Anforderungen in der Arbeitswelt und notwendige Kompetenzen für die Facharbeit im Zeitalter Industrie 4.0

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Transkript:

Institut für Bildung, Beruf und Technik Abteilung: Technik und ihre Didaktik Konferenz zu "Digitalisierung und Industrie 4.0 - Wie verändert sich unsere Arbeitswelt?" 12.10. 2015, Haus der Wirtschaft, Stuttgart Anforderungen in der Arbeitswelt und notwendige Kompetenzen für die Facharbeit im Zeitalter Industrie 4.0 Prof. Dr. Lars Windelband Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd Institut für Bildung, Beruf und Technik Abteilung Technik und ihre Didaktik

Gliederung 1. Entwicklungsstand in den Unternehmen 2. Mensch-Maschine-Betrachtung 3. Instandhaltung 4.0 4. Konsequenzen für die berufliche Bildung 5. Lernen in Fabrik 4.0 6. Herausforderungen, Chancen, offene Fragen

Industrie 4.0: Paradigmenwechsel in der Industrie Von Industrie 1.0 bis Industrie 4.0 Ziele von Industrie 4.0 Vernetzung der Wertschöpfungskette kürzere Durchlaufzeiten Flexibilisierung der Produktion Losgröße 1 höhere Produktivität hohe Reaktionsfähigkeit Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit Individuelle Serienproduktion Technologiefelder von Industrie 4.0 (Quelle: BITKOM) Auswirkungen von Industrie 4.0 Prozessbeherrscher Jobkiller Mensch als Roboter Informatiker De-Qualifizierung Netzwerker Problemlöser Mensch als Lenker Prozesscontroller Datenanalytiker

Stand der Digitalisierung in den Unternehmen

Umsetzungsmöglichkeiten von CPS-Systemen in der Produktion (in Anlehnung an Gorecky et al. 2014, S. 529): Quelle: dailynet.de Instandhaltung (d.h. Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Optimierung) von Produktionsanalagen durch Bereitstellen von interaktiven, virtuellen Handlungsanweisungen, Überwachung von Produktionsprozessen sowie Qualitätskontrolle durch das kontextsensitive Abrufen und Bereitstellen von Informationen, z.b. bezüglich des Status eines CPS, Planung und Simulation von Produktionsprozessen, indem z.b. das Verhalten von CPS vorgezeichnet wird, Einsatz von Leichtbaurobotern (sensitive Robotik) bei Automobilherstellern und -zulieferern in enger Zusammenarbeit mit den Beschäftigten. Quelle: materialsgate.de

Entwicklung hin zu Instandhaltung 4.0 Sensoren verbessern die Identifikation des Anlagen- bzw. Bauteilzustandes (Frühwarnsystem: Feststellung des Abnutzungsvorrates); Prognostizierbarkeit der Restnutzungs- und Lebensdauer wird verbessert und damit die Einleitung effektiver Instandhaltungsstrategien optimiert - führt zur Optimierung der Betriebs- und Wartungsintervalle; Anteil der ungeplanten Instandsetzungen wird abnehmen, vorbeugende und zustandsorientierte Instandsetzung gewinnen an Bedeutung; schadensbedingte Instandsetzung wird an Komplexität zunehmen. Die Bedeutung der Instandhaltungsstrategien heute und in fünf Jahren (Quelle: IH40 Online-Umfrage)

Welche Rolle habe die Fachkräfte dabei in der Zukunft? Assistenzszenario: Die Fachkräfte lenken Industrie 4.0 oder/und Automatisierungsszenario: Industrie 4.0 lenkt die Fachkräfte. Quelle: mannbeisstfilm.de Quelle: dpa / Jan Woitas

Assistenzsystem Instandhaltung 4.0 Quelle: Wahlster, DFKI Vielzahl an Datenquellen können für die Instandhaltung genutzt werden: Prozessbeschreibungen, Datenblätter, Daten aus Produktentstehung und Intelligenten Produktionsprozess; Produkte und Maschinen liefern eine Flut an Informationen (Big mobile Data) Plattformen die Fachkraft wie benötigt Tablets, situationsbezogene Smartglasses oder Filtungsmechanismen Smartphones können zur alle relevanten Bearbeitung Informationen seiner jeweiligen wie Kontaktdaten, Arbeitsaufgabe! Auftragsdetails, Gebrauchsanleitungen, Prüf- und Reparatur-Checklisten, Ersatzteilinformationen, Messergebnisse, verfügbar machen.

Veränderungen in den Arbeitsaufgaben/ Qualifikationsanforderungen Qualifikationsanforderungen im Assistenzmodell : Produktionsanalgen und -steuerungen Instandhalten und Inbetriebnehmen, IT gestützte Fehlerdiagnose mit Hilfe von Assistenz- und Diagnosesystemen, (Diagnosekompetenz zur Interpretation der Daten und technischen Informationen), Netzwerkanalyse, -überwachung und - erweiterung, IT-gestützte Dokumentation und Wissenstransfer entlang der Wertschöpfungskette (Hersteller, Kunden, Experten) nutzen und verwalten, Prozesszusammenhänge verstehen. Veränderungen in der Instandhaltung (Quelle: IH40 Online-Umfrage) Denken und Agieren in vernetzten Systemen unter Beachtung des Datenschutzes und der Datensicherheit.

Konsequenzen für die Berufsbildung Mögliche Wege für die berufliche Bildung: Berufsausbildung ist für Industrie 4.0 gerüstet neugeordnete Berufe haben die Offenheit für die Anforderungen der Digitalisierung (wie der Produktionstechnologe), Ausweitung existierende Berufsbilder um neue Fachrichtungen: Mechatroniker für IT-Systeme, Neuer Ausbildungsberuf für Industrie 4.0 vorwiegend für die Instandhaltung.

Automatisierungssystem Instandhaltung 4.0 Mitarbeiter ohne nennenswerte Handlungskompetenzen, entfremdet vom eigenen Arbeitsprozess durch eine fortschreitende Virtualisierung von Geschäfts- und Arbeitsvorgängen. Einfache (oft monotone) Aufgaben werden immer mehr von der Technik übernommen. Quelle: Wahlster, DFKI Gefahr: Digital basierter Taylorismus 4.0 wäre eine Neuauflage der Spaltung zwischen Kopf- und Handarbeit.

Lernen in der Fabrik 4.0 Folgende Ziele sollten angestrebt werden (vgl. Pongratz 2014, S. 2): Förderung des systematischen Wissensaustauschs in Service und Instandhaltung, Etablierung von Verfahren für die kooperative Nutzung der Daten und die gemeinsame Nutzung von Wissen, Schaffung praxisgerechter Assistenzsysteme für die kontinuierliche Kompetenzentwicklung. Eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsprozess ist nur möglich, wenn ein partizipativer Ansatz mit den direkt Beteiligten, ein Wissensaustausch und eine prozessbezogene Logik gewählt wird.

Offene Forschungsfragen Was sind die aktuellen und zukünftigen Veränderungen durch Einführung von Prinzipien der Industrie 4.0 in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen? Wie groß ist deren Reichweite in der Industrie und angrenzenden Bereichen? Wie viele und welche Mitarbeiter/-innen betrifft dies zukünftig? Welche erforderlichen Kompetenzen lassen sich daraus für die Fachkräfte auf der mittleren Beschäftigungsebene für eine Arbeit in Industrie 4.0 ableiten? Welche Konsequenzen haben darauf veränderte Arbeitsorganisationsformen? Wie müssen sich gegebenenfalls die produktionstechnischrelevanten Berufe bzw. Berufsbilder weiterentwickeln? Welche Gestaltungsprinzipien für Berufsbilder und Ausbildungsordnungen/Rahmenlehrpläne leiten sich daraus ab?

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Prof. Dr. Lars Windelband Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd Institut für Bildung, Beruf und Technik Abteilung: Technik und ihre Didaktik E-Mail: lars.windelband@ph-gmuend.de Prof. Dr. Lars Windelband Technik und ihre Didaktik 26.10.2015