Memorialsantrag Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Glarus Mietrechtsverfahren kostenlos

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Transkript:

Landrätliche Kommission Recht, Sicherheit und Justiz An den Landrat Glarus, 18. Oktober 2012 Memorialsantrag Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Glarus Mietrechtsverfahren kostenlos Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Die Landrätliche Kommission Recht, Sicherheit und Justiz behandelte den Bericht des Regierungsrates vom 4. September 2012 in obgenannter Sache an ihrer Sitzung vom 18. Oktober 2012 in folgender Zusammensetzung: Vorsitz: Mitglieder: LR lic. iur. Mathias Zopfi, Engi, Präsident LR Dr. Matthias Auer, Netstal, Vizepräsident LR Richard Lendi, Näfels LR Karl Mächler, Ennenda LR Siegfried Noser, Oberurnen LR Dr. Peter Rothlin, Oberurnen LR lic. iur. Jacques Marti, Sool LR Ernst Müller, Mollis LR lic. iur. Jacques Marti, Sool, ersetzte den entschuldigten LR Hans Rudolf Forrer, Luchsingen, bzw. das ebenfalls entschuldigte Ersatzmitglied LR Anton Bürge, Näfels. LR Ernst Müller, Mollis, ersetzte den entschuldigten LR Marco Hodel, Glarus, bzw. das ebenfalls entschuldigte Ersatzmitglied Franz Landolt, Näfels. Der infolge des Rücktritts von LR Alfred Hefti, Mollis, frei gewordene Platz in der Kommission ist noch vakant. LR Vreni Reithebuch, Linthal, liess sich als Ersatzmitglied für die Kommissionssitzung entschuldigen. Mit beratender Stimme nahmen sodann Kantonsgerichtspräsident lic. iur. Andreas Hefti und Departementssekretär lic. iur. Arpad Baranyi an der Sitzung teil. Für die Sitzung liessen sich Landammann Dr. Andrea Bettiga und lic. iur. Carmen Mühlemann, Vizepräsidentin der Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse, entschuldigen. Das Sitzungsprotokoll wurde von BLaw Marius Stucki, Departement Sicherheit und Justiz, geführt. Für die Bearbeitung standen der Kommission folgende Unterlagen zur Verfügung: Memorialsantrag Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Glarus Mietrechtsverfahren kostenlos vom 10. November 2011;

- Bericht des Regierungsrates vom 4. September 2012; - Schreiben Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Glarus vom 17. September 2012 (Einige Hinweise zur regierungsrätlichen Vorlage Mietrechtsverfahren kostenlos ). 1. Allgemeine Bemerkungen Die eidgenössische Zivilprozessordnung (ZPO) sieht vor, dass einer Klage an ein Zivilgericht grundsätzlich eine Schlichtung vorausgehen muss (Art. 197 ZPO). Üblicherweise wird die Schlichtung durch einen Vermittler durchgeführt. Im Kanton Glarus besteht in jeder Gemeinde eine entsprechende Schlichtungsbehörde mit einem Vermittler. Art. 200 Abs. 1 ZPO legt davon abweichend für das Mietrecht fest, dass die Kantone eine paritätische Mietschlichtungsbehörde vorsehen müssen. Gemäss dieser Vorgabe führt im Kanton Glarus im Mietrechtsverfahren nicht der Vermittler, sondern die Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse (nachfolgend Mietschlichtungsbehörde) gemäss Art. 8 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (EG ZPO) die Schlichtung durch. Sie tagt in Dreierbesetzung. Ihr gehören Mietervertreter, gestellt vom Mieterinnen- und Mieterverband, und Vermietervertreter, gestellt vom Hauseigentümerverband, an. Das Schlichtungsverfahren ist für mietrechtliche Angelegenheiten kostenlos (Art. 113 Abs. 2 Bst. c ZPO). Die Mietschlichtungsbehörde kann den Parteien Urteilsvorschläge unterbreiten, und zwar gemäss Art. 210 Abs. 1 Bst. b ZPO bei: - der Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen; - dem Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen; - dem Kündigungsschutz; - oder der Miet- bzw. Pachterstreckung. Im alten Recht musste die Mietschlichtungsbehörde zum Teil noch entscheiden. Heute steht ihr frei, ob sie einen Urteilsvorschlag vorlegt oder nicht. Der Urteilsvorschlag muss von den Parteien abgelehnt werden, sonst gilt er. Wird er abgelehnt, wird die Klagebewilligung ausgestellt, und zwar im Mietrecht gemäss Art. 211 Abs. 2 Bst. a ZPO der ablehnenden Partei und damit nicht zwingend derjenigen Partei, die das Verfahren eingeleitet hat. Ist kein Urteilsvorschlag möglich oder wird davon nicht Gebrauch gemacht, wird jeweils die Klagebewilligung ausgestellt, mit der das Verfahren vor Gericht eingeleitet werden kann. Die Klagebewilligung wird immer dem Kläger ausgestellt, ausser bei der Anfechtung von Miet- und Pachtzinserhöhungen. Dort muss gemäss Art. 209 Abs. 1 Bst. a ZPO immer der Vermieter klagen. Vor der Mietschlichtungsbehörde kann man sich auch einigen. Hier liegt ihre eigentliche Zweckbestimmung, nämlich die Parteien zu beraten und den Streit zu schlichten (Art. 201 ZPO). Bis zum Schlichtungsverfahren werden von den Parteien keine Kosten erhoben (Art. 113 Abs. 2 Bst. c ZPO). Im gerichtlichen Verfahren hingegen kann ein Kostenvorschuss durch das Gericht verlangt werden, und im Urteil werden die Kosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die obsiegende Partei erhält zudem üblicherweise eine Parteientschädigung. Der Memorialsantrag fordert, es seien, wie im Arbeitsrecht oder im Gleichstellungsrecht, keine Kosten aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen. Begründet wird dies mit dem Kostenrisiko, welches die Mieter davon abhalten würde, sich vor Gericht gegen die Vermieter zu wehren. Die betreffende Bestimmung soll wie folgt in einem neuen Art. 19a EG ZPO verankert werden: In Verfahren aus Miete und Pacht vor der Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse sowie vor Gerichtsbehörden werden den Parteien keine Prozesskosten auferlegt. Es ist bekannt, dass so genannte Zugangsbarrieren an die Gerichte bestehen. Es existieren neben dem Kostenrisiko (wirtschaftliche Barriere) auch soziale Barrieren, zum Beispiel das Bedürfnis sich aussergerichtlich zu einigen und nicht zum letzten Mittel der Klage zu greifen. 2

Oder aber es bestehen begründete oder unbegründete Ängste vor einem Gerichtsverfahren. Wesentlich ist, ob die Parteien bereits Erfahrungen mit gerichtlichen Verfahren haben oder nicht. Die Angst vor diesen Barrieren sinkt markant, wenn man von höheren Siegeschancen ausgeht. Da bei der Behandlung von Memorialsanträgen gemäss Art. 100 Abs. 2 der Landratsverordnung das Eintreten obligatorisch ist, brauchte hierüber nicht mehr beraten zu werden und es konnte direkt mit der Detailberatung begonnen werden. 2. Detailberatung Eingehend diskutiert wurde in der Kommission die Begründung in der Stellungnahme des Regierungsrates, es käme im Falle der Kostenlosigkeit des Gerichtsverfahrens bei Mietfällen vermehrt zu gerichtlichen Verfahren, wenn kein Kostenrisiko mehr für die Parteien bestünde. Die Bereitschaft, sich auf Urteilsvorschläge der Mietschlichtungsbehörde einzulassen bzw. solche zu akzeptieren, wäre dann wesentlich geringer, was eine Entwertung der Mietschlichtungsbehörde zur Folge hätte. In diesem Zusammenhang und insbesondere zum Gegenargument des Mieterinnen- und Mieterverbandes in dessen Schreiben vom 17. September 2012, wonach die Anzahl Prozesse auch bei Kostenlosigkeit tief bliebe, was ein Vergleich mit dem Arbeitsrecht belege, wurde der Kantonsgerichtspräsident als Sachverständiger befragt. Die Kommissionsmitglieder wollten Auskunft über die Anzahl der miet- und arbeitsrechtlichen Fälle, die von den Vermittlern (Arbeitsrecht) bzw. von der Mietschlichtungsbehörde (Mietrecht) schliesslich an das Gericht gelangten. Seitens des Kantonsgerichtspräsidenten wurde ausgeführt, dass ungefähr 60 Prozent der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vor Gericht landeten. Bei den Mietrechtsfällen seien es mit rund 15 Prozent wesentlich weniger. Feststellen lasse sich sodann, dass im Mietrecht die Klägerschaft jeweils etwa zur einen Hälfte aus Mietern und zur anderen Hälfte aus Vermietern bestehe. Diese Angaben bezögen sich auf das Jahr 2011. Für das Jahr 2012 gebe es noch keine zuverlässigen Zahlen. Diese dürften sich aber in ähnlichem Rahmen bewegen. Aus der Mitte der Kommission kam die Frage, ob hieraus nun zu schliessen sei, dass, wenn das Mietrechtsverfahren kostenlos wäre, es deutlich mehr Gerichtsfälle geben würde. Der Kantonsgerichtspräsident antwortete, dass hiervon ausgegangen werden dürfe, zumal für die Vermieter die Kostenbarriere ebenfalls wegfiele. Von einem Kommissionsmitglied wurde gefolgert, dass sich damit die Filterwirkung der Mietschlichtungsbehörde erhärte. Die Aufhebung der Kostenpflicht vor Gericht würde mehr Verfahren vor diesem provozieren. Die Kommissionsmitglieder interessierte des Weiteren die Praxis des Gerichts bei der unentgeltlichen Rechtspflege. Der Kantonsgerichtspräsident führte aus, dass diese gemäss den gesetzlichen Vorgaben jenen Personen gewährt werde, die unter dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum (wobei der Grundbetrag praxisgemäss mit einem Zuschlag von 20 % erweitert werde) lebten. Die unentgeltliche Rechtspflege befreit dabei die klagende Partei von der Kostenvorschusspflicht. Wird die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, hat die jeweilige Person zudem die vom Gericht auferlegten Kosten erst zu bezahlen, wenn sie dazu in der Lage ist. Im Falle des Kostenvorschusses sei es zudem Praxis, dass darauf verzichtet werde, wenn die Kriterien der unentgeltlichen Rechtspflege zwar nicht gänzlich erfüllt seien, aber die betreffende Partei dennoch über beschränkte Mittel verfüge. Der Kostenvorschuss dürfte in Mietrechtsfällen somit keine erhebliche Rechtswegbarriere an das Gericht darstellen. Ergänzend wurde seitens des Departements darauf hingewiesen, dass erfahrungsgemäss viele Mieter eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hätten. Es seien dies gemäss Schreiben des Mieterinnen- und Mieterverband vom 17. September 2012 rund die Hälfte bis zwei Drittel aller Mieter, was eine beträchtliche Anzahl darstelle. Es gelte das Mietrechtsverfahren des Weiteren als Gesamtes zu betrachten. In der paritätischen Zusammensetzung unter Vorsitz eines Juristen bürge die Mietschlichtungsbehörde für ausgewogene und qualitativ gute Entscheide. Aufgrund ihrer Kostenlosigkeit sei sie für jedermann zugänglich. Vor Gericht könne schliesslich im Falle der Mittellosigkeit die unentgeltliche Rechtspflege bzw. der Verzicht auf die Erhebung des Kostenvorschusses beantragt werden. Der Sozi- 3

alschutz erwiese sich damit als genügend gewährleistet, zumal die Gerichtskosten sich im Kanton Glarus bei Mietrechtsverfahren in der Regel ohnehin nicht als übermässig hoch erwiesen. Fälle mit Grossinvestoren und Finanzinstituten seien hier heute die eindeutige Ausnahme. Von einem Kommissionsmitglied wurde hierauf ein Gegenvorschlag zum Memorialsantrag des Mieterinnen- und Mieterverbandes unterbreitet. Es beantragte, einen neuen Art. 19a EG ZPO mit folgendem Wortlaut einzuführen: In Verfahren in Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn-und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht, sofern die Hinterlegung von Miet-und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet-und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet-und Pachtverhältnisses betroffen sind, werden vor Gerichtsbehörden keine Prozesskosten auferlegt. Das betreffende Kommissionsmitglied führte als Begründung an, dass zumindest in den Fällen, wo die Mietschlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten kann, keine Gerichtskosten erhoben werden sollten. Der vorgeschlagene Text orientiere sich an Art. 210 Abs. 1 Bst. b ZPO. Es sei unbestritten, dass es zahlreiche Menschen mit knappen Mitteln gebe, die sich einen Gerichtsprozess nicht leisten könnten, aber dennoch keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hätten. Diesen dürfe der Rechtsweg in einer solch wesentlichen Sache nicht wegen ungenügender finanzieller Mittel verwehrt bleiben. Dies treffe im Übrigen auch für die Fälle der landwirtschaftlichen Pacht zu, weshalb der Gegenvorschlag auch jene erfasse. Die unentgeltliche Rechtspflege bilde keine echte Lösung. Sie sei gleichzusetzen mit Schuldenmachen beim Staat, da die auferlegten Kosten innerhalb von zehn Jahren zurückgefordert werden könnten. Aus der Mitte der Kommission wurde entgegnet, dass der Gegenvorschlag einen Bereich betreffe, in welcher der Schlichtungsbehörde durch das Gesetz eine wesentliche Aufgabe zugewiesen werde, nämlich Urteilsvorschläge zu unterbreiten. Könnten diese Urteilsvorschläge ohne Kostenfolge vor das Gericht gebracht werden, würde die Funktion der Mietschlichtungsbehörde markant an Gewicht einbüssen. Die Mietschlichtungsbehörde mache gute Arbeit. In vielen Fällen liessen sich Vergleiche erzielen. Es werde deshalb beantragt, dem Antrag des Regierungsrates zu folgen. Ein Kommissionsmitglied fügte an, dass viele Bauern einen Gerichtsprozess im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Pacht selber finanzieren könnten. Bedürftige hätten sodann Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Es seien bei Weitem nicht alle Mieter bzw. Pächter arm. Bei einem kostenlosen Verfahren würde die Mietschichtungsbehörde praktisch obsolet. Das betreffende Kommissionsmitglied beantragte deshalb, den Gegenvorschlag abzulehnen und dem regierungsrätlichen Antrag zu folgen. Ein weiteres Kommissionsmitglied unterstützte dies mit der Ergänzung, dass in andern Fällen, beispielsweise bei einer Forderung aus einem Darlehen, oft für tiefere Forderungen Kostenvorschüsse geleistet werden müssten. Eine einseitige Änderung im Mietrechtsverfahren verzerre diese Ungleichheit noch mehr und bevorzuge auch begüterte Mieterinnen und Mieter gegenüber andern Rechtssuchenden. Auf die von einem Kommissionsmitglied aufgeworfene Frage, wie viele neu hinzukommende Fälle es gäbe, falls dem Gegenvorschlag des Kommissionsmitgliedes entsprochen würde, führte der Kantonsgerichtspräsident aus, dass sich dies nicht sage lasse. Derzeit gebe es aus den betreffenden Bereichen aber nur wenige Gerichtsfälle. Seitens des Departements wurde ergänzend festgehalten, dass der Gegenvorschlag sich im Ergebnis gleich auswirken dürfte wie der Memorialsantrag. Im Weiteren treffe es nicht zu, dass im Kanton unvorteilhafte Vergleiche bzw. Urteilsvorschläge akzeptiert werden müssten. Seitens des Mieterinnen- und Mieterverbandes sei diese Behauptung bisher nicht näher begründet bzw. belegt worden. Der im Schreiben des Mieterinnen- und Mieterverbandes vom 17. September 2012 nachträglich vorgebrachte Kompromissvorschlag, dass zumindest auf die Erhebung des Kostenvorschusses zu verzichten sei, bringe im Übrigen wenig, zumal das Risiko der Kostentragung im Falle des Unterliegens nach wie vor bestehen bliebe. 4

Der Gegenvorschlag des betreffenden Kommissionsmitgliedes wurde von der Kommission in der Folge mit 7 zu 1 Stimme abgelehnt. 3. Antrag Die Kommission beantragt dem Landrat mit 7 Stimmen bei einer Enthaltung dem regierungsrätlichen Antrag zuzustimmen und den Memorialsantrag Mietrechtsverfahren kostenlos des Mieterinnen- und Mieterverbandes des Kantons Glarus der Landsgemeinde zur Ablehnung zu unterbreiten. Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung. Landrätliche Kommission Recht, Sicherheit und Justiz Mathias Zopfi, Engi Kommissionspräsident 5