Die Rotterdam Rules im Überblick Ziele, Struktur und wesentliche Begriffe

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Transkript:

D R. W O L F G A N G G. K R E T S C H M E R L L. M. R E C H T S A N W A L T Die Rotterdam Rules im Überblick Ziele, Struktur und wesentliche Begriffe Ziele der Konvention Die Rotterdamer Regeln verfolgen weitgesteckte Ziele. 1. Das Haftungssystem im Seetransport wird neu geregelt. Die Haftung des Beförderers ist an die Verletzung von Pflichten geknüpft und es gelten höhere Haftungshöchstbeträge als nach den Hamburger Regeln. 2. Das multimodale Frachtrecht wird vereinheitlicht. Die Konvention gilt nicht nur für reine Seefrachtverträge, sondern auch für Frachtverträge, die zusätzlich zur Seebeförderung die Beförderung mit anderen Verkehrsträgern vorsehen. 3. Die Konvention schafft die Rechtsgrundlagen für den Einsatz und die Verwendung von elektronischer Kommunikation. Das Ergebnis ist ein äußerst umfangreiches und in den Einzelbestimmungen sehr komplexes Regelungswerk. Begriffsbestimmungen (Art.1) Die Begriffsbestimmungen sind gegenüber den Hamburger Regeln wesentlich erweitert. Es gibt bedeutende neue Begriffe wie insbesondere den Mengenvertrag, die ausführende sowie die maritime ausführende Partei, und den dokumentären Absender. Haftungsbefreiungen und begrenzungen (Art. 4) Die in der Konvention vorgesehenen Haftungsbefreiungen und -begrenzungen gelten nicht nur bei Klagen aus Vertrag sondern auch bei Klagen aus jedem anderen Rechtsgrund. Sie kommen dem Beförderer, dem Absender, der maritimen ausführenden Partei und deren Hilfspersonen zu Gute. Kooperation selbständiger Rechtsanwälte Singapur: Vereinigte Arabische Emirate: Dr.Wolfgang G. Kretschmer LL.M. (Lond.) STROHAL & KRETSCHMER PTE LTD International Legal Consultants Mag. Erich Rebasso in Association with Villa 26B, 17D Street, Community 154 Stubenbastei 12/12 HIN TAT AUGUSTINE & PARTNERS Dafan Al Khor, P.O.Box No. 31484 A-1010 Wien Advocates & Solicitors, The Riverwalk #02-10 Ras Al Khaimah, United Arab Emirates Tel: (43) (1) 513 19 11 Singapore 058416, 20 Upper Circular Road Tel: (9717) 23 64 530 Fax: (43) (1) 513 19 11 24 Tel: (65) 65 33 02 12, Fax: (65) 65 33 03 13 Fax: (9717) 23 64 531 Raiffeisenlandesbank Wien-NÖ Mobile Secretary: (971) 50 37 65 847 Konto Nr. 7.721.632 (Blz. 32000) UID Nr. ATU58306719 E-Mail: advocates@advocates.cc, Homepage: www.advocates.cc

Maritime ausführende Partei ist eine Person, die Pflichten des Beförderers aus einem Frachtvertrag im Zeitraum zwischen dem Eintreffen der Güter im Ladehafen und dem Abgang der Güter aus dem Löschhafen erfüllt. Anwendungsbereich (Art. 5 Art.7) Die Konvention gilt grundsätzlich für Verträge in der Linienbeförderung mit Ausnahme von Charterverträgen und Verträgen über die Nutzung eines Schiffs oder von Schiffsraum; die Konvention gilt grundsätzlich nicht für Frachtverträge in der Nicht-Linienbeförderung, es sei denn es liegt kein Charter- oder sonstiger Nutzungsvertrag vor und es wird eine Beförderungsurkunde ausgestellt. Unter diesen Voraussetzungen findet die Konvention Anwendung, wenn der Übernahmeort und der Ablieferungsort sowie der Ladehafen und der Löschhafen in verschiedenen Staaten liegen, sofern einer dieser Orte in einem Vertragsstaat liegt. Mit dieser Bestimmung werden die vorlaufende und die der Seebeförderung nachfolgende Beförderung von der Konvention erfasst. Damit sind nur die konventionsimmanenten Anwendungsvoraussetzungen geregelt. Ob die Konvention wirklich zur Anwendung kommt, hängt davon ab, ob sie Teil des für den Beförderungsvertrag geltenden Rechts ist. Das bestimmt sich in Europa nach dem EVÜ bzw der Rom I VO. Elektronische Beförderungsaufzeichnungen (Art. 8 Art. 10) Elektronische Beförderungsurkunden sind konventionellen Urkunden gleichgestellt unter der Voraussetzung, dass Absender und Beförderer ihrer Verwendung zustimmen und dafür Verfahrensregeln vereinbaren, die im Vertrag bezeichnet werden und leicht zu ermitteln sind. Pflichten des Beförderers (Art. 11 Art. 16) Es ist erwähnenswert, dass die Beförderungspflicht erstmals in einer Konvention ausdrücklich genannt ist. Als Beginn und Ende des Verantwortlichkeitszeitraums des Beförderers wurden der Zeitpunkt der Übernahme und jener der Ablieferung definiert. Er umfasst also den gesamten Transport ( Tür zu Tür ) und nicht nur den Seetransport. Haftung des Beförderers; Haftungshöchstbeträge (Art 17 - Art. 23; Art 59 Art 61) Der Beförderer haftet für Verlust und Beschädigung der Güter sowie für verspätete Ablieferung, wenn die Ursache dieser Umstände oder ein Beitrag dazu während seiner Verantwortlichkeit gesetzt wurde. Die Beweislast für diese Tatbestandsmerkmale trägt der Geschädigte. Gelingt dem Geschädigten dieser Beweis, kann sich der Beförderer auf zweifache Weise befreien: entweder durch den Nachweis, dass ihn an der Ursache oder am Beitrag kein Verschulden trifft oder durch den Nachweis, dass eines der haftungsbefreienden Ereignisse als Ursache oder Beitrag zu werten ist. Der Katalog der haftungsbefreienden Ereignisse entspricht jenem der Hamburger Regeln. Das nautische Verschulden ist jedoch nicht mehr vorgesehen. 2

Den Nachweis eines haftungsbefreienden Ereignisses kann der Geschädigte entkräften, wenn er beweist, dass entweder dieses Ereignis oder ein anderer kausaler Faktor vom Beförderer verursacht oder gefördert wurde; im letzteren Fall kann sich der Beförderer durch mangelndes Verschulden bezüglich dieses kausalen Faktors noch befreien. Der Beförderer kann sich nicht auf haftungsbefreiende Ereignisse berufen, wenn der Geschädigte nachweist, dass das Schiff seeuntüchtig, nicht ordnungsgemäß besetzt oder für die Ladung nicht geeignet war und der Beförderer mit dem weiteren Beweis scheitert, dass die Kausalität fehlt oder dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist. Die Haftungsregelungen für den Beförderer gelten auch für die ausführende Partei, für den Schiffsführer und die Schiffsbesatzung sowie für die Bediensteten und andere Personen, die Pflichten des Beförderers erfüllen. Für die maritime ausführende Partei gelten sie dann, wenn sie hinsichtlich der Güter im Hafen eines Vertragsstaates tätig wurde und das schadenstiftende Ereignis eingetreten ist, während sie die Güter in ihrer Verfügung hatte. Die Konvention sieht vor, dass Verluste und Schäden innerhalb von sieben Tagen anzuzeigen sind. Das Unterbleiben der Anzeige hat keine Auswirkung auf die Schadenersatzforderung oder die Beweislastverteilung. Im Fall der Verspätung ist eine Frist von 21 Tagen vorgesehen und hier ist im Fall der Nichtanzeige die Schadenersatzforderung ausgeschlossen. Die Haftung für Verlust und Beschädigung ist auf 875 Rechnungseinheiten je Packung oder sonstige Ladungseinheit oder drei Rechnungseinheiten je Kilogramm Rohgewicht beschränkt. Bei Verspätungsschäden gilt eine Haftungsgrenze in der Höhe des zweieinhalbfachen der für die verspäteten Güter zu zahlenden Fracht. Bestimmungen für Sonderfälle und einzelne Beförderungsabschnitte (Art. 24 Art. 26) Ergänzend zu den allgemeinen Haftungsgründen regelt die Konvention die Haftung bei einer Abweichung vom Reiseweg, bei Deckladungen und bei der vorlaufenden und nachfolgenden Beförderung. Deckladungen sind nach der Konvention auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung grundsätzlich zulässig; die Haftung für Schäden auf Grund der besonderen mit der Deckbeförderung verbundenen Gefahren ist ausgeschlossen. Artikel 26 regelt das Verhältnis der Rotterdamer Regeln zu den anderen anwendbaren Konventionen für Schadensfälle, die vor und nach der Seebeförderung eintreten. Diese Konventionen gehen den Rotterdamer Regeln dann vor, wenn sie besondere Regelungen über die Haftung, die Haftungsbeschränkung und Klagsfristen vorsehen, nur zugunsten des Absenders abbedungen werden können und zur Anwendung kämen, wenn die Vertragsparteien für die entsprechende Strecke einen eigenen Beförderungsvertrag abgeschlossen hätten. Pflichten des Absenders (Art. 27 Art. 34) Außer den Pflichten im Zusammenhang mit gefährlichen Gütern ist nun auch die generelle Verpflichtung vorgesehen, die Güter in beförderungsbereitem Zustand zu übergeben. Weiters ist der Absender zur Erteilung der erforderlichen Informationen und Weisungen und zur Zusammenarbeit mit dem Beförderer verpflichtet. Im Falle der Pflichtverletzung wird der Absender dem Beförderer gegenüber schadenersatzpflichtig. Die Pflichten des Absenders gelten auch für den dokumentären Absender. Dokumentärer Absender ist eine Person, die zustimmt, in der Beförderungsurkunde als Absender benannt zu werden. 3

Beförderungsurkunden (Art. 35 Art. 42) Umfangreiche neue Regelungen gibt es im Zusammenhang mit den Beförderungsurkunden (Kapitel 8). Grundsätzlich hat der Beförderer dem Absender nach dessen Wahl eine übertragbare oder eine nicht übertragbare Beförderungsurkunde auszustellen. Im Zusammenhang mit den Regeln über die Ablieferung differenziert die Konvention innerhalb beider Kategorien zwischen Beförderungsurkunden, die der Empfänger an den Beförderer zurückstellen muss und solchen, die nicht zurückgegeben werden müssen. Die Beförderungsurkunde hat die auch in den Hamburger Regeln aufgezählten Angaben zum Vertrag zu enthalten. Es ist nicht obligatorisch vorgesehen, dass die Urkunde, die in den Hamburger Regeln genannten Angaben über den Vertrag enthält, also insbesondere die Fracht, das Ablieferungsdatum oder Sondervereinbarungen hinsichtlich der Haftungshöchstgrenzen. Der Beförderer, der keine Haftung für die Angaben zum Vertrag übernehmen will, kann Vorbehalte erklären. Die Konvention bemüht sich, diese zu formalisieren und damit die Qualität der Beförderungsurkunde zu erhöhen. Diese Vorbehalte beziehen sich nicht auf den bei Übernahme erkennbaren Zustand der Güter, der gemäß Artikel 36 Abs.2 lit. a obligatorisch anzugeben ist, sondern auf die Beschreibung, die Kennzeichen, die Packungszahl und das Gewicht der Güter. Diesbezüglich ist der Vorbehalt grundsätzlich möglich, wenn dem Beförderer die Unrichtigkeit der Angabe tatsächlich bekannt ist oder er hinreichende Gründe für die Annahme hat, dass die Angaben des Absenders unrichtig sind. Im Übrigen wird danach unterschieden, ob die Güter dem Beförderer offen oder geschlossen übergeben wurden und ob er sie besichtigt hat oder nicht. Bei offenen oder geschlossen übergebenen jedoch besichtigten Gütern kann der Beförderer den Vorbehalt machen, wenn er keine Überprüfungsmittel zur Verfügung hatte oder begründet annehmen konnte, dass die Informationen sachlich unrichtig sind. Bei geschlossen übergebenen Gütern setzt der Vorbehalt voraus, dass die Güter nicht besichtigt wurden und der Beförderer auch sonst keine Kenntnis darüber hat. Der Vorbehalt bezüglich des Gewichts der Güter setzt voraus, dass zwischen dem Beförderer und dem Absender nicht vereinbart wurde, dass die Güter gewogen werden sollten oder keine Mittel zur Überprüfung des Gewichts zur Verfügung standen. Die Beweiswirkung der Angaben zum Vertrag ist ähnlich wie in den Hamburger Regeln geregelt. Sie setzt aber nicht am Vermerk zum Zustand der Güter, sondern am Vorbehalt an. Soweit kein Vorbehalt gemacht wurde, liefert die Beförderungsurkunde einen Anscheinsbeweis dafür, dass der Beförderer die Güter entsprechend den Angaben zum Vertrag übernommen hat. Der Beweis des Gegenteils ist nicht mehr zulässig, wenn eine übertragbare Urkunde an den gutgläubigen Dritten übertragen worden ist oder eine nicht übertragbare Urkunde einem gutgläubigen Empfänger zum Zweck der Entgegennahme der Güter übergeben wurde. Im Fall der nicht übertragbaren Beförderungsurkunde gilt weiters, dass der Beweis des Gegenteils gegenüber einem gutgläubigen Empfänger ausgeschlossen ist, der im Hinblick auf bestimmte näher bezeichnete Angaben vom Vertrag in gutem Glauben gehandelt hat. Ablieferung (Art. 43 Art 49) Detailliert ist die Ablieferung der Güter geregelt. Der Empfänger ist verpflichtet, die Güter am vereinbarten Ort und zur vereinbarten Zeit in Empfang zu nehmen und den Empfang zu bestätigen. 4

Die Pflichten des Beförderers im Zusammenhang mit der Ablieferung sind unterschiedlich ausgestattet je nachdem, ob eine Beförderungsurkunde ausgestellt wurde und welcher Art sie ist. Grundsätzlich gilt in allen Fällen folgendes: der Beförderer kann die Ablieferung verweigern, wenn sich der Empfänger nicht legitimiert; bei Ablieferungshindernissen hat der Beförderer Mitteilung zu erstatten und Weisungen einzuholen und wird befreit, wenn er gemäß der Weisungen handelt. Können die Güter nicht abgeliefert werden, ist der Beförderer berechtigt, sie an einem geeigneten Ort einzulagern oder ihren Verkauf oder ihre Vernichtung zu veranlassen. Letzteres aber erst nachdem er die Berechtigten benachrichtigt hat. Der Beförderer ist von der Haftung für Verlust und Beschädigungen von Gütern während der Zeit, in der sie nicht abgeliefert werden können, befreit, es sei denn er hat wissentlich Maßnahmen unterlassen, die zur Erhaltung der Güter angemessen gewesen wären. Rechte der verfügungsberechtigten Partei (Art. 50 Art. 56) Das Verfügungsrecht wird inhaltlich bestimmt. Es umfasst das Recht, solche Weisungen im Bezug auf die Güter zu erteilen, die keine Abweichung vom Frachtvertrag darstellen, die Ablieferung in einem auf der Route liegenden Hafen oder Ort zu verlangen und einen Empfänger durch einen anderen zu ersetzen. Das Verfügungsrecht steht dem Absender zu, wenn nicht bei Abschluss des Frachtvertrages der Empfänger, der dokumentäre Absender oder eine andere Person als Verfügungsberechtigter bezeichnet wird. Grundsätzlich ist das Verfügungsrecht übertragbar. Bei übertragbaren Beförderungsurkunden wird das Recht im Fall eines Orderpapiers durch Indossament, im Fall eines Inhaberpapiers durch Blankoindossament übertragen. Im Falle einer nicht übertragbaren retournierungspflichtigen Urkunde wird das Recht durch Übergabe der Urkunde ohne Indossament übertragen und vom Übernehmer durch Vorlage der Urkunde ausgeübt. Die Regelungen über das Verfügungsrecht sind weitestgehend abdingbar. Klagsfristen (Art. 62 Art. 65) Die Klagsfrist beträgt zwei Jahre ab Ablieferung. Für die Rückgriffsklage gelten 90 Tage ab dem Tag, an dem der Rückgriffsberechtigte Zahlung geleistet hat oder ihm die Klage zugestellt wurde. Gerichtliche Zuständigkeit und Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 66 Art 78) Artikel 66 legt die verfügbaren Gerichtsstände fest. Es handelt sich um den Übernahme- und den Ablieferungsort, sowie den Ort der ersten Ladung und der letzten Löschung und zusätzlich den Wohnsitz des Beförderers. Für Klagen gegen die maritime ausführende Partei gilt als Gerichtsstand der Wohnsitz oder der Hafen, wo sie ihre Tätigkeit ausübte. Gerichtsstandsvereinbarungen sind nur bei Mengenverträgen möglich, außerhalb eines Mengenvertrages nur zugunsten der in Artikel 66 geregelten Gerichtsstände. Für Vereinbarungen, die nach Entstehung der Streitigkeit getroffen werden, gilt diese Beschränkung nicht. Schiedsvereinbarungen sind grundsätzlich möglich. Bindend sind sie allerdings nur, wenn sie in einem Mengenvertrag enthalten sind oder nach Entstehen des Streits getroffen wurden. 5

Abdingbarkeit (Art. 79 Art. 81) Grundsätzlich gilt, dass die Pflichten und die Haftung der beiden Vertragsteile nicht gelockert werden können. Auf der Seite des Absenders dürfen sie auch nicht verschärft werden. Beim Mengenvertrag sind jedoch in bestimmten Grenzen Abweichungen möglich. Ein Mengenvertrag liegt vor, wenn die Beförderung einer bestimmten Gütermenge in mehreren Sendungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums vereinbart wird. Die abweichende Regelung ist nur wirksam, wenn sie individuell ausgehandelt und in den Vertrag aufgenommen wurde. Der Vertrag muss außerdem mit einem deutlichen Vermerk versehen werden, dass er von den Rotterdamer Regeln abweicht. Schließlich muss der Beförderer dem Absender Gelegenheit gegeben haben, einen Vertrag abzuschließen, der von der Konvention nicht abweicht. Gegenüber einer dritten Partei gelten die Abweichungen nur, wenn diese ausdrücklich zustimmt. Abweichungen von den Pflichten des Beförderers, das Schiff seetüchtig zu machen und ordnungsgemäß zu besetzen, und von den Informationspflichten des Absenders sind auch beim Mengenvertrag nicht möglich. Ausblick Die Konvention tritt in Kraft, wenn sie von 20 Staaten ratifiziert ist. Bis jetzt haben 21 Staaten die Konvention unterfertigt und werden das Ratifikationsverfahren einleiten, darunter die USA, die Schweiz, Spanien, Frankreich und die Niederlande. Politisch stellt sie jenes Ergebnis dar, das im Rahmen der Vereinheitlichungsbemühungen im internationalen Transportrecht erreichbar ist. In rechtlicher Hinsicht bietet sie Lösungen in vielen Bereichen, die bisher ungeregelt waren. Ob die eingangs dargestellten Ziele den weitgehend zwingenden Charakter der Regeln erfordern, ist jedoch fraglich. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Rotterdamer Regeln von der internationalen Geschäftswelt akzeptiert werden. 6