Radon Risiken und Massnahmen

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Transkript:

Klima und Energie 99 Radon Risiken und Massnahmen Radon als Gesundheitsrisiko wird in der Presse immer wieder thematisiert. Die Bauherren und Hausbesitzer sind sensibilisiert. Es braucht viel Fachkompetenz bei diesem Thema sachlich zu beraten. Peter Bucher Was ist Radon? Bodenluft im Gebäude Wie viel Radon mit der Bodenluft ins Gebäude eindringt, hängt von der Dichtigkeit des Fundaments und den Druckverhältnissen ab. Die Luftwechselrate bestimmt, wie stark Radon im Wohnbereich verdünnt wird. Das Zahlenbeispiel ist frei erfunden. Radon ist ein radioaktives Gas. Es wird aus dem in den Mineralien des Bodens enthaltenen Uran ständig neu gebildet. Radon gelangt mit der Bodenluft ins Gebäudeinnere. Die Masseinheit der Konzentration von Radon in der Luft ist das Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m³). Hierunter versteht man Anzahl radioaktive Zerfälle pro Sekunde. Radon zerfällt innerhalb 3,8 Tagen zur Hälfte. Würde es nicht aus dem Boden nachgeliefert, wäre innerhalb eines Monats mehr als 99 % des Radons zerfallen. In der Bodenluft können Konzentrationen von einigen Tausend bis zu einigen Hunderttausend Becquerels pro Kubikmeter auftreten. Es braucht also nur wenig Bodenluft ins Gebäude einzudringen um, dort bedenkliche Konzentrationen von einigen Hundert Bq/m³ zu erzeugen. Die Mechanismen wie Radon aus der Bodenluft ins Gebäude gelangt, sind komplex. Eine einfache Vorhersage auf Grund der Bodenbeschaffenheit ist sehr unzuverlässig. Beispielsweise findet man im Jura oft viel Radon in Gebäuden, obwohl der Kalkstein des Juras kaum Uran enthält. In der Schweiz wurde bereits in über 100 000 Gebäuden die Radonkonzentration gemessen. Daraus hat das BAG (Bundesamt für Gesundheit) eine Karte erstellt, die es erlaubt zu sehen, wie viele Gebäude in einer Gemeinde gemessen und welche Konzentrationen dort gefunden wurden. Dies gibt einen guten Hinweis über die Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Gemeinde Radon ein Problem sein könnte. Jedoch können selbst in Gemeinden mit niedrigem Risiko einzelne Gebäude hoch belastet sein. Eine zuverlässige Vorhersage ist im Einzelfall nicht möglich. Messwerte Grenzwerte Bei langer Exposition mit Radon wir sprechen von Jahrzehnten erhöht sich das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken. Es sind keine anderen, insbesondere keine akuten Wirkungen von erhöhten Konzentrationen an Radon bekannt. In der Schweiz wird die zulässige Radonkonzentration in der Strahlenschutzverordnung geregelt. Aktuell gilt ein Grenzwert von 1 000 Bq/m³ und ein Richtwert für Neubauten und Umbauten von 400 Bq/m³ als Jahresmittelwert. Diese Grenzwerte werden aber nach neueren Erkenntnissen und Empfehlungen der WHO als zu hoch angesehen. Der Richtwert wird in der anstehenden Revision der Strahlenschutzverordnung wohl bei 300 Bq/m³ angesetzt werden. Das Label MINERGIE-ECO sieht eine maximale Konzentration von 100 Bq/m³ vor. Grundsätzlich gilt ohnehin: Es sind so tiefe Konzentrationen wie möglich anzustreben. Eine unnötige Belastung mit radioaktivem Radon sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Andererseits ist es eine Frage der Abwägung, ob die Risikominderung den Aufwand für Massnahmen rechtfertigt. Eine realistische Einschätzung und

100 Klima und Energie Der Experte, Ausgabe Mai 2014 Vermittlung des Gesundheitsrisikos durch Radon ist bei der Beurteilung daher notwendig. Das Lungenkrebsrisiko, das von einem Raum mit erhöhter Radonkonzentration ausgeht, ist durch die Dauer der Aufenthaltszeit multipliziert mit der Konzentration bestimmt (Dosis). Der zukünftige gesetzliche Richtwert von 300 Bq/m³ ist für eine Aufenthaltszeit von 7 000 Jahresstunden ausgelegt, das entspricht 365 Tage mal 19 Stunden. Räume mit deutlich geringeren Nutzungsdauern sind entsprechend weniger zu gewichten. Ein Raum der täglich nur für zwei Stunden an Werktagen genutzt wird, oder ein Ferienhaus, das nur 4 Wochen pro Jahr bewohnt wird, belastet den Nutzer bei 4 000 Bq/ m³ in etwa gleich wie eine ständig genutzte Wohnung mit 300 Bq/m³. Die Nutzungsdauer der betroffenen Räume ist also auch ein Entscheidungsfaktor, ob eine Sanierung angezeigt ist. Risiko von Radon Lungenkrebs ist eine schwere Erkrankung, die sehr oft zum Tod führt. In der Schweiz sterben ca. 3 900 Menschen pro Jahr an Lungenkrebs. 95 % dieser Personen waren über 50 Jahre alt, fast die Hälfte waren über 70 Jahre. 1 Es ist also eine Krankheit, die junge Menschen kaum betrifft. Rauchen ist mit grossem Abstand der wichtigste Auslöser für Lungenkrebs, was auch erklärt, warum Männer (noch) fast doppelt so häufig betroffen sind wie Frauen. Das Risiko, eines Tages an Lungenkrebs zu sterben, liegt für eine Person, die ein Leben lang raucht, bei ungefähr 10 % (d.h. 1 von 10). Für einen Nichtraucher schätzt man das Risiko, eines Tages an Lungenkrebs zu sterben, auf weniger als 0,4 % (4 von 1 000). Ist eine Person während Jahrzehnten Radon ausgesetzt, nimmt ihr Risiko mit 100 Bq/m³ um 15 % zu. Das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, ist demnach bei einer Exposition von 500 Bq/m³ doppelt so hoch wie ohne Radon. Für einen Raucher steigt das Risiko damit von 10 % auf 20 % (jeder Fünfte), während es für einen Nichtraucher von 0,4 % auf 0,8 % (jeder 125ste) ansteigt. Man schätzt auf Grund der gemessenen Radonkonzentrationen in der Schweiz, dass bei etwa 200 bis 300 Lungenkrebsfällen Radon die Krankheit mitverursacht hat. Allerdings nur bei 10 bis 20 Fällen handelt es sich bei den Betroffenen um Nichtraucher. Statistisch gesehen treten ca. 90 % aller radonmitverursachten Lungenkrebsfälle in Gebäuden auf, bei denen der Grenzwert von 300 Bq/m³ eingehalten wird. Könnten also alle Gebäude der Schweiz gemessen werden und diejenigen, die Werte über 300 Bq/m³ aufweisen, erfolgreich saniert werden, würde die Anzahl Radon-Lungenkrebsopfer in der Schweiz im besten Fall um 10 % sinken. Diese Schätzungen sind naturgegeben sehr ungenau, spiegeln aber die Verhältnisse doch wider. Für den einzelnen Bewohner eines Gebäudes ist es jedoch, unabhängig von diesen Betrachtungen, ein berechtigter Anspruch, in Räumen mit geringer Konzentration an radioaktivem Radon zu leben. Für den privaten Hausbesitzer sind die dargelegten Fakten wichtig, wenn es um die Entscheidung geht, ein Gebäude zu sanieren. Grundsätzlich ist ein Verzicht auf Rauchen die weitaus wirksamste Methode, sich vor Lungenkrebs zu schützen. Die Exposition von Radon mit hohen 500 Bq/m³ bedeutet auch für Nichtraucher ebenfalls eine Verdoppelung des Risikos, jedoch auf möglicherweise akzeptablem Niveau. Das Lungenkrebsrisiko durch Radon ist ganz stark durch den Raucherstatus beeinflusst! Wie gelangt Radon in das Gebäude? Wie viel Radon aus der Bodenluft ins Gebäude gelangt, hängt von vielen Faktoren ab. Nebst der Konzentration von Radon in der Bodenluft sind die Dichtigkeit des Fundaments und die Druckverhältnisse im Gebäude die wichtigsten Einflussgrössen. In manchen Gebäuden sind sogenannte Naturkeller vorhanden oder sie werden sogar neu gebaut. Sie sorgen für ein gutes Klima für die Lagerung von Wein und Gemüse, führen aber auch wirksam natürliches Radon aus dem Boden in den Keller. Dringt Radon nur ins unbewohnte Kellergeschoss vor, ist das nicht problematisch. Erst wenn die Verhältnisse es erlauben, dass radonhaltige Luft aus dem Keller in den Wohnbereich vordringen kann, führt dies zu Belastungen der Bewohner. An Hanglagen kommt es nicht selten vor, dass Räume mit direktem Bodenkontakt als Wohn- oder Arbeitszimmer

Klima und Energie 101 genutzt werden. Hier empfiehlt es sich, die Radonkonzentration mit einer Messung zu überprüfen. Idealerweise bestehen zwischen Keller und bewohntem Bereich dichte Türen und es gibt einen Luftdurchlass in der Kellerwand, der zum Druckausgleich des Kellers mit der Aussenluft führt. Steht eine Öl- oder Gasheizung im Keller, so muss die Verbrennungsluft direkt von aussen zugeführt werden. In einem geschlossenen Raum entsteht sonst durch die Verbrennungsluft, die über den Kamin abgeleitet wird, ein Unterdruck, wodurch Bodenluft angesaugt wird. Bei neuen Gebäude bietet ein richtig ausgeführter Feuchteschutz nach SIA- Norm 180 hohe Sicherheit, dass die radonhaltige Bodenluft nicht in die Kellerräume vordringt. Eine dichte Bitumenschicht auf der Fundamentwanne und dichte, sauber ausgeführte Leitungsdurchführungen sind aber Bedingung hierfür. Eine aktive Wohnungslüftung ist das wohl wirksamste Mittel, nahezu radonfreie Luft im Wohnbereich zu haben. Die zugeführte Aussenluft enthält nur Spuren von Radon. Allerdings sollte die Aussenluft mindestens 1,5 Meter Welt-Radonwerte mit «orange» Schweiz über Boden angesaugt werden, also nicht im Lichtschacht des Kellers. Ideal ist es zudem, wenn der Zuluft-Ventilator minimal mehr Leistung hat als die Abluft. Damit entsteht ein kleiner Überdruck im belüfteten Gebäudeteil. Das verhindert wirkungsvoll, dass Bodenund Kellerluft in den Wohnbereich eindringt. 2 Bei Gebäuden ohne aktive Lüftung sollte auf eine genügende Luftwechselrate geachtet werden. Vorsicht ist geboten, wenn mit Absaug-Ventilatoren in Küche und Bad ein Unterdruck im Wohnbereich erzeugt wird. Ebenso gilt zu bedenken, dass Wohnraumfeuerungen (Schwedenöfen) Raumluft nach aussen absaugen, also Unterdruck erzeugen. Im Minimum sollte ein Durchlass mit Wärmetauscher in die Wand eingelassen werden. Hier kann dann Luft nachströmen. Ein offenes Kippfenster erfüllt den Zweck auch, führt aber zu grossen Wärmeverlusten. Ohne diese Massnahmen besteht das Risiko, dass im Parterre der Unterdruck durch radonhaltige Luft aus dem Keller ausgeglichen wird. Eine thermische Sanierung von Gebäuden, welche das Innenraumklima und eine genügende Luftwechselrate ausser Acht lässt, ist schlecht geplant. Sind absaugende Elemente vorhanden, muss auch für eine definierte Zuführung von Luft gesorgt sein. Bei Schwedenöfen besteht sogar das Risiko von Kohlenmonoxid-Vergiftungen, wenn Verbrennungsluft nicht gezielt zugeführt wird. Andererseits führen dichtere Gebäudehüllen nicht zwangsläufig zu hohen Radonkonzentrationen, dies hängt wesentlich von den Druckverhältnissen ab. In Gebieten mit ausgewiesen hohem Radonrisiko sollte bei Neu-, Umbauten und Sanierungen ganz besonders auf die oben genannten Faktoren dichte Gebäudefundamente und kein Unterdruck geachtet werden. Gibt es in einem Gebäude ständig genutzte Räume mit Wänden zum Erdreich oder Keller, empfiehlt sich generell eine Messung der Radonkonzentration. Nur sie kann Aufschluss über eine mögliche Belastung geben. In Mehrfamilienhäusern haben Parterrewohnungen das grösste Risiko, erhöhte Radonkonzentrationen aufzuweisen. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in höheren Stockwerken sind in den allermeisten Fällen kaum mit Radon belastet. Es kann jedoch vorkommen, dass via Versorgungskanäle Radon aus dem Keller auch in höhere Stockwerke gelangt. 1 BfS, Bundesamt für Statistik 2 Bericht Radonbelastung in Innenräumen von Niedrigenergiebauten mit Luft-Erdwärmetauschern, 2012; http://www.uwe.lu.ch/ download/afu/ap/9/schlussbericht%20 radon%20hslu.pdf

102 Klima und Energie Der Experte, Ausgabe Mai 2014 Radonmessungen Die Messung von Radon in Innenräumen erfolgt in der Regel mit Kernspurdosimetern. Eine solche Messung zum Zweck der Bewertung eines Langzeitmittelwertes ist einfach und preisgünstig durchzuführen. Die Dosimeter können bei anerkannten Radonmessstellen bezogen werden. Viele Kantone bieten auch kostenlose Messungen an. Es empfiehlt sich, bei der Kantonalen Radon-Kontaktstelle anzufragen. Die Dosimeter werden bevorzugt in Aufenthaltsräumen mit Erdberührung (Keller und Erdgeschoss) platziert. Die Messung sollte mindestens 3 Monate und während der Heizperiode durchgeführt werden. Nach Rücksendung werden diese ausgewertet und das Ergebnis mitgeteilt. Die Dreimonatsmessung stellt eine Schätzung des Jahresmittelwertes dar. Hinweise zu den anerkannten Messstellen zum Bezug von Dosimetern findet man auf der Webseite des BAGs. Hier findet sich auch eine Liste zertifizierter Radon-Fachpersonen. 3 Für bauberatende Fachleute lohnt sich unbedingt die Anschaffung von elektronischen Messgeräten. Diese batteriebetriebenen Geräte sind heute für ca. 300 Franken erhältlich und geben bereits nach einer Woche ablesbare Messwerte an. Diese Kurzzeitmessungen geben Anhaltspunkte, ob mit Radon gerechnet werden muss oder nicht. Da meist mit kurzen Fristen Entscheidungen getroffen werden müssen, ist dies ein wichtiger Vorteil. Die Geräte können aber auch für längere Messungen von drei Monaten und mehr eingesetzt werden. Wichtig ist, dass die Räume während der Messung normal genutzt werden. Ungenutzte Räume werden kaum gelüftet und weisen daher oft erhöhte Konzentrationen auf. Entscheidungsfindung und Sanierungsmassnahmen Bei ständig genutzten Wohnräumen ist bei Konzentrationen über 1 000 Bq/m³ unmittelbarer Handlungsbedarf angezeigt. Im Bereich von 300 1 000 Bq/m³ empfiehlt sich eine Abklärung innerhalb eines Jahres. Auch bei Konzentrationen um 200 300 Bq/m³ kann eine Abklärung sinnvoll sein, wenn der Nutzer das Risiko minimieren will. Bei selten genutzten Räumen kann entsprechend toleranter verfahren werden. In jedem Fall sollte eine erste Messung mit einer zweiten Nachmessung verifiziert werden, bevor bauliche Massnahmen getroffen werden. Da die Radonkonzentration oft stark und unvorhersehbar schwankt und auch Fehlmessungen vorkommen, müssen erste Befunde unbedingt nachgeprüft werden. Radonabklärungen in grösseren Objekten wie Schulhäusern müssen sorgfältig geplant werden. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Messungen die Verhältnisse während der Nutzung wiedergeben. Messungen während Wochenenden und Ferien sind nicht repräsentativ. Räume mit geringer Nutzung sind entsprechend zu gewichten. Bei Konzentrationen von über 1 000 Bq/m³ in ständig bewohnten Räumen empfiehlt es sich, unmittelbar zu klären, warum so viel Radon vorhanden ist und wie die Konzentration wirksam gesenkt werden kann. Es empfiehlt sich, sich von erfahrenen Radonspezialisten beraten zu lassen. Messungen in verschiedenen Räumen werden benötigt, um mögliche Massnahmen kostengünstig und wirkungsvoll zu planen. Bei kleinen Objekten kosten Abklärung und Massnahmen oft weniger als 10 000 Franken. Meist ist es bereits ausreichend mit Ventilatoren kleiner Leistung im Kellergeschoss den Druck so einzustellen, dass Radon nicht in obere Stockwerke vordringt. Eine gewisse Vorsicht ist mit überdimensionierten Ventilatoren geboten. Sie können zwar die Radonkonzentration wirkungsvoll senken, sind aber unbedingt auch bezüglich Geräuschpegel, Strombetriebskosten und Wärmeverlusten zu optimieren. In Gebieten mit sehr hohen Bodengaskonzentrationen kann eine Absaugung der Bodenluft unter dem Fundament des Gebäudes notwendig werden. In jedem Fall sollte man eine Fachperson mit ausgewiesener Erfahrung in Radonsanierungen beiziehen. 3 http://www.bag.admin.ch/themen/strahlung/ Kontakt: Dr. Peter Bucher Radonkontaktstelle, Dienststelle Umwelt und Energie, Kanton Luzern Kanton Luzern Umwelt und Energie (uwe) Luft, Strahlen, Energie Libellenrain 15 Postfach 3439 6002 Luzern 041 228 64 57 peter.bucher@lu.ch www.uwe.lu.ch