Seminar Mikronährstoffe & Arzneimittel

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Transkript:

Seminar Mikronährstoffe & Arzneimittel Prof. Dr. Martin Smollich Klinische Pharmakologie und Pharmakonutrition www.ernaehrungsmedizin.blog 25. Aachener Diätetik Fortbildung 17. September 2017 1

Mikronährstoffe & Arzneimittel Therapie ernährungsmitbedingter Krankheiten Körperzusammensetzung Lebensmittelauswahl Körpergewicht Pharmakotherapie Ernährungsintervention Ernährungsmonitoring Ernährungsevaluation Wirkstoffauswahl Dosisanpassung Indikation Ernährungstherapie Körpergewicht Organfunktion Nebenwirkungen Mikronährstoff-Status 2

Mikronährstoffe & Arzneimittel Relevante Effekte sind sehr häufig Die wichtigsten Arzneistoffe mit Mikronährstoff-Effekten Gruppe Wirkstoff (Bsp.) vom Arzneistoff beeinflusste Mikronährstoffe Protonenpumpenhemmer Omeprazol, Pantoprazol Natrium (Hyponatriämie), Kalium (Hyperkaliämie) Magnesium (Hypomagnesiämie) Vitamin B 12 (Vitamin B 12 -Mangel, Homocystein ) Calcium (Osteomalazie/Osteoporose) Eisen (Anämie) Zink (Zinkmangel) gezielt Symptome beachten ernährungstherapeutisch antizipieren Antidiabetika Metformin Komplikationsrate Vitamin B 12 (Vitamin B 12 -Mangel, Homocystein ) Neuroleptika Risperidon Eisen (Anämie) Diuretika Laborwerte Torasemid können nur interpretiert werden, wenn Natrium (Hyponatriämie), Kalium (Hypokaliämie), potenzieller Effekt Phenytoin, Calcium der Arzneimittel (Osteomalazie/Osteoporose) bekannt ist! Antiepileptika Folsäure (Gingiva-Hyperplasie) Carbamazepin Vitamin D (Vitamin D-Mangel) Natrium (Hyponatriämie), Kalium (Hyperkaliämie) ACE-Hemmer Enalapril, Ramipril Zink (Zinkmangel) 3

Mikronährstoffe & Arzneimittel Relevante Effekte sind potenziell therapieentscheidend Wechselseitige Interaktionen Mikronährstoffe Arzneimittelwirkung Resorptionsrate, Wirkstärke, Nebenwirkungen, Verträglichkeit Arzneimittel Mikronährstoffe Resorption, Ausscheidung, metabolische Effekte Künstliche Ernährung Ambulante Ernährungstherapie 4

Mikronährstoffe & Arzneimittel Überblick Möglichkeiten der Interaktion Arzneimitteleffekte auf Mikronährstoff- Resorption (und umgekehrt) Arzneimitteleffekte auf Mikronährstoff- Metabolismus (und umgekehrt) Arznei mitteleffekte Effekt auf Mikronährstoff- Ausscheidung Unerwünschte Arzneimittelwirkungen Dysgeusie Xerostomie Inappetenz Dysphagie Mukositis Diarrhö Übelkeit/Erbrechen 5

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 1. Resorptionseffekte 1 Antibiotika -Azithromycin -Ciprofloxacin -Levofloxacin -Doxycyclin -Nitrofurantoin Ca 2+ Mg 2+ Fe 2+ Cu 2+ Zn 2+ Bisphosphonate Levodopa, Carbidopa Cimetidin Methyldopa Ibuprofen Sulfasalazin Phenprocoumon 1 Boulatta & Hudson 2012 Supplemente Mineralwasser Milchprodukte 6

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 1. Resorptionseffekte Arzneistoff bildet Kationen-Komplex Resorption von Arzneistoff & Mikronährstoff Antibiotika, Bisphosponate Calcium Magnesium Eisen Zink Arzneistoff beschleunigt Darmpassage Resorption von Mikronährstoffen Laxanzien/Prokinetika Rizinusöl alle Mikronährstoffe fettlösl. Vitamine 7

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 1. Resorptionseffekte Arzneistoff reduziert gastrale Azidität Resorption bestimmter Mikronährstoffe PPI > H 2 -Blocker > Antazida Vit. B 12, Fe, Mg, Ca Arzneistoff induziert Mucosaschäden Resorption von Mikronährstoffen Chemotherapeutika potenziell alle Mikronährstoffe 8

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 2. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen Arzneistoffe mit UAW Dysgeusie häufig: Inappetenz Z-Substanzen ACE-Hemmer Glaukomtropfen sekundär fast alle Mikronährstoffe Arzneistoffe mit UAW Xerostomie häufig: Inappetenz sekundär fast alle Antidepressiva Mikronährstoffe 9

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 3. Effekte auf Mikronährstoff-Ausscheidung Diuretika, die die renale Mikronährstoff-Exkretion erhöhen Schleifendiuretika Natrium, Kalium Chlorid, Magnesium Calcium Diuretika, die die renale Mikronährstoff-Exkretion hemmen Thiazid-Diuretika Calcium 10

Mikronährstoffe & Arzneimittel Arzneimittel-Mikronährstoff-Interaktionen 4. Effekte auf Mikronährstoff-Metabolismus Arzneistoffe, die den Mikronährstoff- Metabolismus modifizieren einige Antiepileptika Phenobarbital erhöht Vitamin D-Umsatz Vitamin D-Mangel Hypocalcämie durch Calcium-Resorption 11

Mikronährstoffe & Arzneimittel Patientenbeispiel Typ 2-Diabetiker Antioxidanzien, B- Vitamine, Liponsäure usw. zur Prävention von Neuropathien: derzeit ohne Evidenz Grundsätzlich Mangel an Vit. D (< 30 ng/ml) und Folsäure verschlechtern Insulin-Sensitivität kein Vorteil durch Hypersupplementation Medikationsbedingt Medikation Wirkstoffgruppe Beispiel Diabetes orale Antidiabetika Metformin Mg Vit. B 12 GERD PPI Pantoprazol Vit. B 12 12

Mikronährstoffe & Arzneimittel Patientenbeispiel Adipositas Grundsätzlich Vit. D, Calcium, Eisen häufig erniedrigt ( normwertig halten) kein Vorteil durch Hypersupplementation Medikationsbedingt Medikation Wirkstoffgruppe Beispiel Adipositas Antiadiposita Orlistat Hypertonie ACE-Hemmer Diuretika Enalapril HCT fettlösliche Vit. Hypovitaminosen Eisenmangel: ACE- Hemmer-Husten renale Verluste : B-Vitamine, Zink 13

Mikronährstoffe & Arzneimittel Patientenbeispiel Depression Grundsätzlich Vit. D und Folsäure normwertig halten verbessert Ansprechen auf Antidepressiva kein Vorteil durch Hypersupplementation Medikationsbedingt Medikation Wirkstoffgruppe Phasenprophylaxe Beispiel Lithium Iodaufnahme Hypothyreose Depression Trizyklika SSRI Amitriptylin, Imipramin Citalopram, Sertralin Vit. B 2 Migräne-Neigung Folsäure Ansprechrate 14

Mythos Probiotika verbessern die Verträglichkeit von Antibiotika. 15

Calcium, Magnesium Probiotische Yoghurts verbessern Verträglichkeit von Antibiotika tatsächlich Komplexbildung/Adsorption - Milch/Milchprodukte: Casein, Ca 2+ - Mineralwasser: Ca 2+, Mg 2+ Antibiotika Antidepressiva Bisphosphonate L-Thyroxin Konsequenz: mindestens 2 h Abstand! Achtung: häufig vorsätzliche Einnahme mit Milchprodukten Antibiotika, Bisphosphonate 16

Calcium, Magnesium Probiotische Yoghurts verbessern Verträglichkeit von Antibiotika tatsächlich Plasmakonz. [µg/ml] 0,6 Norfloxacin 400 mg Tablette 0,4 0,2 0 0 1 2 3 4 5 6 7 [Std.] 200 ml Wasser 200 ml Milch nach: Wunderer et al., 2000 17

Fakt Probiotika verbessern die Verträglichkeit von Antibiotika. Nur dann wirken die Antibiotika nicht mehr. Kein Problem: - Einnahme mit sicherem zeitlichem Abstand - Probiotika nach Antibiotika-Therapie 18

Mythos Schüßler-Salze sind Mikronährstoff-Präparate, die bei entsprechendem Mangel spezifisch eingesetzt werden können. 19

Schüßler-Salze Schüßler-Salze enthalten keine Mineralstoffe Mineralsalze in homöopathischer Dosierung - begründet durch Homöopath Dr. Schüßler (1821-1898) - Idee: Krankheiten entstehen durch Mineralstoffmangel Diagnose: Antlitz-Analyse Therapie: nicht direkte Mineralstoffzufuhr (zu schwach wirksam ), sondern homöopathische Potenzierung (stärker wirksam ) 12 homöopathisch verdünnte Mineralien (D6 oder D12) Funktionsmittel + Ergänzungsmittel (später hinzugefügt) nicht wirksamer als Placebo! in Deutschland ist Indikationsangabe verboten! 20

Fakt Schüßler-Salze sind keine Mineralstoff-Präparate, die zur gezielten Supplementation eingesetzt werden können. 21

Mythos Antioxidanzien sind eine sinnvolle Unterstützung bei der Chemotherapie. 22

Antioxidanzien & Chemotherapie Studien über Studien

Antioxidanzien & Chemotherapie Antioxidanzien Radikalentstehung: endogen und exogen 1 Endogen Atmungskette (Mitochondrien) Phagozytose Xanthin-/NADPH-Oxidase, Cytochrom-P450-Reduktase Arachidonsäurekaskade Peroxisomen Sport/körperliche Anstrengung Entzündungsprozesse lokale Hypoxie 1 Elmadfa & Leitzmann 2015 Exogen ultraviolettes Licht Zigarettenrauch radioaktive Strahlung Ozon Chemische Noxen Alkohol Strahlentherapie Chemotherapie (wirkstoffabh.) 24

Antioxidanzien & Chemotherapie Antioxidanzien Pathogenetische Relevanz von Radikalschäden 1 Körpereigene Struktur DNA Proteine Lipide Kohlenhydrate Folge von Radikalschäden Mutation, Karzinogenese Funktionseinbußen, Zellschädigung Membranschädigung, LDL-Oxidation, Atherosklerose Rezeptorschädigung, reduzierte Viskosität der Synovialflüssigkeit 1 Elmadfa & Leitzmann 2015 auch: Wirkmechanismus von Strahlen- & Chemotherapie 25

Antioxidanzien & Chemotherapie Antioxidanzien Physiologische Radikal-Inaktivierung - Enzymatisch System von Metalloenzymen essenzielle Co-Faktoren: Se, Cu, Mn, Zn - Nicht-enzymatisch niedermolekulare Antioxidanzien Glutathion, Ubichinon, Harnsäure Vitamin E, Vitamin C, β-caroten synergistische Effekte (Vitamin C + E, Vitamin E + β-caroten) Dysbalance durch hochdosierte Einzelstoffe pro-oxidative (!) Effekte Bsp.: hochdosiertes Vitamin C bei gleichzeitigem Mangel an Vitamin E 26

Antioxidanzien & Chemotherapie Antioxidanzien Es gib nur ein Problem Erzeugung von oxidativem Stress als Wirkmechanismus von Strahlentherapie & teilweise Chemotherapie! Oxidativer Stress Radikal-Entstehung > Radikal-Inaktivierung Radikal- Inaktivierung Radikal- Entstehung Hypothese Zufuhr von Antioxidanzien stellt Gleichgewicht wieder her Hemmung der Karzinogenese Seneszenz Karzinogenese Mangel an Antioxidanzien oder Überschuss an Radikalen 27

Antioxidanzien & Chemotherapie Supplementation von Antioxidanzien 19.10.2015 Vitamin-Bombe lässt Krebs explodieren

Antioxidanzien & Chemotherapie Supplementation von Antioxidanzien RCT n = 540 HNO-CA Vit. E (400 I.E./d) + β-caroten (20 mg/d) Placebo parallel zur Strahlentherapie begonnen Antioxidanzien = Tumorprotektion? Harvie M. Nutritional Supplements and Cancer: Potential Benefits and Proven Harms. ASCO 2014

Antioxidanzien & Chemotherapie Supplementation von Antioxidanzien parallel zur onkologischen Therapie 1 Antioxidanzien bei RTx: UAW, Mortalität Antioxidanzien bei CTx: UAW, Mortalität??? nach onkologischer Therapie Rezidivprävention? aussagekräftige Daten fehlen (laufende Studien) DGEM S3-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie Während der Chemotherapie keine ω3- oder Fischölsupplemente keine Gabe hochdosierter Antioxidanzien 1 Harvie M. Nutritional Supplements and Cancer: Potential Benefits and Proven Harms. ASCO 2014 übliche Verzehrmengen: mindestens unbedenklich Soja-NEM: abraten! 30

Antioxidanzien & Chemotherapie Supplementation von B-Vitaminen Mit wasserlöslichen Vitaminen kann man ja nichts falsch machen! n > 77.000 Beobachtung > 15 Jahre Supplemente B 6 (20 mg/d) & B 12 (55 µg/d) Risiko BronchialCA : - Raucher: 3- bis 4-fach erhöht - Nichtraucher: 2-fach erhöht 31

Antioxidanzien & Chemotherapie Empfehlungen zur Tumortherapie sind eindeutig Gesamtkonzept Die Ernährung von Tumorpatienten soll Vitamine und Spurenelemente in Mengen enthalten, die den Empfehlungen für gesunde Personen entsprechen. Supplemente während Chemotherapie Der Einsatz von Omega-3-Fettsäuren, Fischöl und hochdosierten Antioxidantien während der Chemotherapie wird nicht empfohlen. Rezidivprophylaxe Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Mikronährstoffpräparaten zur Rezidivprophylaxe wird nicht empfohlen. 32 Prof. Dr. M. Smollich

Antioxidanzien & Chemotherapie Effekte der Chemotherapie Zytostatika führen häufig zu Mikronährstoff-Störungen Status vor & während Therapie prüfen, ggf. supplementieren Zytostatikum Effekt auf Mikronährstoff Folge Cisplatin Magnesium, Kalium: Exkretion Hypomagnesiämie, Hypokaliämie Cyclophosphamid 5-FU Methotrexat Pemetrexed Paclitaxel Vitamin D: Abbau Vitamin B 1 : Aktivierung Folsäure-Antagonismus Vitamin D: Abbau Immunkompetenz Knochenstoffwechsel Herzinsuffizienz, Laktazidose, Neurotoxizität Homocysteinämie, Mukositis Immunkompetenz Knochenstoffwechsel 33

Antioxidanzien & Chemotherapie Effekte der Chemotherapie Nebenwirkungen durch normwertige Mikronährstoffe keine Indikation zur Über-Supplementation Zytostatikum UAW UAW begünstigt durch Mangel an alle Platin- Derivate Stomatitis, Dysgeusie, Dermatitis Vitamin D Cisplatin Nephrotoxizität Selen Oxaliplatin Neuropathie Calcium, Magnesium Anthracycline 1 Kardiotoxizität Selen Capecitabin Hand-Fuß-Syndrom Vitamin B 6 5-FU Neuropathie Vitamin B 1 MTX Myelosuppression 1 Epirubicin, Idarubicin, Daunorubicin, Doxorubicin, Mitoxanton Tetrahydrofolsäure (Leucovorin-Rescue) Standard innerhalb von 24 h nach MTX 34

Fakt Mikronährstoffe & onkologische Therapie keine unspezifische Supplementation während onkologischer Therapie besonders nicht: Antioxidanzien & antioxidative Vitamine Prognoseverbesserung möglich durch: Gesamt-Ernährungskonzept gezielte Supplementation bei diagnostiziertem Mangel 35

Mythos Machen wir doch einfach Wirkstoff-spezifische Supplementation 36

Wirkstoff-spezifische Supplementation Warum nicht Wirkstoff-spezifisch supplementieren? PPI-Supplement Natrium + Magnesium + Vitamin B12 + Calcium + Eisen + Zink

Wirkstoff-spezifische Supplementation Warum nicht Wirkstoff-spezifisch supplementieren? Intrinsische Faktoren Alter, Geschlecht Körpergewicht Ethnizität Organfunktionen Erkrankungen genetische Polymorphismen (Enzyme, Transporter, Rezeptoren ) Extrinsische Faktoren Arzneimittelfaktoren Ernährung Umwelteinflüsse Interaktionen Compliance Lebensstil (Rauchen, Alkohol, Sport, Stress ) Omeprazol 20 mg/d A B individuelle Arzneimittelwirkung nix Mg : Wadenkrämpfe Na : wird komisch Fe : Schwäche Zn : Infektanfälligkeit

Wirkstoff-spezifische Supplementation Warum nicht Wirkstoff-spezifisch supplementieren? Und wofür soll so eine Liste dann überhaupt gut sein?

Fazit Sehr viele Arzneistoffe haben potenziell Effekte auf Mikronährstoffstatus individuelle Manifestation fraglich medikationsspezifische Substitution = Unsinn Daran denken! Bei pathologischen Laborwerten: Arzneimittel als Ursache prüfen (statt: symptomat. Ernährungstherapie) Wirkstoffwechsel erwägen Wechsel nicht möglich: Ernährung/Supplemente Augen auf! Bei prädisponierenden Wirkstoffen: auf Symptome achten auf Laborwerte achten ggf. diätetische Antizipation 40

Weitere Informationsquellen Wo können Sie sich seriös informieren? Fachliteratur Langfassung: Boullata & Armenti (2. Aufl. 2010) Kurzfassung: Boulatta & Hudson (2012) 1 Interaktionsprogramme www.wechselwirkungscheck.de www.drugs.com ( drug interaction checker ) Fachinformationen (www.fachinfo.de) Rote Liste (www.rote-liste.de) aktuelle Studien: www.ernaehrungsmedizin.blog 1 Boulatta JI & Hudson LM. Drug-nutrient interactions. A broad view with implications for practice. Acad Nutr Diet 2012; 112(4): 506-517 41

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