Überwinterungsstrategien einheimischer Vögel

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Transkript:

Naturwissenschaft Jennifer Moczko Überwinterungsstrategien einheimischer Vögel Unterrichtsentwurf

Überwinterungsstrategien einheimischer Vögel (Stand-, Strich-, Teil- und Zugvögel) Jennifer Moczko Sozialwissenschaften, Erziehungswissenschaften Sek. I/II, Biologie Sek. I 4. Semester 1

1. Von Abenteuern und Reisemuffeln 3 1.1. Standvögel 3 1.2. Strichvögel 3 1.3. Teilvögel 4 1.4. Zugvögel 5 1.4.1. Langstreckenzieher 5 1.4.2. Kurzstreckenzieher 6 2. Lebensraum und Biologie des Weißstorchs (Ciconia ciconia) 6 2.1. Die Brutzeit 8 2.2. Storchenzug und Überwinterung Zugweg, Winterquartiere 11 2.3. Vom Aussterben bedroht Die Gefährdung und die Ursachen 14 3. Orientierung und Navigation beim Vogelzug 14 4. Vogelzug und Physiologie 14 4.1. Endogene Rhythmen 14 4.2. Innere Kontrollorgane 15 4.3. Energiereserven-Energieverbrauch 16 4.4. Wasserbedarf 17 5. Künstliche Fütterung 18 5.1. Vogelfutter Regeln zur Vogelfütterungen 18 5.1.1. Körnermischungen 18 5.1.2. Körner-Fett-Mischung 19 5.1.3. Weichfutter 19 5.1.4. Ungeeignetes Futter 19 5.2. Fütterungsgeräte- und Methoden 20 5.2.1. Futterhäuser 20 5.2.2. Futterautomaten 20 5.2.3. Fettfutterspender 20 6. Pro & Contra Vogelfütterung Diskussion 21 7. Thema im Unterricht 21 2

1. Von Abenteuern und Reisemuffeln Für einige einheimische Vogelarten sind die winterlichen Bedingungen nicht optimal, lange Frostperioden, dicke Schneeschichten und Nahrungsmangel setzen ihnen zu. Daher haben sie unterschiedliche Überwinterungsstrategien entwickelt: Vögel aus arktischen Gegenden und solche, die sich von Insekten ernähren, müssen wegziehen. Andere ziehen nur dann, wenn die Futterbasis zu gering wird. 1 Dieses Referat soll einen Überblick über die Überwinterungsstrategien der einheimischen Vögel geben. Intensiver wird auf das Zugverhalten und exemplarisch auf den Weißstorch eingegangen. Abschließend wird das Füttern der Vögel im Winter kritisch betrachtet und in einer Diskussion geklärt, ob es sich bei der Winterfütterung um einen sinnvollen Naturschutz oder um einen unsinnigen Eingriff in das natürliche Gleichgewicht handelt. 1.1. Standvögel Standvögel sind Vögel, die das ganze Jahr in der Nähe ihres Brutgebietes bleiben, 2 Fast alle tropischen Arten gehören zu dieser Gruppe. In den gemäßigten Zonen zählen nur einige Minderheiten dazu. 3 z.b. Rebhuhn (Perdix perdix) und Wachholderdrossel (Turdus pilaris). 1.2. Strichvögel Als Strichvögel werden Arten bezeichnet, die außerhalb der Brutsaison innerhalb oder in nächster Umgebung ihres Brutareals umherwandern. 4 Z.B. Hausmeise (Gattung: Parus). 1 Reichholf, Dr. Josef (Hrsg.): Die Welt der Vögel. Verlag Herder KG, Freiburg im Breisgau 1976. S. 132 (Im Folgenden: Reichholf 1976.) 2 Vgl. Berthold, Peter: Vogelzug. Eine kurze, aktuelle Gesamtübersicht. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990. S. 33 (Im Folgenden: Berthold 1990) 3 Vgl. Curry-Lindahl, Kai: Das große Buch vom Vogelzug, Verlag Paul Parey, Berlin Hamburg 1982. S. 19 (Im Folgenden: Curry-Lindahl 1982) 4 Curry-Lindahl 1982, S. 19 3

1.3. Teilvögel Man spricht von Teilzug, wenn ein Teil der Individuen einer Art oder Population wandert und ein anderer Teil ständig im Brutgebiet bleibt. 5 Folgen mehrere milde Winter aufeinander, bleiben mehr Individuen einer Art zurück, folgen viele strengere Winter aufeinander ziehen größere Teile in den Süden. Da die Überlebenschancen bei milden Wintern für die Vögel bessere in der Heimat sind, als auf dem gefährlichen Zug in den Süden. Es ziehen mehr junge und weibliche Vögel in den Süden, da sie im Futterkampf häufiger unterliegen. 6 Mit dem Teilzugverhalten reagieren die Vögel nicht nur auf die jahreszeitlich wechselnden Lebensbedingungen, sondern auch auf die von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Überwinterungsbedingungen. Zu ihnen gehören Buchfink (Fringilla coelebs), Amsel (Turdus merula) und das europäisches Rotkehlchen (Erithacus rubecula). Die meisten der hiesigen Vögel sind Teilzieher: sie stellen rund 80% der deutschen Vogelfauna. 7 Beim Buchfinken hat das Teilzieherverhalten sogar zu seiner Namensgebung beigetragen. In Schweden, in der der Systematiker Linné lebte, verbleiben im Winter vor allem Buchfinkenmännchen, und aufgrund dieser Winterwitwerschaft gab er der Art den Namen coelebs, lateinisch ehelos. 8 Immer mehr Teilzieher zeigen Standvogelverhalten. So galt z.b. die Amsel (Turdus merula) vor einigen Jahrzehnten noch als Zugvogel, heute bleibt sie jedoch überwiegend in ihren Brutgebieten. Gründe dafür können die milderen Winter sein und dass die Amsel (Turdus merula) die Städte für sich erobert hat und dort Nahrung und Schutz vor der Kälte findet. 9 5 Berthold 1990. S. 52. 6 Vgl: Reichholf 1976. S. 132. 7 http://www.quarks.de. Stand: 01.10.02, abgerufen am 10.06.03, 18.11 Uhr (Im Folgenden: www.quarks.de ) 8 Berthold 1990. S. 52f. 9 vgl. www.quarks.de 4

1.4. Zugvögel Als Zugvögel bezeichnet man üblicherweise periodische Wanderungen zwischen dem Brutgebiet und einem davon getrennten außerbrutzeitlichen Aufenthaltsbereich [ ]. 10 Man vermutet, dass die Zugbewegung der Vögel daher kommt, dass mit dem Ende der Eiszeit Gebiete im Norden eisfrei wurden, die für die Vögel im Sommer beste Brut- und Futterbedingungen boten. Im Winter mussten sie jedoch aufgrund der wiederkehrenden Kälte in den Süden zurückkehren. Der Vogelzug findet statt, weil das Brüten im Winterquartier ebenso unmöglich oder mindestens schwierig ist wie das ganzjährige Überleben im Sommerquartier, wo gebrütet wird. 11 Einige Vögel legen auf ihrem Zug enorme Strecken zurück, so zieht z.b. der Weisstorch bis nach Afrika. Dabei legt er bis zu 400 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 km/h täglich zurück. 12 1.4.1. Langstreckenzieher Einige Arten ziehen regelmäßig über sehr weite Entfernungen und sind demnach Langstreckenzieher, wie z.b. der Weißstorch (Ciconia ciconia), Rauchschwalbe (Hirundo rustica), Kranich (Grus grus) oder Kuckuck (Cuculus canorus). Der Nachtzug ist unter ihnen weit verbreitet. Während ihres Zuges Rasten sie häufig mehrere Wochen lang um ihre Depotfettanreicherungen 13 aufzufüllen. Sie räumen im Herbst ihr Brutgebiet vollständig und überwintern in einer gänzlich anderen Klimazone der Erde. Die meisten von ihnen wechseln von Europa in die Tropen Afrikas südlich der Sahara. Die Langstreckenzieher leben somit das ganze Jahr in warmen Klimaten und kennen keinen Winter. Die meisten Insekten- und Weichfresser gehören zu dieser Gruppe, da für sie Nahrung im Winter in Deutschland nicht ausreichend vorhanden ist. 14 10 Vgl. Bezzel, Einhard und Roland Rinzigner: Ornithologie. Gustav Fischer Verlag München 1990. S. 376 (Im Folgenden: Bezzel 1990) 11 Reichholf 1976, S. 133. 12 Vgl. http://www.br-online.de/wissenbildung/collegeradio/medien/hsu/vogelflug/hintergrund/#modul3. abgerufen am: 10.06.03 17:20 Uhr 13 Auf die Depotfettbildung wird in Kap. 4.3. näher eingegangen. 14 Vgl. Gatter, Wulf: Vogelzug und Vogelbestände in Mitteleuropa. 30 Jahre Beobachtung des Tageszugs am Randecker Maar. Aula-Verlag, Wiebelsheim 2000. S. 14 (Im Folgenden: Gatter 2000). 5