betrieb mit Tarifbindung arbeiten (HBS 2009). Niedriglohnbeschäftigung und Minijobs Rund 70 Prozent der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland sind Frauen. Dies ist eine bedeutende Ursache für die großen geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede in Deutschland. Bei Frauen kommen oft niedrige Stundenlöhne und kurze Arbeitszeiten zusammen. Etwa 60 Prozent der weiblichen Niedriglohnbeschäftigten arbeiten in Teilzeit oder Minijobs. Bei den Männern sind dies nur rund 20 Prozent. Dabei sind zwei von drei Teilzeitbeschäftigten auf ihren Verdienst angewiesen (IAQ 2009). Folge ist eine geringe soziale Sicherung bei Erwerbslosigkeit oder im Alter. Mehr als 230.000 Minijobs waren Ende März 2009 im gewerblichen Bereich in Schleswig-Holstein gemeldet, 145.000 in Hamburg und 80.000 in Mecklenburg- 1

Vorpommern (bundesweit 6,6 Millionen). In haushaltsnahen Dienstleistungen waren mit einem Minijob etwa 7.800 Beschäftigte in Schleswig-Holstein tätig, etwa 3.300 in Hamburg und 1.200 in Mecklenburg-Vorpommern (bundesweit 172.000). In Schleswig-Holstein gehen einem solchen Minijob elf Mal mehr Frauen als Männer nach. In Hamburg sind es acht Mal und in Mecklenburg-Vorpommern sechs Mal mehr weibliche Beschäftigte. Im gewerblichen Bereich hingegen waren in den nördlichen Bundesländern wie deutschlandweit weniger als zwei Mal so viele Frauen im Minijob tätig (Minijob-Zentrale 2009). Dabei verdienen mehr als 30 Prozent aller Beschäftigten in Minijobs weniger als fünf Euro pro Stunde (IAQ 2009). Führungs- und Aufsichtsratspositionen Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft ist mit rund 23 Prozent in West- und 28 Prozent in Ostdeutschland weit unterdurchschnittlich. Weiterhin dominieren männliche Führungskräfte das Mittel- und Topmanagement, während Frauen eher in hoch qualifizierten Fachpositionen und im unteren Management vertreten sind. Die größte Rolle spielt dabei, dass Berufszweige, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, generell geringere Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Das gilt dort für Frauen sogar in noch stärkerem Maße als für Männer. Deutlich ist: Jene Frauen, die bei der Familie zurückstecken, schaffen den beruflichen Aufstieg besser. So lebten fast zwei Drittel der weiblichen Führungskräfte in einem Haushalt ohne Kinder (DIW 2009). Auch in den Spitzengremien der großen Deutschen Unternehmen sind Frauen gegenwärtig wie in den letzten Jahren massiv unterrepräsentiert. In den 200 größten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors waren nur 2,5 Prozent der Spitzenpositionen von Frauen besetzt. In den Vorständen der 100 größten Banken und Versicherungen ist der Frauenanteil sogar noch geringer, obwohl die meisten Beschäftigten im Finanzsektor Frauen sind. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen abseits des Finanzsektors erreichte lediglich etwa neun Prozent. Der weit überwiegende Anteil von ihnen gelangte nur in der Funktion der Arbeitnehmervertretung in den Aufsichtsrat (DIW 2009). Erwerbstätigkeit und -beteiligung Etwa 62 Prozent der Frauen in Deutschland gehen einem Beruf nach das entspricht schon jetzt dem Ziel der europäischen Beschäftigungsstrategie. Von 2001 bis 2006 stieg der Anteil der erwerbstätigen Frauen zwar um fast drei Prozentpunkte. Die Arbeitsteilung zwischen den Frauen und Männern hat sich aber kaum verändert. Das zeigt sich bei einer Umrechnung auf Vollzeitstellen. Deutlich wird dann: Die Erwerbsbeteilung von Frauen stagniert. Das bedeutet, dass anders als in anderen Ländern bezahlte Arbeit innerhalb der Frauen umverteilt wird und nicht zwischen den Geschlechtern. Dementsprechend sagen 60 Prozent der westdeutschen und 20 Prozent der ostdeutschen Frauen, dass sie aufgrund von familiären und persönlichen Gründen weniger arbeiten, als sie eigentlich möchten. So sinkt die durchschnittliche Arbeitszeit von Müttern mit jedem Kind, bei Vätern nimmt sie hingegen zu (IAQ 2008). 2

Alleinerziehende Alleinerziehende haben das hat der Dritte Armuts- und Reichtumsbericht deutlich gezeigt ein erhöhtes Armutsrisiko und sind daher auch im größeren Umfang auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Viel häufiger verbleiben sie länger im Arbeitslosengeld II-Bezug als andere Bedarfsgemeinschaften. Der Grund liegt vor allem in den Betreuungspflichten der Alleinerziehenden (IAB 2009). Dabei sprechen die folgenden Zahlen für sich: Deutschlandweit beziehen derzeit rund 636.000 Alleinerziehende Arbeitslosengeld II. In Schleswig-Holstein waren es im April 2009 etwa 24.000, in Hamburg 19.000 und in Mecklenburg-Vorpommern 20.000. Davon sind sowohl in den drei nördlichen Bundesländern als auch bundesweit 95 Prozent Frauen (BA 2009). 2. Beharrungskräfte Ab Anfang 2007 gilt das Gesetz zu Elterngeld und Elternzeit ein Konzept der SPD und langjährige Idee des DGB. Richtiger Grundgedanke des Elterngeldes und der Elternzeit ist, sowohl Mütter wie auch Väter in die Lage zu versetzen, sich zeitweise aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen bzw. ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um sich in dieser Zeit primär der Familie widmen zu können. Diese Möglichkeit nutzten jedoch bislang nur etwa 16 Prozent der Väter und davon rund 60 Prozent nur den geringsten Zeitraum von ein bis zwei Monaten (RWI 2008). Ab dem Jahr 2013 gilt vorangetrieben von der SPD ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Bund und Länder gehen davon aus, dass hierzu im Durchschnitt Betreuungsplätze für 35 Prozent der unter Dreijährigen entstehen müssen. Innerhalb von zwei Jahren konnten in den westlichen Bundesländern bereits 66.000 zusätzliche Angebote in Kindertageseinrichtungen geschaffen werden. Die Quote derer, die jetzt einen Platz in Anspruch nehmen können, wurde dadurch von acht auf 12,2 Prozent gesteigert. In den verbleibenden fünf Jahren müssen jedoch noch jährlich im Durchschnitt knapp 4,6 Prozentpunkte mehr Betreuungsplätze zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass in den westlichen Ländern die bisherige Dynamik mehr als doppelt so stark sein muss. In Ostdeutschland ist die Quote mit 42,4 Prozent bereits mehr als erfüllt. Schleswig-Holstein hat gegenwärtig sogar mehr aufzuholen. Dort können mit 11,7 Prozent noch einen halben Prozentpunkt weniger unter Dreijährige Kinder einen Betreuungsplatz besuchen als durchschnittlich in den westlichen Bundesländern (AKJstat 2009). Hamburg ist mit 22,9 Prozent Spitzenreiter in den alten Bundesländern. Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 44,9 Prozent noch über dem Durchschnitt der neuen Bundesländer. Ein Vergleich der Länder zeigt deutlich: Wo die Betreuungsangebote besser sind, arbeiten Frauen öfter und mehr. Ein weiteres Problem: In Schleswig-Holstein und Hamburg sind die Betreuungskosten im Vergleich zum Bundesschnitt besonders hoch. In diesen für die Gleichstellung wichtigen Bereichen müssen Bund und Länder in Zukunft noch erfolgreicher sein. 3

3. Krise als Chance In der aktuellen Krise sind bislang eher Männer von Arbeitslosigkeit betroffen, da Arbeitsplätze im Bereich der Industrie verloren gehen. Die Krisensymptome in Frauenberufen sind weniger konjunkturell bedingt, sondern vielmehr struktureller Art: Frauen verlieren eher ihre Arbeit, wenn sie im Niedriglohnsektor und in Teilzeit arbeiten sowie nach Rückkehr aus der Elternzeit. Die Notwendigkeit zum Umbau der Wirtschaft durch die aktuelle Krise muss deshalb als Chance begriffen werden. Gerade wenn tradierte Strukturen nicht mehr so funktionieren wie bisher, eröffnet dies für Politik und Gewerkschaften Chancen, Strukturen in unserer Gesellschaft gerechter zu gestalten. Gerade jetzt ist Solidarität gefordert, um für gute und sichere Arbeitsplätze für Frauen und Männer zu sorgen. Dazu gehören der Ausbau von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, die Begrenzung des Niedriglohnsektors, gute berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und mehr Anreize für die partnerschaftliche Aufteilung der familiären Sorge. Nur so ist Chancengleichheit in der Arbeit für Frauen und Männer zu erreichen. Letztlich profitieren davon nicht nur die Frauen. In diesem Prozess gibt es Gewinnerinnen und Gewinner. Unternehmen profitieren angesichts des mittelfristig drohenden Fachkräftemangels von dem hohen Potential, das Frauen anzubieten haben, denn etwa gleich viel Frauen und Männer erreichen erfolgreich einen Studienabschluss. Nur wenn Unternehmen in Zukunft genügend qualifizierte Arbeitskräfte haben, können sie auch innovative Produkte entwerfen, vertreiben und damit erfolgreich sein. Unsere Forderungen Wir wollen die Wirtschaftsordnung nach sozialen, ökologischen, nachhaltigen und geschlechtergerechten Kriterien umgestalten. Wir wollen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro für alle Branchen. Wir wollen die rechtlichen Bedingungen einer (Wieder-)Aufnahme von Vollzeitbeschäftigung und die Teilnahmemöglichkeiten an beruflicher Weiterbildung verbessern. Wir haben das Ziel, den Sonderstatus von Minijobs aufzuheben. Ein erster Schritt dorthin ist die Einführung einer Arbeitszeitgrenze von maximal 15 Stunden pro Woche. Auch für Minijobs nicht nur bei Leiharbeit muss gelten: Equal Pay und Equal Treatment. Wir wollen ein Verfahrensgesetz zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots. Die Tarifparteien bekommen damit innerhalb einer Frist die Chance, anhand von diskriminierungsfreien Arbeitsbewertungssystemen typische Frauenberufe gerechter zu bewerten. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dürfen nur Unternehmen berücksichtigt werden, die Frauen und Männer gleich entlohnen. Zusätzlich müssen die Bemühungen, Männer für Frauenberufe zu begeistern und umgekehrt, verstärkt werden. 4

Wir wollen durchsetzen, dass nach norwegischem Vorbild 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt sein müssen. Wird diese Quote nicht erfüllt, drohen Sanktionen. Weiterhin wollen wir gesetzliche Maßnahmen, um Unternehmen bei der Gleichstellung in die Pflicht zu nehmen. Wir wollen das Ehegattensplitting abschaffen, weil es gute Arbeit für Frauen behindert, ungerecht ist und alte Rollenmuster unterstützt. Daneben müssen Ehegatten zukünftig gerecht besteuert werden: Unser Ziel ist eine Individualbesteuerung, die sich an der jeweiligen Leistungsfähigkeit orientiert. Wir wollen Alleinerziehenden bei der Vermittlung in existenzsichernde Arbeit Priorität einräumen. Ältere Arbeitnehmerinnen, Frauen mit Behinderung und Migrantinnen müssen ebenfalls eine besondere Zielgruppe aktiver Arbeitsmarktpolitik sein. Wir wollen die Elternzeit und das Elterngeld attraktiver gestalten. Mütter und Väter brauchen Zeit für die Familie, besonders, wenn die Kinder noch klein sind. Wir wollen mehr Kinderbetreuungsplätze mit besserer Qualität. Unser Ziel ist dabei die Beitragsfreiheit. Der Rechtsanspruch auf Betreuung für alle Kinder ab einem Jahr muss um einen Anspruch auf einen Ganztagsplatz erweitert und dazu der Ausbau des Ganztagsschulangebots weiter fortgesetzt werden. Bei der Kinderbetreuung müssen aber genauso Unternehmen in die Pflicht genommen werden, Angebote bereitzustellen, denn sie profitieren davon. 5