Eines der höchsten Gebäude unserer Stadt. Bau, Eröffnung und Schließung der Landwirtschaftsschule Staffelstein

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Transkript:

Eines der höchsten Gebäude unserer Stadt. Bau, Eröffnung und Schließung der Landwirtschaftsschule Staffelstein Hubert Kolling Der große Gebäudekomplex nahe dem Bahnhof, in dem sich seit 1976 die Zivildienstschule Bad Staffelstein befindet, wurde in der Zeit, als Staffelstein noch Sitz einer Kreisverwaltungsbehörde war, ursprünglich als staatliche Landwirtschaftsschule errichtet. In den Jahren nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs erbaut, stieß dieser Gebäudekomplex bislang noch nicht auf das Interesse der Lokalgeschichte und der Geschichtsforschung, zumal die Schule bei vielen ihrer ehemaligen Schülerinnen und Schüler und in der Bevölkerung noch gut in Erinnerung ist. Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um die sehr stark gekürzte Fassung eines Vortrags, den der Verfasser beim fränkischen Geschichtsverein CHW am 19. Januar 2011 in der Zivildienstschule Bad Staffelstein hielt 1. Der Artikel bezieht sich auf Archivalien und auf den Beitrag des gleichen Autors aus dem Jahr 2006: Der Bau der Vorgängereinrichtung die Landwirtschaftsschule Staffelstein 2, der sich vor allem auf die Auswertung der zeitgenössischen Zeitungsberichterstattung bezieht. 1 Die Landwirtschaftsschule Staffelstein Bau, Schulalltag und Schließung. Vgl. Bis zum Bau ein langer Weg. CHW-Vortrag zur Geschichte der Landwirtschaftsschule. In: Obermain-Tagblatt, 155. Jg., Nr. 11 vom 15./16. Januar 2011, S. 28; Der lange Weg zur Landwirtschaftsschule. CHW Vortrag. In: Fränkischer Tag (D), 178. Jg., Nr. 12 vom 17. Januar 2010, S. 10; Milchwirtschafts-Rechnung nach Adam Riese. Dr. Hubert Kolling erinnerte bei CHW-Vortrag an frühere Landwirtschaftsschule Staffelstein. In: Obermain-Tagblatt, 155. Jg., Nr. 19 vom 25. Januar 2011, S. 26. 2 In: Fehl, Werner / Kolling, Hubert: Dem Grundgesetz verpflichtet. Wehrpflicht, Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst. 30 Jahre Zivildienstschule Bad Staffelstein. Bad Staffelstein 2006, S. 7-14. 75

1. Eine Aufgabe des ganzen Volkes Die Förderung der Land- und Forstwirtschaft in der Nachkriegszeit Im Jahre 1950 wandte sich das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Schrift Förderung der Land- und Forstwirtschaft an die breite Öffentlichkeit, um ihr klarzumachen, dass die Fortschritte auf dem Gebiet der Landwirtschaft eine Aufgabe des ganzen Volkes sei. 1 Die Regierung hatte hierbei sowohl junge Männer als auch Frauen vor Augen. Für ihre Haltung waren unterdessen weniger emanzipatorische als ökonomische Interessen ausschlaggebend, wenn es in einer zeitgenössischen Stellungnahme aus dem selben Jahr heißt: Nicht nur die putzsüchtige sondern auch die ungeschulte Bäuerin kann mit der Schürze mehr aus dem Hof hinaustragen als der Bauer mit dem Wagen hereinfährt. Von der Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit der Bauersfrau hängt das Wohl und Wehe des Hofes ab. Sie muss Verständnis haben für das Gesamtgebiet der Landwirtschaft, wenn auch der Mann den landwirtschaftlichen Fortschritten nicht ablehnend gegenüberstehen soll, oft genug ist sie in dieser Beziehung fördernder oder hemmender Teil. 2 Bereits am 31. März 1948 hatte Dr. Alois Schlögl (1893-1957), der damalige Bayerische Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (CSU), 3 in einer Rede in Ingolstadt über Grundfragen der Agrarpolitik unter anderem die Errichtung von Landwirtschaftsämtern möglichst in jedem Landkreis gefordert, ebenso wie die Aufstellung eines Schulprogramms für die bayerische Landwirtschaft. Das Echo der Bauern war sehr groß: 59 Landkreise meldeten ihre Absicht an, neue Landwirtschaftsschulen zu errichten. Daraufhin genehmigte der Bayerische Landtag im Jahre 1949 bei seiner Beratung des Haushalts die Einrichtung von 21 Landwirtschaftsämtern, wie die Landwirtschaftsstellen seit 1948 hießen, und sechs Tierzuchtämtern. 4 Nach Ansicht des Landwirtschaftsministers trug eine gute Fachausbildung nicht nur zur Hebung der landwirtschaftlichen Erzeugung bei und war die Voraussetzung für eine Eignungsprüfung sondern sie sollte auch die seelische Not in den Dörfern überwinden helfen. 1950 führte er hierzu wörtlich aus: Das Gesicht unserer Dörfer hat sich mit zunehmender Überbevölkerung sehr gewandelt. Dadurch ist die Landbevölkerung in hohem Maße Krankheitserscheinungen ausgesetzt und unsere Landjugend sehr leicht geneigt, Dinge in sich aufzunehmen, die mit ländlicher Kultur und mit Überlieferung nichts mehr zu tun haben. Es gibt nicht nur eine Jugendnot in der Stadt sondern auch auf dem Lande. [...] Die Bauernjugend hat ein Anrecht darauf, in gleichem Umfange gefördert zu werden wie die städtische Jugend. Wir müssen unserer Bauernjugend das notwendige Wissen geben, um den Fortschritt auf dem Lande zu gewährleisten, und sie zu charakterfesten Menschen machen. Gründliches Wissen ist neben der religiösen und kulturellen Betreuung eine Voraussetzung, unsere landwirtschaftliche Bevölkerung wieder zum Lebensquell der Großstädte zu machen. 5 2.... dass wir eine eigene Landwirtschaftsschule bekommen Die Jungbauernschaft Staffelstein und Umgebung Die ersten Bestrebungen zum Bau einer Landwirtschaftsschule in Staffelstein gab es bereits in den 1 Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Förderung der Landund Forstwirtschaft. Eine Aufgabe des ganzen Volkes. Aus der Arbeit des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. München 1950. 2 [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 95. 3 Alois Schlögl, Mitbegründer der CSU, war von 1946 bis 1957 Mitglied des Bayerischen Landtags und von 1948 bis 1954 Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 4 Vgl. [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 5 und S. 129. 5 Vgl. [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 8. 76

1920er Jahren. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) gründeten die zurückgekehrten ehemaligen Landwirtschaftsschüler, die vom Landkreis Staffelstein die Landwirtschaftsschule Bamberg 6 besucht hatten, den Verein Ehemaliger Landwirtschaftsschüler mit Sitz in Bamberg. Bald entstand auch eine Bezirksgruppe der Ehemaligen in Staffelstein, die auch eigene Veranstaltungen durchführte. 7 Anton Ostler (1893-1964), Vater der Landjugend und unermüdlicher Kämpfer für den Bau der Landwirtschaftsschule Staffelstein. Aus der Vereinigung sollte sich wenig später die erste berufsständische Landjugendorganisation in Bayern gründen. Am ersten Sonntag im April 1925 war es dann soweit, als der ehemalige Bezirksobmann des Christlichen Bauernvereins und stellvertretende Vorsitzende der Bauernkammer, Anton Ostler (1893-1964) 8 aus Romansthal, die Jungbauernschaft Staffelstein und Umgebung im Gasthof Schwarzer Bär ins Leben rief. 9 Die fachliche Betreuung oblag zur damaligen Zeit in der Hauptsache den Lehrkräften des Landwirtschaftsamtes Bamberg. So wurden etwa mehrtägige und mehrwöchige Kurse sowohl für die männliche als auch weibliche Jugend abgehalten. Zu dieser Zeit existierten in Oberfranken acht Landwirtschaftsschulen und zwar in Bamberg (1898), Wunsiedel (1899), Coburg (1900), Bayreuth (1911), Kronach (1918), Münchberg (1920), Forchheim (1920) und Kulmbach (1924). 10 Zahlreiche Ehemalige, allen voran Anton Ostler, forderten immer wieder die Errichtung einer Landwirtschaftsschule auch in Staffelstein. So trommelte Ostler: Wir müssen es in Staffelstein soweit bringen, dass wir eine eigene Landwirtschaftsschule bekommen. 11 Für eine solches Projekt war jedoch der ehemalige Landkreis Staffelstein 12 angeblich zu klein, 6 Die Landwirtschaftsschule Bamberg war am 19. Oktober 1897 im Gebäude des Knabenhortes des Volksbildungsvereins als Winterschule eröffnet worden. Vgl. [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 149. 7 Landwirtschaftsamt Staffelstein (heute: Landwirtschaftsamt Coburg / Bad Staffelstein) (LASte), Bd. 1, S. 142. 8 Zu Leben und Werk vgl. Ostertag-Henning, Karl-Ludwig: Anton Ostler (1893-1964) Bauer, Politiker, Kreisfachberater für Obst- und Gartenbau. In: Staffelsteiner Lebensbilder. Zur 1200-Jahr-Feier der Stadt Staffelstein herausgegeben von Günter Dippold und Alfred Meixner (Staffelsteiner Schriften, Bd. 11). Staffelstein 2000, S. 204-209. 9 Vgl. Steinhäuser, Ludwig: Anton Ostler. Vater der Jungbauernschaft. In: Kreisverband der Landjugend Staffelstein (Hrsg.): Wie es einst war! Zeitzeugen berichten. Ebing 2000, S. 15-17, hier S. 15. 10 [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 84-85. 11 LASte, Bd. 1, S. 141. 12 In Staffelstein war am 1. Juli 1862 ein Bezirksamt errichtet worden, aus dem 1939 der Landkreis Staffelstein hervorging. Im Jahre 1972 verlor die Stadt im Rahmen der Landkreisreform in Bayern ihren Kreisstadtstatus (bis dahin Autokennzeichen: STE) und wurde in den Landkreis Lichtenfels eingegliedert. Vgl. Weiss, Hildegard: Lichtenfels-Staffelstein (Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken; Reihe I, Heft 7). München 77

obwohl er zur damaligen Zeit die meisten Schülerinnen und Schüler in Bamberg und Coburg stellte. Als dann nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) der damalige Landwirtschaftsminister Dr. Joseph Baumgartner unterstützt von dem seinerzeitigen Generalsekretär des Bayerischen Bauern-Verbandes (BBV), Dr. Alois Schlögl, in einer landwirtschaftlichen Großkundgebung in Bamberg die Forderung aufstellte, dass jeder Bauernjunge und jedes Bauernmädchen eine landwirtschaftliche Schule besuchen sollte und jeder Landkreis seine eigene Schule bekommen müsste, wurde Anton Ostler wieder aktiv. Dieser Satz war für ihn, wie er selbst sagte, ein Alarmzeichen. 13 Er setzte sich sofort mit den maßgeblichen Stellen im Ministerium in München und bei der Regierung von Oberfranken in Ansbach (heute: Bayreuth) in Verbindung, wobei er tatkräftig durch den Landrat des Landkreises Staffelstein, Dr. Gerhard Kroll (CSU) (1910-1963), 14 unterstützt wurde. 15 3. Mistgabelstudenten und Kochlöffelstudentinnen Die Eröffnung der Landwirtschaftsschule Staffelstein 1947/48 Die Bemühungen zeigten Erfolg. Die Errichtung der Landwirtschaftsschule Staffelstein und der Landwirtschaftsstelle Staffelstein am 20. April 1949 trat die Bezeichnung Landwirtschaftsamt in Kraft wurde mit Entschließung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in München am 30. Juni 1947 genehmigt. Als Dienstbezirk wurden die Landkreise Staffelstein und Lichtenfels, welche bis dahin zur Landwirtschaftsschule und Landwirtschaftsstelle Coburg gehörten, zugewiesen. Der Landkreis Staffelstein umfasste damals 58 Gemeinden mit 2.784 Betrieben (davon 1.935 über 5 ha) und der Landkreis Lichtenfels 57 Gemeinden mit 3.353 Betrieben (davon 1.741 über 5 ha). 16 Zum Leiter der neuen Einrichtungen ernannte mit Entschließung vom 24. Juli 1947 das Staatsministerium Landwirtschaftsrat (später: Landwirtschaftsdirektor) Paul Foerster (1889-1974). 17 Seine Nachfolger im Amt waren seit 1. Juni 1954 Josef Otto Schmid (1902-1983), 18 seit 1. Juli 1957 Karl Pfeiffer (Jg. 1922), seit 1. April 1959 Hermann Neubert Spendenschein über 250 Reichsmark von Hildegard Lorenz aus Unterzettlitz für die Landwirtschaftsschule Staffelstein vom 12. Mai 1947. 1959, S. 155; Landkreis Lichtenfels (Hrsg.): Landkreis Lichtenfels. Infos für Bürger und Gäste. [Lichtenfels 1995] S. 58; Landkreis Lichtenfels in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hrsg.): Unser Landkreis Lichtenfels. Eine Broschüre des Landkreises. Bamberg 1991, S. 128. 13 LASte, Bd. 1, S. 140. 14 Zur Person des Landrats vgl. die Biographie von Zeitler, Peter: Gerhard Kroll (1910-1963). Landrat mit Ambitionen und mangelnder Fortüne. In: Staffelsteiner Lebensbilder. Zur 1200-Jahr-Feier der Stadt Staffelstein herausgegeben von Günter Dippold und Alfred Meixner (Staffelsteiner Schriften, Bd. 11). Staffelstein 2000, S. 237-243. 15 LASte, Bd. 1, S. 140-142. 16 Vgl. [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 152. 17 LASte, Bd. 1, S. 73. Paul Foerster, geboren am 18. Mai 1889, war bis dahin an der Landwirtschaftsschule und Landwirtschaftsstelle in Coburg tätig. Er starb im Alter von 85 Jahren am 8. November 1974 in Staffelstein. 18 LASte, Bd. 3, S. 3. Josef Otto Schmid, geboren am 14. Oktober 1902, starb im Alter von 82 Jahren am 20. Januar 1983 in Bamberg. 78

(Jg. 1922) und seit 1. November 1965 Franz Mann (Jg. 1920). Die Eröffnung der Schule ein entsprechendes Schulgebäude fehlte zu dieser Zeit freilich noch fand in zwei Schritten statt. In der männlichen Abteilung (Abteilung Landwirtschaft) wurde der Unterrichtsbetrieb am 3. November 1947 und in der weiblichen Abteilung (Abteilung Hauswirtschaft) am 25. Oktober 1948 aufgenommen. 19 Im Anschluss an eine heilige Messe trafen sich hierzu Vertreter der Behörden, des Bauernverbandes, der landwirtschaftlichen Körperschaften, Eltern, Gäste, Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler im Saale des Gasthauses Grüner Baum. Die Begrüßungs- und Eingangsrede hielt Landrat Dr. Gerhard Kroll, anschließend sprach der neue Leiter der Landwirtschaftsschule und der Landwirtschaftsstelle Paul Foerster. 20 Damit war der erste Kurs der Landwirtschaftsschule Staffelstein, an dem 42 Schüler teilnahmen, eröffnet. Mangels geeigneter Räumlichkeiten fand der Unterricht zunächst in einem kleinen Anbau der so genannten Wasserstube im Gasthaus Grüner Baum statt. Erst im zweiten Jahre ihres Bestehens, im Schuljahr 1948/49, konnten dann zwei Kurse einer für junge Männer (die Mistgabelstudenten ) und einer für junge Frauen (die Kochlöffelstudentinnen ) die beiden Ausdrücke stammen von Gunda Schaller aus Zapfendorf 21 durchgeführt werden, die nun im so genannten Glassalon der Gastwirtschaft Peter Brütting 22 und der Gastwirtschaft von Andreas und Therese Reinlein Zum letzten Heller 23 stattfanden. 24 An der Behelfssituation änderte sich auch in den darauf folgenden Jahren nichts. Ein Bericht vom Schuljahr 1949/50 hält hierzu fest: Die zur Durchführung des Unterrichts an einer Landwirtschaftsschule benötigte Ausstattung erfordert viel und geeigneten Raum. Die hierzu zur Verfügung stehenden Räume genügen in keiner Weise mehr. Und mit Blick auf die Zukunft gerichtet schrieb Paul Foerster 1949/50 weiter: Die gegenwärtige Bautätigkeit gibt nun aber begründete Hoffnung, im kommenden Herbst den Bauabschnitt I der neuen Schule beziehen zu können. Anlässlich des ersten Bayer. Landjugendtages, der in Staffelstein vom 7. bis 9. Juli [1950] abgehalten wird, soll das Richtfest des I. Bauabschnittes begangen werden. Möge ein gütiges Geschick es gestatten, durch Herbeischaffung der nötigen Geldmittel die Inneneinrichtung bis zum Schulbeginn zu bewerkstelligen. 25 4. Der Ausschuss Landwirtschaftsschule (1947) und der Schulbauausschuss (1949) Zur beschleunigten Erbauung eines Schulhauses richtete der Staffelsteiner Kreistag am 17. Dezember 1947 einen eigenen Ausschuss Landwirtschaftsschule ein. Dieser wurde mit der Vollmacht ausgestattet, mit einzelnen Firmen Verträge abzuschließen und den Bau der Landwirtschaftsschule so schnell wie möglich zu Ende zu führen. Der Ausschuss setzte sich zusammen aus dem stellvertretenden Landrat Dr. Fischler, dem Bezirksfachberater Anton Ostler, Kreisrat Konrad Pfeiffer und Bauer Leo Keimel. 26 19 [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 152. 20 LASte, Bd. 1, S. 67-72. 21 Vgl. Schaller, Gunda: Die Landjugendgruppe in der Jungbauernschaft Staffelstein Ortsverband Zapfendorf vor 50 Jahren. In: Kreisverband der Landjugend Staffelstein (Hrsg.): Wie es einst war! Zeitzeugen berichten. Ebing 2000, S. 39-46, hier S. 39. 22 Die Brauerei Brütting ( Brauerei Staffelberg ) bestand von 1875-1999. Die ehemalige Brauereigaststätte wird heute als Restaurant Staffelsteiner Hof betrieben. Vgl. Vatke, Wolfgang / Müller, Karl-Heinz: Historischer Lichtenfelser Brauereiführer. Coburg 2000, S. 86-87. 23 Die Brauerei Reinlein ( Zum letzten Heller ) bestand von 1870-1952. Vgl. die spärlichen Angaben bei Vatke, Wolfgang / Müller, Karl-Heinz: Historischer Lichtenfelser Brauereiführer. Coburg 2000, S. 91. 24 LASte, Bd. 1, S. 59 und S. 121. 25 Jahresbericht der Landwirtschaftsschule Staffelstein 1948-50, S. 33. 26 LASte, Bd. 1, S. 120. 79

Auf das fertiggestellte Kellergeschoss der Landwirtschaftsschule Staffelstein wird im Frühjahr 1949 die Eingangstür gesetzt. Die Finanzierung des Bauvorhabens sollte aus staatlichen Zuwendungen und durch Kredite gedeckt werden. Nachdem die Stadt Staffelstein in anerkennenswerter Weise den Bauplatz dem Landkreis zur Verfügung gestellt hatte, stand dem Bauvorhaben nichts mehr im Wege. So konnte im September 1948 auf dem Baugelände mit der Verlegung der Kanalisation begonnen werden. Wenngleich der Kreistag im November 1948 25.000 Mark in den Haushaltsplan für den Schulbau eingesetzt hatte, mussten im Januar 1949 die Bauarbeiten infolge von Geldmangel vorläufig eingestellt werden. Daran konnten auch die 73.900 Reichsmark nichts ändern, die durch so genannte Spendenscheine, die je nach Höhe des gezeichneten Betrages zum kostenlosen Besuch an einem oder zwei Kursen der Schule berechtigten, durch die Bauern zusammengekommen waren. Im April 1949 wurde der Beschluss des Kreistages über die Bildung eines Bauausschusses für die Landwirtschaftsschule vom 17. Dezember 1948 aufgehoben und ein neuer Schulbauausschuss gebildet. Diesem gehörten nun die Kreisräte Anton Ostler, Gehringer, Brütting, Kreisbaumeister Jean Klob und Leo Keimel an. Gleichzeitig genehmigte der Kreistag 30.000 DM zum Weiterbau der Schule. Da die weiterhin dringend benötigten Gelder aus München nicht eintrafen, machten sich Vertreter des Landkreises auf den Weg in die Landeshauptstadt. Nachdem sie unverrichteter Dinge wieder zurückgekehrt waren, gab es im Kreistag auch kritische Stimmen, die darauf hinzielten, das Schulhausprojekt fallen zu lassen, das angefangene Schulgebäude als Wohnhaus weiterzubauen oder eine Volksschule daraus zu machen. Gedacht wurde sogar daran, in dem zwischenzeitlich fertig gestellten Kellergeschoss angesichts der gravierenden Wohnungsnot vorläufig Flüchtlingsfamilien unterzubringen. 27 Im Mai 1949 ging endlich eine Staatshilfe von 15.000 DM ein, mit der freilich nur das Kellergeschoss fertig gestellt werden konnte. So ruhten in den Monaten Juni und Juli 1949 die Bauarbei- Leo Keimel (Jahrgang 1902) war mit seiner Ehefrau Anna Maria Finzel Besitzer der sogenannten Eichen- Mühle (heute landwirtschaftliches Anwesen von Hartwig Leo Hümmer in der Horsdorfer Straße 36). Vgl. Kolling, Hubert: Geschichte der Mühlen in Bad Staffelstein (CHW-Monographien, Bd. 3). Lichtenfels 2002, S. 42. Dort findet sich auch eine Abbildung von Familie Keimel. 27 LASte, Bd. 1, S. 110-119. 80

Das Richtfest am ersten Bauabschnitt der Landwirtschaftsschule Staffelstein am 17. Juni 1950 lockte zahlreiche Interessierte an. ten erneut, zumal sich der Landkreis Staffelstein ergebnislos um Kredite bemühte. Aus eigenen Mitteln glaubte er unterdessen nur wenig aufbringen zu können, da die Fürsorgelasten immer weiterstiegen und er eine Erhöhung der Kreisumlagen nicht wagen wollte. Wenngleich erneut ein Staatszuschuss in Höhe von 25.000 DM eingetroffen war, mussten im September 1949 die Bauarbeiten wiederum eingestellt werden, weil allein zur Fertigstellung des Rohbaus weitere 50.000 DM fehlten. Daraufhin wurde bereits angeliefertes Baumaterial zum Teil wieder abgefahren, um es vor Diebstahl zu schützen. 28 5. Bau der Landwirtschaftsschule gesichert Anton Ostler und sein Kampf um den Weiterbau Der völlig zum Erliegen gekommene Bau rief im Herbst 1949 erneut Anton Ostler auf den Plan, der um die Fertigstellung erbittert weiterkämpfte. Hierzu veröffentlichte er am 5. November 1949 im Staffelsteiner Tagblatt einen beherzten Artikel. Unter der Überschrift Die Landwirtschaftsschule Staffelstein unterbreitete er neue Finanzierungsvorschläge, appellierte an die Landkreise Staffelstein und Lichtenfels und startete erneut einen Spendenaufruf an die Bauern. 29 In einem weiteren, wenig später veröffentlichten Artikel setzte Anton Ostler sich unter der Überschrift Um den Weiterbau der Landwirtschaftsschule mit seinen Kritikern auseinander und zeigte gleichzeitig auf, dass im Hinblick auf finanzielle Zuweisungen seitens der Landesregierung die Aussichten zum Weiterbau im Frühjahr 1950 gut stünden. Er sollte Recht behalten. Am 24. Dezember 1949, rechtzeitig zu Heiligabend, konnte der Fränkische Tag dann die frohe Botschaft verkünden: Bau der Landwirtschaftsschule gesichert. Aus dem Landwirtschaftsministerium in München waren 30.000 DM für den Weiterbau der Landwirtschaftsschule Staffelstein eingetroffen. 30 Unter dem Aufmacher Endlich wird weitergebaut berichtete der Fränkische Tag am 30. März 28 LASte, Bd. 1, S. 112-113. 29 LASte, Bd. 1, S. 109-111. 30 LASte, Bd. 1, S. 102-104. 81

1950 von den zehn Tage zuvor fortgesetzten Bauarbeiten, an denen 60 bis 70 Personen beteiligt waren. Für die Mauern wurden Backsteine verwendet, die Decken massiv ausgeführt und das Dach mit Ziegeln gedeckt. Portal und Fenster wurden mit Kunststeinen verziert. Die Maurer- und Betonarbeiten führte die Firma Peter Zuliani aus Staffelstein aus, mit dem Portal betraute man die Firma Rabenmeyer aus Nürnberg, die Fensterumrahmungen stammten aus den Steinwerken Kaider. Den Zuschlag für die Dachdeckerarbeiten erhielt Otto Wolfram, für die Klempnerarbeiten Franz Klecker und für die Zimmermannsarbeiten wiederum die Firma Zuliani. 31 Während das Staffelsteiner Tagblatt am 20. Mai 1950 von den guten Fortschritten der Landwirtschaftsschule Staffelstein berichtete, machte der Fränkische Tag am 27. Mai 1950 unter der Überschrift Jubiläum der Landwirtschaftsschule Staffelstein auf ein recht eigenartiges Jubiläum aufmerksam, an das seines Erachtens manche hohe und höchste Amtsstelle wohl lieber nicht erinnert sein möchte : Genau drei Jahre war es damals her, seit der Bau der Landwirtschaftsschule Staffelstein in die Wege geleitet worden war. Das Fazit des Artikels war dabei keineswegs ermutigend, war doch noch immer nicht einmal der Rohbau fertig gestellt. Immerhin hob die Lokalpresse wohlwollend hervor, dass der Bau in den letzten sechs Wochen weiter vorwärts getrieben worden 31 LASte, Bd. 1, S. 98. 82

wäre, als in den vergangenen drei Jahren zuvor. 32 6. Eines der höchsten Gebäude unserer Stadt Richtfest 1950 Der Weiterbau der Landwirtschaftsschule nach den Plänen des Nürnberger Architekten Dr. Leonhard, deren Ausführung in Händen von Kreisbaumeister Jean Klob lag, schritt auch in der Folgezeit zügig voran. 33 Nach drei Jahren Planung, Sorge um die Finanzierung, Baubeginn und Abbruch der Arbeiten und vielen sonst zu überwindenden Schwierigkeiten konnte schließlich am 17. Juni 1950 das Richtfest gefeiert werden. Stolz grüßten vom First des hohen, ja eines der höchsten Gebäude unserer Stadt die zwei Fichtenbäumchen, einen wichtigen Bauabschnitt verkündend, kommentierte das Staffelsteiner Tagblatt das Ereignis in seiner Ausgabe vom 20. Juni 1950. 34 Anfang Juli 1950 konnte der Kreisausschuss dann die Arbeiten für den Innenausbau des neuen Schulgebäudes vergeben. Anlässlich seines Besuches beim 1. Bayerischen Landjugendtag, der mit 10.000 Teilnehmern vom 7. bis 9. Juli 1950 in Staffelstein (am Staffelberg) stattfand, stellte Staatsminister Dr. Alois Schlögl hierzu weitere 20.000 DM zur Verfügung. Nachdem der Kreistag dann am 25. Juli 1950 noch die Aufnahme eines Darlehens von 60.000 DM beschlossen hatte, konnten die Arbeiten beschleunigt in Angriff genommen werden. Bis Ende Oktober war der Innenausbau bis auf einige Räume im Kellergeschoss fertig gestellt. 35 32 LASte, Bd. 1, S. 93-94. 33 LASte, Bd. 2, S. 151. 34 LASte, Bd. 1, S. 84-87. 35 LASte, Bd. 1, S. 77-82. 83

Der für die Landwirtschaftsschule Staffelstein gewählte Bauplatz in der Seitenstraße Zur Herrgottsmühle 1 hatte in jeder Beziehung den Empfehlungen entsprochen, die das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bonn) in seiner 1957 veröffentlichten Schrift über den Bau und die Einrichtung von Landwirtschaftsschulen empfahl. Danach sollten Landwirtschaftsschulen günstig zum nächsten Bahnhof liegen, aber nicht unmittelbar an Verkehrsstraßen. In Frage sollten deshalb nur Standorte kommen, wo möglichst wenig Störungen, wie Lärm, Rauch, Gerüche, Erschütterungen und Staub auftreten Voraussetzungen, die in Staffelstein alle gegeben waren, einschließlich der Forderung, dass sich auch das Landratsamt in der Nähe befinden sollte. 36 7. Für die Zukunft von größter Bedeutung Die Einweihung der Landwirtschaftsschule 1950 Am 31. Oktober 1950, vormittags um 10.30 Uhr, fand schließlich die Einweihung der Landwirtschaftsschule Staffelstein statt. Mit diesem feierlichen Akt, schrieb der Fränkische Tag am 28. Oktober 1950, wird der erste Bauabschnitt eines Werkes vollendet, das für die heimische Landwirtschaft für die Zukunft von größter Bedeutung sein wird. 37 Für Anton Ostler bestand unterdessen kein Zweifel daran, dass mit der Einweihung der neu errichteten Landwirtschaftsschule ein seit mehr als 25 Jahren gehegter Wunsch der Staffelsteiner Landwirtschaft in Erfüllung ging. 38 Dabei war es ein festliches Bild, das sich vormittags vor dem neuen, mit Fahnen und Girlanden geschmückten Gebäude der Landwirtschaftsschule bot. Zahlreiche Ehrengäste, unter anderem Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Alois Schlögl aus München, Regierungspräsident Dr. Ludwig Gebhard aus Bayreuth, Erster Vizepräsident des Bayerischen Landtages Georg Hager, die Landtagsabgeordneten Dr. Wittmann aus Lichtenfels und Gustav Wölfel aus Untermerzbach, Bundestagsabgeordneter Gustav Fuchs aus Kraisdorf, die Landräte Karl Friedrich Kölmel (CSU) 39 aus Staffelstein und Dr. Jüngling (CSU) aus Lichtenfels sowie Hunderte von Männern, Frauen und Jugendlichen aus nah und fern hatten sich eingefunden, als die Feier mit dem gemischten Chor Holder Friede seitens der Liedertafel Staffelstein eingeleitet wurde. 40 Anschließend sprach Jungbäuerin Elfriede Zillig aus Unterneuses den folgenden, von Anton Ostler verfassten Prolog: Nun endlich steht die neue Schule als stolzer Bau vollendet hier, zur Zierd der Stadt, zur Freud der Jugend, die stolz heut schwinget ihr Panier. Da freuen sich die alten Bauern, die pflichtbewusst und mit Vertrau n die schweren Zeiten überdauern und mutig in die Zukunft schau n. So viele hohe Ehrengäste, der Gönner viel aus nah und fern, die haben sich hier eingefunden, wir grüßen sie vom Herzen gern. Ja hier an dieser edlen Stätte, der Bildung und Kultur geweiht, da schlägt das Herz der Jugend höher in unserer vielgehetzten Zeit. Wir danken allen Männern, die stets in zäher Schaffenskraft mit klarem Blick und Gottvertrauen uns dieses neue Werk geschafft. Den idealbegabten Geistern, den Förderern in großer Zahl, den schaffensmut gen Handwerksmeistern und Arbeitsmännern Lob erschall. 36 Enstipp, Hans-Joachim / Prasse, Friedrich / Stöckl, Karl / Thiele, Elsbeth: Bau und Einrichtung von Landwirtschaftsschulen. Herausgegeben 1957 vom Land- und Hauswirtschaftlichen Auswertungs- und Informationsdienst e.v., Bad Godesberg, Heerstraße 124, im Auftrage des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bonn, in Zusammenarbeit mit den Länderministerien, den Landwirtschaftskammern der Länder und dem Lehrmittelausschuß. Bad Godesberg 1957, S. 7. 37 LASte, Bd. 1, S. 75. 38 LASte, Bd. 1, S. 75. 39 Der 1948 zum Staffelsteiner Landrat gewählte Karl Friedrich Kölmel machte später durch Betrügereien auf sich aufmerksam. Vgl. Dippold, Günter: Ein unrühmliches Ende einer Karriere. In: Fränkischer Tag (D), 173. Jg., Nr. 208 vom 9. September 2006, S. 24. 40 LASte, Bd. 1, S. 52. 84

Sie wollten diesen Bau vollenden Zur Ehr des Kreises Staffelstein, was sie geschafft mit schwiel gen Händen, soll ihnen nicht vergessen sein. So zeige dich mit Stolz dem Lande, du neuerbautes, hehres Haus, mög Segen unserm Bauernstande bald reichlich fließen von dir aus! Sodann richtete Landrat Karl Friedrich Kölmel aus Staffelstein herzliche Begrüßungsworte an alle Ehrengäste und Gäste; sein besonderer Gruß galt dabei Staatsminister Dr. Alois Schlögl, ohne dessen tatkräftige Mithilfe, wie der Redner betonte, das Werk niemals hätte vollendet werden können. Nachdem er weiteren Honoratioren gedankt hatte, schloss der Landrat mit dem Wunsche, dass aus der Landwirtschaftsschule in Staffelstein als Ort der äußerlichen und innerlichen Weiterbildung der bäuerlichen Jugend reicher Segen für die bäuerliche wie für die gesamte Bevölkerung ausströmen möge. 41 Der Staatsminister übermittelte seinerseits den beiden Landkreisen Staffelstein und Lichtenfels die Glückwünsche der bayerischen Staatsregierung zur Vollendung des Neubaus, dem er den Namen Carl-Nikolaus-Fraas-Schule verlieh. 42 Als er am 30. März 1948 sein Schulprogramm verkündete, glaubten viele, so der Politiker, dass dieses Programm niemals durchgeführt werden könne. Mit dem Wunsche, dass der Herrgott die neue Schule, die Arbeit der Lehrkräfte und die die Schule besuchende Jugend segnen möge, schloss der Staatsminister seine Ausführungen und überreichte anschließend dem Regierungspräsidenten Dr. Ludwig Gebhard die Schlüssel der Schule. 43 Die kirchliche Weihe vollzog sodann Stadtpfarrer Prof. Dr. Paul Bayerschmidt. 44 41 LASte, Bd. 1, S. 50. 42 Damit sollte nicht nur ein Mann geehrt werden, der einer der Größten war, die für die (bayerische) Landwirtschaft wirkten, sondern auch der Schule selbst eine geistige Richtung und den Schülerinnen und Schülern ein Beispiel und Vorbild gegeben werden. Zur ausführlichen Biographie von Fraas vgl. Löbe, Wilhelm: Karl Fraas, Professor der Landwirtschaft. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 7. Leipzig 1877, S. 202-203; Hausdorfer, Heinz K: Carl Fraas. Herkunft und Wirken eines fränkischen Landwirts im 19. Jahrhundert (Familiengeschichtliche Schriften, Heft 6). Nürnberg 1943; Raum, Hans: Carl Fraas. Ein literaturgeschichtliches Lebensbild aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Pflanzenernährungs- und Düngerlehre. In: Bayerisches Landwirtschaftliches Jahrbuch, 32. Jg., 1955, S. 361-380; Raum, Hans: Nachträge zu Carl Fraas und zur Geschichte der landwirtschaftlichen Hochschullehre. In: Bayerisches Landwirtschaftliches Jahrbuch, 34. Jg., 1957, S. 121-126; Haushofer, Heinz: Carl Nikolaus Fraas, Landwirt. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 5. Berlin 1961, S. 308-309; Zehetmair, Fritz Andreas: Carl Nikolaus Fraas (1810-1875). Ein bayerischer Agrarwissenschaftler und Reformer der intensiven Landwirtschaft. München 1993. 43 LASte, Bd. 1, S. 48-50. 44 Zu seiner Biographie vgl. Kerner, Elmar: Paul Bayerschmidt (1903-1965) Pfarrer. In: Staffelsteiner Le- 85

Während er nach den Gebeten, dass Gott das Haus und alle, die darin lehren und lernen, segnen möge, die Weihezeremonien vollzog, sang die Menge das Lob- und Preislied Großer Gott, wir loben Dich!. 45 Die anschließende Besichtigung der Landwirtschaftsschule durch die Gäste und die Bevölkerung brachte ein einstimmiges Urteil: Alles ist ausgezeichnet, wie es nicht schöner und praktischer gestaltet werden könnte! [...] Alle Räume atmen Fortschritt und Zweckmäßigkeit, sei es im Erdgeschoss die Küche mit ihren Herden, Büffets, Kühlschrank, die Handarbeits- und Unterrichtszimmer für die Haushaltungsschülerinnen, die Zimmer der Wirtschaftsberaterinnen und -lehrerinnen, die Lehrmittelräume und Modellsammlungen, oder seien es im ersten Stock die zwei großen Lehrsäle der Landwirtschaftsschüler, die Büroräume für Direktion, Beratungsdienst, Hilfskräfte, oder seien es im Kellergeschoss die Büros der Pflanzenschutztechniker, die Waschküche, Vorratsräume, die Heizanlage, ebenso das Bad und die Toiletten. 46 Übersichtslageplan zum zweiten Bauabschnitt der Landwirtschaftsschule Staffelstein vom 1. Februar 1955. Das der Landwirtschaftsschule gegenüberliegende Gelände (heute Hotelkomplex Rödiger) ist noch unbebaut; die an der Lauter liegende, im Jahre 1985 abgebrochene Herrgottsmühle ist im Plan eingezeichnet. Die Baukosten hatten sich auf insgesamt 369.100 Mark belaufen. Davon waren 73.900 RM Spenden, 90.000 DM ERP-Mittel [Europa-Hilfs-Programm], 93.200 DM Kreismittel und 112.000 DM Staatszuschuss. 47 Damit gehörte im Regierungsbezirk Oberfranken Staffelstein mit Bamberg, Bayreuth, Coburg, Forchheim, Kronach, Kulmbach, Münchberg und Wunsiedel zu jenen Landwirtschaftsämtern, die bensbilder. Zur 1200-Jahr-Feier der Stadt Staffelstein herausgegeben von Günter Dippold und Alfred Meixner (Staffelsteiner Schriften, Bd. 11). Staffelstein 2000, S. 217-220. 45 LASte, Bd. 1, S. 45. 46 LASte, Bd. 1, S. 44. Zur Einrichtung der Landwirtschaftsschule vgl. auch die Angaben LASte, Bd. 1, S. 90. 47 LASte, Bd. 1, S. 37. 86

im Gegensatz zu Höchstadt an der Aisch, Hof und Pegnitz über eine Landwirtschaftsschule (mit jeweils 2 Abteilungen) verfügten. 48 In der neu erbauten Landwirtschaftsschule Staffelstein fand der erste Unterricht im Wintersemester 1950/51 statt. Die Abteilung Landwirtschaft, die zwei Kurse mit 26 beziehungsweise 29 Schülern hatte, begann am 6. November 1950, die Abteilung Hauswirtschaft, die einen Kurs mit 28 Schülerinnen hatte, am 22. Oktober 1950. 49 Der Bauplan (Straßenansicht) vom 1. Februar 1955 zeigt, dass man die äußere Gestaltung des zweiten Bauabschnitts der Landwirtschaftsschule Staffelstein dem ersten Bauabschnitt vollständig anglich. 8. Zur Unterstützung der Schule im Besonderen Der Bau des Kreishauses 1950/51 Nachdem an Weihnachten 1949 aus dem Landwirtschaftsministerium München ein erheblicher Geldbetrag für den Bau der Landwirtschaftsschule zur Verfügung gestellt worden war, beschloss der Kreisausschuss für die Schule auch ein Dienstgebäude zu errichten. Dieses sollte mehrere Wohnungen erhalten und vor der Schule unmittelbar an der Bahnhofstraße stehen. Das so genannte Kreishaus sollte dabei ein weiterer Beitrag des Kreises zur Behebung der Wohnungsnot im Allgemeinen und zur Unterstützung der Schule im Besonderen sein. 50 Bereits am 23. Mai 1950 wurde die Baugrube ausgehoben und die übrigen Arbeiten öffentlich ausgeschrieben. Da keine größeren Probleme auftraten, stand fünf Monate nach Fertigstellung der Landwirtschaftsschule der Rohbau im März 1951. Die gesamte Planfertigung des Kreishauses, die Bauüberwachung und Bauführung lag in den Händen des Staffelsteiner Kreisbaumeisters Jean Klob. Im Erdgeschoss und Obergeschoss des 10 auf 19 Meter großen Kreishauses befanden sich je zwei Wohnungen mit 70 und 80 Quadratmeter Wohnfläche und im Dachgeschoss eine Wohnung mit 60 und eine mit 50 Quadratmetern. Jede Wohnung enthielt Küche, Wohnzimmer, zwei bis drei Schlafzimmer mit Abort, Bad und Speisekammer. Im Keller standen den Mietern 48 [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 119; zur Entwicklung der übrigen Landwirtschaftsschulen im Regierungsbezirk Oberfranken vgl. ebd., S. 149-152. 49 LASte, Bd. 2, S. 150. 50 LASte, Bd. 1, S. 102. 87

eine gemeinsame Waschküche sowie reichliche Kellerräume zur Verfügung. Der ganze Bau wurde zentralgeheizt, und zwar mittels Fernheizung vom Heizkesselraum der Landwirtschaftsschule. In den sechs neu geschaffenen Wohnungen fanden eine Reihe von Lehrkräften der Landwirtschaftsund Volksschule Staffelstein ein neues Zuhause. 51 9. Der zweite Bauabschnitt der Landwirtschaftsschule Staffelstein und der Landwirtschaftliche Berufsschulanbau Bereits bei der Eröffnung der neuen Schule gab es in der Kreisverwaltung Überlegungen für einen Erweiterungsbau, den so genannten zweiten Bauabschnitt, der vor allem ein Internat für die weiter entfernt wohnenden Mädchen und Jungen beherbergen sollte. In der bereits erwähnten, vom Bayerischen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Jahre 1950 vorgelegten Publikation Schulen der Landwirtschaft, wurde hierzu festgehalten: Im geplanten zweiten Bauabschnitt ist die Eröffnung eines männlichen und weiblichen Internates vorgesehen. Wegen der ungünstigen Verkehrslage Staffelsteins sind Internate für den Schulbesuch von ausschlaggebender Bedeutung. 52 Da in dieser Angelegenheit dann aber konkret nichts passierte, nahm erneut Anton Ostler das Ruder in die Hand. Zur Schaffung einer größeren Öffentlichkeit veröffentlichte er am 18. März 1952 im Staffelsteiner Tagblatt einen Artikel mit der Überschrift Unsere Landwirtschaftsschule, in dem er auf die Notwendigkeit des Weiterbaus aufmerksam machte. Seine erneuten Bemühungen sollten schließlich wiederum Erfolg zeigen. 53 Als der Kreistag am 28. Februar 1955 im Rathaussaal in Staffelstein zu seiner ersten Sitzung im neuen Jahr zusammentraf, genehmigte er einstimmig auch ein großes Bauprojekt: den zweiten Bauabschnitt der Landwirtschaftsschule Staffelstein und die damit verbundene Einrichtung einer Landwirtschaftlichen Berufsschule. Der Erweiterungsbau sollte im Kellergeschoss einen Speisesaal für Burschen und eine (zusätzliche) Lehrküche erhalten, weiter eine Werkstätte für den Hausmeister, Burschenaborte, mehrere Vorratsräume, Kohlenräume sowie einen Gift- und Schuhputzraum. Im Erdgeschoss sollten neu entstehen: ein Mädchen-Unterrichtsraum, ein Mädchen-Internat mit 14 Plätzen (3 Zimmer mit 6, 5 und 3 Betten) und ein Lehrsaal für die Landwirtschaftliche Berufsschule, zwei Waschräume für Mädchen (einer mit 12 und einer mit 2 Waschbecken), eine Mädchentoilette mit 3 Aborten und zwei Räume für Lehrmittel. Das neue Obergeschoss sah einen Lehrsaal für Burschen und einen zweiten Lehrsaal für die Landwirtschaftliche Berufsschule vor, ebenso wie einen Lehrmittelsaal, Toiletten für Burschen mit 5 Aborten sowie ein Lehrerzimmer und einen Lehrmittelraum. Das Dachgeschoss sollte schließlich das Burschen-Internat mit 18 Plätzen (3 Räume mit jeweils 4 Betten und 2 Räume mit jeweils 3 Betten), mit einem Waschraum (mit 12 Waschbecken) und Toiletten (3 Aborte) sowie einer Besenkammer und einem Aufsichtsraum enthalten. Ferner sollte das Dachgeschoss in seinem separaten Teil zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer sowie eine Küche und Toilette beherbergen. Die Landwirtschaftliche Berufschule sollte im Kellergeschoss eine Lehrküche mit Vorratsraum, im Erdgeschoss einen Lehrsaal für Mädchen, zwei Lernmittelräume und Toiletten, im Obergeschoss einen Lehrsaal für Burschen mit Lehrerzimmer und Lernmittelraum umfassen; im Dachgeschoss war Platz für eine Wohnung mit 70 qm, damit eventuell auch der Berufsschullehrer im Hause wohnen konnte. 51 LASte, Bd. 1, S. 21. 52 [Wimmer, J.]: Schulen der Landwirtschaft. Der Bayerischen Landwirtschaft gewidmet. München 1950, S. 152. 53 LASte, Bd. 1, S. 31-34. 88

Bei den Gesamtbaukosten ging man von 340.000 DM aus und zwar 216.000 DM für die Landwirtschaftsschule und 124.000 DM für die Landwirtschaftliche Berufsschule. Zur Finanzierung des Vorhabens wurde sogleich die Aufnahme eines Kredits in Höhe von 180.000 DM bei der Kreissparkasse Lichtenfels-Staffelstein beschlossen. 54 Dem Baugesuch der Landkreisverwaltung stimmte die Stadt Staffelstein am 12. Mai 1954 einstimmig zu. Nachdem auch die beteiligten Nachbarn es handelte sich hierbei in der Badumstraße um die Stadtverwaltung Staffelstein sowie Simon Fleischmann und Johann Düthorn, in der Bahnhofstraße um Joseph Lohneis (A. Brütting), Babette Schmidt und Anna Horn und in der Heiterstraße um Babette Schmidt, Theresia Will, Maria Dumproff, Sebastian Hofmann und Otto Fischer sich am 19. Februar 1955 ebenfalls einverstanden erklärt hatten, genehmigte schließlich am 20. Mai 1955 auch das Landratsamt Staffelstein das Bauvorhaben. 55 Der Staffelsteiner Kreistag zirka 1957 vor der Landwirtschaftsschule Staffelstein. Die äußere Gestaltung des Anbaues glich man dem bestehenden Bauabschnitt I vollständig an. Das gesamte Mauerwerk wurde in Backstein ausgeführt, sämtliche Geschossdecken als Eisenbeton-Fertigbalkendecken mit Füllkörpern, das Treppenhaus erhielt eine Stahlbetontreppe mit aufgelegten Muschelkalk-Setz- und Trottstufen sowie handgeschmiedetem Eisengeländer. Den Dachstuhl errichtete man wie den bestehenden in Holz, die Dacheindeckung erfolgte mit engobierten Doppelfalzziegeln. Für die Entwässerung des Bauabschnitts II war bereits bei Errichtung des Bauabschnittes I eine Anschlussmöglichkeit am Westende dieses Abschnittes vorgesehen. Die für den Gesamtbau einschließlich Kreishaus nicht mehr ausreichende Fertigklärgrube System Ohms wurde durch eine größere 3-Kammer-Faulgrube ersetzt. Wasser- und Stromanschluss waren durch den bestehenden Baukörper ohne Schwierigkeit gegeben. Da die Finanzierung im Vergleich zum ersten Bauabschnitt auf solideren Beinen stand, konnte am 30. Juli 1955 das Staffelsteiner Tagblatt vermelden, dass die Arbeiten am zweiten Bauabschnitt 54 LASte, Bd. 1, S. 11-13; und LASte, Bd. 3, S. 25. 55 StABa, Best. K 20 Bpl. Staffelstein Nr. 1274: Bauplan Landwirtschaftsschule, Bauabschnitt II und Landwirtschaftlicher Berufsschulanbau (1955). 89

zügig voranschritten. Der Rohbau reichte zu diesem Zeitpunkt bereits über das erste Stockwerk hinaus. 56 Mit Beginn des Schuljahres 1958/59, am 16. Juni 1958, eröffnete in Staffelstein (im Gebäude der Landwirtschaftsschule) die 1. Kreisberufsschule für Landwirte in Oberfranken (Schulleiter: Werner Rabe). Bis dahin hatte es an 15 Volksschulen des Landkreises landwirtschaftliche Berufsschulklassen gegeben. 57 10. Eine neu errichtete Landwirtschaftsschule wird Jahrzehnte, wahrscheinlich auch ein Jahrhundert überdauern Die Schließung der Landwirtschaftsschule Staffelstein Im Jahre 1973 veröffentlichte das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Schrift Bildungsmöglichkeiten im ländlichen Raum das landwirtschaftliche Fachschulwesen in Bayern. Danach gab es damals in Bayern 80 staatliche Landwirtschaftsschulen mit 78 Abteilungen Landwirtschaft und 71 Abteilungen Hauswirtschaft, wobei es in Oberfranken entsprechende Einrichtungen in Bamberg, Bayreuth, Coburg, Forchheim, Kronach, Kulmbach, Münchberg, Pegnitz, Wunsiedel und Staffelstein gab. 58 In der 1957 vom Land- und Hauswirtschaftlichen Auswertungs- und Informationsdienst e.v. (Bad Godesberg) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bonn) in Zusammenarbeit mit den Länderministerien, den Landwirtschaftskammern der Länder und dem Lehrmittelausschuss herausgegebenen Schrift Bau und Einrichtung von Landwirtschaftsschulen heißt es unter den allgemeinen Planungsgrundsätzen für den Bau: Eine neu errichtete Landwirtschaftsschule wird Jahrzehnte, wahrscheinlich auch ein Jahrhundert überdauern. Im Laufe dieser Zeit werden sich hier viele Generationen von Landwirtschaftsschülern und -schülerinnen mit den vor ihnen liegenden Aufgaben vertraut machen. 59 Nun, so lange sollte die Landwirtschaftsschule Staffelstein nicht bestehen; vielmehr wurde sie nach 26 Jahren und zwar 1973, noch bevor das Schulgebäude sein 25-jähriges Jubiläum feiern konnte wieder aufgelöst. Wie, so stellten sich viele die Frage, war es dazu gekommen? Durch die Verordnung zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und Kreisfreie Städte vom 27. Dezember 1971 wurden mit Wirkung vom 1. Juli 1972 alle Landkreise aufgelöst beziehungsweise neu gebildet. Anzeige der Landwirtschaftsschule Staffelstein im Staffelsteiner Adressbuch von 1957 Dr. Hubert Kolling, Bad Staffelstein-Unterzettlitz 56 LASte, Bd. 1, S. 8. 57 Maierhöfer, Isolde: 100 Jahre Landkreis Staffelstein. Im Auftrag des Landkreises Staffelstein zusammengestellt von Isolde Maierhöfer. Staffelstein 1962, S. 140. 58 Wimmer, Gerhard: Bildungsmöglichkeiten im ländlichen Raum das landwirtschaftliche Fachschulwesen in Bayern. Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Heft 14 der Schriftenreihe). [München] 1973, [S. 5]. 59 Enstipp, Hans-Joachim / Prasse, Friedrich / Stöckl, Karl / Thiele, Elsbeth: Bau und Einrichtung von Landwirtschaftsschulen. Herausgegeben 1957 vom Land- und Hauswirtschaftlichen Auswertungs- und Informationsdienst e.v., Bad Godesberg, Heerstraße 124, im Auftrage des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bonn, in Zusammenarbeit mit den Länderministerien, den Landwirtschaftskammern der Länder und dem Lehrmittelausschuß. Bad Godesberg 1957, S. 6. Alle Repros: Hubert Kolling, Unterzettlitz 90