Bevorzugter Zitierstil für diesen Vortrag Charypar, David (2006) Optimierung von grossen Mikrosimulationsmodellen der Verkehrsnachfrage - Wie simuliert man 10 Millionen Agenten?, IVT-Seminar Optimale Verkehrssysteme?, Zürich, Juni 2006.
Optimierung von grossen Mikrosimulationsmodellen der Verkehrsnachfrage Wie simuliert man 10 Millionen Agenten? David Charypar IVT ETH Zürich Juni 2006
Motivation Wir wollen den Verkehr in einer Region berechnen, indem wir das Tagesverhalten aller Personen, die mit dieser Region in Kontakt kommen, simulieren. Beobachtung: Verkehr entsteht dadurch, dass verschiedene Personen Aktivitäten an verschiedenen, räumlich getrennten Orten ausführen. Idee: Wenn wir die Aktivitäten der Personen modellieren können, fällt die Verkehrsnachfrage quasi automatisch als "Nebenprodukt" an. 3
Übersicht Motivation Mikro- gegenüber Makro-Simulation Grosse Szenarien Das Mikrosimulationssystem Tagesplan Schlangensimulation Neuplanungsmodul Bewertungsfunktion Resultate 4
Grosse Simulation auf mikroskopischer Ebene 5
Makrosimulation: 4-Stufen Ansatz Beschreibung des Verkehrs auf Zonenebene Aufteilung des Verkehrsaufkommens als Bruchteile des Gesamtvolumens Keine Aktivitätenketten Keine Individuen Geringe zeitliche Auflösung Erzeugung (Wege) Verteilung/Zielwahl Verkehrsmittelwahl Routenwahl 6
Was ist eine Mikrosimulation? Zeitlich, örtlich und inhaltlich hoch aufgelöste Modellierung jeder einzelnen Person eines Szenarios: Population als Menge von individuellen Agenten Tagesplan für jeden Agenten (Aktivitätentyp, -dauer, -ort) Ressourcen zur Ausführung der Aktivitäten (Arbeitsort, Läden, Freizeitangebote, etc.) Zeitabhängige Routenwahl für jeden Weg zwischen Aktivitäten Direkte Bewegung der Agenten durch das Verkehrsnetzwerk mit Interaktion zwischen individuellen Agenten 7
Vergleich Makrosimulation Mikrosimulation Modellierungsaufgabe Population Zielwahl Verkehrsmittelwahl Routenwahl Bedarfsmodellierung Verkehrsfluss-Simulation Makrosimulation Indirekt zur Erzeugung der Quell-Ziel-Beziehungen Auf Basis von Quell-Ziel- Beziehungen, statistisch Auf Basis von Quell-Ziel- Beziehungen, statistisch Einmal pro Quell-Ziel- Beziehung Quell-Ziel-Matrix repräsentiert Bedarf Volumen auf Strassen Reisezeit aus Volumen Mikrosimulation Menge von Agenten Individuell im Tagesplan Individuell im Tagesplan Individuell im Tagesplan, sekundengenau Tagespläne stellen indirekt Bedarf dar Agenten reisen durchs Netz und interagieren direkt 8
Grosse Szenarien Simulation des Tagesverhaltens aller Personen einer Region. Das Szenario umfasst mehr als eine Million beteiligter Personen Kanton Zürich: Schweiz: Berlin-Brandenburg: Deutschland: 1.2 Mio. Personen 7.4 Mio. Personen 6.0 Mio. Personen 82 Mio. Personen 9
Das Mikrosimulationssystem MATSIM-T Eingangs- Daten Erzeuger Lernschleife Simulation der Wege Welt Agenten Tagespläne Welt Belastungen Reisezeiten Population Neuplanung Initialpläne 10
Eigenschaften eines Agenten Alter Geschlecht Einkommen Arbeitsverhältnis Wohn-/Arbeitsort Führerscheinbesitz Autobesitz Abobesitz Verbindungen zu anderen Agenten Einfluss auf Tagesplan 11
Tagesplan Aktivitätenketten Orte Heim-Arbeit-Einkaufen-Freizeit-Heim Strasse und Nummer Koordinaten Aktivitätenzeiten Startzeit für Plan Aktivitätendauern Verkehrsmittelwahl für jeden Weg Synchronisierung mit den anderen Agenten des Haushalt 12
Lernschleife Simulation der Wege Agenten Tagespläne Welt Belastungen Reisezeiten Neuplanung Bewertungsfunktion 13
Mikrosimulation des Verkehrsflusses Idee: Simuliere jeden Agenten wie er sich durch das Netz bewegt Erster Ansatz: Möglichst genaue Abbildung der Fahrphysik und der Fahrpsychologie der Agenten Autos beschleunigen/bremsen Autos können überholen Autos interagieren auf Kreuzungen (Vortrittsregeln) Lichtsignalanlagen Fussgänger... 14
Rechenaufwand für Mikrosimulation mit allen Details Reaktionszeit des Menschen: t react =0.5s Jeder Agent muss während eines Weges mindestens zweimal pro Sekunde die Möglichkeit haben zu agieren Der Berechnungsaufwand für die Simulation eines ganzen Tages auf einem grossen Szenario in Anzahl Operationen berechnet sich aus N t 10 3600s 6 total travel 10 ops = 10 treact 0.5s Auf heutigen Desktopcomputern dauert das mindestens 5 Stunden Faktor 200 zu langsam 15
Die Schlangensimulation Simulation der Strasse als Warteschlange Simulationsaufwand der Strasse unabhängig von der Anzahl Autos, die sie befahren Beschränkung der Kapazitäten beim Ein- und Auslass Beschränkung der Anzahl Fahrzeuge, die auf die Strasse passen Minimale Reisezeit Minimale Rücklaufzeit der Lücken 16
Weitere Beschleunigung der Fluss-Simulation Ereignisbasierte Simulation Ein-/Ausfahrt in/aus Kante Überquerung von Kreuzung Anfang/Ende von Wegen Parallelisierung Aufteilung des Netzwerkes Kanten werden aufgeschnitten Verschiedene Rechner tauschen regelmässig Informationen über Randbereiche (= aufgeschnittene Kanten) aus Agenten wandern von Rechner zu Rechner 17
Lernschleife Simulation der Wege Agenten Tagespläne Welt Belastungen Reisezeiten Neuplanung Bewertungsfunktion 18
Ausgabe des Mikrosimulationssystems nach einer Iteration Für jeden Agenten Sekundenfeine Tagebücher Reisezeiten für jeden Weg Ob der Agent verspätet / zu früh ist Für jeden Strassenabschnitt Sekundenfeine Ganglinien Tageszeitabhängige Reisezeiten Für jeden Arbeitsort, Wohnort, Laden und jede andere Einrichtung Tageszeitabhängige Belastung 19
Lernschleife Simulation der Wege Agenten Tagespläne Welt Belastungen Reisezeiten Neuplanung Bewertungsfunktion 20
Neuplanungsmodul Ein evolutionärer Algorithmus Planbewertungen Kandidaten- Pläne Plan Plan Plan Plan Plan Plan Bewertungsfunktion Bewertung Bewertung Bewertung Bewertung Bewertung Neuer Plan Abtastung Auswahl 21
Neuer Optimierungsalgorithmus für das Neuplanungsmodul Covariance Matrix Adaptation Evolution Strategy (CMA-ES) Schätzt eine multivariate Normalverteilung im aktuellen Suchbereich um den Optimierungsfortschritt zu maximieren Schrittweitenanpassung basierend auf der Länge des zurückgelegten Suchpfades und der erwarteten Länge eines Zufallsweges
Eigenschaften des CMA-ES Optimieriers Geeigent für nichtlineare, nichtkonvexe Optimierungsprobleme Invariant bezüglich Abbildungen die die Reihenfolge nicht verändern Geeignet für diskontinuierliche verrauschte Zielfunktionen Guter globaler Optimierer Kann sichverzerrten Suchräumen anpassen Funktioniert auch für bestimmte Klassen nichtseparabler Zielfunktionen Unempfindlich gegenüber linearen Transformationen des Suchraumes
CMA-ES Beispiel 1
CMA-ES Beispiel 2
Lernschleife Simulation der Wege Agenten Tagespläne Welt Belastungen Reisezeiten Neuplanung Bewertungsfunktion 26
Die Bewertungsfunktion Wird zur Bewertung der Tagespläne verwendet Gesamtnutzen als Summe von Einzelnutzen Aktivitäten bringen positiven Nutzen Reisen erzeugen generalisierte Reisekosten Bestrafungen für Zuspätkommen Nebenbedingungen (Öffnungszeiten etc.) 27
Nutzen eines Tagesplans mit 3 Aktivitäten 28
Echte Reisezeiten im Neuplanungsmodul Altes System: Reisezeiten werden als konstant über den ganzen Tag angenommen Vorteil: schnelle Berechnung Nachteil: Agent sieht während Neuplanung Stosszeiten nicht Neues System: Reisezeiten werden für jede Abfahrtszeit neu bestimmt Vorteil: Agent kann schon während der Neuplanung Lastspitzen sehen und ihnen ausweichen -> bessere Pläne Nachteil: Rechenaufwand
Resultate
Variation der Neuplanungswahrscheinlichkeit 31
Zuwachs des mittleren Nutzens durch Lernen 32
Netzwerklast nach Wegzweck Alt, nach 70 Iterationen 33
Netzwerklast nach Wegzweck Neu, nach 20 Iterationen 34
Performance - Laufzeiten Mikrosimulation des Verkehrsflusses Performance: 50 000 Ereignisse / s auf Mainstream Rechner 10 Mio Agenten * 24h 3h Rechenzeit (single CPU) pro Iteration Neuplanungsmodul Performance: 50 Agenten / s auf Mainstream Rechner 2 Mio Agenten neuplanen ca. 11h Rechenzeit (single CPU) pro Iteration
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