Wildblüten Zeichnungen von Diana Ninov Vernissage

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Transkript:

Wildblüten Zeichnungen von Diana Ninov Vernissage 04. November 2011 basis Elbestraße 10, 60329 Frankfurt am Main Dr. Kerstin M. Schlüter

Diana Ninov und ich sind schon seit einigen Jahren im Gespräch über ihre Kunst. Immer wieder aufs Neue bin ich fasziniert davon, mit welcher Konsequenz und Unerschütterlichkeit sie ihr Thema - die Schaffung von Synergien im weitesten Sinne - künstlerisch verfolgt und vorantreibt. Der nackte menschliche, insbesondere der nackte weibliche Körper stellt in der Kunst nichts weltbewegend Neues dar. Genauso verhält es sich mit den Darstellungen von Blumen und Gräsern. Wir haben - denken wir - schon alles gesehen und neigen denn auch schnell dazu, nur einen flüchtigen Blick auf das zu werfen, was wir vermeintlich sowieso schon kennen. Dennoch sollten Sie die Zeichnungen etwas genauer betrachten und sich Zeit nehmen für das, was sich auf den Bildern ereignet, denn die Akte und Pflanzen, die sich ineinander verflechten, sich auf- und übereinander lagern oder einfach nur angedeutet sind, verändern sich je nach Lichtverhältnis. Mit fluoreszierenden Ölkreiden erforscht Ninov die Grenzen des Mediums und Darstellbaren. Wie kann das, was schon millionenfach ausprobiert und meisterhaft umgesetzt wurde, doch noch anders dargestellt werden? Dass ihre Zeichnungen anders sind, als die üblichen mit Kohle, Blei oder Rötel gezeichneten Blätter ist evident. Die fluoreszierenden Kreiden erscheinen im Tageslicht auf dem hellen Papier licht und leuchtend und doch so, als wären die Pigmente nur hingehaucht. Man muss schon sehr genau schauen, will man etwas erkennen. Bedeutsam in diesem Zusammenhang: Ninov zeichnet sozusagen blind - im Unsichtbaren - bei Tageslicht nach Modell oder in der freien Natur. Und doch sind die Ergebnisse keine Zufälle, sondern basieren auf einer großen Erfahrung und Hingabe an das Material und dem jeweiligen Gegenüber.

Der spontane und direkte Umgang mit demselben wird durch die ausdrückliche Reduktion der Linie, die gleichzeitig die Form beschreibt, diszipliniert. Dennoch sind beispielsweise die Details der Blüten sehr genau erfasst ohne naturgetreu nachgezeichnet zu sein. Während die Aktmodelle aktiv im Minutentakt ihre Position ändern, werden die Pflanzen durch Wind und andere Witterungen bewegt. Diese Bewegungen nimmt Ninov auf und setzt sie direkt um. Sie arbeitet schnell und konzentriert. Das visuelle Abtasten des Körpers und der Pflanzen öffnet den Blick für das, was wir als Grenze wahrnehmen. Doch für die Künstlerin beschreibt die Haut oder der Umriss einer Pflanze keine wirkliche Grenze. Ninov sagt, sie zeichne Licht. Sie selbst beschreibt die Ausstrahlung eines nackten Körpers als Leuchten und Flimmern, das sie aufnimmt und in das Strahlen der Linien übersetzt. Dieses Strahlen werden Sie tatsächlich sehen und erleben, wenn die Bilder mit UV- Licht bestrahlt werden. Dann gestalten sie sich zu Licht-Körpern. Alles Licht fängt sich in den Farben. Unsere Wahrnehmung verändert sich und die Veränderung auf die die Augen und das Gehirn verarbeiten müssen, ist enorm: das Auge muss sich auf ein sehr kurzes Lichtspektrum einstellen. Die Wellenlänge des Schwarzlichtes ist kürzer, als die für den Menschen sichtbaren Lichtes. Das sogenannte "kalte Leuchten" der Fluoreszens kennzeichnet sich dadurch aus, dass sie nach Ende der Bestrahlung innerhalb einer Millionstel Sekunde endet. Auch das muss das Auge verarbeiten. Aber: endlich sehen wir. Im UV-Licht scheinen die Körper und Pflanzen zu atmen, fein, ruhig, sanft. Auch wenn sich die Linien scheinbar wild und wirr überlagern, wogt und flutet es unaufhörlich.

In diesem künstlich erzeugten Lebensraum ist alles möglich. Die Grenzen der Haut lösen sich, ohne dass sich die Grenzen des Körpers verlieren. Die Anschnitte und das vermeintlich Unvollendete verstärken den Eindruck eines in Bewegung befindlichen Körpers. Die Umrisse verschwimmen nicht, sondern öffnen den inneren Körperraum plastisch in ein Außen. Die mehrfach überlagerten Körper und Pflanzen explodieren in Bewegungslinien, voller Lust, Sanftheit, Übermut, Zärtlichkeit. Wenn Sie sich vertiefen, werden Sie die einzelnen Positionen herausfiltern. Sie können sich aber auch dem Rausch der Farben und der Bewegung hingeben. Ninov macht sichtbar, was wir üblicherweise nicht sehen. Momente der Auflösung und Synergie. Mensch und Natur stehen sich nicht gegenüber, sondern verbinden sich neu. Ebenso wie die Orte und Menschen, die Ninov in dieser sehnsuchtsvollen Welt verschmelzen lässt. Wilde, so wenig wie möglich kultivierte Pflanzen winden sich um nackte Körper. Eine nicht neue, aber eigene Sicht dieser Welt, in der sich die Wahrnehmung auf die verbindenden Elemente unseres Seins mit allem Lebendigen in farbiger Schönheit zeigt. Indem Ninov Zeichnungen zerschneidet, vollzieht sie einen Akt der Zerstörung, der jedoch sofort ein neues Schöpfungsmoment gebiert, indem sie auf die kleinen Ausschnitte Blümchen aus Frankfurt und Umgebung zeichnet und die einzelnen Elemente wieder zusammenfügt. Das Ergebnis sehen Sie: Feuerwerke, Himmels- und Sternenzelte, Unterwasserwelten, Blumenwiesen im Frühling und Vieles mehr gestaltet sich immer wieder neu wie in einem lebendigem Puzzel.

In der Zerstörung von etwas Schönem liegt für die Künstlerin ein ungeheures Potential an Möglichkeiten. Das Loslassen dessen, was schon einmal da war, öffnet neue Erkenntnisse und Sehweisen. Darin liegt die eigentliche Freiheit der Künstlerin aber auch unseres Menschseins. So wie die Blumen aufblühen und verwelken und wieder aufblühen, gibt es Menschen, die es schon oder bald nicht mehr gibt, zumindest nicht in ihrer gewesenen körperlichen Form. Die visuelle Verbindung von Pflanzen und Menschen überbrückt Distanzen zwischen Orten, Räumen, und Menschen. Die Welten fließen ineinander. Die Bilder selbst verbinden sich über den Linienfluss und die Farben. Wir befinden uns mitten in einem Mikrokosmos, einer künstlichen Welt, einer Idee, einem Wunsch. Denn das ist die große Sehnsucht Ninovs in unserem globalisierten Zeitalter. Eine im wahrsten Sinne romantische Sehnsucht nach dem All-Einen. Eine Sehnsucht nach einer neuen Welt, die sich auf den Blättern gestaltet. Hier ist alles im Fluss, lebendig und offen. Der Blick auf die unsichtbare Welt unserer Existenz blendet das Objekt in seiner einzigartigen Ganzheit bewusst aus und schärft den Blick für das Wesentliche: die Grenzen unseres materiellen Körpers definieren nur einen Ausschnitt unseres Selbst. Denn wir sind mehr als dieser Körper. Dieses Bekenntnis verlangt Mut. Schön, dass uns die ätherisch schönen Bilder Ninovs dieses Mehr in so leuchtender Leichtigkeit vermitteln.